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Synthetische Verbriefung

Comeback, aber anders

Juni 2017

Über einige Jahre sah man keine neuen synthetischen Bankverbriefungen aus Deutschland mehr. Vor drei bis vier Jahren änderte sich das langsam. Mittlerweile sieht man diese Verbriefungsart wieder häufiger – allerdings in deutlich modifiziertem Gewand. Von der Öffentlichkeit blieb dieser Trend weitgehend unbemerkt, da es sich um private placements handelte und somit Details nicht veröffentlicht werden.

Wer über synthetische Verbriefungen schreibt, muss aber erst einmal differenzieren: In diesem Artikel soll es um die synthetische Verbriefung von Kredit(risik)en auf der Bilanz einer Bank gehen, hier „Portfolio-Protection-Transaktionen“ bzw. „PP- Transaktionen“ genannt (teilweise auch als „Balance Sheet Transactions“ bezeichnet).

Diese Transaktionen sind abzugrenzen von einer weiteren synthetischen Verbriefungsart, in denen zwar auch statt Vermögensgegenständen (wie es in True-Sale-Transaktionen der Fall ist) lediglich Kreditrisiken verbrieft werden. In diesen Transaktionen,  hier „Artificial-Arbitrage-Transaktionen“ genannt, sind jedoch zusätzlich die  Kreditrisiken nicht real sondern künstlich, das heißt es werden damit nicht dem Risikoträger die Risiken abgenommen, sondern Kreditrisiken auf dem Papier erschaffen oder simuliert, auf die dann letztlich gewettet wird. Dieses eigentlich recht einfache Prinzip wurde häufig noch durch komplexe Strukturelemente, Optionalitäten und Leverage-Booster ergänzt. Diese Transaktionen hatten Ihre Boomphase kurz vor der Finanzkrise und dürften mittlerweile weitgehend verschwunden sein. Um fair zu bleiben, sei betont, dass es natürlich auch in dieser Transaktionsart Unterschiede in der Seriosität der Transaktionen gab; dies ist jedoch ein eigenes Thema. Was nicht verschwunden ist, ist der schlechte Ruf dieser Transaktionsart. Artificial-Arbitrage-Transaktionen galten als „Zockerpapiere“, „Brandbeschleuniger“ der Finanzkrise, die teilweise verheerende Verluste generierten und den Strudeleffekt der Finanzkrise deutlich verschärften. Leider mangelt es bis zum heutigen Tag an der notwendigen Differenzierung zwischen Artificial-Arbitrage-Transaktionen und PP-Transaktionen: Pauschal werden „synthetische“ Transaktionen ins Zwielicht gerückt. Als Beispiel sei der regulatorisch und politisch geförderte Qualitätsstandard „STS-Verbriefungen“ genannt („simple, transparent and standardised“). Trotz intensiver Diskussionen, sind  PP-Transaktionen von diesem Standard in den bisherigen Entwürfen immer noch weitgehend ausgeschlossen. Dies hat erhebliche negative Auswirkungen auf deutsche PP-Transaktionen, obwohl sie in der Vergangenheit (trotz Finanzkrise) nachweislich überwiegend eine gute bis sehr gute Performance aufwiesen.

PP-Transaktionen waren in Deutschland bis ca. 2007 bei Verbriefungen von Bankkrediten vorherrschend. Das heißt insbesondere, sie überwogen die True-Sale-Verbriefungen, bei denen  die Kredite tatsächlich rechtlich übertragen werden, in Anzahl und Volumen deutlich.

Hintergrund waren zum einen die Refinanzierungsmöglichkeiten der deutschen Banken: Ein Großteil der deutschen Bankengruppen verfügte entweder über einen guten Zugang zum Pfandbriefmarkt und damit einer international hervorgehoben günstigen Refinanzierungsmarkt oder über einen öffentlichen Hintergrund (Sparkassen- und Landesbankenlager). An sonstiger günstiger Refinanzierung, wie sie insbesondere durch True-Sale-Bankverbriefungen dargestellt werden kann, war somit erheblich weniger Bedarf als in manch anderen Jurisdiktionen.

Zum anderen war unter dem Eigenmittel-Solvabilitätsgrundsatz „Grundsatz 1“ (der Basler Eigenkapitalempfehlung von 1988 - Basel I - folgend) hinsichtlich der Eigenkapitalunterlegungspflicht verhältnismäßig wenige Differenzierungsstufen vorgesehen. Somit war es besonderes lohnend RWA-Entlastung zu generieren, in dem Portfolios garantiert und anschließend verbrieft wurden.

