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­BGH: Haftung des Directors einer UK Limited für massever­kürzende Zahlungen nach deutschem Recht

Die ausländische Rechtsform schützt nicht vor möglicher persönlicher Inanspruchnahme der Geschäftsleitung nach deutschem (Insolvenz-)Recht. Mit Urteil vom 15. März 2016 hat der BGH entschieden, dass auch der Director einer englischen Limited, über deren Vermögen in Deutschland das Insolvenzverfahren eröffnet worden ist, nach § 64 Satz 1 GmbHG für verbotswidrige Zahlungen nach Eintritt der Insolvenzreife haften kann.

Sachverhalt

Die Insolvenzschuldnerin war eine nach englischem Recht gegründete „private company limited by shares“ (nachfolgend: Limited) mit einer in Deutschland eingetragenen Zweigniederlassung und überwiegender Geschäftstätigkeit in Deutschland. Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen in Deutschland wurde der Director der Limited durch den Insolvenzverwalter nach § 64 Abs. 2 GmbHG a. F. bzw. § 64 S. 1 GmbHG n. F. für Zahlungen nach Insolvenzreife in Anspruch genommen. Der zuletzt mit der Klage befasste BGH setzte das Verfahren aus und legte dem EuGH die Frage vor, ob § 64 GmbHG dem Gesellschafts- oder dem Insolvenzrecht zuzuordnen sei. Diese Frage ist von großer Bedeutung, da bei EU/ EEA- Auslandsgesellschaften das Gesellschaftsrecht ihres Gründungsstaates anzuwenden ist, während für das Insolvenzverfahren und seine Wirkungen das Insolvenzrecht des Mitgliedsstaats, in dem das Verfahren eröffnet wird, gilt.

Entscheidung

Auf Grundlage der „Kornhaas“- Entscheidung des EuGH vom 10. Dezember 2015, der § 64 GmbHG als insolvenzrechtliche Norm qualifiziert, entschied der BGH (II ZR 119/14, 15. März 2016), dass § 64 GmbHG auch auf den Director der Limited anzuwenden sei. Der BGH stellt hierbei auf den Zweck der Vorschrift ab, der darin bestünde, Masseverkürzungen im Vorfeld des Insolvenzverfahrens zu verhindern. Wenn der Geschäftsführer seiner Massesicherungspflicht nicht nachkommt, sei sicherzustellen, dass das Gesellschaftsvermögen wieder aufgefüllt wird, damit es im Insolvenzverfahren zur ranggerechten und gleichmäßigen Befriedung aller Gesellschaftsgläubiger zur Verfügung steht. Es sollen nicht Schäden der Gesellschaft, sondern Schäden künftiger Insolvenzgläubiger erfasst werden. Nach Ansicht des BGH trifft dieser Gesetzeszweck auf beide Gesellschaftsformen zu. Sowohl in der GmbH als auch in der Limited haften die Gesellschafter grundsätzlich nicht mit ihrem persönlichen Vermögen für die Gesellschaftsschulden. In beiden Gesellschaftsformen werden die Geschäfte von einer dafür verantwortlichen, nicht notwendig auch als Gesellschafter beteiligten Person geführt. Da bei beiden Gesellschaftsformen die Gefahr besteht, dass der Geschäftsführer oder der Director nach Insolvenzreife Zahlungen zu Lasten der späteren Insolvenzgläubiger leistet und damit die Insolvenzmasse verkürzt, erscheint es gerechtfertigt, den GmbH-Geschäftsführer und den Director der Limited bezogen auf die Haftung bei derartigen Zahlungen gleich zu behandeln.

Fazit

Mit dieser Klarheit schaffenden Entscheidung macht der BGH den Weg für Haftungsklagen deutscher Insolvenzverwalter gegen Geschäftsführer von im Ausland gegründeter Gesellschaften frei. Zudem wird davon auszugehen sein, dass auch andere Rechtsinstitute wie z.B. die Insolvenzverschleppungs-, die Insolvenzverursachungshaftung und die Haftung bei Rückzahlung von Gesellschafterdarlehen dem Insolvenzrecht zuzuordnen sind, sodass auch diese Haftungsnormen zukünftig gegenüber Geschäftsführern ausländischer Gesellschaften Anwendung finden. 

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