Posted: 15 May 2024 8 min. read

Verpflichtendes Public Country-by-Country-Reporting

Bundesministerium für Justiz (BMJ) veröffentlicht Ministerialentwurf über die Veröffentlichung länderbezogener Ertragsteuerinformationsberichte

Hintergrund

 

Das BMJ hat am 4.4.2024 einen Gesetzesentwurf über die Veröffentlichung länderbezogener Ertragsteuerinformationsberichte (CBCR-Veröffentlichungsgesetz, kurz CBCR-VG) publiziert. Damit soll die Richtlinie (EU) 2021/2101 zur Änderung der Bilanz-Richtlinie in österreichisches Recht umgesetzt werden (siehe dazu auch unseren Beitrag vom 21.02.2023). Ziel ist es, dass jene Ertragsteuerinformationsberichte, die multinationale Unternehmen bereits entsprechend der Amtshilfe-Richtlinie (DAC 4) an Steuerbehörden übermitteln müssen (in Österreich auf Basis des VPDG), gleichzeitig auch bei den jeweiligen Handelsregistern eingereicht und veröffentlicht werden. Dies soll die Transparenz der Tätigkeiten multinationaler Unternehmen erhöhen und eine öffentliche Debatte über den Grad der Steuerehrlichkeit dieser Konzerne ermöglichen.

 

Anwendungsbereich des CBCR-VG

 

In zeitlicher Hinsicht soll das CBCR-VG auf alle Wirtschaftsjahre angewendet werden, die nach dem 21.6.2024 beginnen (bei einem Regelwirtschaftsjahr somit erstmals für das Jahr 2025).

 

Vom persönlichen Anwendungsbereich des CBCR-VG umfasst sind:

  • Kapitalgesellschaften und eingetragene Personengesellschaften iSd § 189 Abs 1 Z 2 UGB („kapitalistische Personengesellschaften“) mit Sitz in Österreich;
  • Inländische Zweigniederlassungen (§ 12 UGB) eines ausländischen Rechtsträgers, der nicht dem Recht eines Mitgliedstaates der EU oder des EWR unterliegt, aber über eine Rechtsform verfügt, die vergleichbar einer in Anhang I der Bilanz-Richtlinie genannten Rechtsform ist.

 

Berichtspflichtig ist grundsätzlich immer das oberste Mutterunternehmen einer multinationalen Unternehmensgruppe, sofern dieses dem CBCR-VG oder vergleichbaren EU- oder EWR-Regelungen unterliegt, dh jenes Unternehmen, welches den Konzernabschluss für den größten Kreis von Unternehmen aufstellt. Die Berichtspflicht besteht allerdings nur, wenn die konsolidierten Umsatzerlöse laut Konzernabschluss an den beiden vorangegangenen Abschlussstichtagen EUR 750 Mio überstiegen haben. In diesem Fall ist im Folgejahr für das letztere der beiden Geschäftsjahre ein Ertragsteuerinformationsbericht aufzustellen. Die Berichtspflicht endet wieder, wenn der oa Schwellenwert an zwei aufeinander folgenden Geschäftsjahren unterschritten wird. Die Berichtspflicht gilt bei Überschreiten der Umsatzschwelle auch für unverbundene Unternehmen, sofern diese ihre Geschäftstätigkeit in mindestens einem anderen Staat ausüben (bspw über eine Niederlassung, feste Geschäftseinrichtung oder eine dauerhafte Geschäftstätigkeit, die zu einer steuerlichen Betriebsstätte führt).