Dieser Effekt wurde mit Einführung der Solvabilitätsverordnung (Basel II) 2007/2008 auf einen Schlag deutlich gemindert. Unter Basel II war nun die RWA-Unterlegung schon von vorneherein deutlich risikosensitiver, so dass die durch PP-Transaktionen erzielbare Entlastung – bei gleichbleibenden Kosten – geringer war. Ein Übriges tat wohl die Finanzmarktkrise, die im gleichen Zeitraum ausbrach: Investoren, die für Bankverbriefungen attraktive Coupons bezahlten, wurden Mangelware. Bis ca. 2013/2014 sah man kaum eine PP-Transaktion einer deutschen Bank.

Unter anderem aufgrund der erheblichen regulatorischen Verschärfungen der letzten Jahre kamen auch die PP-Transaktionen als Instrument zur Eigenkapitalentlastung zurück.

Die neuen PP-Transaktionen tragen in Deutschland jedoch ein deutlich anderes Gewand als bis 2007/2008:

Single Tranche

Meist wird nur noch eine Risiko-Tranche ausplatziert, meist die second loss/mezzanine Tranche. „Mit spitzem Bleistift“ wird die Kosten/Nutzen-Relation ausgerechnet: Wieviel Ausplatzierung ist notwendig, um im Lichte der anfallenden Kosten eine optimale RWA-Entlastung zu generieren?

Bilaterale Vertragsverhältnisse

Anders als bis 2007/2008 werden vorwiegend „private placements“ vorgenommen. Das heißt, die Bank verhandelt bilateral mit einem oder zwei Investoren, meist Investment-/ Fondsgesellschaften. Diese haben folglich erheblich mehr Einfluss auf die Struktur der Transaktion und können ein genau auf ihre Bedürfnisse ausgerichtetes Investment verhandeln. Die Transaktionen sind darauf angelegt, dass das Investment über die gesamte Laufzeit der Transaktion gehalten wird. Das heißt u.a. auch, dass nachverhandelt werden kann. Die Starrheit der Transaktionen kann auf diese Weise gelockert werden.  Beispielsweise können Wiederauffüllungen („Replenishments“) des Portfolios verhandelt werden, wenn dies relevant wird, auch wenn Sie abweichend von den ursprünglichen Bedingungen sind oder initial gar nicht vorgesehen waren. Damit dass die Transaktionen bilateral und tailor-made verhandelt werden, geht jedoch auch einher, dass eine Standardisierung, wie sie noch beim alten Typus bis 2007/2008 bestand, nicht mehr gegeben ist.

Keine externen Ratings

Externe Ratings werden an die neue Generation der deutschen PP-Transaktionen in der Regel nicht vergeben. Dieses Qualitätssiegel wird durch eine eigene Due Diligence des betreffenden Investors ersetzt.

Due Diligence durch Investoren

In der Regel führt der Investor eine eigene Due Diligence des Kreditportfolios durch. In gewissem Umfang stützt er sich auch auf die internen Ratings der Bank als Qualitätsmerkmal. Nicht selten werden folglich in der Portfoliogarantie selbst keine Auswahlkriterien („Eligibility Criteria“) mehr definiert/zugesichert.

Einfache Strukturen, schlanke Dokumentation

Die Transaktionsdokumentation ist aufgrund des bilateralen Charakters meist erheblich schlanker und weniger komplex als bis 2007/2008. Die Strukturen sind einfach, d.h. auf komplexe Strukturelemente aus dem „financial engineering“ Repertoire wird verzichtet. Ein Prospekt wird in der Regel seitens der Bank nicht erstellt.

Bei allen Unterschieden ist jedoch ein Grundprinzip gleich geblieben:

Vertrauen ist gut. Kontrolle ist besser.

 

Auch bei den neuen PP-Transaktionen werden Verluste durch den oder die Investoren nur getragen, wenn durch einen unabhängigen Dritten (Treuhänder) geprüft wurde, ob die Kredite durch die Bank im Sinne der Investoren verwaltet und verwertet wurden.

Ihre Ansprechpartner

Andrea Weber
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Philipp von Websky
pvonwebsky@deloitte.de
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