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Schweizer Uhrenindustrie ist gezwungen ihre Strategie in einem weiterhin schwierigen Umfeld zu überdenken

Zürich, 27. September 2016

Gemäss der Deloitte Swiss Watch Industry Study 2016 hat sich die Zahl der Führungskräfte von Uhrenunternehmen, die den Ausblick für die Schweizer Uhrenindustrie pessimistisch beurteilen, seit 2015 verdoppelt und nun mit 82% einen Höchststand erreicht. Die nachlassende Auslandsnachfrage stellt zurzeit die grösste Herausforderung dar – und man geht in der Branche nicht davon aus, dass sich dies im nächsten Jahr ändern wird. Lichtblicke gibt es aber einige: Das Renommee des Luxussegments, das starke Image vieler Schweizer Marken, das Gewicht des "Swiss Made" Gütesiegels sowie neue Märkte könnten gleichermassen neue Chancen für Schweizer Uhrenmarken, -hersteller und -detailhändler zugleich bieten.

Nach dem beträchtlichen Wachstum zwischen 2010 und 2013 und stagnierenden Zahlen im Jahr 2014 lässt der Export Schweizer Uhren seit der zweiten Hälfte 2015 nach. Sowohl das Absatzvolumen als auch der Umsatz der Exporte gehen seit mittlerweile 14 Monaten zurück.

Der Hauptgrund für diesen Einbruch: die nachlassende Nachfrage im Ausland, insbesondere in den Schlüsselmärkten Hongkong und China. Diese ist durch die Konjunkturabkühlung in der Region, neue Antikorruptions- und Bestechungsgesetze in China sowie neue Visabedingungen für chinesische Touristen bedingt.

Gemäss der Deloitte Studie geht die Uhrenindustrie davon aus, dass dieser Trend anhalten wird: 57% der befragten Führungskräfte rechnen damit, dass die Nachfrage nach Schweizer Uhren in Hongkong im nächsten Jahr weiter sinken wird. Sie sehen auch weiterhin die USA (kurz- und mittelfristig) und Indien (langfristig) als Märkte mit dem grössten Potenzial.

Karine Szegedi, Partnerin und Leiterin Fashion & Luxury bei Deloitte in der Schweiz, erklärt: «Zwar bleibt die Auslands- nachfrage eine grosse Herausforderung für die Schweizer Uhrenindustrie, wir sehen aber auch Lichtblicke. Der Ruf des "Swiss Made" Gütesiegels, die unbestrittene Führungsposition der Schweiz im Luxusuhrensegment und die Innovationsfähigkeit der Branche stellen nach wie vor ein starkes Fundament dar. Das ungenutzte Potenzial ausserhalb der grossen Städte in China wie auch Märkte wie die USA und Indien bergen für die Schweizer Uhrenbranche weiteres Wachstumspotenzial. Obwohl die jüngsten Exportzahlen aus den USA niedriger als erwartet ausfielen, wird die USA Hongkong als Hauptabsatzmarkt für Schweizer Uhren im Jahr 2016 folgend den Rang wahrscheinlich ablaufen.»

Herausforderungen und Chancen: Smartwatches und Auslandsnachfrage

79% der befragten Führungskräfte sind der Ansicht, dass eine nachlassende Nachfrage aus dem Ausland in den nächsten zwölf Monaten weiterhin ein Hauptrisiko für ihre Branche darstellen wird (im Vergleich zu 57% im Jahr 2015). Der starke Schweizer Franken bleibt problematisch, obwohl dieser von den Befragten als weniger wichtig als im Vorjahr wahrgenommen wird (2016: 50%; gegenüber 2015: 69%). Das gilt auch für Smartwatches, die von weniger als einem Viertel der Führungskräfte (21%) als Risiko genannt werden. Erstmals seit dem Launch der Deloitte Swiss Watch Industry Study im Jahr 2012 rangieren Fälschungen unter den fünf Hauptrisiken. Dies liegt vor allem daran, dass der Vertrieb gefälschter Uhren mit der zunehmenden Relevanz des Online-Geschäfts leichter geworden ist.

