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Aktuelle Entwicklungen bei der Implementierung der IFRS
Mag. Ulrich Dollinger, Partner bei Deloitte Oberösterreich, im Interview zum Thema IFRS Advisory
Welche österreichischen Unternehmen müssen die IFRS erfüllen?
Alle österreichischen Unternehmen, deren Wertpapiere in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union zum Handel an einem geregelten Markt zugelassen sind, müssen ihre Konzernabschlüsse in Übereinstimmung mit IFRS, wie sie in der EU anzuwenden sind, erstellen. Jahresabschlüsse müssen von österreichischen Unternehmen unverändert nach UGB erstellt werden.
Für welche weiteren Unternehmen kann eine Bilanzierung nach IFRS sinnvoll sein?
Die Verwendung der IFRS ist auch für nicht börsennotierten Unternehmen im Konzernabschluss gestattet. Der Anspruch der IFRS ist es, eine weltweit einheitliche Sprache in der Finanzberichterstattung zu bieten. Für international tätige österreichische Konzerne kann eine Bilanzierung nach IFRS somit beispielsweise in Hinblick auf die Akzeptanz durch internationale Stakeholder wie Investoren und Banken sinnvoll sein.
Vor welchen Herausforderungen stehen Österreichs Unternehmen bei der Implementierung der IFRS?
Die Umstellung auf IFRS betrifft nicht nur das Rechnungswesen, sondern zahlreiche Bereiche eines Unternehmens. Der Umstellungsprozess muss frühzeitig und sorgfältig geplant werden. Im Zuge dieses Prozesses sind unter anderem IFRS-Bilanzierungsrichtlinien und ein IFRS-Reporting Package zu erstellen, um innerhalb des Konzerns eine korrekte und einheitliche Anwendung der IFRS sicherzustellen. Darüber hinaus sind die Mitarbeiter zeitgerecht zu schulen, um sicherzustellen, dass diese über ausreichend fundierte Kenntnisse der IFRS verfügen.
Was müssen diese Unternehmen tun, um laufend IFRS-konform zu sein?
Der stete Wandel der IFRS sowie die Fülle und Komplexität der Regelungen stellen die nach IFRS bilanzierenden Unternehmen laufend vor neue Herausforderungen. Auch ohne Änderungen an den Regelungen ist die Erstellung eines IFRS-Konzernabschlusses inhaltlich, prozessual und systemseitig eine Herausforderung. Darüber hinaus ist zu bedenken, dass prinzipienorientierte Standards wie die IFRS Sachverhalte oftmals nicht eindeutig regeln, wodurch sich Ermessenspielräume ergeben. Für eine standardkonforme und revisionssichere Umsetzung der komplexen und sich ständig ändernden Regelungen ist ein sehr gutes IFRS-Knowhow der Mitarbeiter unabdingbar.
Welche IFRS-Spezialthemen beobachten Sie aktuell in Ihrer Beratungspraxis?
Die aktuelle IFRS-Beratungspraxis ist unverändert durch die neuen Standards IFRS 9 „Finanzinstrumente“, IFRS 15 „Erlöse aus Verträgen mit Kunden“ und IFRS 16 „Leasingverhältnisse“ geprägt. IFRS 9 und IFRS 15 sind seit dem Geschäftsjahr, das am oder nach dem 1. Jänner 2018 begann, verpflichtend anzuwenden. IFRS 16 gilt ab dem Geschäftsjahr, das am oder nach dem 1. Jänner 2019 beginnt, verpflichtend.
Durch IFRS 9 kam es zu Änderungen bei der Kategorisierung und Bewertung von Finanzinstrumenten, bei der Wertminderung von finanziellen Vermögenswerten und bei den Regelungen zum Hedge Accounting. IFRS 15 schreibt nach einem prinzipienbasierten Modell vor, wann und in welcher Höhe Erlöse zu erfassen sind, und fordert detaillierte Angaben im Konzernanhang zur Erlösrealisierung aus Verträgen mit Kunden. IFRS 16 führt insbesondere zu Änderungen bei der Bilanzierung von Leasingverhältnissen beim Leasingnehmer. Der Leasingnehmer hat künftig für einen Vermögenswert aus einem Leasingverhältnis ein Nutzungsrecht zu aktivieren und eine Leasingverbindlichkeit zu passivieren. Der bisher in der Regel linear erfasste Leasingaufwand wird beim Leasingnehmer durch eine Abschreibung des Nutzungsrechts und durch einen Zinsenaufwand der Leasingverbindlichkeit ersetzt. Für Laufzeiten unter 12 Monaten und für geringwertige Vermögenswerte sieht IFRS 16 bestimmte Erleichterungen vor.
Auf welche IFRS-Entwicklungen müssen sich Unternehmen zukünftig einstellen?
Mit IFRS 9, IFRS 15 und IFRS 16 sind drei wesentliche neue Standards in den Geschäftsjahren 2018 bzw. 2019 erstmals verpflichtend anzuwenden. Auch für die Folgejahre ist mit einem steten Wandel der IFRS zu rechnen. In den kommenden Jahren wird unter anderem ein überarbeitetes IFRS-Rahmenkonzept und der neue Standard IFRS 17 „Insurance Contracts“, der die Bilanzierung von Versicherungsverträgen regelt und den Übergangsstandard IFRS 4 ersetzen wird, erwartet. Das IFRS-Umfeld bleibt auch künftig mit Sicherheit dynamisch und herausfordernd.
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