Posted: 03 Jun. 2024 8 min. read

Pillar Two: Umstrukturierungen im Rahmen der globalen Mindestbesteuerung

Die Behandlung von Umgründungen unter dem Mindestbesteuerungsgesetz

Überblick

 

Wie in unseren Tax_&_Legal_News_vom_03.01.2024 berichtet, ist seit 31.12.2023 das Mindestbesteuerungsgesetz (MinBestG) in Kraft. Hinsichtlich der wesentlichen Eckpunkte des MinBestG verweisen wir insbesondere auch auf unsere Tax_&_Legal_News_vom_20.12.2023.

Das MinBestG sieht unter anderem auch Sondervorschriften für Umstrukturierungen vor. Dies ist erforderlich, da die Übertragung von Vermögenswerten und Schulden, bspw im Rahmen einer Umgründung, nach nationalem Recht für Zwecke der Rechnungslegung sowie für Steuerzwecke unterschiedlich behandelt werden kann, nämlich entweder unter Aufdeckung der stillen Reserven und damit steuerwirksam oder unter Fortführung der Buchwerte und damit steuerneutral.

 

Steuerneutrale Übertragungen von Vermögenswerten und Schulden nach dem MinBestG

 

Steuerwirksame Vorgänge führen nach der Grundregel zu keiner Anpassung unter dem MinBestG. Handelt es sich hingegen um eine sog. Umstrukturierung iSd MinBestG, bleiben bei der übertragenden Geschäftseinheit die Gewinne oder Verluste aus der Übertragung der Vermögenswerte und Schulden bei der Berechnung des Mindeststeuer-Gewinnes bzw -Verlustes außer Ansatz. Die übernehmende Geschäftseinheit hat die Buchwerte der übertragenden Geschäftseinheit entsprechend fortzuführen. Von der Neutralisierung sind dabei auch steuerneutrale Buchgewinne bzw -verluste erfasst. Wird eine Umgründung nach nationalem Recht für Zwecke der Rechnungslegung und für Steuerzwecke unterschiedlich behandelt (dh Aufdeckung stiller Reserven vs Buchwertfortführung), kann sich dabei auch für die angepassten erfassten Steuern ein Anpassungsbedarf ergeben (zB durch eine notwendige Anpassung der latenten Steuern).

Eine Umstrukturierung iSd MinBestG liegt dabei definitionsgemäß bei Umgründungen nach dem Umgründungssteuergesetz (bzw. vergleichbaren ausländischen Umgründungen) sowie bei der Übertragung von Vermögenswerten und Schulden im Rahmen einer Verschmelzung, Spaltung, Liquidation oder ähnlichen Transaktion vor, wenn u.a. die Gegenleistung für die Übertragung im Wesentlichen aus Kapitalanteilen besteht. Wird auf die Gewährung einer Gegenleistung verzichtet, ist dies für die Definition als Umstrukturierung iSd MinBestG nicht schädlich, sofern die Gegenleistung für die Übertragung wirtschaftlich unbedeutend wäre. Dies kann ua der Fall sein, wenn es im Zuge der Umgründung zu keiner Änderung der mittelbaren Beteiligungsverhältnisse kommt. So kann zB auch eine Einbringung, wenn unter den Voraussetzungen des österreichischen Umgründungssteuergesetzes keine neuen Anteile gewährt werden, von der Definition der Umstrukturierung iSd MinBestG erfasst sein. Zudem ist irrelevant, an wen die Gegenleistung gewährt wird, sodass zB auch eine Spaltung, im Zuge derer die Anteile an der übernehmenden nicht an die übertragende Körperschaft, sondern deren Gesellschafter gewährt werden, eine Umstrukturierung iSd MinBestG sein kann.

Darüber hinaus wird vorausgesetzt, dass die Umgründung nach nationalem Steuerrecht bei der übertragenden Geschäftseinheit ganz oder teilweise steuerneutral bleibt und die Buchwerte bei der übernehmenden Gesellschaft fortgeführt werden. Eine nur partielle Neutralität für Zwecke der globalen Mindestbesteuerung kann sich dabei ergeben, wenn die Umgründung bei der übertragenden Geschäftseinheit nicht zur Gänze steuerneutral bleibt. Dies kann beispielsweise bei einer Verschmelzung mit Auslandsbezug aufgrund der Einschränkung des Besteuerungsrechts der Republik Österreich der Fall sein.

Die Neutralisierung von Gewinnen oder Verlusten aus der Übertragung von Vermögenswerten und Schulden für Zwecke der Ermittlung des Mindeststeuer-Gewinnes bzw -Verlustes (sofern eine Umstrukturierung iSd MinBestG vorliegt) führt damit dazu, dass nach nationalem Recht steuerneutrale Umgründungen auch unter Pillar Two neutral sein sollen.

