Digitale Geschäftsmodelle

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Vom Experiment zum Umsatzbringer: Digitale Geschäftsmodelle in der Praxis

Die Digitalisierung als Chance: Datengetriebene Geschäftsfelder eröffnen neue Wachstumspotenziale

Die Digitalisierung wird erwachsen. Digitale Use Cases haben längst die Experimentierphase verlassen. Heute genügt es nicht mehr, einzelne Anwendungen auf Messen und in Forschungseinrichtungen zu bewundern und sie dann modellhaft zu erproben. Die Frage ist vielmehr, was sie konkret im Geschäft bringen. Wie setzt man sie mit Gewinn ein? Die Digitalisierung muss sich rechnen. Technologischer Wandel, Umwälzung von Konsumgewohnheiten und disruptive Konkurrenz sorgen dabei für eine gesteigerte Dringlichkeit. Und das betrifft inzwischen eigentlich alle Branchen. Auch solche, die bislang Daten nicht zu ihrem Geschäftsgebiet zählen. Gefragt sind Ansätze, die diese Entwicklung aktiv antizipieren, begleiten und nutzen – neue digitale Geschäftsmodelle. Wir zeigen in eingängigen Beispielen, wie Unternehmen die Herausforderungen des digitalen Zeitalters innovativ meistern.

Megathema Digitalisierung: kaum ein Unternehmen kommt heutzutage darum herum. Vor allem Firmen aus dem IT-Bereich und anderen „daten-affinen“ Branchen sind aktuell dabei, ihre digitalen Strategien Zug um Zug umzusetzen. Aber auch für eher traditionelle Unternehmen ist spätestens jetzt der Zeitpunkt gekommen, sich diesem Thema intensiv zu widmen. Insbesondere, wenn ihr Kerngeschäft durch die neuen Entwicklungen potenziell bedroht ist. Denn wenn etablierte Unternehmen mit digitalen Geschäftsmodellen in neue Dimensionen vordringen, können sie auf diese Weise gefährdete, angestammte Kernbereiche kompensieren. Dabei darf das bisherige Geschäft aber natürlich nicht aus den Augen geraten. Es sollte vielmehr gezielt dazu eingesetzt werden, die neuen Geschäftsmodelle mit zu tragen und zu finanzieren, solange diese noch keinen eigenständigen Gewinn abwerfen. Das Ziel bei diesem Prozess ist ein möglichst harmonischer Übergang zur neuen digitalen Welt. Der traditionelle Kern und der Digital Core ergänzen, befruchten und unterstützen sich gegenseitig. So gelingt der Aufbruch in die digitale Zukunft. Wir zeigen nachfolgend anhand von Beispielen aus verschiedenen Branchen, wie erfolgreiche digitale Geschäftsmodelle aussehen können.

Disruption schafft Verlierer – aber natürlich auch Gewinner: neue Geschäftsmodelle in der Digitalfotografie

Die Digitalisierung der Fotografie und die Ablösung der silberbasierten Fotochemie waren eine radikale technische Revolution. Viele Hersteller von Kameras konnten sie erfolgreich bewältigen. Vorausgesetzt, sie hatten sich auf das neue Paradigma eingelassen, anders etwa als der frühere Marktführer Kodak. Vergleichsweise besser gelang dies etwa dem Ex-Konkurrenten Fujifilm. Doch die Branche war damit noch lange nicht aus dem Schneider.

Die nächste technologische Revolution stand schon in den Startlöchern. Denn der Siegeszug der Smartphones kostete die digitalen Kamerahersteller in der Folge bekanntlich erhebliche Marktanteile. Und das, obwohl Handy-Kameras rein von der Aufnahmequalität her bis heute technisch sogar unterlegen sind. Aber die neuen Kontexte der Anwendung wie Mobilität und das Agieren in Sozialen Netzwerken schaffen völlig neue Schwerpunkte im Verbraucherverhalten. Für die Handyhersteller ein erfreuliches zusätzliches Geschäftsfeld. Für die Kamerahersteller eine problematische Entwicklung. Auch wenn sie sich mit einzelnen Technologien wie etwa „connected“ Kameras dagegen zu stemmen versuchen. Was tun?

