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Zweites Führungspositionen-Gesetz - FüPoG II 

Überblick zu den zentralen Inhalten des FüPoG II aus Sicht von Vorstand und Aufsichtsrat börsennotierter und/oder mitbestimmter Unternehmen.

Am 12. August 2021 ist das Gesetz zur Ergänzung und Änderung der Regelungen für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen an Führungspositionen in der Privatwirtschaft und im öffentlichen Dienst in Kraft getreten. Es sieht nicht nur erstmals eine gesetzliche Mindestbeteiligung von Frauen und Männern in großen Vorstandsgremien vor, sondern führt auch eine Begründungspflicht für die Festlegung der Zielgröße Null ein. Nachstehend werden die zentralen Inhalte des Gesetzes aus Sicht der betroffenen Leitungs- und Überwachungsorgane von Aktiengesellschaften, Europäischen Gesellschaften sowie Gesellschaften mit beschränkter Haftung kompakt und verständlich zusammengefasst.

Zielsetzung des Gesetzes

Die Gleichberechtigung von Frauen und Männern ist Verfassungsgebot. Nach Art. 3 Abs. 2 Satz 2 des Grundgesetzes ist die Förderung der tatsächlichen Durchsetzung dieser Gleichberechtigung Aufgabe des Staates. Bereits das am 1. Mai 2015 in Kraft getretene „Erste Führungspositionen-Gesetz“ (FüPoG) hatte daher das Ziel, den Anteil von Frauen an Führungspositionen u.a. in der Privatwirtschaft signifikant zu erhöhen. Dazu wurde die fixe Quote für Aufsichtsräte börsennotierter und zugleich paritätisch mitbestimmter Unternehmen eingeführt (vgl. für die AG § 96 Abs. 2 AktG und für die GmbH § 52 Abs. 2 GmbHG). Hingegen wurde für die Leitungsebene und den beiden Führungsebenen unterhalb der Geschäftsleitung börsennotierter oder mitbestimmter Unternehmen keine fixe Quote, sondern lediglich die Pflicht zur Festlegung von Zielgrößen (sog. flexible Quote) eingeführt (vgl. für die AG §§ 76 Abs. 4, 111 Abs. 5 AktG und für die GmbH § 36 GmbHG).

Die Evaluation des FüPoG zeigt, dass sich der Frauenanteil im Vorstand im Vergleich zu den Aufsichtsräten weniger positiv entwickelt hat und Frauen im Vorstand nach wie vor unterrepräsentiert sind. Bei den 105 börsennotierten und zugleich paritätisch mitbestimmten Unternehmen stieg der Frauenanteil in den Vorständen bis zum 6. November 2020 (nur) auf 11,5 %. Zudem haben fast 70 % aller Unternehmen, die in den Anwendungsbereich der flexiblen Quote fallen, die Zielgröße Null gewählt. Der Gesetzgeber erwartet daher auch mittelfristig kaum eine Steigerung des Frauenanteils (Entwurfsbegründung, S. 45). Das „Zweite Führungspositionen-Gesetz“ (FüPoG II) soll daher die Wirksamkeit des FüPoG erhöhen und die bestehenden Regelungen weiterentwickeln.

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Zweites Führungspostionengesetz (FüPoG II)

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Wesentlicher Inhalt des Gesetzes Änderungen für den Vorstand börsennotierter und/oder mitbestimmter Aktiengesellschaften

Mindestbeteiligung von Männern und Frauen

Besteht der Vorstand einer börsennotierten Aktiengesellschaft (AG), die dem Mitbestimmungsgesetz unterliegt (= 2001 Mitarbeiter und mehr), aus mehr als drei Personen, so muss künftig mindestens eine Frau und mindestens ein Mann Mitglied des Vorstands sein. Eine Bestellung eines Vorstandsmitglieds unter Verstoß gegen dieses Beteiligungsgebot ist nichtig (§ 76 Abs. 3a AktG).

Das Beteiligungsgebot gilt unabhängig davon, welche Zahl an Vorstandsmitgliedern die Satzung vorschreibt. Abgestellt wird allein auf die Ist-Besetzung des Vorstands (Regierungsbegründung, S. 81). Solange der Vorstand bislang kein weibliches Mitglied hat, kann demnach als Vorstandsmitglied nur eine Frau wirksam bestellt werden, wenn mit der Bestellung ein mehr als dreiköpfiges Gremium bestehen würde.