Sofern das oberste Mutterunternehmen bzw das unverbundene Unternehmen die oa Umsatzschwellen überschreitet, aber nicht dem Recht eines Mitgliedsstaates der EU oder des EWR unterliegt (wie in Österreich bspw Privatstiftungen oder Personengesellschaften mit natürlichen Personen als Vollhaftern), kann die Berichtspflicht auch (österreichische) Tochtergesellschaften treffen (allerdings nur, wenn es sich dabei um eine mittelgroße oder große Gesellschaft iSd § 221 UGB handelt). Ebenso können Zweigniederlassungen berichtspflichtig werden, wenn es weder ein oberstes Mutterunternehmen noch eine Tochtergesellschaft in der EU oder dem EWR mit Berichtspflicht gibt und die Umsatzerlöse der Zweigniederlassung in den letzten zwei aufeinander folgenden Geschäftsjahren EUR 10 Mio überschritten haben. In diesen Fällen hat die berichtspflichtige Tochtergesellschaft bzw Zweigniederlassung das oberste Mutterunternehmen aufzufordern, alle zur Erstellung des Ertragsteuerinformationsberichts benötigten Informationen zur Verfügung zu stellen. Sollte dies nicht geschehen, dann muss die Tochtergesellschaft bzw Zweigniederlassung einen Ertragsteuerinformationsbericht mit allen Angaben, über die sie verfügt, aufstellen und gemeinsam mit einer Erklärung, dass das oberste Mutterunternehmen die erforderlichen Angaben nicht bereitgestellt hat, einreichen.

Sollte jedoch das oberste Mutterunternehmen einen Ertragsteuerinformationsbericht freiwillig erstellen und diesen innerhalb von längstens 12 Monaten nach dem Abschlussstichtag des Berichtsjahres auf seiner Website öffentlich zugänglich machen, dann sind Tochtergesellschaften und Zweigniederlassungen von der oa Berichtspflicht befreit. Dies setzt weiters voraus, dass im Ertragsteuerinformationsbericht zumindest eine Tochtergesellschaft oder Zweigniederlassung in einem Mitgliedstaat der EU oder des EWR angegeben ist, die den Ertragsteuerinformationsbericht offengelegt hat (zur Offenlegung siehe sogleich unten) und dass die Tochtergesellschaften oder Zweigniederlassungen, die diese Befreiung in Anspruch nehmen, dies spätestens ein Jahr nach Ende des betreffenden Berichtsjahres dem Firmenbuchgericht bekannt gegeben haben.

 

Inhalt des Ertragsteuerinformationsberichts

 

Der Ertragsteuerinformationsbericht ist anhand eines europaweit einheitlichen Musterformblatts, welches noch durch die Europäischen Kommission veröffentlicht wird, zu erstellen. Dieses enthält einerseits allgemeine Informationen, wie den Namen des obersten Mutterunternehmens; eine Liste aller Tochterunternehmen, die in den Konzernabschluss einbezogen und in der EU niedergelassen sind; eine kurze Beschreibung der Art ihrer Tätigkeiten; und der Zahl der Beschäftigten in Vollzeitäquivalenten. Andererseits sind – wie bereits aus dem länderbezogenen Bericht nach VPDG bekannt – ertragsteuerliche Angaben bspw über Erträge; das Ergebnis vor Ertragsteuern; den Betrag der noch zu zahlenden sowie der gezahlten Ertragsteuer und der einbehaltenen Gewinne zu machen.

Die Angaben sind für jeden Mitgliedstaat der EU getrennt auszuweisen. Ebenso sind die Angaben für jene Länder außerhalb der EU getrennt auszuweisen, die auf der EU-Liste der für Steuerzwecke nicht kooperativen Länder und Gebiete genannt sind. Für alle anderen Länder sind die Daten auf aggregierter Basis auszuweisen.

Es besteht ein Wahlrecht, die im Ertragsteuerinformationsbericht geforderten Angaben auf Grundlage des länderbezogenen Berichts lt VPDG zu tätigen (siehe dazu auch unseren Beitrag vom 15.04.2024).

 

Einreichung und Abfrage des Ertragsteuerinformationsberichts

 

Der Ertragsteuerinformationsbericht und ggf die Erklärung, dass das oberste Mutterunternehmen die erforderlichen Angaben nicht zur Verfügung gestellt hat, ist spätestens 12 Monate nach Ende des jeweiligen Berichtsjahres – bei einem Regelwirtschaftsjahr somit erstmals bis spätestens 31.12.2026 – in elektronischer Form beim Firmenbuchgericht am Sitz der berichtspflichtigen Gesellschaft einzureichen. Auf Basis des Gesetzesentwurfs sind die Unterlagen grundsätzlich in deutscher Sprache einzureichen. Berichtspflichtige Tochtergesellschaften bzw Zweigniederlassungen können den Bericht auch in englischer Sprache erstellen.