Ein Unternehmen, das durch den Einstieg in benachbarte und neue Business-Optionen den Sprung in die neue Ära schaffen konnte, ist der Oldenburger Fotolaborant CeWe. Der physische Abzug ist auch in digitalen Zeiten immer noch etwas wert. Vor allem, wenn er durch neue Drucktechnologien kreativer, hochwertiger, günstiger als früher und zudem individueller den Kundenwünschen entsprechend umgesetzt werden kann: etwa in den beliebten Fotobüchern, mit denen CeWe beste Geschäfte macht. Eine kluge Reaktion auf den Rückgang der Standard-Abzüge, die durch die Omnipräsenz digitaler Screens nicht mehr so nötig sind wie früher, wodurch aber zugleich der rarer gewordene physische Papierabzug eine höhere Wertigkeit für den Verbraucher bekommt. Zusammen mit gesteigerten Umsätzen aus Onlineabzügen, anderen Geschenkartikeln, Sofortstationen und Online-Druckerei brachte es CeWe so bis zur Nr. 1 in Europa. Die Expansion aus einem aktuell immer problematischeren Kerngeschäft hinein in benachbarte neue digitale Geschäftsfelder eröffnete den Weg dorthin.

Große Geräte, kleine Marge? Industrie 4.0 im Bereich Weiße Ware

Schwere Geräte wie Waschmaschinen mit kleiner Gewinnspanne – was soll Digitalisierung in so einem Bereich bringen? Sehr viel. Hier kommt ein anderer Aspekt der digitalen Umwälzung zum Tragen: Industrie 4.0. Die „vierte industrielle Revolution“ macht mit neuen Ansätzen in der Fertigung die Fabrik zur Smart Factory. Durch intelligente Sensoren und Advanced Analytics lässt sich die Wertkette an vielen Punkten verändern und verbessern – weg von der linearen Supply Chain, hin zum Digital Supply Network der Zukunft. Eine strategisch durchdachte Integration von Applikationen aus dem Bereich des Internet of Things und andere vernetzte Technologien machen es möglich. Smarte Logistik, Tracking und Predictive Maintenance schaffen Effizienz. Die Produktion kann dadurch jetzt ganz neu gedacht werden. So können etwa auch Standorte näher am Absatzmarkt plötzlich wieder lukrativ sein – dank dezentraler Methoden wie 3D-Druck. Zusätzliche Möglichkeiten der Vermarktung wie internet-basierte Customisierung tun sich auf. Das gesamte Angebot kann besser geplant werden, etwa mit Datenerhebung und Analytics-basierter Nachfrageprognose. Vernetzte Überwachung von Verschleißteilen ermöglicht schließlich proaktive After Sales und „predictive“ Support. Das digitale Customer Relationship Management macht eine direktere, präzisere Kundenansprache möglich: eine Win-Win-Situation, denn der Kunde profitiert von verbessertem Service, während sich dem Anbieter durch bessere Daten neue Umsatzchancen eröffnen. Außerdem können so neue digitale Vertriebsmodelle unter Umgehung des traditionellen Handels erschlossen werden, was natürlich die Marge des Herstellers erhöht.

Umdenken bei den Automobilzulieferern: Elektromobilität eröffnen einer Branche neue Chancen

Automobilzulieferer können in Deutschland auf viele erfolgreiche Jahrzehnte zurückblicken. Doch der bevorstehende Siegeszug des Elektromobils droht für viele ein Kerngebiet ihres Know-hows langfristig obsolet zu machen – den Verbrennungsmotor und die vielzähligen dazugehörigen mechanisch anspruchsvollen Systeme im Kfz. Und das entwertet potenziell auch die Expertise von vielen Zulieferern wie etwa dem als Spezialist für Zylinderkopfdichtungen bekannten Unternehmen ElringKlinger. Wie sieht aber für diese Firma eine Zukunft ohne Zylinder aus? Der einzige Ausweg aus dem Dilemma ist die Flucht nach vorn. Mit großem Forschungsaufwand stellt sich ElringKlinger deshalb nun neu auf. Angeboten werden jetzt auch Komponenten für Batterietechnologie, Elektromotoren, aber auch im Bereich Brennstoffzellen und Kunststofftechnik. Zwar werden immer noch 85 % des Umsatzes mit Produkten aus dem Bereich Verbrenner gemacht. Die Sparte E-Mobility dagegen schreibt noch rote Zahlen. Aber in naher Zukunft werde das schon ganz anders aussehen, ist sich CEO Stefan Wolf sicher. Für 2025 prognostiziert er dem Elektrosegment bei ElringKlinger einen Umsatzanteil von 30%. Erfüllt sich diese Vorhersage, und vieles spricht dafür, dann wäre durch die Transformation ein erheblicher Vorsprung vor vielen Konkurrenten gewonnen.

