Perspektiven

Besser Frauen suchen statt Quoten bekämpfen

Ein Weckruf für Unternehmen  

Die vom Bund vorgeschlagene Geschlechterquote stösst in den Verwaltungsräten in der Schweiz auf breite Ablehnung. Statt nur gegen neue Vorschriften zu kämpfen, sollten sich Unternehmen aber vor allem auch rasch und proaktiv um weibliche Verwaltungsräte bemühen.

In den Schweizer Verwaltungsräten ist zwar mehr Vielfalt sehr willkommen, wie die Umfrage von Deloitte und swissVR bei rund 450 Verwaltungsräten und Verwaltungsrätinnen zeigt: Über drei Viertel finden es wichtig, bei einer Neubesetzung die Vielfalt des Gremiums zu erhöhen. Gemeint sind dabei in erster Linie Menschen mit einem vielfältigeren Erfahrungshorizont, neuen Kompetenzen oder einer anderen Ausbildung.

Anders sieht es beim Thema Geschlechtergerechtigkeit aus: Zwar würden immerhin knapp zwei Drittel der VR-Mitglieder einen höheren Frauenanteil begrüssen. Gleichzeitig finden es aber nur vier von zehn Befragten wichtig, dass bei Neubesetzungen der Frauenanteil im Verwaltungsrat generell erhöht wird. Und Geschlechterquoten wie sie Bundesrat und Nationalratskommission vorschlagen, lehnen sogar neun von zehn VR-Mitgliedern ab. Ich kann verstehen, dass sich Verwaltungsräte nicht einspannen lassen wollen für die Umsetzung gesellschaftspolitischer Ziele – vor allem kleine und mittlere Unternehmen stört dies sehr.

Die Zahlen für die Schweiz sind allerdings wirklich wenig erfreulich: So sitzt in über einem Drittel der Verwaltungsräte von SPI-Unternehmen nach wie vor keine einzige Frau. Und die Schweiz liegt bezüglich Vertretung der Frauen in Führungsgremien der Wirtschaft in internationalen Rankings weit abgeschlagen meist im hinteren Drittel. Das muss sich meiner Ansicht nach ändern.

Weiter haben die Beratungen in der parlamentarischen Kommission sowie verschiedene Äusserungen von Aktionärsvertretern gezeigt: Die Forderungen nach einer gleichmässigeren Vertretung der Geschlechter an den Schalthebeln der Wirtschaft wird nicht verstummen. Die Unternehmen sollten sich daher nicht auf die Bekämpfung der Quoten versteifen. Das sage ich, auch wenn ich selbst von staatlichen Quotenvorschriften wenig begeistert bin.

Die Unternehmen müssen mehr Zeit und Energie darauf verwenden, aktiv nach weiblichen Verwaltungsrats-Mitgliedern Ausschau zu halten. Ich lade die Verwaltungsrätinnen und Verwaltungsräte insbesondere dazu ein, bei Neubesetzungen auch Kandidatinnen ausserhalb des üblichen Rekrutierungskreises zu suchen.

Verschiedene Studien haben gezeigt, dass gemischte Teams erfolgreicher sind und Frauen die Entscheidungsfindung bereichern, da sie anders denken und handeln. Unternehmen müssen heutzutage gesellschaftliche Tendenzen erkennen und in die Strategie aufnehmen, damit sie ihre Verantwortung nicht nur gegenüber den Aktionären, sondern auch gegenüber der Gesellschaft wahrnehmen können. Wenn Unternehmen relevante Themen aus den Bereichen Nachhaltigkeit, Umweltschutz und soziale Verantwortung ignorieren, kann dies langfristig ihren Erfolg gefährden. Ein solches Thema ist auch die Vertretung von Frauen in den Führungsgremien.

Dieser Text wurde zuerst in der Handelszeitung vom 1. März 2018 veröffentlicht. 

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