Nach der Übergangsvorschrift im Einführungsgesetz zum AktG ist das Beteiligungsgebot aus § 76 Abs. 3a AktG (erst) ab dem 1. August 2022 bei der Bestellung einzelner oder mehrerer Vorstandsmitglieder einzuhalten. Bestehende Mandate können bis zu ihrem vorgesehenen Ende wahrgenommen werden (§ 26l EGAktG).

Angabe von Frauenanteil und Gesamtzahl der Frauen in Führungspositionen

Der Vorstand einer börsennotierten oder mitbestimmten AG muss für den Frauenanteil in den beiden Führungsebenen unterhalb des Vorstands Zielgrößen festlegen (§ 76 Abs. 4 Satz 1 AktG). In der Praxis üblich waren und sind Prozentangaben. Diese Vorgabe wird durch das FüPoG II konkretisiert und verschärft: Künftig müssen die Zielgrößen den angestrebten Frauenanteil an der jeweiligen Führungsebene beschreiben und bei Angaben in Prozent vollen Personenzahlen entsprechen (§ 76 Abs. 4 Satz 2 AktG).

Begründungspflicht bei Zielgröße Null in den unteren Führungsebenen 

Legt der Vorstand für den Frauenanteil auf einer der Führungsebenen die Zielgröße Null fest, plant er mithin für den folgenden Festlegungszeitraum keine Frau auf den beiden unteren Führungsebenen ein, so muss er künftig diesen Beschluss klar und verständlich begründen (§ 76 Abs. 4 Satz 3 AktG). Die Zielgröße Null bleibt also nach wie vor zulässig. Gesetzgeberisches Ziel ist es jedoch, den Frauenanteil in Führungspositionen durch die Begründungspflicht zu erhöhen. Daher werden gewisse Anforderungen an die Begründung gestellt:

So muss die Begründung ausführlich die Erwägungen darlegen müssen, die der Entscheidung zugrunde liegen (§ 76 Abs. 4 Satz 4 AktG). Die Begründung muss

  • erkennen lassen, welche Umstände der Vorstand gewürdigt und wie er sie gewichtet hat,
  • so ausführlich sein, dass sie eine gewissenhafte Entscheidung für die Öffentlichkeit plausibel macht (eine Begründung von 100 bis 150 Wörtern soll im Regelfall diesen Vorgaben genügen) und
  • wiedergabefähig zu protokollieren sein, da sie Gegenstand der Berichtspflichten nach § 289f Abs. 2 Nr. 4 sowie Abs. 4 HGB werden soll (Regierungsbegründung, S. 83).

Änderungen für den Aufsichtsrat börsennotierter und/oder mitbestimmter Aktiengesellschaften

Der Aufsichtsrat einer AG, die börsennotiert ist oder der Mitbestimmung unterliegt, legt für den Frauenanteil im Aufsichtsrat und im Vorstand Zielgrößen fest (§ 111 Abs. 5 Satz 1 AktG). Diese Regelung wurde wie folgt konkretisiert und verschärft:

Angabe der angestrebten Anzahl der Frauen und des angestrebten Frauenanteils im Aufsichtsrat und im Vorstand

Künftig müssen die Zielgrößen die für den Aufsichtsrat und den Vorstand jeweils angestrebte Anzahl der Frauen und den angestrebten Frauenanteil am jeweiligen Gesamtgremium beschreiben und bei Angaben in Prozent vollen Personenzahlen entsprechen (§ 111 Abs. 5 Satz 2 AktG).

Begründungspflicht bei Zielgröße Null 

Legt der Aufsichtsrat für den Aufsichtsrat oder den Vorstand die Zielgröße Null fest, so hat er diesen Beschluss klar und verständlich zu begründen (§ 111 Abs. 5 Satz 3 AktG). Die Begründung muss ausführlich die Erwägungen darlegen, die der Entscheidung zugrunde liegen (§ 111 Abs. 5 Satz 4 AktG). Liegt der Frauenanteil bei Festlegung der Zielgrößen unter 30 Prozent, so dürfen die Zielgrößen den jeweils erreichten Anteil nicht mehr unterschreiten. Gleichzeitig sind Fristen zur Erreichung der Zielgrößen festzulegen. Die Fristen dürfen jeweils nicht länger als fünf Jahre sein. Wenn für den Aufsichtsrat bereits das Mindestanteilsgebot nach § 96 Absatz 2 oder 3 gilt, sind die Festlegungen nur für den Vorstand vorzunehmen. Gilt für den Vorstand das Beteiligungsgebot nach § 76 Absatz 3a, entfällt auch die Pflicht zur Zielgrößensetzung für den Vorstand (§ 111 Abs. 5 Satz 5 bis 9 AktG).

