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Studie: Gesundheitsversorgung in Bayern

Zwischen Investition und Schließung – welche Krankenhäuser braucht der Freistaat?

In der neuen Studienreihe „Regionale Gesundheitsversorgung“ nimmt Deloitte ausgewählte Bundesländer unter die gesundheitspolitische Lupe. Die erste Ausgabe dieser Untersuchungs-Serie widmet sich der Gesundheitsversorgung in Bayern.

Wie viele Krankenhäuser braucht es für eine ausreichende und flächendeckende Versorgung bei gleichzeitiger Wirtschaftlichkeit der Einrichtungen? In Bayern schreibt jede zweite Klinik dieses Jahr rote Zahlen. Die Politik setzt sich zum Ziel, durch hohe Investitionen eine flächendeckende und wohnortnahe Gesundheitsversorgung zu gewährleisten und die bestehenden Krankenhausstrukturen weitestgehend zu erhalten. Zugleich sollen die Träger bei Umstrukturierungen und der Entwicklung passender Nutzungskonzepte für jeden Standort unterstützt werden. Wie kann eine Optimierungsstrategie aussehen?
 

Die Situation im deutschen Gesundheitswesen ist angespannt. Kostendruck, Personalmangel in den medizinisch-pflegerischen Berufen und die Diskussion um Über- bzw. Unterversorgung in Metropolen und der Fläche dominieren den Diskurs auch in Bayern. Wir wollen mit unserer Studie einen Beitrag zur Objektivierung der aktuellen Diskussion leisten sowie Lösungsansätze für die Gestaltung der künftigen Krankenhausstrukturen in Bayern aufzeigen.
Alexander Morton, Partner Restructuring Services Health Care bei Deloitte
 

Die wichtigsten Ergebnisse auf einen Blick

  • Zahl der Kliniken in Bayern nimmt ab, Flächenversorgung muss aber gesichert sein
  • Wirtschaftlichkeit: besonders kleinere Häuser stehen im Fokus, hoher Investitionsbedarf bei großen Häusern
     

Fazit

Aufgrund der unterschiedlichen Struktur gibt es keine Pauschallösungen für die Gesundheitsversorgung in Bayern. Konkrete Ansatz- und Diskussionspunkte:

  • Bildung von Exzellenz-Clustern bei städtischen Maximalversorgern sowie Kooperationen und Vernetzungen von Schwerpunktversorgern mit ländlichen Krankenhäusern 
  • Digitale Vernetzung von Kliniken über alle Versorgungsstufen hinweg 
  • Anderweitige Nutzung von kleineren, nicht bedarfsgerechten Häusern, zum Beispiel als erste medizinische Anlaufstellen vor Ort oder für neue, innovative Versorgungsmodelle
  • Beispiele wie E-Health-Lösungen und elektronische Patientenakten machen die Potenziale einer engeren Zusammenarbeit von städtischen und ländlichen Einrichtungen deutlich

 

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Analyse im Detail

Effizienter Einsatz von Gesundheitsausgaben im Freistaat

Das vergleichsweise eher dünn besiedelte Bayern weist – im Gegensatz zum Bundestrend – eine wachsende Bevölkerungszahl (+3,9%) auf. Die Gesundheitsausgaben liegen mit 4.024 Euro pro Kopf und Jahr knapp unter Bundesdurchschnitt und im internationalen Vergleich über Großbritannien (3.206 Euro), aber deutlich unter den USA (8.850 Euro) oder dem vielzitierten Dänemark (5.000 Euro), das sein Gesundheitswesen aktuell stark transformiert. In einem Drittel des Freistaats liegt die Bevölkerungsdichte nur zwischen 67 und 106 Einwohnern pro Quadratkilometer. Dennoch ist es einem Großteil der Bayern möglich, im Mittel innerhalb von 20-25 Minuten Autofahrt ein Krankenhaus zu erreichen.

Kleinere Krankenhäuser unter größerem Druck – hoher Investitionsbedarf bei großen Häusern

Die Entwicklung seit 2007 lässt erkennen, dass die Dichte der Krankenhäuser in Bayern insgesamt kontinuierlich zurückgeht – in jedem Fall derjenigen mit öffentlicher bzw. freigemeinnütziger Trägerschaft. Vor allem kleinere Häuser werden insgesamt weniger. Während gerade diesen häufig Unwirtschaftlichkeit unterstellt wird, zeigt sich, dass Größe und ländliche Lage keine Indikatoren für Effizienz sind. Die EBITDA-Margen kleinerer Häuser (2,1%) liegen keineswegs unter denjenigen der großen, urbanen Kliniken (1,9%). Eins steht jedoch für alle bayerischen Krankenhäuser fest: mit den ausgewiesenen Gewinnkennzahlen werden sie aus eigener Kraft nur schwer ihren notwendigen Innovations- und Investitionsbedarf finanzieren können.  

Eine ausführliche Analyse zur Krankenhausstruktur und der wirtschaftlichen Lage der Krankenhäuser in Deutschland finden sich im Krankenhaus Rating Report 2018, den Deloitte in Kooperation erstellt. 

Keine Förderung nach dem Gießkannenprinzip

Wie soll man also vorgehen: Ist Clustering, Konsolidierung, Umstrukturierung oder gar Schließung bestimmter Krankenhäuser die Lösung? Als Beispiel wird in diesem Zusammenhang auch immer wieder Dänemark genannt, welches das Gesundheitswesen durch sogenannte Supra-Krankenhäuser zu transformieren gedenkt. In Bayern würde dies – bei Anwendung eines analogen Quotienten – jedoch eine Reduzierung von rund 240 Akuthäusern auf 50 Standorte bedeuten, worunter die Versorgung sicherlich leiden würde. Deshalb ist beim Thema Gesundheit von einer Förderung oder Schließung nach einem Pauschalprinzip und der reinen Orientierung am Effizienzgrad generell abzuraten.

Regionale Versorgungsnetzwerke

Die digitale Technologie kann sich bei der Optimierung der bestehenden Strukturen als entscheidender Enabler erweisen. Die Vernetzung von Krankenhäusern aller Versorgungsstufen inklusive Rehakliniken und ambulanten Zentren zu kompletten Versorgungsnetzwerken kann Synergien erschließen – wichtig vor allem dort, wo ein geringer Spezalisierungsgrad besteht. Voraussetzung für Kooperationen und Zusammenschlüsse ist allerdings die Modifikation kartellrechtlicher Beschränkungen, welche insbesondere kommunalen Häusern die Zusammenarbeit erleichtern würde.

Umnutzung nicht-bedarfsgerechter Häuser – Konsolidierung unrentabler Häuser

Darüber hinaus bietet sich eine Umnutzung kleinerer, nicht mehr lebensfähiger Krankenhäuser an – zum Beispiel als erste medizinische Anlaufstelle vor Ort. Eine enge Zusammenarbeit mit den Kommunen kann hier neue Perspektiven und Möglichkeiten schaffen. Aber auch Maximal- und Schwerpunktversorger könnten durch die Bildung von Exzellenzclustern und abgestimmten Medizinkonzepten effizienter organisiert werden.

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