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Variable Kaufpreisbestandteile: Der Earn-Out

Chancen und Grenzen von Earn-Out-Vereinbarungen als Dealmaker

Aktuell erleben Earn-Out-Vereinbarungen eine Renaissance. Allerdings führen die naheliegenden Vorteile mitunter dazu, dass die Gefahren von Earn-Out-Vereinbarungen leicht übersehen werden. Vor diesem Hintergrund sollten Earn-Out-Klauseln nur in den richtigen Dosierungen und bei passender Diagnose angewendet werden. Der nachfolgende Deloitte-Beitrag beleuchtet typische Fragestellungen bei der Gestaltung von Earn-Out-Vereinbarungen.

Einen häufigen Anlass zu langen Diskussionen zwischen den Parteien der Transaktion bietet das Thema Kaufpreisermittlung. An dieser Stelle sind häufig zukunftsbezogene Elemente enthalten. Daher kommt die Frage auf, wie die angemessene Verteilung der Chancen und Risiken mit künftigen Erwartungen zusammenhängen. Dabei können Regelungen die Kaufpreisbestandteile an den Eintritt künftiger Ereignisse anknüpfen und Bewertungsdifferenzen überbrücken. Diese sog. Earn-Out-Klauseln sind Kaufpreisgestaltungen, bei denen die Zahlung eines Kaufpreisteils von dem Eintritt bestimmter, vorab definierter Bedingungen abhängt. 

Wann werden Earn-Outs vereinbart?

Typische Situationen für die Vereinbarung eines Earn-Outs sind Unsicherheiten über zukünftige Ereignisse, wie z.B. das Erreichen bestimmter Umsatzschwellen, die Umsetzung technischer Vorhaben oder ausstehende Produktzulassungen, Planungen sowie Marktentwicklungen. Auch bei der Veräußerung von Beteiligungen, die keine oder eine negative Historie haben (z.B. in Turn-Around- und Sanierungssituationen) bietet der Earn-Out den Parteien die Möglichkeit, die hohe prognostische Unsicherheit im Kaufpreis angemessen zu berücksichtigen. Ein weiterer Anwendungsfall kann auch der Wunsch des Käufers sein, den Verkäufer über einen bestimmten Zeitraum an das Unternehmen zu binden und ihn über die Verknüpfung der Kaufpreiszahlung und Kaufpreishöhe zu incentivieren. 

Die Interessenlagen der Parteien bei der Diskussion um einen Earn-Out können folgendermaßen umschrieben werden: Für den Käufer steht die Wertsicherung seiner Investition im Vordergrund, weshalb er interessiert ist, das Investitionsrisiko zu reduzieren. Der Verkäufer hat tendenziell kein Interesse an der Vereinbarung eines Earn-Outs, weil damit für ihn die Übernahme von Transaktionsrisiken (z.B. Markt-, Produkt- oder Finanzierungs- und Bonitätsrisiken) einhergeht. Die unterschiedlichen Interessenlagen resultieren in Gestaltungen, die äußerst komplex sind.

Außerdem ist einer Earn-Out-Regelung der Zielkonflikt zwischen der kurzfristigen, auf einen Exit ausgelegten Verkäuferperspektive und der langfristigen Investitionsperspektive des Käufers immanent. Häufig hat der Verkäufer überzogene Vorstellungen über den Wert des Unternehmens, die der Käufer nicht erfüllen kann, weil beispielsweise in der Planung zu viele Ungewissheiten enthalten sind. In solchen Fällen bietet der Earn-Out eine Möglichkeit, dem Verkäufer entgegenzukommen, ohne für das Unternehmen zu viel zu zahlen. 

