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„Respekt für Werte“
Einblicke in die Workshops zur interkulturellen Wertebildung
Aus dem Multiakteur-Projekt „Wie zusammenleben? Wertebildung interkulturell!“ des Zentrums für Globale Fragen an der Hochschule für Philosophie München in Zusammenarbeit mit der Deloitte-Stiftung sind Weiterbildungsformate für haupt- und ehrenamtliche Multiplikatoren in der Flüchtlingsarbeit entstanden. Sie werden mittlerweile deutschlandweit angeboten. Hier erfahren Sie, was in diesen Workshops passiert.
Wenn es um Integrationsherausforderungen geht, wird aktuell wohl kaum ein Thema heißer diskutiert als gegenseitiges Werteverständnis. Hier hakt Dr. Karin Hutflötz, Leiterin des Projekts „Wertebildung im interkulturellen Kontext“ am Zentrum für Globale Fragen der Hochschule für Philosophie München gleich ein. Für sie ist wichtig, dass Wertebildung nicht mit Regelerfüllung gleichgesetzt wird. „Die Leute lernen schnell, welche Regeln sie einhalten müssen, um nicht anzuecken. Die wahre Herausforderung sind die Werte, denn das ist es, was am Ende zählt. Menschen, die hier leben wollen und z.B. neu in eine westliche Demokratie kommen, müssen verstehen, was Gleichstellung, Menschenrechte oder Religionsfreiheit meinen und warum sie so wertvoll sind. Nur dann nämlich können sie diese für sie anderen Werte ihrem Gegenüber auch zugestehen. Dann kann zum Beispiel auch ein religiöser Mensch den Atheismus eines anderen akzeptieren oder der muslimische Vater am Elternabend die Hand der Lehrerin seines Kindes schütteln.“
Die Leute lernen schnell, welche Regeln sie einhalten müssen, um nicht anzuecken. Die wahre Herausforderung sind die Werte, denn das ist es, was am Ende zählt.
Deshalb geht es in den Workshops vorrangig um Selbstreflexion und grundlegende Fragen zu eigenen und fremden Werthaltungen. Die Teilnehmer, allesamt Multiplikatoren, die haupt- oder ehrenamtlich in der Flüchtlingsarbeit tätig sind, lernen, spontane Abwertung im Gespräch zu vermeiden, indem sie stattdessen unterscheiden, was gesagt und worüber wirklich gesprochen wird. „Nehmen wir an, jemand hält sich nicht an die Mülltrennung. Da liegt die Schlussfolgerung nahe, dass dieser Mensch rücksichtslos gegen die Umwelt ist. Das kann dann schnell eskalieren und zu bösen Worten führen.“ In den Workshops üben die Teilnehmer, tiefer zu blicken und Wertekonflikte zu erkennen. „Die Kommunikation zielt dann auf Bezeugen von Werten statt Überzeugen wollen – und geht dann so: ‚Mir ist Umweltschutz wichtig und wertvoll, weil ...‘ statt ‚Dir sind unsere Umwelt und unsere Regeln egal‘“.
Es geht darum, anzuerkennen, dass dem anderen auch etwas wertvoll und wichtig in der Sache ist, auch wenn seine Werte in dem Fall andere sind.
Die Gesprächsanleitung ziele darauf, selbst im schlimmsten Wertekonflikt die auf beiden Seiten dem Streit zugrundeliegenden positiven Werte zu finden, um dann respektvoll dafür eintreten zu können. „Es geht nicht darum, die Werte eines anderen kritiklos zu übernehmen. Es geht darum, anzuerkennen, dass dem anderen auch etwas wertvoll und wichtig in der Sache ist, auch wenn seine Werte in dem Fall andere sind“, erklärt Dr. Karin Hutflötz.
Das schaffen die Workshops mit großem Erfolg. Mittlerweile werden sie deutschlandweit an immer mehr Standorten angeboten. Viele Teilnehmer nehmen das Format mit und implementieren die erlernte Wertekommunikation regional an ihren Standorten. „Das Schöne daran ist, dass diese Art der Kommunikation auch über die Sprachgrenzen hinweg funktioniert“, freut sich Dr. Karin Hutflötz. „Geflüchtete gewinnen so einen positiven Blick auf ihre Erfahrung, weil sie in Verbindung kommen mit dem, was wertvoll und wichtig für sie selbst und die Menschen hier ist.“
Gleich notieren: Am 7. Juni 2019 findet um 13 Uhr die Abschlusstagung des Projekts in der Aula der Hochschule für Philosophie in München statt.
Erfahren Sie hier mehr über Wertebildung und Interkulturalität auf der Website der Hochschule für Philosophie München.
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