Eigenmittelunterlegung Marktpreisrisiken

Article

Neuer Standard des Basler Ausschusses zur Eigenmittelunterlegung von Marktpreisrisiken

Überarbeitete Kapitalanforderungen für das Handelsbuch

Einleitung

Am 14. Januar 2019 hat der Basler Ausschuss für Bankenaufsicht (BCBS) eine überarbeitete Fassung des Standards zur Ermittlung der Eigenkapitalanforderungen für Marktpreisrisiken veröffentlicht. Der überarbeitete Standard ersetzt die Regelungen der Kapitalunterlegungspflichten von Marktpreisrisiken, die der Ausschuss ursprünglich im Januar 2016 zur Umsetzung bis 2019 veröffentlicht hatte. Für die Umsetzung der neuen Regelungen sieht der Ausschuss nun eine Frist bis zum 1. Januar 2022 vor.

Die neuen Regelungen gliedern sich in folgende zentrale Bereiche:

  1. Handelsbuchabgrenzung
  2. Standardansatz
  3. Interner Modellansatz

Die wesentlichen Merkmale dieser Bereiche können wie folgt zusammengefasst werden.

Abgrenzung des Handelsbuchs

Wie bereits in den Standards aus 2016 zählt der Basler Ausschuss Positionen auf, die zwingend dem Handels- oder dem Bankbuch zugeordnet werden. Neu ist, dass Positionen, die an einem Handelstisch gemanagt werden, nun nicht mehr von vorhinein verpflichtend dem Handelsbuch zuzuordnen sind. Darüber hinaus enthält auch der aktuelle Standard wiederum eine Liste an Positionen, bei denen die Vermutung naheliegt, dass sie mit Handelsabsicht gehalten werden und daher eine Handelsbuchzuordnung geboten ist (sog. „presumptive list“). Im Gegensatz zu den Bestimmungen zur Behandlung dieser Positionen auf Ebene des europäischen Konsultationsverfahrens (Trilog-Verhandlungen) im Rahmen der CRR II, die Instituten abweichend von den Basler Vorschlägen mehr Spielraum für eine subjektive Zuordnung zum Handels- oder Bankbuchbuch einräumen, sind Abweichungen von der Handelsbuchzuordnung dieser Positionen nur unter vorheriger Genehmigung durch die zuständige Aufsicht möglich. Diese Vorschrift war ebenfalls bereits in den in 2016 veröffentlichten Standards des BCBS enthalten. Generell sind Aufsichtsbehörden auch weiterhin ermächtigt, Zuordnungen von einzelnen Positionen zum Handels- oder Bankbuch zu verlangen.

Ansätze zur Ermittlung der Eigenkapitalanforderungen für Marktrisiken

Nach dem Standard haben Banken die Möglichkeit, die Eigenmittelanforderungen entweder nach dem Standardansatz oder anhand eines zuvor von den Aufsichtsbehörden genehmigten internen Modells (IMA) zu ermitteln, wobei IMA-Banken zusätzlich auch die Mindestkapitalanforderungen für alle Handelsbuchpositionen sämtlicher Handelstische nach dem Standardansatz berechnen müssen. Lediglich Verbriefungen und intransparente Fonds des Handelsbuchs, wenn diese zulässigerweise dem Handelsbuch zugeordnet wurden, müssen ausschließlich nach dem Standardverfahren behandelt werden.

Standardansatz

Die Kapitalanforderung im neuen Standardansatz berechnet sich wie schon in den Standards aus 2016 als Summe der drei Komponenten Sensitivity Based Method (SbM), Default Risk Capital Requirement (DRC) und Residual Risk Add-On (RRAO).

In der SbM werden die Kapitalanforderungen über die Ermittlung von Sensitivitäten eines Finanzinstruments bestimmt. Die berechneten Sensitivitäten werden mit vorgegebenen Risikogewichten multipliziert und innerhalb der sieben definierten Risikoklassen über vorgegebene Korrelationen zu entsprechenden Kapitalanforderungen für das Delta-, Curvature- und Vega-Risiko aggregiert.

Über das Default Risk Capital Requirement wird das im aktuellen Standardansatz nicht explizit berücksichtigte Ausfallrisiko des Emittenten über vorgegebene Default-Risikogewichte bzw. LGD-Werte miteinbezogen. Für die dritte Komponente Residual Risk Add-On kommt für Finanzinstrumente mit einem „exotischen“ Basiswert oder sonstigen residualen Risiken zusätzlich eine Kapitalanforderung von 1 % bzw. 0,1 % des Brutto-Nominales zur Anwendung.

Im Vergleich zu den in 2016 veröffentlichten BCBS Standards wurden die Risikogewichte für das allgemeine Zinsrisiko um 30 % bzw. das FX-Risiko um 50 % reduziert. Darüber hinaus wurden mit Blick auf das Credit Spread Risiko die Risikogewichte für gewisse Sektoren, wie insbesondere das Covered Bonds Segment, gesenkt sowie eine Modifikation der Berechnung des „Low Correlation Scenarios“ vorgenommen. Diese Änderungen führen tendenziell zu einer niedrigeren Kapitalunterlegung im Vergleich zu den Standards aus 2016. Daneben wurden noch kleinere methodische Anpassungen der Berechnungen vorgenommen (bspw. Erweiterung der liquiden Währungspaare, Adaption der Berechnung der Curvature-Kapitalanforderung, Einführung eines eigenen Index-Sektors für Aktien- und Credit Spread-Risiken).

