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Cloud-Migration: Marktanalyse und Prognose

Cloud-Computing war und ist einer der prägendsten Megatrends des TMT-Sektors in den letzten zehn Jahren. Die Umstellung auf die Cloud ermöglicht es Unternehmen, erhebliche Vorteile bei Zusammenarbeit, Automatisierung, Skalierung, Innovation und Agilität zu realisieren. Wie hat sich der Cloud-Markt im letzten Jahr entwickelt und was bringt die Cloud-Zukunft?

COVID-19-Pandemie: Der Cloud-Markt zeigt sich trotz Rezession robust

Es hätte nicht überrascht, wenn das Wachstum der Cloud-Ausgaben im Jahr 2020 um einige Prozent-Punkte zurückgegangen wäre. Schließlich hatten die COVID-19-Pandemie und die damit verbundene globale Rezession zu umfangreichen Ausgabenreduzierungen in vielen Bereichen geführt. Doch stattdessen hat sich der Cloud-Markt bemerkenswert widerstandsfähig gezeigt. Einige Kennzahlen belegen, dass sich das Wachstum im Jahr 2020 auf Vorjahresniveau fortsetzte, andere Metriken deuten darauf hin, dass sich die Wachstumsrate im Vergleich zu 2019 noch steigern konnte – und das trotz der stärksten Wirtschaftskrise der Nachkriegsgeschichte. 

Der Grund dafür dürfte sein, dass COVID-19, Lockdowns und Work from Anywhere (Homeoffice und Remote-Work) die Nachfrage nach Cloud-Diensten erhöht haben. Da immer mehr Unternehmen auf die Cloud umsteigen, um Einsparungen zu realisieren, agiler zu werden und Innovationen voranzutreiben, geht Deloitte davon aus, dass das Umsatzwachstum von 2021 bis 2025 auf dem Niveau von 2019 oder darüber bleiben wird. Das heißt, die Zuwachsraten werden mehr als 30% pro Jahr betragen. 

Cloud Migration Forecast

Die Hybrid-Cloud wird zur favorisierten Lösung

Betrachtet man die in Unternehmen eingesetzten Cloud-Lösungen in ihrer Gesamtheit, dann werden sehr wenige davon ausschließlich on-premise, in der Public Cloud oder in einer Private Cloud betrieben. Die meisten Unternehmen nutzen eine Kombination aus Public und Private Cloud, die zwar getrennte Einheiten bleiben, aber miteinander verbunden sind – ein Ansatz, der als Hybrid Cloud bekannt ist. Dabei wird die Hybrid Cloud ganz klar zum neuen Standard. Bis 2022 werden voraussichtlich mehr als 90% der Unternehmen weltweit auf eine Hybrid-Cloud setzen.

Indikatoren für weiteres Cloud-Wachstum

Verschiedene messbare Indikatoren machen das Ausmaß dieser rasanten Entwicklung deutlich. Dazu zählen zum Beispiel die Umsätze der Public-Cloud-Anbieter sowie der Halbleiterunternehmen, deren Chips die Rechenzentren in der Cloud antreiben, oder auch das Wachstum der Datenübertragung in den globalen Telekommunikationsnetzen.

Vorhersagen über die Entwicklung des Cloud-Markt zu treffen, ist keine einfache Aufgabe, da Cloud-Prognosen oft auf proprietären und nicht replizierbaren Informationen basieren. Für unsere Prognose zur Cloud-Migration stützen wir uns auf diese Angaben, die jedermann öffentlich einsehen kann.

Hyperscale-Cloud-Umsätze wachsen

Die fünf größten Public-Cloud-Hyperscaler, die ihre Umsätze nach Segmenten veröffentlichen, verzeichneten 2019 ein Umsatzvolumen in Höhe von insgesamt 94 Milliarden US-Dollar – ein Plus von 31% gegenüber Vorjahr. Trotz einer weit verbreiteten Schwäche bei den Tech-Ausgaben konnten die Umsätze auch im 1. Quartal 2020 um weitere 31% gegenüber dem Vorjahreszeitraum zulegen. In den ersten neun Monaten 2020 hat sich die Wachstumsrate mit 28 % nur leicht abgeschwächt. Der Jahresumsatz 2020 wird voraussichtlich bei über 125 Mrd. USD liegen sowie 2021 sogar auf über 160 Mrd. USD ansteigen und damit noch einmal deutlich wachsen.