Umsatzplus statt Datensalat: Big Data bei Mobilfunkanbietern

Ein oft bemühtes Bild, das die Sache aber gleichwohl trifft: Daten sind der Rohstoff der digitalen Zukunft. Anfallen tun sie aber natürlich schon heute und zwar in exponentiell steigendem Ausmaß. Doch wie schöpfen Unternehmen aus dem wachsenden Datenmeer einen einträglichen Mehrwert? Diese Frage müssen sich insbesondere solche Firmen stellen, die schon jetzt über große Bestände ungenutzter und oft auch unstrukturierter Kundendaten verfügen. Dazu gehören etwa Mobilfunkanbieter. Vertragsdaten, demographische Profile und Geo-Informationen schaffen hier ein enormes Potenzial für Drittauswertung – selbstverständlich unter Wahrung datenschutzrechtlicher Bestimmungen. Der US-Anbieters Verizon Wireless etwa konnte durch den gezielten Einsatz von Big Data Analytics ganz neue Produkte erstellen, die sich etwa an Medienunternehmen, Einzelhändler, Werbeunternehmen oder Touristik-Anbieter wenden. Sie können mit den zielgruppenspezifischen Informationen etwa Angebote punktgenau an die Frau und an den Mann bringen, Besucherströme messen, Shopräumlichkeiten optimieren. Dazu sind aber Investitionen in den Bereichen AI, Deep Learning und Kognition nötig. Zur Koordination der vielen Projekte des Konzerns wurde zudem eine eigene Data Analytics Einheit geschaffen. So ist dieser „Legacy“ Technology Player gut für den anstehenden Paradigmenwechsel aufgestellt.

Alarmstufe Rot für Intermediäre: digitale Herausforderungen für den Zwischenhandel

Des einen Freud, des andern Leid: Hersteller stehen im neuen Zeitalter durch datengestützte Marketing- und Vertriebsformen in immer direkterem Kontakt mit dem Kunden. Das setzt aber wiederum traditionelle Geschäftsmodelle von etablierten Zwischenhändlern unter Druck. Aber auch die neuen Online-Disruptoren im Handel wie etwa Amazon und Alibaba können diesen natürlich gefährlich werden. Ein Beispiel hierfür ist der Bereich Pharma, der gerade immer wieder in den Medien diskutiert wird. Etablierte Firmen fürchten zum Beispiel in den USA den Markteintritt des Handelsgiganten Amazon. Ein anderes, deutsches Beispiel wäre etwa der Befestigungshändler und „Schraubenkönig“ Würth. Ein erfolgreiches Unternehmen mit langer Tradition. Doch wie kann die Kompetenz eines Zwischenhändlers in Zeiten digitaler Handelsplattformen aussehen? Bei Würth jedenfalls sieht man der Entwicklung nicht tatenlos zu: Webshop-Angebote, Vertriebs-Apps, Echtzeitanalysen und Funktionen für das Empfehlen von Produkten sollen das Geschäft aufwerten und auf neue Kundengruppen ausweiten. Ehrgeizige digitale Ambitionen hat etwa auch der Stahlhändler Klöckner. Das 2014 in Berlins Startup-Szene angesiedelte Innovationslabor Kloeckner.i sorgt im Unternehmen für kreative Impulse. Die neuen digitalen Vertriebsmöglichkeiten rücken ins Zentrum. Das macht unter anderem eine Verringerung von Vorratshaltung möglich. Eine neue, offene Plattform kann Kunden sogar den Kauf von Produkten der Konkurrenz ermöglichen. Bis 2019 will man mit solchen Maßnahmen das Nettoumlaufvermögen um mehr als ein Drittel reduzieren und die Hälfte des Umsatzes auf digitalen Kanälen erwirtschaften. Die richtige Antwort auf die Herausforderungen der Digitalisierung lautet hier ebenso wie in vielen anderen Bereichen: Selbst digital werden!

