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Earn-Outs aus Financial Due Diligence- und Accounting-Perspektive 

Risiken der nachträglichen Kaufpreisoptimierung und deren Vermeidung durch vorausschauende vertragliche Regelungen

Bei der Vereinbarung eines Earn-Outs ist zu beachten, dass Earn-Out-Regelungen dem Käufer weitreichende Einflussmöglichkeiten auf den zukünftigen Eintritt der Earn-Out-Bedingungen einräumen. Der Käufer wird in der Regel nach der Transaktion einen maßgeblichen Einfluss auf die Geschäftstätigkeit und auch auf die Bilanzierung auf Ebene der Zielgesellschaft ausüben. Dementsprechend sollten bereits bei der Vereinbarung der Earn-Out-Regelungen die zukünftigen Gestaltungsmöglichkeiten berücksichtigt und entsprechende Regelungen zwecks Absicherung getroffen werden. Auch wenn eine 100-prozentige Absicherung gegen alle Eventualitäten naturgemäß nicht möglich ist, können die Risiken durch Berücksichtigungen wichtiger Best-Practice-Punkte deutlich reduziert werden. In diesem Deloitte-Beitrag fokussieren wir uns auf die Risiken und Best-Practice-Gestaltung bei Earn-Outs aus der Perspektive der Financial Due Diligence bzw. der Rechnungslegung.

Eindeutige Festlegung der maßgeblichen Earn-Out-Kennzahl

Üblicherweise wird eine operative Kennzahl den Earn-Out-Regelungen zugrunde gelegt. Hierbei kommen in der Praxis meist Earn-Outs, die sich auf die Entwicklung des EBITDA (Earnings Before Interests, Taxes, Depreciation and Amortisation) bzw. EBIT beziehen, zur Anwendung (im Folgenden wird beispielhaft nur auf das EBITDA abgestellt). Zunächst erscheint dies einfach, stellt aber in der Praxis das zentrale Problem dar, da es weder im Gesetz noch in den GAAP (Generally Accepted Accounting Principles) eine eindeutige Definition des EBITDA gibt. Vielmehr muss in den Earn-Out-Regelungen des Kaufvertrages („SPA“) eindeutig festgelegt werden, wie die maßgebliche Earn-Out-Kennzahl zu ermitteln ist.

Dabei sind folgende Ebenen zu berücksichtigen:

  • Wie wird das EBITDA definiert?
  • Gibt es EBITDA Bereinigungen, die zu berücksichtigen sind?
  • Welche externen/internen Finanzinformationen (in der Regel Jahresabschlüsse) bilden die Grundlagen für die Ermittlung des EBITDA?
  • Welche Rechnungslegungsgrundsätze sind in welcher Hierarchie anzuwenden?

Definition des EBITDA

Die Definition sollte detailliert nach GuV Positionen erfolgen, beginnend mit den Umsatzerlösen bzw. der Gesamtleistung abzüglich bzw. zuzüglich einzelner Aufwands- und Ertragspositionen auf Basis der während der Due Diligence zur Verfügung gestellten Finanzinformationen. Bei HGB-Bilanzierung ist bei den einzelnen GuV Positionen ein Verweis auf das Gliederungsschema des §275 Abs. 2 HGB (Gesamtkostenverfahren) bzw. des §275 Abs. 3 HGB (Umsatzkostenverfahren) zu empfehlen. 

EBITDA Bereinigungen

Sofern Sachverhalte aus der Due Diligence oder den Verhandlungen bekannt sind, deren Aufwendungen und/oder Erträge zukünftig bei der Ermittlung der für den Earn-Out relevanten Kennzahl unberücksichtigt bleiben sollen, müssen diese im SPA einzeln definiert werden. Dabei gilt grundsätzlich, je eindeutiger diese Sachverhalte beschrieben sind, umso unstrittiger ist ihre Behandlung im Rahmen der Ermittlung der Earn-Out relevanten Kennzahl (auch, wenn dies in der Praxis nicht immer vollumfänglich möglich sein wird und Restunsicherheiten erfahrungsgemäß verbleiben).

Beispiele für EBITDA Bereinigungen sind:

  • Außerordentliche, einmalige oder nicht wiederkehrende Aufwendungen bzw. Erträge, die nicht im Zusammenhang mit dem Kerngeschäft des Transaktionsperimeters stehen (z.B. Verluste / Gewinne aus dem Verkauf von Vermögensgegenständen des Anlagevermögens)
  • Erträge, die im direkten Zusammenhang mit Aufwendungen in einem anderen Geschäftsjahr stehen (z.B. Erträge aus der Auflösung von Rückstellungen oder Zahlungen auf bereits abgeschriebene Forderungen)
  • Aufwendungen aus Konzernumlagen oder Konzernverrechnungen eines als Käufer auftretenden Konzerns für administrative Tätigkeiten im Konzern, z.B. IT, HR, Finanzen, Rechnungswesen, Steuern, Beschaffung, Controlling, Planung, Gebäudemanagement
  • Aufwendungen bzw. Erträge aus der Aktivierung und Abschreibung von Vermögensgegenständen sowie Passivierung von Verbindlichkeiten und Auflösung im Rahmen der Erstkonsolidierung (Purchase Price Allocation – „PPA“) aus dieser Transaktion im erwerbenden Konzern und soweit reflektiert im Jahresabschluss der Gesellschaft
  • Aufwendungen bzw. Erträge aus der Folgebewertung (z.B. Abschreibungen, Auflösungen, Wertaufholungen) im Rahmen der PPA im Konzern, soweit die Folgebewertungen ebenfalls im Jahresabschluss der Gesellschaft reflektiert werden bzw. dort zu einer Anpassung führen
  • Aufwendungen, die sich aus der Transaktion ergeben (z.B. explizit zur Bindung von Schlüsselmitarbeitern gezahlte Vergütungen und Gratifikationen, Beraterkosten)