Nach erfolgter Einreichung wird der Ertragsteuerinformationsbericht in die Urkundensammlung des Firmenbuchs aufgenommen und kann dort kostenfrei abgefragt werden. Zusätzlich hat die einreichende Gesellschaft den Ertragsteuerinformationsbericht spätestens vom Ende der Einreichfrist durchgehend bis zum Ablauf des fünften Jahres danach auf ihrer Unternehmenswebsite zu veröffentlichen (bei einem Regelwirtschaftsjahr somit erstmals bis spätestens 31.12.2031). Alternativ kann auf der Unternehmenswebsite statt der Veröffentlichung des gesamten Ertragsteuerinformationsbericht ein Hinweis gesetzt werden, dass die Unterlagen über die Firmenbuch-Abfrage kostenfrei zugänglich sind (in diesem Fall ist der Link zur entsprechenden Abfragemöglichkeit aufzunehmen).

Wenn die sofortige Veröffentlichung bestimmter Informationen des Ertragsteuerinformationsberichts der Marktstellung der Unternehmen, auf die der Bericht sich bezieht, einen erheblichen Nachteil zufügen würde, dann besteht die Möglichkeit, die entsprechenden Angaben zeitweise – maximal 5 Jahre – auszulassen (verzögerte Veröffentlichung). Das Firmenbuchgericht kann von Amts wegen prüfen, ob diese Voraussetzung vorliegt und, falls nicht, die vollständige Veröffentlichung des Ertragsteuerinformationsberichts anordnen (diesfalls hat die betroffene Gesellschaft die Verfahrenskosten und laut dem Gesetzesentwurf einen Pauschalkostenbeitrag von bis zu EUR 20.000 zu tragen).

 

Strafbestimmungen

 

Um die zeitgerechte, vollständige und richtige Einreichung des Ertragsteuerinformationsberichts sicherzustellen, kann das Firmenbuchgericht Zwangstrafen verhängen. Zusätzlich können Ordnungsstrafen verhängt werden, wenn bspw die Veröffentlichung des Ertragsteuerinformationsberichts auf der Unternehmenswebsite unterbleibt. Die mögliche Strafhöhe hängt iW von der Unternehmensgröße und der Schwere der Verfehlung ab und kann bis zu EUR 100.000 betragen.

 

Fazit

 

Durch die verpflichtende Veröffentlichung von Ertragsteuerinformationen werden sensible Informationen, die vormals nur Finanzverwaltungen zugänglich waren, mit einer breiten Öffentlichkeit geteilt. Zukünftig kann daher die Notwendigkeit bestehen, öffentlich Stellung zur Ertragsteuersituation beziehen zu müssen. Es empfiehlt sich somit im Rahmen der Erstellung potenzielle Risikobereiche zu identifizieren und proaktiv entsprechende Erläuterungen vorzubereiten. Mit der Veröffentlichung des CBCR-VG ist noch im Juni zu rechnen. Über die Herausforderungen der praktischen Umsetzung werden wir im nächsten Tax News berichten.

 

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Dr. Florian Navisotschnigg, BSc (WU)

Dr. Florian Navisotschnigg, BSc (WU)

Senior Consultant Steuerberatung | Deloitte Österreich

Florian Navisotschnigg ist in der Steuerberatung im Transfer Pricing Team bei Deloitte Wien beschäftigt. Dabei berät er multinationale Unternehmen bei verrechnungspreisspezifischen Fragestellungen.

Stefan Käppl, LL.B. (WU)

Stefan Käppl, LL.B. (WU)

Consultant Steuerberatung | Deloitte Österreich

Stefan Käppl ist in der Steuerberatung bei Deloitte Wien beschäftigt. Seine Tätigkeitsschwerpunkte liegen im Bereich der Verrechnungspreisunterstützung.