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Verlautbarung des IDW zur IBOR-Reform

Handelsbilanzielle Folgen der Änderung bestimmter Referenzzinssätze („IBOR-Reform“) für Finanzinstrumente (IDW RH FAB 1.020)

Das IDW hat den IDW Rechnungslegungshinweis: Handelsbilanzielle Folgen der Änderung bestimmter Referenzzinssätze („IBOR-Reform“) für Finanzinstrumente (IDW RH FAB 1.020) veröffentlicht. Dieser nimmt Stellung zu ausgewählten bilanziellen Fragestellungen infolge der Reform der IBOR-Referenzzinssätze.

Hintergrund

In den letzten Jahren wurden die für zahlreiche Finanzinstrumente und Bewertungsmodelle herangezogenen Referenzzinssätze zunehmend infrage gestellt. Die seit 1. Januar 2018 unmittelbar in allen EU-Mitgliedsstaaten gültige EU-Benchmark-Verordnung soll zur Sicherstellung der Integrität und Zuverlässigkeit von Referenzwerten in der EU beitragen. In der Folge kommt es zu Änderungen wichtiger Referenzzinssätze: So wird seit dem 2. Oktober 2019 €STR als neuer kurzfristiger risikofreier Euro-Zinssatz veröffentlicht. Der EONIA wird bis Ende 2021 als €STR plus einem festen Spread in Höhe von 0,085% ermittelt. Der EURIBOR soll als Name erhalten bleiben, allerdings künftig nach einer hybriden Berechnungsmethode ermittelt werden, die weniger manipulationsanfällig als die bisherige Berechnungsmethodik des EURIBOR ist.

Zur Umstellung auf die neuen bzw. angepassten Referenzzinssätze können vertragliche Änderungen einschließlich etwaiger Fallback-Klauseln notwendig sein. Darüber hinaus können sich Auswirkungen aus der Änderung der Methode zur Ermittlung des Referenzzinssatzes, die auch ohne Handeln der Vertragsparteien zum Tragen kommt, ergeben.

Ausgewählte bilanzielle Folgen für Finanzinstrumente

Neben Bewertungs- und Risikomanagementfragen stellt sich die Frage, wie sich eine Änderung des Referenzzinssatzes auf die Bilanzierung auswirkt. Das IASB hat am 26. September 2019 Änderungen an IFRS 9 bzw. IAS 39 sowie IFRS 7 veröffentlicht, die die Auswirkungen vor der Ablösung eines bestehenden Referenzzinssatzes abmildern sollen (sog. Phase 1). Zeitgleich hat das IASB seine Beratungen zu Fragestellungen im Zeitpunkt der Ablösung des vorherigen Referenzzinssatzes aufgenommen (sog. Phase 2).

Zur handelsrechtlichen Bilanzierung haben der FAB und der BFA des IDW im September einen Rechnungslegungshinweis (IDW RH FAB 1.020) verabschiedet, der im Folgenden im Mittelpunkt steht. Im Fokus stehen Einzelfragen der Bilanzierung dem Grunde nach. Für die Bilanzierung etwaiger Wertänderungen (der Höhe nach) sind die allgemeinen Bewertungsregeln anzuwenden.

Kein bilanzieller Abgang infolge der IBOR-Reform

Trotz der Änderung des Referenzzinssatzes bleibt das rechtliche und das wirtschaftliche Eigentum an originären variabel verzinslichen Vermögensgegenständen unverändert beim Bilanzierenden. Die Änderung der Zinsbasis führt nicht zu einer Übertragung des betreffenden Vermögensgegenstands von einer Vertragspartei auf eine andere. Der Referenzzinssatz ist ein wesentliches Merkmal eines variabel verzinslichen Finanzinstruments. Unter der Annahme, dass alle anderen wesentlichen Merkmale wie Gläubiger und Schuldner, Währung und Laufzeit unverändert bleiben und ausschließlich eine Änderung des Referenzzinssatzes erfolgt, ändert sich der Charakter als variabel verzinsliches Finanzinstrument nicht und es ist entsprechend weiterhin zu bilanzieren. Im Fokus des IDW RH FAB 1.020 steht damit die isolierte Anpassung des Referenzzinssatzes; etwaige weitere Vertragsänderungen werden vom IDW in der Verlautbarung nicht adressiert.

