Regeln für die Außenprüfung auf Basis der Harvard Methode

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Sechs goldene Regeln für die Außenprüfung auf Basis der Harvard-Methode

So unterschiedlich Betriebsprüfungen auch verlaufen: Ein gewisses Konfliktpotenzial besteht immer. Umso wichtiger ist es bei der Außenprüfung, das Verfahren sachlich, strukturiert und vor allem lösungsorientiert anzugehen. Besonders geeignet ist dafür die sogenannte „Harvard-Methode“.

Diskussionen mit dem Betriebsprüfer sind per se keine schlechte Sache. Das Risiko, den falschen Ton anzuschlagen – und im schlimmsten Fall eine negative Kettenreaktion auszulösen – ist allerdings hoch.

Das gilt vor allem für kleinere und mittlere Unternehmen, welche die Außenprüfung meist parallel zum Tages- und Projektgeschäft koordinieren müssen. Mitarbeiter der Steuerfunktion haben hier regelmäßig die undankbare Aufgabe, auf Basis lückenhafter Informationen hochkomplexe Lebenssachverhalte nachvollziehen zu müssen. Treffen sie dann auch noch auf einen Betriebsprüfer, der ebenfalls unter Zeit- und Erfolgsdruck steht, sind Konflikte fast schon vorprogrammiert. Das gilt erst recht, wenn die Sachverhaltsanalyse bei den beiden Parteien, wie so oft, zu unterschiedlichen Ergebnissen führt.

Streitige Auseinandersetzungen über die richtige Behandlung eines Sachverhalts stehen jedoch dem eigentlichen Ziel der Betriebsprüfung entgegen, eine Lösung für dessen steuerliche Beurteilung zu finden. Eine professionelle Verhandlungsführung verhindert solche Verwerfungen und erhöht die Chancen auf zufriedenstellende Lösungen.

Wichtig: Klare Strukturen schaffen

Oft nehmen die Verhandlungspartner bestimmte Sachverhalte unterschiedlich wahr und vertreten (vermeintlich) unvereinbare Positionen zu einem Verhandlungsgegenstand. Um zu verhindern, dass sich dieser Zustand verstetigt und sich die Fronten verhärten, gilt es herauszufinden, welche Interessen hinter den jeweiligen Standpunkten stehen. Auf deren Basis lassen sich dann konkrete Lösungsoptionen entwickeln.

Als besonders erfolgversprechend hat sich in diesem Zusammenhang die Strategie des kooperativen Verhandelns erwiesen. Ihr liegt die Idee zugrunde, dass die Interessen der verhandelnden Parteien nicht immer so unterschiedlich sein müssen, wie die zunächst vertretenen Positionen. Die Problemlösung fußt darauf, dass die Interessen beider Parteien angemessen berücksichtigt werden. Entsprechend gelten Zugeständnisse nicht als Konzessionen der anderen Seite, sondern sind inhaltlich begründet.

Die „Harvard-Methode“ in der Betriebsprüfung

Auch die an der Harvard-Universität entwickelte Methode der „prozessbewussten“ Verhandlung basiert auf diesem Konzept. Daraus lassen sich sechs goldene Regeln für die Außenprüfung ableiten.

  1. Keine Feindbilder pflegen: Jeder sollte sein Gegenüber als Partner verstehen, der an einer Lösung mitarbeitet. Selbst wenn die Chemie zwischen den Verhandlungspartnern nicht die beste ist, gilt es daher, auf Sticheleien oder persönliche Auseinandersetzungen zu verzichten.
  2. Die Sicht des anderen beachten: Auf sachlicher Ebene sollten die Parteien klären, inwieweit das Verständnis des Sachverhalts übereinstimmt und wo Unterschiede bestehen. Für eine Bewertung des Sachverhalts ist es in dieser Phase des Prozesses noch zu früh
  3. Gemeinsamkeiten ausloten: Entscheidend für den Erfolg der Verhandlung ist es, die Interessen der jeweils anderen Partei zu ermitteln und zu verstehen. Wie oft geht es zum einen darum, welche Themen den Verhandlungspartner bewegen und zum anderen, wie man die Kommunikation auf den Empfängerhorizont ausrichtet. Nur wer übereinstimmende Interessen erkennt, findet auch Ansatzpunkte für eine gemeinsame Lösung. Nicht zielführend ist es, wenn Rechtsauffassungen bzw. schriftliche Stellungnahmen ausgetauscht werden, kaum dass die ersten Besprechungspunkte auf dem Tisch liegen.
  4. Interessengerechte Lösungen erarbeiten: Bewährt hat sich ein Dreischritt-Verfahren, bestehend aus Optionsentwicklung, Bewertung und Optimierung. Steht zum Beispiel die Anerkennung von Verrechnungspreisen im grenzüberschreitenden Bereich infrage, könnte man überlegen, ob es den gemeinsamen Interessen entspricht, dass Finanzamt und Steuerpflichtiger bei der Vorbereitung eines Verständigungsverfahrens zusammenarbeiten.
  5. Einen Plan B haben: Auch wenn eine einvernehmliche Lösung stets das Ziel sein sollte, ist es ratsam, frühzeitig über Alternativen nachzudenken, falls die gesetzten (Minimal-)Ziele am Verhandlungstisch nicht erreicht werden. Zu klären ist auch, wann sich die eigenen Interessen besser in einem Rechtsbehelfsverfahren durchsetzen lassen. Keine gute Idee ist es hingegen, mit einer Klage zu drohen: Ein gut vorbereiteter Partner wird sich davon nicht überzeugen lassen.
  6. Sauber dokumentieren: Finden die Parteien eine interessengerechte Lösung, sollten sie die wesentlichen Ergebnisse schriftlich fixieren, um versteckte Einigungsmängel auszuschließen.

Fazit: Wer den Prozess der Betriebsprüfung auf Basis des Harvard-Konzepts strukturiert, hat beste Aussichten, zufriedenstellende Lösungen zu erzielen. Fundierte Kenntnisse des Steuerrechts bleiben aber eine Selbstverständlichkeit: Ohne sie wird weder die Formulierung von Interessen noch die Entwicklung von Lösungsoptionen gelingen.