Geprüfte (zukünftige) Jahresabschlüsse als Grundlagen für die Ermittlung des EBITDA

Üblicherweise bilden geprüfte (zukünftige) Jahresabschlüsse die Grundlage für die Ermittlung des EBITDA. Im SPA sind diese Abschlüsse, die genauen Stichtage für die Erstellung sowie das Prüfungserfordernis festzulegen. Darüber hinaus sollte im SPA eine klare Hierarchie der Rechnungslegungsgrundsätze enthalten sein, die festlegt, dass im SPA enthaltene spezifische Rechnungslegungsvorschriften vorgehen, gefolgt von den in einem Referenzjahresabschluss (der Teil der Due Diligence war) angewandten Rechnungslegungsgrundsätzen. Erst wenn diese beiden Kriterien nicht anwendbar sind, sollte ein Verweis auf GAAP (z.B. HGB oder IFRS) erfolgen. 

Spezifische Rechnungslegungsgrundsätze

Hier sollten alle Sonderthemen aufgeführt sein, die im Rahmen der Due Diligence identifiziert wurden und/oder die sich aus der spezifischen Bilanzierungspraxis des Earn-Out-Unternehmens ergeben, um den Spielraum für nachträgliche Interpretationen möglichst auszuschließen bzw. zumindest zu minimieren. Im Rahmen dieser Grundsätze können beispielsweise explizite Regelungen zur Bildung von Wertberichtigungen aufgeführt werden (z.B. „alle Forderungen > 180 Tage werden vollständig wertberichtigt“ oder ähnlich), um spätere Meinungsverschiedenheiten der Parteien bzgl. der Definition von Werthaltigkeit und der sachgerechten Abschreibungshöhe bei überfälligen Forderungen von vorneherein auszuschließen. Vor diesem Hintergrund ist es empfehlenswert, vorab ebenfalls zu definieren, ab wann eine Forderung als überfällig gilt. 

Andere Bereiche, bei denen sich eine explizite Regelung ggf. ebenfalls empfiehlt, sind Wertberichtigungen auf das Vorratsvermögen (Reichweitenabschläge, Gängigkeitsabschläge) oder die Bilanzierung von mit hohen Unsicherheiten behafteten Rückstellungen (z.B. Festlegung der Bewertungsparameter / Zinssatz von Pensionsrückstellungen). 

Weitere mögliche Sonderthemen

Nicht abschließende Beispiele für weitere mögliche Sonderthemen, die entweder als Bereinigung in den spezifischen Rechnungslegungsvorschriften oder als sonstige Regelung im SPA (z.B. als Verbot) berücksichtigt werden sollten, sind:

  • Auswirkungen von Restrukturierungen (z.B. Einmalaufwendungen, Verlagerung von Produktion an andere Standorte mit anderen Aufwendungen)
  • Wechsel auf Konzernlieferanten für Vorprodukte zu abweichenden (Verrechnungs-)Preisen
  • Managementumlage von Private Equity Gesellschaften, Kosten für einen Aufsichtsrat / Beirat
  • Neueinstellung von Mitarbeitenden / Schaffung von vorher nicht benötigten / existierenden neuen Positionen (z.B. auch im Rahmen von Konzernvorgaben)
  • Umstellung von Vertriebsmodellen (Distributor auf Agenten)
  • Umgang mit bereits als Net Debt abgezogenen zukünftigen Aufwendungen (z.B. in der Due Diligence identifizierte Risiken aus Rechtstreitigkeiten oder Forderungsabschreibungen, die aber im Abschluss der Earn-Out-Gesellschaft bisher nicht berücksichtigt sind)

Illustrative Berechnungen

Neben den Regelungen zur Ermittlung des für den Earn-Out maßgeblichen EBITDA ist es empfehlenswert, auch eine illustrative Berechnung bei verschiedenen EBITDA Werten (je nach vereinbartem Mechanismus) in dem SPA aufzuführen. In der Praxis anzutreffende Regelungen z.B. mit Untergrenze / Obergrenze sind häufig auch auf Basis der schriftlichen Erläuterungen in dem SPA nicht zwingend eindeutig. Hier hilft eine vorab vereinbarte Beispielrechnung bei der späteren Auslegung und verhindert Diskussionen oder gar rechtliche Auseinandersetzungen im Nachgang zu einer ansonsten für Käufer und Verkäufer hoffentlich erfolgreichen M&A Transaktion. 

 

Für weitere Informationen und Unterstützung bei Fragen zur Behandlung von Earn-Outs bei M&A Transaktionen stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.

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