Die Fahrerkabine als digitale Schaltzentrale: Innovation bei Agrarmaschinen

Die erfolgreiche Gestaltung digitaler Geschäftsmodelle erfordert ein Um- und Weiterdenken bisheriger Ansätze und die Bereitschaft, über diese hinauszugehen. Wo kann neue Technologie am besten an der bestehenden Expertise des Herstellers andocken? Und wo bringt sie den größten Nutzen für den Kunden? Im Bereich Landmaschinen findet gerade eine regelrechte Revolution statt, bei der die Vorteile für den Anwender enorm sind: Farming 4.0. Der datenbasiert optimierte Einsatz von Maschinen, Saatgut, Agrarchemie oder Bewässerung ermöglicht eine erhebliche Steigerung der Effizienz. Dazu gehören entsprechende Daten- und Kommunikationssysteme, die externe Quellen wie Wetter und GPS, aber auch lokale Informationen über Bodenbeschaffenheit u.ä. digital verwerten. Zusammengeführt wird das alles in der Fahrerkabine, die in State-of-the-art-Maschinen inzwischen zu einer regelrechten digitalen und interaktiven Agrarbusiness-Steuerzentrale ausgebaut ist. Denn hier hält sich der Landwirt über besonders lange Zeiträume auf. Ein spannendes Beispiel dafür, wie sich Digitalisierung im Idealfall vollständig um den Kunden und seine Bedürfnisse dreht. Solche Maschinen mögen in der Agrarindustrie zwar bisher erst einen kleinen Teil des Absatzes ausmachen. Dennoch zeigen die digitalen Flaggschiffmodelle der Branche, wohin die Reise geht. Getragen von den Erträgen der nach wie vor stark nachgefragten traditionellen Systeme können Budgets für Forschung und Entwicklung umgeschichtet werden, weg von der immer kleinteiligeren Verfeinerung alter Technologien, hin zu den Produkten und Dienstleistungen von morgen. Denn diese werden auch für den Landwirt bald unverzichtbar sein. Ermöglichen sie ihm doch seinerseits eine digital gestützte Ausweitung und Umgestaltung des eigenen Geschäftsmodells. Es ist schließlich sehr gut denkbar, dass der Landwirt zukünftig nicht mehr nur Agrarprodukte verkauft, sondern auch Daten – wie etwa über das Wetter oder den Boden.

Mit Deloitte ins digitale Geschäft kommen

Die Beispiele zeigen es: Die Möglichkeiten der Digitalisierung sind enorm. Aber wie gehen Unternehmen bei der Umsetzung konkret vor? Auf folgende acht Punkte kommt es nach Erfahrung der Deloitte-Experten bei der Realisierung besonders an:

  1. Digitale Transformation als Überlebensfrage begreifen
  2. einen neuen Denkansatz im Unternehmen verankern,
  3. auf neue Geschäftsmodelle zielen statt nur kleinteilige Verbesserungen des Bestehenden anstreben,
  4. über einen rein technologischen Ansatz hinausdenken,
  5. Strategie und Use Cases mit wachsender Erfahrung fortlaufend anpassen,
  6. schnell starten – Ansätze später hochskalieren,
  7. Unterstützung von CEO und Top-Management sicherstellen,
  8. Erträge aus traditionellem Kerngeschäft gezielt als Hebel für die Digitalisierung einsetzen!

Bei der Umsetzung dieser Punkte bietet Deloitte wertvolle Hilfestellung. Denn mit den sich abzeichnenden neuen Geschäftsdimensionen ergeben sich auch ganz neue Herausforderungen, etwa in den Bereichen Software, IT Sicherheit und Datenschutz, Organisation, Recruitment, Tax und Legal. Viele Aspekte davon sind Unternehmen nicht immer unbedingt schon zu Beginn des Weges in ihrer Tragweite klar. Umso wichtiger ist es, dass sie von vornherein mit Weitblick abgeklärt werden. Die Entwicklung und Implementierung eines digitalen Geschäftsmodells ist eine entscheidende Transformation, die man von Anfang an mit einem strategischen Ausblick gestalten sollte. Die breite interdisziplinäre Aufstellung macht Deloitte zum perfekten Berater bei diesem Prozess.

Gestalten Sie mit uns die digitale Zukunft Ihres Unternehmens!