§ 111 Absatz 5 Satz 3 AktG führt für den Aufsichtsrat die Pflicht ein, eine Begründung festzulegen, falls er Null als Zielgröße für den Frauenanteil im Aufsichtsrat oder im Vorstand festlegt, also für den folgenden Festlegungszeitraum keine Frau für den Aufsichtsrat oder den Vorstand einplant. Die Anforderungen an die Begründung sind die gleichen wie in § 76 Absatz 4 Satz 3 und 4 AktG (s.o., Regierungsbegründung, S. 84).

Änderungen für die Leitungsorgane börsennotierter Europäischer Gesellschaften (SE)

Dualistisch verfasste SE

§ 16 Absatz 2 SEAG in der ab dem 12. August geltenden Fassung bildet das Beteiligungsgebot des § 76 Absatz 3a AktG (s.o.) für den Fall nach, dass die börsennotierte dualistisch verfasste Europäische Gesellschaft (SE) faktisch paritätisch mitbestimmt ist, weil das Aufsichtsorgan aus derselben Zahl von Anteilseigner- und Arbeitnehmervertretern besteht. Der Regierungsentwurf verweist insoweit auf die (oben dargestellte) Einzelbegründung zu § 76 Absatz 3a AktG (Regierungsentwurf, S. 86).

Auch bei der SE gilt mithin das Mindestbeteiligungsgebot für Bestellungen, die nach Ablauf der o.g. Übergangsfrist (also ab dem 1. August 2022) erfolgen. Bestehende Mandate können bis zu ihrem vorgesehenen Ende wahrgenommen werden.

Monistische SE 

Mit dem neuen § 40 Abs. 1a SEAG wird eine dem § 76 Absatz 3a AktG entsprechende Mindestbeteiligung für die geschäftsführenden Direktoren der monistischen SE eingeführt. Auch hier verweist der Regierungsentwurf auf die (oben dargestellte) Einzelbegründung zu § 76 Absatz 3a AktG (Regierungsentwurf, S. 86).

Das Mindestbeteiligungsgebot gilt auch hier für Bestellungen, die ab dem 1. August 2022 erfolgen. Bestehende Mandate können bis zu ihrem vorgesehenen Ende wahrgenommen werden.

Änderungen für die Geschäftsführung mitbestimmter GmbH

Angabe von Frauenanteil und Gesamtzahl der Frauen in Führungspositionen

Die Geschäftsführer einer mitbestimmten GmbH müssen für den Frauenanteil in den beiden Führungsebenen unterhalb der Geschäftsführer Zielgrößen festlegen (§ 36 Satz 1 GmbHG). Diese Regelung wurde durch das FüPoG II – analog zu § 76 Abs. 4 Satz 2 AktG – um folgenden Satz 2 ergänzt:

„Die Zielgrößen müssen den angestrebten Frauenanteil an der jeweiligen Führungsebene beschreiben und bei Angaben in Prozent vollen Personenzahlen entsprechen.“

Es gelten insoweit die obigen Ausführungen zur AG (so auch die Regierungsbegründung, S. 86).

Begründungspflicht bei Zielgröße Null in den unteren Führungsebenen 

Legen die Geschäftsführer für den Frauenanteil auf einer der Führungsebenen die Zielgröße Null fest, so müssen sie – analog zu § 76 Abs. 4 Satz 3 AktG – diesen Beschluss klar und verständlich zu begründen. Die Begründung muss ausführlich die Erwägungen darlegen, die der Entscheidung zugrunde liegen (§ 36 Satz 4 GmbHG).

Hinsichtlich der Anforderungen an die Begründung gelten die obigen Ausführungen zur AG, ebenso hinsichtlich der Übergangsfrist.