Dazu Jules Boudrand, Direktor bei Deloitte in der Schweiz und Mitautor der Studie: «2016 werden Smartwatches Schweizer Armbanduhren in Sachen Absatzvolumen voraussichtlich den Rang ablaufen – jedoch liegen sie in Sachen Umsatz immer noch weit zurück. Die Verbreitung von Smartwatches in so kurzer Zeit ist beeindruckend. Wir sehen aber gegenwärtig keine Anzeichen dafür, dass diese Produktkategorie für die Schweizer Uhrenindustrie eine ernsthafte Bedrohung darstellt. Smartwatches sollten von einigen Schweizer Marken eher als Chance gesehen und genutzt werden, sich von der Konkurrenz abzusetzen und aus ihrem starken Markennamen Kapital zu schlagen. Dadurch könnten sie eine neue und möglicherweise jüngere Zielgruppe ansprechen, in der Hoffnung, dass diese neuen Kunden an die Marke gebunden werden können und mit der Zeit auf hochwertige mechanische Uhren umsteigen.»

Bislang haben Schweizer Marken auf dem Markt für Smartwatches hinsichtlich des Absatzes noch keine grosse Rolle gespielt – in Bezug auf die Präsenz holen sie jedoch auf: Gemäss der Online-Konsumentenrumfrage von Deloitte unter 3000 Personen in sechs Ländern1 ist Apple die beliebteste Marke unter den Smartwatches, aber auch Swatch (wie schon 2015) und Tag Heuer (neu 2016) werden von Kunden aus der Schweiz, Deutschland, Italien und Japan unter den drei beliebtesten Marken genannt.

Jules Boudrand ergänzt: «Apple hat die Goldversionen seiner Smartwatch eingestellt (deren Preise bei CHF 10 000+ liegen), daher scheint der gegenwärtige Zielmarkt für hochwertige Smartwatches eher im Bereich von CHF 1000 bis 2000 zu liegen. Diese Preisspanne, in der Tag Heuer und Frederique Constant bereits präsent sind, könnte für andere Schweizer Marken relevant sein. Mit der Zeit wird sich zeigen, ob hochwertigere "Swiss Made"-Modelle ebenfalls einen Platz in diesem Markt finden werden.»

Geschäftsstrategien für die Zukunft

Die Einführung neuer Produkte ist für das nächste Jahr nach wie vor die wichtigste Geschäftsstrategie: Für 69% der Umfrageteilnehmenden stellt dies eine Toppriorität dar (Zunahme um 4pp gegenüber 2015). Die Expansion in neue Märkte steht ebenfalls ganz oben auf der Liste, gefolgt von Kostenreduzierung und einem starken Fokus auf Forschung und Entwicklung.

Karine Szegedi dazu: «Es ist ein positives Zeichen, dass viele Führungskräfte der Schweizer Uhrenbranche – neben Kostensenkungen – Zukunftsstrategien wie die Produktentwicklung und Expansion in neue Märkte priorisieren. Der Schwerpunkt auf Forschung und Entwicklung ist ebenfalls ermutigend. Wir sehen vermehrt Uhrenhersteller in der Schweiz, die innovative Techniken einsetzen: 64% der befragten Uhrenfirmen geben an, dass sie den 3D-Druck bereits als Konzept oder zur Herstellung von Prototypen verwenden. Wir gehen davon aus, dass in Zukunft immer mehr Hersteller mit dieser Technologie fertige Teile produzieren werden.»

Digitaler Wandel im Konsumentenverhalten und in den Verkaufskanälen

In der Vergangenheit standen die Schweizer Uhrenmarken Online-Verkaufskanälen eher skeptisch gegenüber. Inzwischen macht sich jedoch eine Veränderung hin zur Digitalisierung bemerkbar: Online-Wiederverkäufer gelten inzwischen als wichtigere Verkaufskanäle als eigene E-Boutiquen, autorisierte Händler und Mono-Label-Stores. 50% der befragten Uhrenfirmen gaben an, dass sie in den nächsten zwölf Monaten den Schwerpunkt auf Online-Wiederverkäufer legen werden, gegenüber nur 19% im Jahr 2015.

