Treuhandvertrag

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Zur rechtlichen Einheit von Geschäfts­anteils­über­tragung und Treuhand­vertrag

BGH, Urteil v. 22.09.2016 – Az.: III ZR 427/15

Eine Anteilsübertragung kann mit einer Treuhandabrede eine wirtschaftliche Einheit bilden. Lehnen die geschäftserfahrenen Beteiligten die erforderliche Beurkundung der Treuhandabrede ab und lassen die Anteilsübertragung gleichwohl beurkunden, berührt die Formnichtigkeit der Treuhandabrede die Wirksamkeit der Anteilsübertragung nicht.

Sachverhalt
Der BGH hatte über das Vorliegen einer rechtlichen Einheit eines Geschäftsanteilskauf- und eines Treuhandvertrages i.S.v. § 139 BGB zu entscheiden:

Der Treugeber von Geschäftsanteilen einer GmbH wollte den Geschäftsanteil seines Treuhänders vorübergehend an einen neuen Treuhänder übertragen. Hierzu wurde die Geschäftsanteilsübertragung zwischen dem alten und dem neuen Treuhänder beurkundet und ein Treuhandvertrag zwischen dem Treugeber und dem neuen Treuhänder vereinbart. Trotz Hinweises des Notars auf die Beurkundungsbedürftigkeit des Treuhandvertrages verzichteten die Parteien ausdrücklich auf die Beurkundung. Der neue Treuhänder übertrug dann entgegen der Treuhandabrede, zum Nachteil der Gesellschaft, Vermögenswerte derselben auf sich selbst und seine Ehefrau.

Die GmbH erhob darauf, mit der Argumentation, dass auch die Geschäftsanteilsübertragung wegen der nicht beurkundeten Treuhandabrede gem. § 139 BGB unwirksam sei, Klage gegen den Urkundsnotar auf Schadensersatz wegen Amtspflichtverletzung. Der BGH verneinte eine Amtspflichtverletzung.

Entscheidung
Aus Sicht des BGH hatte hier die Nichtigkeit der Treuhandabrede wegen Formmangels gem. § 15 Abs. 4 S. 1 GmbHG, § 125 S. 1 BGB, nicht auch die Unwirksamkeit der Geschäftsanteilsübertragung zur Folge, denn die gegenständlichen Verträge bildeten keine rechtliche Einheit i.S.d. § 139 BGB. Entscheidend für die Bejahung einer rechtlichen Einheit (die zur Beurkundungspflicht aller der Einheit unterliegenden Verträge führt) sei der sog. Einheitlichkeitswille der Parteien, also der Wille, dass das eine Geschäft nicht ohne das andere gewollt ist, die Rechtsgeschäfte also miteinander stehen und fallen sollen. Es kommt gerade nicht auf eine wirtschaftliche Verknüpfung, sondern auf einen rechtlichen Zusammenhang an. Ob ein rechtlich verbundenes Rechtsgeschäft vorliege, sei durch Auslegung des objektiv erkennbaren Parteiwillens festzustellen.

Im Streitfall hatte zwar die Aufrechterhaltung des Treuhandverhältnisses für die Parteien wesentliche Bedeutung, jedoch war eine bloße wirtschaftliche Einheit zwischen dem Treuhandvertrag und dem Unternehmenskaufvertrag beabsichtigt. Für den BGH war entscheidend, dass nach den objektiv erkennbaren Umständen die Parteien trotz Kenntnis über die Unwirksamkeit der Treuhandabrede bei fehlender Beurkundung, ausdrücklich auf diese verzichteten. Die durchweg geschäftserfahrenen Beteiligten hätten nach dem Hinweis des Notars die rechtlichen Folgen der unterlassenen Beurkundung überblicken können. Wenn die Parteien in Kenntnis der Unwirksamkeit eines Rechtsgeschäfts die Rechtsfolgen eines anderen Rechtsgeschäfts herbeiführen wollen, lässt sich daraus folgern, dass eine rechtliche Einheit zwischen beiden nicht beabsichtigt ist. Nach den objektiv erkennbaren Umständen wollten der Treugeber und der neue Treuhänder die Geschäftsanteilsübertragung und die Treuhandabrede somit nicht verbinden.

Praxishinweis
Der BGH stellte in seiner Entscheidung auf das Vorliegen des sog. Einheitlichkeitswillens der Parteien ab. Ein mangelnder Einheitlichkeitswille kann jedoch aus dem bloßen Verzicht der Parteien auf Beurkundung der Treuhandabrede nicht gefolgert werden. Es ist stets zu prüfen, ob die Vertragsparteien die Rechtsfolgen des Formmangels vollständig erfassen konnten und ob die Parteien beabsichtigten, dass die Rechtsgeschäfte miteinander stehen und fallen sollten.

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