Änderungen für den Aufsichtsrat mitbestimmter GmbH

Ist nach dem Drittelbeteiligungsgesetz ein Aufsichtsrat zu bestellen, so legt die Gesellschafterversammlung für den Frauenanteil im Aufsichtsrat und unter den Geschäftsführern Zielgrößen fest, es sei denn, sie hat dem Aufsichtsrat diese Aufgabe übertragen (§ 52 Abs. 2 Satz 1 GmbHG). Ist nach dem Mitbestimmungsgesetz, dem Montan-Mitbestimmungsgesetz oder dem Mitbestimmungsergänzungsgesetz ein Aufsichtsrat zu bestellen, so legt der Aufsichtsrat für den Frauenanteil im Aufsichtsrat und unter den Geschäftsführern Zielgrößen fest (§ 52 Abs. 2 Satz 2 GmbHG).

Die vorgenannten Regelungen sind im Zuge des FüPoG II wie folgt konkretisiert und verschärft worden:

Beschreibung des Frauenanteils und volle Personenzahlen bei Prozentangaben

Die Zielgrößen müssen den angestrebten Frauenanteil am jeweiligen Gesamtgremium beschreiben und bei Angaben in Prozent vollen Personenzahlen entsprechen (§ 52 Abs. 2 Satz 3 GmbHG).

Begründungspflicht bei Zielgröße Null

Wird für den Aufsichtsrat oder unter den Geschäftsführern die Zielgröße Null festgelegt, so ist dieser Beschluss klar und verständlich zu begründen. Die Begründung muss ausführlich die Erwägungen darlegen, die der Entscheidung zugrunde liegen (§ 52 Abs. 2 Satz 4 und 5 GmbHG).

Hinsichtlich der Anforderungen an die Begründung gilt das oben zu § 76 Absatz 4 Satz 3 und 4 AktG Gesagte entsprechend.

Änderungen bei der Erklärung zur Unternehmensführung (§ 289f HGB)

Die Erklärung zur Unternehmensführung nach § 289f HGB ist Bestandteil des Lageberichts und eine zusätzliche Berichtspflicht für bestimmte, vor allem kapitalmarktorientierte Unternehmen. Sie vermittelt Informationen zur Corporate Governance der erklärungspflichtigen Gesellschaften, indem sie verschiedene Informationen zu nach gesetzgeberischer Wertung relevanten Aspekten der Unternehmensführung offenlegt. Bereits das FüPoG erweiterte die Inhalte der Erklärung zur Unternehmensführung um Angaben zu Zielgrößen für den Frauenanteil in Führungspositionen (§ 289f Abs. 2 Nr. 4 HGB) und um Angaben zur Einhaltung der fixen Geschlechterquote im Aufsichtsrat (§ 289f Abs. 2 Nr. 5 HGB).

Mit dem FüPoG II wird die Berichtspflicht erneut erweitert:

Die Erweiterung umfasst zunächst die in § 76 Absatz 4 AktG und § 111 Absatz 5 AktG vorgeschriebenen Begründungen bei Festlegung der Zielgröße Null zur Beteiligung von Frauen in Aufsichtsrat, Vorstand und den beiden Führungsebenen unterhalb des Vorstands (s.o.). Die Angabe der Begründungen zusammen mit den Zielgrößen soll gewährleisten, dass die Entwicklung des Frauenanteils an Führungspositionen in den einzelnen Gesellschaften durch eine breite Öffentlichkeit wahrgenommen werden kann (Regierungsbegründung, S. 78).

Darüber hinaus wird die kohärente Anwendung dieser Vorgaben auf andere Kapitalgesellschaften als die (börsennotierte) AG sichergestellt. Erfasst werden insbesondere nicht börsennotierte und nichtkapitalmarktorientierte Aktiengesellschaften, Kommanditgesellschaften auf Aktien und Europäische Gesellschaften (SE) sowie Gesellschaften mit beschränkter Haftung, sofern und soweit die einschlägigen gesellschaftsrechtlichen Vorschriften über Zielgrößen (s.o.) auf sie anwendbar sind.

Zur besseren Übersichtlichkeit wurde § 289f Abs. 2 Nr. 4 f. HGB durch das FüPoG II insgesamt neu gefasst, wobei die neue Fassung ausweislich der Änderung des Einführungsgesetzes zum Handelsgesetzbuch erstmals auf Lage- und Konzernlageberichte sowie Erklärungen zur Unternehmensführung für das nach dem 31. Dezember 2020 beginnende Geschäftsjahr anzuwenden ist.

Weitere Informationen zu FüPoG II erhalten Sie in unserem Fachbeitrag im Corporate Governance Inside-Magazin.