CRR II Kompromiss

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CRR-Anpassungen als Antwort auf COVID-19 verabschiedet

Aufbauend auf dem Vorschlag der EU-Kommission vom 28. April 2020 zur Absorption COVID-19-bedingter Verluste und zur Aufrechterhaltung der Widerstandsfähigkeit des Bankensystems, haben Parlament und Rat der EU den Anpassungen des CRR-Rahmenwerks im Rahmen eines Eilverfahrens („CRR Quick Fix“) rechtzeitig vor dem Meldestichtag am 30. Juni 2020 zugestimmt. Im Fokus der Bemühung stehen hierbei weiterhin die Flexibilisierung und Anpassung der CRR zur Entlastung der Institute und die Sicherstellung der Kreditvergabe in der EU.

Welche CRR-Anpassungen sind vorgesehen?

IFRS 9-Übergangsmaßnahmen:


Die Änderungen der CRR greifen die Verlautbarung des Baseler Ausschusses für Bankenaufsicht (BCBS) vom 3. April 2020 auf und erlauben eine erweiterte Nutzung der Übergangsvorschriften bezüglich der Berücksichtigung erwarteter Kreditverluste (Expected Credit Loss (ECL) ) infolge der IFRS 9-Einführung.

Der bestehende EU-Ansatz umfasst sowohl eine statische ECL-Berechnung (zur Erfassung der „Tag 1“-Erhöhungen des ECLs durch die IFRS 9-Einführung im Januar 2018) als auch eine dynamische ECL-Berechnung (zur Erfassung der ECL-Erhöhungen nach diesem Datum). Um sicherzustellen, dass diese Änderungen strikt auf die Erhöhung der Rückstellungen infolge der COVID-19-Krise abzielen, hat die Kommission vorgeschlagen, nur die Übergangsperiode der dynamischen Berechnung zu ändern, sodass die Banken in den Jahren 2020 und 2021 100% der ECL-Erhöhungen ab dem 1. Januar 2020 zu ihrem CET1-Kapital hinzufügen und in den folgenden drei Jahren auslaufen lassen können. Die statische Berechnung bleibt unverändert (bei 70% für 2020). Die CRR-Änderung enthält auch eine Klarstellung, dass jede Bank, welche ursprünglich die Übergangsmaßnahmen nicht in Anspruch genommen hat, dies nun tun kann. Das bedeutet, dass neue durch COVID-19 bedingte Kreditrückstellungen, die regulatorischen Kapitalquoten der Banken nicht sofort belasten, sondern die Auswirkungen der erhöhten Anforderungen über einen längeren Zeitraum verteilt werden können.

 

Behandlung von öffentlich garantierten Darlehen:

Die CRR ermöglicht derzeit bei notleidenden Krediten, die durch eine offizielle Exportversicherung abgesichert sind, eine privilegierte Behandlung im Hinblick auf die zugehörigen Rückstellungsanforderungen. Mit den nun beschlossenen Anpassungen sollen öffentliche Bürgschaften mit diesen gleichgestellt werden, wenn die Bürgschaften darauf abzielen, die wirtschaftlichen Auswirkungen von COVID-19 abzuschwächen. Hierdurch soll erreicht werden, dass derzeitige Ausleihungen mit einer öffentlichen Bürgschaft im Falle einer zukünftigen Klassifizierung als notleidende Kredite von reduzierten Rückstellungsanforderungen profitieren.

 

Puffer bei der Verschuldungsquote: 

Der CRR Quick Fix verschiebt in Übereinstimmung mit der Verlautbarung des BCBS vom März 2020 die Umsetzung des Puffers für die Verschuldungsquote  (Leverage Ratio) für G-SIBs vom 1. Januar 2022 auf den 1. Januar 2023. Der Puffer ist in der CRR II kodifiziert und soll 50% der risikogewichteten G-SIB-Pufferrate des Instituts entsprechen. Basierend auf den G-SIB-Pufferraten des FSB vom November 2019 würde der Aufschlag zur Verschuldungsquote für EU-G-SIBs zwischen 0,5% und 1% liegen.