Bislang ist der Absatz im Online-Verkauf noch gering, jedoch könnte dies für die Schweizer Uhrenindustrie künftig eine wirkungsvolle Strategie darstellen, da sich auch das Konsumentenverhalten zunehmend digitalisiert. Laut der Konsumentenumfrage von Deloitte haben soziale Medien und Blogger den grössten Einfluss auf die Kaufentscheidungen von Menschen im Alter von 18 bis 29 Jahren. Dies trifft auf alle befragten Länder mit Ausnahme von China zu. Schweizer Uhrenfirmen haben sich der neuen Generation gegenüber aufgeschlossen gezeigt: Der Grossteil der befragten Führungskräfte nennt soziale Medien als wichtigsten Marketingkanal, eng gefolgt von Blogs und dem Aufbau einer Community. Uhrenmarken haben inzwischen eine wesentlich besser integrierte Online-Präsenz als noch vor einigen Jahren und profitieren von den Möglichkeiten, die Onlinekanäle bieten.

1 Umfrage von Research Now in China, Deutschland, Italien, Japan, der Schweiz und den USA zwischen Mai und Juli 2016.

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Über die «Deloitte Swiss Watch Industry Study»

Die diesjährige Ausgabe der Studie von Deloitte zur Schweizer Uhrenindustrie ist die fünfte ihrer Art. Sie basiert auf einer Online-Umfrage mit mehr als 50 Führungskräften aus der Schweizer Uhrenindustrie zwischen Mai und Juli 2016 und auf persönlichen Gesprächen über die letzten Monate hinweg sowie auf einer Konsumentenbefragung bei 3000 Personen in China, Deutschland, Italien, Japan, der Schweiz und den USA (durchgeführt vom Datenerhebungsunternehmen Research Now). Die Studie dient als Indikator für die aktuelle Stimmung im Schweizer Uhrenmarkt.

Unsere Deloitte Swiss Watch Industry Study 2016 kann online abgerufen werden.

Über Deloitte in der Schweiz

Deloitte ist ein führendes Prüfungs- und Beratungsunternehmen in der Schweiz und bietet branchenspezifische Dienstleistungen in den Bereichen Audit & Risk Advisory, Consulting, Financial Advisory sowie Tax & Legal. Mit über 1‘700 Mitarbeitenden an den sechs Standorten Basel, Bern, Genf, Lausanne, Lugano und Zürich (Hauptsitz) betreut Deloitte Unternehmen und Institutionen jeder Rechtsform und Grösse aus allen Wirtschaftszweigen. Deloitte AG ist eine Tochtergesellschaft von Deloitte LLP, dem Mitgliedsunternehmen in Grossbritannien von Deloitte Touche Tohmatsu Limited (DTTL). Über DTTL sind deren Mitgliedsunternehmen mit über 225‘000 Mitarbeitenden in mehr als 150 Ländern vertreten.

Anmerkung für die Redaktion

In dieser Medienmitteilung bezieht sich Deloitte auf Deloitte Touche Tohmatsu Limited („DTTL“) eine "UK private company limited by guarantee" (eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung nach britischem Recht) und ihren Mitgliedsunternehmen, die rechtlich selbstständig und unabhängig sind. Eine detaillierte Beschreibung der rechtlichen Struktur von DTTL und ihrer Mitgliedsunternehmen finden Sie auf unserer Webseite unter www.deloitte.com/ch/about

Deloitte AG ist eine Tochtergesellschaft von Deloitte LLP, dem Mitgliedsunternehmen in Grossbritannien von DTTL. Deloitte AG ist eine von der Eidgenössischen Revisionsaufsichtsbehörde (RAB) und der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht FINMA zugelassene und beaufsichtigte Revisionsgesellschaft.

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