Halbleiter-Umsätze in Rechenzentren steigen

Alle Hyperscale-Rechenzentren benötigen Chips. Obwohl die Ausgaben für Chips und die Cloud-Umsätze nicht hundertprozentig miteinander korrelieren, sind beide Bereiche jedoch langfristig miteinander verbunden. Dabei ist das Wachstum der Chip-Umsätze in der Regel ein führender Indikator für die Entwicklung des Cloud-Marktes. Schließlich müssen zuerst die Chips gekauft und in den Rechenzentren installiert werden, bevor die Cloud-Umsätze fließen können. Die drei größten Halbleiterunternehmen, die ihre segmentierten Umsätze mit Rechenzentren offenlegen, konnten diese im Jahr 2019 insgesamt um nur 3% auf knapp 30 Mrd. US-Dollar steigern. Im 1. Quartal 2020 verzeichneten sie hingegen ein explosionsartiges Wachstum von 42% gegenüber dem Vorjahr. In den ersten neun Monaten 2020 verbuchten diese Umsätze immer noch eine Steigerung von 36%. Der Gesamtumsatz 2020 wird wahrscheinlich über 35 Mrd. USD liegen und könnte 2021 sogar die 40 Mrd. USD-Marke überschreiten.

Globaler Cloud Netzwerkverkehr nimmt zu

Auch der Anteil des globalen Cloud-Traffics am gesamten Internet-Traffic weist aktuell hohe Wachstumsraten auf. Dieser ist allein im Zeitraum vom 1. Februar bis zum 19. April 2020 um 45% gestiegen. Das geht aus dem Deep-Packet-Inspection-Bericht über den Network-Traffic hervor. Im gleichen Zeitraum wuchs der gesamte Internet Traffic um 38%. 

Weitere Belege für das Cloud-Wachstum: Rechenzentren, Investoren, M&A

Nur etwa 10 der großen börsennotierten Hyperscale-Cloud-Anbieter und Chip-Konzerne weisen ihre Cloud-Umsätze detailliert vierteljährlich aus. Aber auch viele andere Unternehmen verkaufen Chips, Speicher- und Konnektivitäts-Lösungen für den Cloud-Bereich. Obwohl diese Firmen keine detaillierten Quartalszahlen veröffentlichen, stimmen ihre Angaben mit denen der Unternehmen überein, die genaue Zahlen veröffentlichen.

Zudem sind immer mehr Investoren-Gelder in den Cloud-Sektor geflossen. Das Gesamtvermögen in den drei größten börsengehandelten Cloud-Fonds (ETFs) erreichte Mitte August 2020 bereits 6 Milliarden US-Dollar. Das waren 2 Milliarden mehr als zu Beginn des Jahres. Dabei stiegen nicht nur die Vermögenswerte, sondern auch die Performance. So konnten die drei Cloud-ETFs bis zum 30. Oktober 2020 eine durchschnittliche Jahresrendite von 47% erzielen. Damit entwickelten sie sich deutlich besser als der NASDAQ mit einer Performance von 22% oder der S&P 500 mit einem mageren Plus von nur 1% im selben Zeitraum.


Das durch COVID-19 getriebene Interesse an der Cloud treibt auch das Geschäft mit Fusionen und Übernahmen an. Allein in den ersten vier Monaten des Jahres 2020 war der Wert der abgeschlossenen Übernahmen von Rechenzentren höher als im gesamten Jahr 2019. Er betrug 7,5 Mrd. US-Dollar und wurde bei nur 28 Deals erzielt.