 

Steuerwirksame Übertragungen von Vermögenswerten und Schulden nach dem MinBestG

 

Liegt keine Umstrukturierung iSd MinBestG vor, hat auf Ebene der übertragenden Geschäftseinheit keine Anpassung zu erfolgen, sodass sich die Aufdeckung der stillen Reserven/Lasten auf die Höhe des Mindeststeuer-Gewinnes oder -Verlustes auswirkt. Die übernehmende Geschäftseinheit hat das übernommene Vermögen mit den Anschaffungskosten anzusetzen.

Bleibt die Umgründung bei der übertragenden Geschäftseinheit nach nationalem Steuerrecht nicht zur Gänze steuerneutral (siehe oben), ist die Umgründung hinsichtlich des steuerpflichtigen Anteils auch für Pillar Two Zwecke ergebniswirksam zu erfassen. Die übernehmende Geschäftseinheit hat dementsprechend für jenes Vermögen, dessen stille Reserven/Lasten auf Ebene der übertragenden Geschäftseinheit besteuert werden, die Verkehrswerte anzusetzen.

Das MinBestG sieht schließlich für bestimmte Fälle ein Wahlrecht zum Ansatz der beizulegenden Werte anstatt der Buchwertfortführung vor, sofern es auch für steuerliche Zwecke zum Ansatz dieser Werte kommt. Dies kann uU iZm einer Entstrickungs- bzw Wegzugsbesteuerung bei grenzüberschreitenden Umstrukturierungen sinnvoll erscheinen, wenn einer verpflichtenden steuerlichen Realisation kein entsprechender Gewinn bzw Verlust in der Rechnungslegung gegenübersteht.

 

Weitere Aspekte

 

Keine expliziten Bestimmungen iZm Umstrukturierungen sind im MinBestG für die Anteilsinhaberebene vorgesehen. Etwaige Gewinne oder Verluste aus Umgründungen, die sich für Anteilsinhaber ergeben können, sind dabei aber ohnehin bereits als Substanzwertänderungen von Beteiligungen neutral zu behandeln. Dies gilt jedoch grundsätzlich nicht für Portfoliobeteiligungen (dh Eigenkapitalbeteiligungen von weniger als 10%), da diese nicht von der generellen Beteiligungsneutralität erfasst sind, sowie bei der Ausübung des Wahlrechts zur steuerpflichtigen Behandlung von Substanzwertänderungen. Auch hier sprechen jedoch Argumente dafür, umgründungsbedingte Gewinne bzw Verluste für Pillar Two Zwecke zu neutralisieren. Konkrete Klarstellungen dazu sind aber derzeit noch abzuwarten.

Neben den Sonderregelungen für Umstrukturierungen sieht das MindBestG insbesondere auch eigene Regelungen zur Ermittlung der Umsatzschwelle im Zuge von Zusammenschlüssen oder Teilungen von Unternehmensgruppen sowie in Bezug auf die generellen Auswirkungen für den Beitritt und Austritt von Geschäftseinheiten (ua auf die Ermittlung des Substanzfreibetrages bzw den Ansatz latenter Steuern) vor.

 

Fazit

 

Durch die Umsetzung des MinBestG in Österreich sind bei Umgründungen neben der Beurteilung der steuerlichen Behandlung und der Auswirkungen auf die Rechnungslegung künftig auch die Auswirkung auf den Mindeststeuer-Gewinn bzw -Verlust für Pillar Two-Zwecke zu beachten. Besonders relevant ist hierbei in einem ersten Schritt die Beurteilung, ob es sich um eine Umstrukturierung iSd MinBestG handelt, da sich auf Basis dessen bestimmte Rechtsfolgen ableiten.

 

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Ihr Kontakt

Hannah Kranawetter

Hannah Kranawetter

Associate Steuerberatung | Deloitte Österreich

Hannah Kranawetter ist in der Steuerberatung bei Deloitte Wien beschäftigt. Ihre Tätigkeitsschwerpunkte liegen im Bereich der Unternehmenssteuern und der Umgründungsberatung.

Dr. Katharina Luka

Dr. Katharina Luka

Senior Manager Steuerberatung | Deloitte Österreich

Katharina Luka ist Steuerberaterin bei Deloitte Wien. Ihre Tätigkeitsschwerpunkte liegen insbesondere in den Bereichen Körperschaftsteuer, internationales Steuerrecht und in der Umgründungsberatung. Sie ist zudem als Fachautorin und Fachvortragende tätig.