Wie aktuell auch auf europäischer Ebene im Rahmen der CRR II-Konsultation vorgesehen, besteht die Möglichkeit für Häuser mit kleineren oder wenig komplexen Handelsbüchern, anstelle des Standardansatzes eine vereinfachte Version des Standardansatzes („simplified alternative to the standardised approach“) anzuwenden. Dieser vereinfachte Ansatz sieht die Fortführung des aktuell geltenden Standardansatzes vor, wobei die resultierenden Kapitalanforderungen anhand von unterschiedlichen Faktoren je Risikoklasse hochskaliert werden, sodass die neuen Kapitalanforderungen für Marktpreisrisiken gem. BCBS im Durchschnitt ca. 57 % höher ausfallen werden als bei Anwendung des derzeitigen Standardansatzes. Dadurch soll lt. BCBS eine konservative Kapitalberechnung erwirkt werden. Schließlich blieben die im Jahr 1996 veröffentlichten und im Rahmen dieses Market Risk Amendments des BCBS kalibrierten Faktoren zur Ermittlung der Eigenkapitalanforderungen für Marktpreisrisiken nach dem Standardansatz im Wesentlichen unverändert. Auch durch die sog. Basel 2,5 Reformen kam es diesbezüglich zu keinen substantiellen Veränderungen.

Die Wahlmöglichkeit zur Anwendung des Simplified Approaches ist im Gegensatz zur laufenden EU-Konsultation der CRR II allerdings deutlich eingeschränkt. Während auf EU-Ebene größenabhängige Schwellenwerte für die Verwendung des Simplified Approaches für Handelsbuchpositionen diskutiert werden, ist die Anwendung dessen nach dem Basler Regelwerk lediglich nach Genehmigung durch die zuständige Aufsicht möglich.

Für Fremdwährungs- und Warenpositionsrisiken sind analog der derzeitigen Regelungen ebenfalls vereinfachte Ansätze vorgesehen, wobei nach Genehmigung durch die zuständige Aufsicht bei unwesentlichen Fremdwährungspositionen von einer Eigenkapitalunterlegung abgesehen werden kann. Die bereits aus Basel II bekannte automatische Ausnahmeregelungen bei unwesentlichen Fremdwährungspositionen entfällt.

Interner Modellansatz

Interne Modelle sind zukünftig nicht mehr auf Bank-, sondern auf Handelstischebene von der Aufsicht zu genehmigen. Das Modell hat dabei strengen Anforderungen u.a. im Hinblick auf das Backtesting sowie die P&L-Attribution der einzelnen Risikofaktoren zu genügen. Grundsätzlich ergibt sich die Eigenmittelanforderung als Summe der drei Komponenten Expected Shortfall (ES) für modellierbare Risikofaktoren – berechnet über das 97,5 %-Quantil und kalibriert über eine Stress-Periode –, eine Kapitalkomponente für nicht-modellierbare Risikofaktoren und die Default Risk Charge.

Somit bestimmt sich die Kapitalanforderung zukünftig maßgeblich nach den in den ungünstigsten 2,5 % der Fälle erwarteten Verlusten und nicht mehr nach einem VaR, der den Erwartungswert der Worst-Case-Verluste nicht berücksichtigt. Die Haltedauern für den ES werden je nach Liquidität des Basiswertes zwischen 10 und 120 Tagen definiert.

Die Stress Scenario Risk Measure für nichtmodellierbare Risikofaktoren berechnet sich als Verlust aus einem extremen Schock des jeweiligen Risikofaktors. Für die dritte Komponente Default Risk Charge benötigen Kreditinstitute ein VaR-Modell zur Berechnung potenzieller Verluste aus dem Default von Anleihen- oder Aktienemittenten.

Im Vergleich zu den in 2016 veröffentlichten Standards wurden seitens des BCBS die von der Industrie geäußerten Bedenken hinsichtlich des P&L-Attributions-Tests aufgenommen und sowohl die Methodik des Tests als auch die Konsequenzen eines negativen Testergebnisses überarbeitet. Während im 2016er Standard bei Überschreitungen der Schwellenwerte auf den Standardansatz gewechselt werden musste, wird nunmehr eine Ampellogik mit der Möglichkeit der prinzipiellen Beibehaltung des internen Modells mit gleichzeitigem Kapitalaufschlag eingeführt. Zudem wurde die Definition der nicht-modellierbaren Risikofaktoren sowie die Methodik zur Berechnung der entsprechenden Kapitalanforderung überarbeitet.

Quantitative Auswirkungsanalyse

Der Basler Ausschuss geht auf Basis des Basel III Monitorings von einer durchschnittlichen Erhöhung der Eigenmittelanforderung für das Marktpreisrisiko von rund 22% im Vergleich zu den derzeit bestehenden Regelungen aus, wobei sich die Erhöhung für Banken, die ausschließlich das Standardverfahren verwenden, auf 30 % bzw. für Banken im internen Modellansatz auf 20 % beläuft.

Fazit

Mit den nun vorliegenden finalen Standards sind die Überarbeitungen des Rahmenwerks zur Eigenmittelunterlegung für Marktpreisrisiken seitens des Basler Ausschusses nun final abgeschlossen. Im Vergleich zu den in 2016 veröffentlichten Standards ergeben sich im Wesentlichen teilweise Reduktionen der Risikogewichte im Standardansatz sowie seitens der Industrie dringend angemahnte Änderungen des P&L-Attributions-Tests und der Methodik für nicht-modellierbare Risikofaktoren im internen Modellansatz. Inwiefern die Änderungen in den europäischen Rechtsrahmen einfließen werden, bleibt noch abzuwarten. Dabei werden etwaige Änderungen im Rahmen einer seitens der EU-Kommission bis Ende 2019 zu verabschiedenden delegierten Verordnung aufgenommen, welche die in der CRR II etablierten FRTB Meldeanforderung konkretisieren soll.