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EuGH: Unterbeteiligungen an Kreditverträgen sind von der Umsatzsteuer befreit!

Das EuGH-Urteil vom 6.10.2022 (Rs C-250/21) stellte – entgegen den Schlussanträgen der Generalanwältin – klar, dass die Steuerbefreiung für die Gewährung, Vermittlung und Verwaltung von Krediten auch auf den im Ausgangsverfahren beschriebenen Unterbeteiligungsvertrag an einem Kreditvertrag anwendbar ist.

In its judgment of 6.10.2022 (Rs C-250/21), the ECJ clarified – contrary to the opinion of the Advocate General – that the VAT exemption for the granting, intermediation and administration of loans also applies to the sub-participation agreement described in the main proceedings.

Ausgangsverfahren und Vorlagefrage

Wie in den FSI TaxNews 4/2022 berichtet wurde, schlossen die Bank (= Originator) und der polnische Investmentfonds (= Unterbeteiligter) Verträge über die Unterbeteiligung an Darlehensforderungen ab, die über bestimmte Eigenschaften verfügten, die diese von einem „klassischen“ Darlehensvertrag unterschieden. Der Originator verpflichtete sich insbesondere, alle Vorteile, die er aus den spezifizierten Forderungen einnahm, an den Unterbeteiligten auszuzahlen. Die Forderung selbst verblieb im Eigentum des Originator‘s. Der Unterbeteiligte konnte sich weiters im Falle des Forderungsausfalls auch nur mittelbar aus den Einnahmen, die der Originator durch die Verwertung von Sicherheiten erzielte, schadlos halten. Eigene Sicherheiten erhielt der Unterbeteiligte nicht. Der EuGH sollte die Frage klären, ob diese Besonderheiten in der Vertragsgestaltung von Unterbeteiligungsverträgen der Einordnung als „Kreditverträge“ für Mehrwertsteuerzwecke entgegenstehen.

Urteil des EuGH

Der EuGH stellte bereits in der Rsp Franck (C-801/19) fest, dass die Kreditgewährung iSd Mehrwertsteuerrichtlinie im Wesentlichen von zwei Kriterien abhängt: einerseits von der Überlassung von Kapital und anderseits von der Vergütung für die Überlassung des Kapitals. Im Ausgangsverfahren gewährte der Investmentfonds dem Originator eine Finanzierung und erhielt hierfür ein Entgelt, das aus der Differenz zwischen den Einnahmen aus den Forderungen und der Höhe der Vorfinanzierung bestand.

Der EuGH stellt zunächst fest, dass der Unterbeteiligte eine entgeltliche Leistung an den Originator erbringe. Die unmittelbare Übernahme des Risikos eines Schuldnerausfalls ist nach Ansicht des EuGH nicht wesentlicher Bestandteil für die Anwendung der Steuerbefreiung. Der EuGH kam somit entgegen der Ansicht der Generalanwältin zum Ergebnis, dass das durch den Unterbeteiligten getragene Kreditrisiko charakteristisch für die Kreditgewährung sei. Es komme nicht darauf an, ob sich dieses Risiko auf den Ausfall des Vertragspartners oder eines dahinterstehenden Schuldners beziehe.

Auch die vom vorlegenden Gericht ins Treffen geführten Besonderheiten des Unterbeteiligungsvertrages waren für den EuGH nicht entscheidend. Weder der Umstand, dass die spezifizierten Forderungen im Vermögen der Bank verblieben und sich der Unterbeteiligte im Falle des Schuldnerausfalls auch nicht am Originator regressieren konnte, noch das Fehlen von Garantien zugunsten des Unterbeteiligten stünden der Einstufung des Unterbeteiligungsvertrages als Kreditgewährung entgegen.

Letztlich sei auch die – einem Darlehensvertrag fremde – Bestimmung der Quelle, aus der sich der Unterbeteiligte befriedigen soll, nicht entscheidend für die Qualifikation des Unterbeteiligungsumsatzes als Kreditgewährung.

Die Auslegung des Begriffs der Kreditgewährung stimme mit dem durch die Mehrwertsteuerrichtlinie verfolgten Ziel der Vermeidung einer Kostenerhöhung des Verbraucherkredits überein und widerspreche somit nicht dem Grundsatz der steuerlichen Neutralität.

Fazit

Die klare Stellungnahme des EuGH zugunsten der Steuerbefreiung für Unterbeteiligungen an Kreditverträgen ist für die Praxis sehr erfreulich. Unter den Begriff der steuerfreien Kreditgewährung iSd Mehrwertsteuerrichtlinie fallen nach Ansicht des EuGH daher auch Dienstleistungen, die nicht einem „klassischen“ Darlehensvertrag entsprechen. Entscheidend ist die entgeltliche Überlassung von Kapital.

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