Obwohl der Cloud-Sektor insgesamt ein schnelles Wachstum aufweist, bedient er auch viele Branchen, die ihre Ausgaben stark gekürzt haben. Das bedeutet, dass das Wachstum zwar insgesamt stark, aber nicht einheitlich ist.

Remote-Work und XaaS als Treiber für die Cloud-Migration

Obwohl das Cloud-Wachstum in den ersten neun Monaten des Jahres 2020 sehr hoch war, gingen viele Prognosen davon aus, dass es sich in den Folgequartalen etwas abschwächen würde. Zwei Faktoren deuten jedoch darauf hin, dass dieser Wachstumsrückgang geringer ausfallen könnte als erwartet. Erstens ist es unwahrscheinlich, dass die weiteren Lockdowns so einheitlich sein werden wie zu Beginn des Jahres 2020. Aber das Aufflackern der Pandemie und eher lokal begrenzte Lockdowns treiben das Arbeiten vom Home-Office aus und damit das Cloud-Wachstum immer noch an. Zweitens wird das Remote-Work „Zwangsexperiment“ auch auf längere Sicht von vielen Arbeitnehmern und Arbeitgebern als Erfolg gewertet. Die Fortgesetzte oder zunehmende Nutzung von Remote-Work könnte die anhaltende Nachfrage nach der Cloud stärken.

Hinzu kommen globale Veränderungen: Der Markt für Hyperscale-Cloud-Services könnte sich von einem globalen Markt zu einem entkoppelten Markt verschieben, der in zwei unterschiedliche, regionale Lager geteilt werden könnte. Auf der einen Seite steht China – das hauptsächlich von dort ansässigen Anbietern bedient wird. Auf der anderen Seite der Rest der Welt, der vor allem von Hyperscalern aus den USA bedient wird. Auf Basis der begrenzten zur Verfügung stehenden Daten scheint es jedoch, dass der chinesische Markt bis September 2020 schneller wachsen konnte als der weltweite Markt außerhalb der Volksepublik. Davon ausgehend erwartet Deloitte, dass sich diese Entkopplung weiter fortsetzen – wenn nicht sogar deutlich verstärken – wird.

Abschließend ist anzumerken, dass der Wechsel zur Cloud auch einen lang anhaltenden Rückenwind in Bezug auf die Nachfrage haben dürfte, der über die Effekte der Pandemie hinausgeht. Flexible Verbrauchsmodelle, auch bekannt unter dem Schlagwort XaaS (Everything (or Anything) as a Service), sind für Unternehmen in allen Branchen zu einer immer wichtigeren strategischen Komponente in der Vermarktung geworden. 

Der XaaS-Trend stützt sich zwar auf mehr als nur die Cloud, diese fungiert aber als wichtiger Enabler. Bereits im Jahr 2018 belief sich der XaaS-Markt auf fast 94 Milliarden US-Dollar. Eine Prognose aus der Zeit vor dem Ausbruch von COVID-19 sagte für die kommenden 5 Jahre eine jährliche Wachstumsrate von jeweils 24% voraus, was bis 2024 zu einem Marktvolumen von über 340 Milliarden US-Dollar führen würde. Wahrscheinlich wird COVID-19 das Wachstum flexibler Verbrauchsmodelle aber beschleunigen. Auch nach der Pandemie werden Unternehmen, die diesen Cloud-getriebenen Wandel vollziehen, die damit verbundenen Vorteile weiter nutzen, wie etwa eine größere finanzielle Vorhersehbarkeit, niedrigere Stückkosten durch Aggregation und verbesserte Kundenbeziehungen. 

Firmen, die ihre Angebote auf ein XaaS-Modell umgestellt haben, konnten bereits beträchtliche Erfolge bei Kunden und Investoren erzielen. Das stellt nicht nur konventionelle Bewertungen in Frage, sondern setzt auch Wettbewerber unter Druck, die bisher noch an traditionellen Geschäftsmodellen mit unbefristeten Lizenzen und langfristigen Verträgen festhalten.