Definition eines Referenzpunktes und Referenzzeitraums

Insbesondere die Komplexität der Gestaltung schreckt meist von der Vereinbarung einer Earn-Out-Klausel ab. Da die Earn-Out-Regelung an künftige Ereignisse anknüpft, ist es für die Vertragsgestaltung erforderlich, eine tragfähige Referenz zu vereinbaren und die Bedingung oder das Ereignis, auf das referiert wird, sorgfältig zu beschreiben und zu definieren. Bei der Frage nach dem Anknüpfungspunkt (d. h. dem Referenzpunkt) ist die Beantwortung der Frage entscheidend, worauf es den Parteien ankommt. Sobald für die Parteien finanzielle Indikatoren wie künftige Umsatzentwicklung, Kennzahlen der GuV (Gewinn- und Verlustrechnung) oder Cash Flow-Größen relevant sind, müssen andere Einzelfragen beantwortet werden, als wenn die Parteien eine Earn-Out-Regelung für Situationen suchen, die markt- oder produktbezogen sind. Hierbei stehen Fragen im Vordergrund, wie z. B. die Einführung neuer Produkte, die Zulassung von neuen Entwicklungen oder die Fortsetzung von Geschäftsbeziehungen mit Kunden und Lieferanten. 

Neben der Bestimmung des zutreffenden Referenzpunktes stellt sich ebenfalls die Frage nach dem Referenzzeitraum. Auch hier gibt es nicht den allgemeingültig „richtigen“ Referenzzeitraum, da die verschiedenen Referenzpunkte in unterschiedlichen Referenzzeiträumen realisiert bzw. festgestellt werden können. In der Regel wird ein Zeitraum zwischen zwei und fünf Jahren gewählt, was dem Horizont der Mittelfristplanung entspricht. Bei der Berechnung der Höhe des Earn-Outs sind zahlreiche Gestaltungen denkbar – von einem „Alles-oder-nichts“ bis hin zu einer Sliding-Scale-Regelung. Der Earn-Out ist auch als Beteiligung an einem Unternehmensergebnis gestaltbar. 

Welche Einflussmöglichkeiten auf die Earn-Out-Bedingungen bestehen

Schließlich stellt sich die praktisch und rechtlich interessante Frage, welche Einflussmöglichkeiten die Parteien auf den Eintritt der Earn-Out-Bedingungen haben. Daher ist es bei einem Earn-Out sehr wichtig, ein Verständnis dafür zu entwickeln, inwieweit der Käufer in Abhängigkeit von den einzelnen Earn-Out-Bedingungen Einfluss auf die Höhe des Earn-Outs nehmen kann. Deshalb sollte die vertragliche Gestaltung eine Abwicklungskontrolle zugunsten des Verkäufers vorsehen und ihm Zustimmungs- und Informationsrechte einräumen sowie korrespondierende Informationspflichten des Käufers begründen. Falls es während der Earn-Out-Phase zu Verstößen gegen die Verhaltensregeln kommt, hat dies oft zur Folge, dass der gesamte Earn-Out fällig wird, auch wenn die Earn-Out-Bedingungen gar nicht erfüllt sind.

Darüber hinaus stellt sich für den Verkäufer regelmäßig die Frage nach einer angemessenen Absicherung des zukünftigen Kaufpreises. Als Sicherungselemente bieten sich Treuhandkonten, Bankbürgschaften oder andere Sicherungsmittel an. Ein anderer Aspekt ist die Möglichkeit eines Insolvenzverwalters des Käufers, die Erfüllung zu verweigern, was insbesondere bei einem Kauf im Vorfeld der Insolvenz ein erhebliches Risiko für den Verkäufer darstellt.

Wann ist die Vereinbarung einer Earn-Out-Klausel zu empfehlen?

Die dargestellte Komplexität der Gestaltungs- und Missbrauchsmöglichkeiten macht deutlich, dass der Erfolg von Earn-Out-Gestaltungen in der Regel von zwei Komponenten abhängig ist: Der beabsichtigen Integration der Zielgesellschaft bei dem Käufer und der Management-Verantwortung des Verkäufers. Sobald der Käufer beabsichtigt, das Zielunternehmen zu integrieren und dem Verkäufer die Management-Verantwortung zu entziehen, ist in der Regel eine Earn-Out-Klausel schwierig bzw. nicht empfehlenswert. Die Vereinbarung einer Earn-Out-Klausel ist trotz ihrer hohen Komplexität eine Überlegung wert, wenn der geplante Integrationsgrad niedrig und die Management-Verantwortung des Verkäufers hoch ist, was insbesondere bei einer Stand-Alone-Lösung mit Fortsetzung der Management-Verantwortung des Verkäufers der Fall ist.

 

Für weitere Informationen und Unterstützung bei Fragen zur Vereinbarung von Earn-Outs stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.

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