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Anzuwendendes Recht beim Hineinformwechsel in eine GmbH
Beachtung der deutschen Regelungen zum Formwechsel
Keine Anwendung der Regelungen zur Verlegung des satzungsmäßigen Sitzes einer SE auf grenzüberschreitende Satzungssitzverlegungen ausländischer Gesellschaften mit beschränkter Haftung nach Deutschland.
Nach einer neuen Entscheidung des Kammergerichts finden auf die Sitzverlegung einer französischen S.à r.l. nach Deutschland in der Form eines Hineinformwechsels in eine GmbH ausschließlich die Bestimmungen zum Formwechsel Anwendung, einer analogen Anwendung der Vorschriften zum grenzüberschreitenden Sitzwechsel der SE bedarf es nicht.
Der nachstehende Beitrag beruht auf unserer Kommentierung des Beschlusses des KG in der Fachzeitschrift Der Betrieb vom 15. Juli 2016, Heft 28, Seite 1625 – 1626.
Der Sachverhalt
Das Registergericht verweigerte die Eintragung der Sitzverlegung einer französischen S.à r.l. nach Deutschland bei gleichzeitigem Wechsel in eine GmbH (Hineinformwechsel). Begründet wurde dies u.a. damit, dass die Vorgaben der SE-VO zur grenzüberschreitenden Sitzverlegung der Europäischen Aktiengesellschaft (SE) nicht erfüllt waren.
Entscheidung des KG
Das KG (das für Berlin zuständige OLG) hat in seiner Entscheidung (Az. 22 W 64/15, 21. März 2016) die Geltung der Vorgaben der SE-VO zur grenzüberschreitenden Sitzverlegung der SE für den Hineinformwechsel in die GmbH abgelehnt. Die SE-VO sei auf multinationale Großunternehmen zugeschnitten. Ihre Anwendung auf kleinere Unternehmen wie die betroffene Gesellschaft ist daher nicht sachgerecht. Sie wären gegenüber deutschen Gesellschaften, die in eine GmbH formwechseln, unangemessen schlechter gestellt, da für diese die SE-VO nicht gilt.
Das KG wendet allein die Vorschriften des deutschen Umwandlungsrechts zum Formwechsel an. Daher sind insbesondere die Gründungsvorschriften zur GmbH zu beachten.
Begrüßenswerte Entscheidung
Seit der VALE-Entscheidung des EuGH ist klar, dass der grenzüberschreitende Formwechsel in der EU möglich ist. Der Beschluss des KG bringt insoweit keine Neuerungen. Jedoch hat der EuGH versäumt, das anzuwendende Recht zu definieren.
Die Positionierung des KG ist daher zu begrüßen. Das KG verweist allein auf die Regelungen des deutschen Umwandlungsrechts zum Formwechsel und schließt die SE-VO ausdrücklich aus. Für die deutsche Rechtspraxis hat dies den Vorteil, dass der Hineinformwechsel wie ein innerdeutscher Formwechsel zu behandeln ist.
Keine einheitliche Linie deutscher Gerichte
Die Entscheidung des KG steht im Einklang mit einem Beschluss des OLG Nürnberg vom 19. Juni 2013 (Az. 12 W 520/13), das ebenso nur Umwandlungsrecht anwendet. Der Beschluss betraf einen Hineinformwechsel einer luxemburgischen S.à r.l. in eine deutsche GmbH. Andere Gerichte haben sich teilweise anders positioniert. So sieht eine von Richtern des AG Charlottenburg erstellte Checkliste die Geltung der SE-VO für diese Fälle vor.
Obwohl es noch immer keine vollständig einheitliche Linie der deutschen Gerichte und keine BGH-Entscheidung zur einschlägigen Konstellation gibt, ist in der Rechtsprechung eine zunehmende Tendenz zugunsten des Ansatzes der beiden vorgenannten OLG Entscheidungen erkennbar. Die Entwicklung bleibt weiter abzuwarten.
Praxishinweise
Der Beschluss des KG beinhaltet keine abschließende, allgemeinverbindliche Entscheidung für alle Sachverhalte. Das KG argumentiert mit dem Einzelfall, insbesondere der geringen Größe der Gesellschaft. Es bleibt offen, wie das Gericht bei größeren Gesellschaften, die gegebenenfalls der Arbeitnehmermitbestimmung unterliegen, entscheidet. In diesem Fall könnte die SE-VO zumindest nicht wegen der Fixierung auf größere Unternehmen abgelehnt werden und deren Anwendung zumindest teilweise tatsächlich sinnvoll sein. Offen ist ebenso die Behandlung des Hinausformwechsels in ein anderes EU-Land.
Trotz dieser Schlussfolgerung und der begrüßenswerten Tendenz zur ausschließlichen Anwendung des Umwandlungsrecht in der registergerichtlichen Praxis ist in Fällen grenzüberschreitender Sitzverlegungen zumindest bis zu einer höchstrichterlichen Entscheidung auch weiterhin eine enge Abstimmung mit dem zuständigen Handelsregister ratsam.