Auch im Falle einer variabel verzinslichen Verbindlichkeit besteht die rechtliche Schuld des Bilanzierenden, der sie begründet hat, fort und ist daher nicht auszubuchen.

Diese Grundsätze zur Bilanzierung dem Grunde nach gelten gemäß IDW RH FAB 1.020 für derivative Finanzinstrumente gleichermaßen. Die nach den Grundsätzen für schwebende Geschäfte behandelten freistehenden Derivate, die nicht in eine Bewertungseinheit i.S.v. § 254 HGB einbezogen werden, werden grundsätzlich nur bilanziert, soweit aus ihnen ein Verlust droht (§ 249 Abs. 1 Satz 1 HGB). Durch die reine Änderung des Referenzzinssatzes bleibt die Notwendigkeit zur Bildung einer Drohverlustrückstellung im Fall eines negativen beizulegenden Zeitwerts des Derivats unverändert bestehen. Bei der Bewertung sind die Änderungen des Referenzzinssatzes gleichwohl zu berücksichtigen.

Beibehalten von Bewertungseinheiten

Besonderes Augenmerk liegt auf dem Fortbestehen etwaiger gebildeter Bewertungseinheiten nach § 254 HGB. Hierzu stellt IDW RH FAB 1.020 heraus, dass entsprechend der zuvor beschriebenen Beibehaltung der Bilanzierung dem Grunde nach es weder zu einem Wegfall des Grundgeschäfts noch des Sicherungsinstruments kommt, der zur Auflösung einer Bewertungseinheit führen würde. Auch die Sicherungseignung, Sicherungsabsicht und Durchhalteabsicht dürften nicht von der Änderung der Referenzzinssätze betroffen sein. Voraussetzung für die Beibehaltung der Bewertungseinheit ist, dass auch nach der Änderung des Referenzzinssatzes von einer prospektiv wirksamen Sicherungsbeziehung ausgegangen werden kann. IDW RH FAB 1.020 sieht dazu als Erleichterung vor, dass eine Bewertungseinheit bei etwaiger absehbarer vorübergehender verringerter prospektiver Wirksamkeit infolge eines zeitlichen Versatzes der Änderung der Referenzzinsätze in Grundgeschäften und Sicherungsinstrumenten bestehen bleibt.

Berücksichtigung in der verlustfreien Bewertung des Bankbuchs

Für Institute weist das IDW darauf hin, dass im Rahmen der verlustfreien Bewertung des Bankbuchs nach IDW RS BFA 3 n.F. die infolge der IBOR-Reform angepassten Rechengrößen bei der Ermittlung eines etwaigen Rückstellungsbedarfs und dessen Höhe zu berücksichtigen sind.

Ergebnisneutrale Erfassung von Ausgleichszahlungen

Etwaige Ausgleichszahlungen infolge der Änderung des Referenzzinssatzes sind ergebnisneutral zu erfassen; hierbei wird im IDW RH FAB 1.020 die Bildung eines – je nach Sachverhalt aktiven oder passiven – Rechnungsabgrenzungspostens (§ 250 HGB) erwogen.

Ergänzend sei darauf hingewiesen, dass bei Instituten Ausgleichszahlungen für Finanzinstrumente des Handelsbestands im Handelsbestand zu berücksichtigen sind.

Die gewählte Bilanzierungsmethode ist im Anhang zu erläutern.

Weitere bilanzielle Konsequenzen

Über die im IDW RH FAB 1.020 adressierten Auswirkungen auf die Bilanzierung von Finanzinstrumenten hinaus können sich mit Blick auf die im Rahmen der Diskontierung verwendeten Zinssätze auch Folgen für die Bilanzierung weiterer Vermögensgegenstände und Schulden ergeben. Hierzu gilt es, eine umfassende Inventur der betroffenen Positionen vorzunehmen.

 

Ihr Autor

Dr. Ralf Struffert
Director FSI Audit Assurance
rstruffert@deloitte.de
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