Ausblick: Investitionen und Intelligent Edge

Um auch künftig mit dem weiteren Wachstum Schritt halten zu können, müssen Cloud-Anbieter weiter investieren. Im Jahr 2019 beliefen sich die gesamten Capex-Ausgaben (die sowohl Ausgaben für IT-Infrastruktur als auch für physische Infrastruktur umfassen) der Hyperscaler auf über 120 Milliarden US-Dollar. Angesichts des anhaltenden Umsatzanstiegs ist es wahrscheinlich, dass die Hyperscale-Capex-Ausgaben weiterhin zweistellig zulegen und bis 2022 insgesamt 150 Milliarden US-Dollar erreichen werden. 

Darüber hinaus sind – vor allem um Unternehmenskunden zu gewinnen und zu halten – für Cloud-Anbieter auch Apps mit künstlicher Intelligenz (KI) und Entwicklungswerkzeuge entscheidend, die weitere Investitionen oder Akquisitionen erfordern. Zudem sollten dringend auch Bedenken bezüglich Datenschutz und Sicherheit berücksichtigt werden. Denn schließlich wird sich der Anteil der Cloud an den Arbeitsabläufen in Unternehmen von etwa einem Drittel auf etwa zwei Drittel erhöhen, und das schneller als erwartet. 

Eine neue Entwicklung für Hyperscale-Cloud-Anbieter ist Intelligent Edge. Diese Technologie platziert Rechenleistung, insbesondere auch im Bereich der KI, nicht in zentralen Rechenzentren, sondern näher am Endanwender, typischerweise in einer Entfernung von weniger als 50 Kilometern. Dabei ist Intelligent Edge kein Ersatz für Enterprise- und Hyperscale-Cloud-Rechenzentren, sondern lediglich eine Möglichkeit, Aufgaben über das Netzwerk zu verteilen, um Verzögerungen im Netzwerk (Latenzzeiten) zu minimieren und die Performance, Konnektivität und Sicherheit zu erhöhen.

Cloud-Migrationsstrategie

 Bei der Cloud-Migration geht es nicht nur um den Umzug der IT-Arbeitslasten in die Cloud. Wenn die Cloud Kosten senken und neue Möglichkeiten schaffen soll, kommt es auch auf einen Zustand ständiger Neuerfindung an. Cloud-Anwender sollten bei der Migration in die Cloud zwei Aspekte besonders berücksichtigen:

  • Sicherheit 
    Die zunehmende Nutzung der Cloud bedingt eine größere Angriffsfläche für Cyberangriffe, wodurch Cyber Security wichtiger wird denn je – nicht zuletzt auch angesichts des durch COVID-19 verursachten Nutzungswachstums. In einer Umfrage unter Sicherheitsexperten im April 2020 waren 94% der Meinung, dass die Pandemie das Ausmaß der Cyberbedrohung erhöht. 
  • Kosten und Nutzen der Cloud 
    Bei der Cloud-Migration entstehen auch Kosten für die Duplizierung. Denn Unternehmen müssen gleichzeitig für Cloud- und Legacy-Systeme sowie für die Synchronisierung von Daten zwischen diesen Systemen zahlen. In Zukunft sollten Unternehmen über eine Kostenplanung nachdenken, was teure Fehlerbehebungen aufgrund überstürzter Implementierungen reduzieren kann. So können Cost-Governance-Systeme dabei helfen, die Kontrolle über die Ausgaben zu behalten. Durch eine Kosten-Nutzen-Analyse lässt sich die Lücke zwischen dem aktuellen Zustand und den potenziellen zukünftigen Möglichkeiten bewerten. Dies kann helfen, die Infrastruktur zu optimieren, die Mitarbeiterproduktivität zu erhöhen und den Geschäftswert zu steigern.

Laden Sie hier den Cloud Migration Forecast herunter und erfahren Sie alle Ergebnisse im Detail. 

Welche weiteren Trends prägen die Technologie-, Medien- & Telekommunikationsindustrie im Jahr 2021? Einen Ausblick auf die wichtigsten Entwicklungen geben die Deloitte TMT Predictions 2024.