 

Ermessensspielraum bei Verschuldungsquote:

Die CRR sieht derzeit schon einen Ermessensspielraum für die zuständige Aufsichtsbehörde vor, bestimmte Zentralbankreserven bei der Berechung der Risikopositionsmessgröße der Verschuldungsquote für einen Zeitraum von bis zu einem Jahr vorübergehend auszuschließen. Jeder Ausschluss muss über einen bisher in der CRR II definierten Mechanismus ausgeglichen werden, was zu einer Erhöhung der individuellen Anforderung an die Verschuldungsquote eines Instituts und mithin die Berechnung einer "angepassten Verschuldungsquote" führt. Durch die Anpassungen im CRR Quick Fix wird dieser Ausgleichsmechanismus angepasst, um etwaige Fehlanreize in Bezug auf die Inanspruchnahme von Liquiditätsfazilitäten der Zentralbanken sowie den damit verbundenen Konsequenzen für die Bereitschaft zur Kreditvergabe zu vermeiden.

Die Banken müssen zwar weiterhin die angepasste Verschuldungsquote berechnen, dies aber nur einmal und zwar bei Ausübung des Ermessensspielraums. Die angepasste Verschuldungsquote gilt für den gesamten Zeitraum, in dem der Ermessensspielraum ausgeübt wird, und bleibt, anders als beim bisherigen Ausgleichsmechanismus, unverändert.

 

Kapitalabzug von Software-Aktiva:

Die in der CRR II vorgesehene Änderung, vorsichtig bewertete Software-Aktiva nicht länger als immaterielle Vermögenswerte vom CET1-Kapital abzuziehen, wird zeitlich vorgezogenn. Die Ausnahmeregelung sollte ursprünglich ein Jahr nach Inkrafttreten des von der EBA entwickelten RTS gelten, welcher den Anwendungsbereich und die Auswirkungen auf die risikogewichteten Aktiva (RWA) der Banken festlegt. Die Bestimmung ist nun bereits mit Inkrafttreten des EBA RTS, welcher seit dem 9. Juni 2020 als Konsultationsentwurf vorliegt, anzuwenden.

Vorzeitige Anwendung von Privilegierungsmöglichkeiten der CRR II
Im Rahmen der COVID-19 bedingten CRR-Maßnahmen wird schließlich die Anwendung weiterer CRR II-Regelungen vorgezogen, die allesamt eine günstigere Behandlung bestimmter Risikopositionen aus Sicht der Institute ermöglicht und ursprünglich erst ab Juni 2021 gelten sollten. Diese betreffen die priviligierte Behandlung von ausgewählten Infrastrukturfinanzierungen, die vorgezogene Anwendung des KMU-Unterstützungsfaktors sowie die Behandlung von durch Renten oder Gehälter besicherte Kredite. Insbesondere die frühzeitige Umsetzung des neuen KMU-Unterstützungsfaktors ermöglicht es somit den Banken einen RWA-Abschlag von 23,8% auf KMU-Risikopositionen bis zu 2,5 Mio. EUR (statt aktuell 1,5 Mio. EUR) und einen RWA-Abschlag von 15% für den übrigen Teil der Risikopositionen über 2,5 Mio. EUR ohne Obergrenze, zu realisieren.

 

Wann treten diese Regeländerungen in Kraft?

Zusammen mit einer Reihe anderer Initiaitiven auf EU-Ebene stellt der CRR Quick Fix eine bedeutende Kapitalentlastung für EU-Institute dar. Die Änderungen der CRR wurden am 26. Juni 2020 als Verordnung (EU) 2020/873 im Amtsblatt der EU veröffentlicht und sind am Folgetag in Kraft getreten. Die Anwendung der neuen Regelungen ist damit bereits zum Stichtag 30.06.2020 möglich.

Ihr Ansprechpartner

Ihr Ansprechpartner zum Thema

Dr. Christian Farruggio

Manager Risk Advisory

cfarruggio@deloitte.de

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