Data centres in Switzerland

Perspektiven

Rechenzentren in der Schweiz

Dynamischer Markt mit bevorstehender Konsolidierung

Unternehmen produzieren immer mehr Daten, die sie sicher und geschützt speichern müssen. Die Schweiz profitiert davon und hat sich zu einem globalen Zentrum für die Speicherung sensibler Daten entwickelt – und der Markt wächst rasant. Microsoft, Oracle und Google haben dieses Jahr in der Schweiz Rechenzentren eröffnet: ein Zeichen für die Dynamik der Branche und bevorstehende mögliche Konsolidierungen.

Das Geschäft mit dem Speichern von Daten boomt und ein Ende des Wachstums ist nicht in Sicht. Rechenzentren sind das Rückgrat der digitalen Transformation: Blockchain, Industry 4.0, Big Data, Cloud-Computing, Virtual Reality und das Internet der Dinge (IoT) benötigen alle stabile Datenspeicherplätze.

Es besteht kein Zweifel, dass das starke Wachstum des Datenvolumens die Nachfrage nach Rechenzentren steigert, da schätzungsweise 90% der weltweiten Daten in den letzten zwei Jahren entstanden sind. Eine aktuelle Studie der IDC, einer unabhängigen Marktforschungsorganisation, prognostiziert, dass die Menge der gespeicherten Daten in der EMEA-Region zwischen 2018 und 2025 um durchschnittlich 26% pro Jahr steigen wird.

Mit Innovationen wie Industrie 4.0, Smart Cities und das Internet der Dinge (IoT, Internet of Things) verändern sich die Haupttreiber der Datengenerierung. Es wird erwartet, dass die Daten, die auf Produktivität und IoT zurückzuführen sind, bis 2025 41% der Datenerzeugung ausmachen (siehe Abbildung 1). Das Datenvolumen, das durch diese Art von Anwendungen erzeugt nimmt weiter zu, da immer mehr Geräte angeschlossen werden.

Abbildung 1 - Ursprungswandel der Datengenerierung: Anteile von Datentypen, 2015 und 2025

Die Schweiz im Zentrum Europas mit einem politisch stabilen Umfeld, einer sicheren Stromversorgung, einer starken Vernetzung sowie einem Ruf für technische Innovationen und ist ein idealer Standort für den Bau von Rechenzentren. Zwischen CHF 200 Mio. und CHF 400 Mio. werden hier jährlich in die Entwicklung neuer Rechenzentren investiert. Gemäss Switzerland Global Enterprise, der Schweizer Agentur für Export- und Investitionsförderung, belegt das Land im globalen Data Center Risk Index den dritten Platz unter 37 Ländern.

In der Schweiz gibt es neben Global Playern wie Equinix und Colt Technology eine Reihe starker unabhängiger Anbieter. Der Erfolg von privaten Betreibern wie Safehost und Brainserve zeigt die Nachfrage nach qualitativ hochwertigen Rechenzentren.

Schweizer Rechenzentren stossen bei Investoren auf grosses Interesse

Das starke Wachstum der Datengenerierung sowie vorhersehbare und stabile Umsätze aus langfristigen Verträgen führen zu hohen Renditen und machen Rechenzentren zu einem attraktiven Objekt für Investoren.

Diese robusten Grundlagen sorgen weltweit für ein hohes Mass an Fusionen und Übernahmen. 2017 war ein wert- und volumenmässiges Ausnahmejahr mit fünf Deals über einer Milliarde Franken. Während das Transaktionsvolumen 2018 gegenüber dem Höchststand 2017 zurückging, sehen wir in diesem Markt nach wie vor eine hohe Aktivität (siehe Abbildung 2).

Abbildung 2 - Globale Rechenzentren M&A Deals

In ganz Europa sehen wir ein starkes Interesse von IT-Dienstleistern und Infrastrukturfonds an der Branche. Im Mai 2019 gab der Infrastrukturfonds Asterion Industrial Partners den Erwerb eines Portfolios von elf Rechenzentren des internationalen Telekommunikationsunternehmens Telefonica für rund CHF 630 Mio. bekannt. Im selben Monat übernahm der Energieversorger E.on den schwedischen Rechenzentrumsbetreiber und Spezialisten für kritische und sensible Anlagen Coromatic.

Zu den jüngsten Transaktionen in der Schweiz gehören die Übernahme von Rechenzentren durch Schweizer IT-Dienstleister sowie die Übernahme von Green.ch und Green Datacenter im Wert von CHF 214 Mio. durch den französischen Infrastrukturfonds InfraVia Capital Partners sowie die Ausgliederung des Datacube-Rechenzentrumsgeschäfts der Quickline durch Tineo, eine von Waterland Private Equity unterstützte Gesellschaft. In der gesamten Branche laufen zudem in der Schweiz noch weitere Transaktionen.

Cloud-Computing verändert die Marktstruktur

Die generellen Aussichten für Rechenzentren sind durchaus positiv, es ist aber notwendig zu verstehen, wie sich die Struktur der Branche verändert. Mit der zunehmenden Verbreitung von Cloud-Computing, das durch Software-as-a-Service und seit kurzem auch Platform-as-a-Service und Infrastructure-as-a-Service angetrieben wird, veraltet das klassische Geschäftsmodell des unternehmenseigenen Rechenzentrums.

Diese Entwicklung hat zwei mögliche Auswirkungen. Erstens, da Unternehmen mehr geschäftskritische Vorgänge in die Cloud verlagern, wird ihr Speicherbedarf reduziert Dies schafft einen Anreiz dafür, eigene Rechenzentren zu schliessen und Altsysteme auf Co-Location umzustellen.

Zweitens ist es für Nutzer des Co-Location-Modells wahrscheinlich, dass die fortwährende Verlagerung hin zur Cloud ihren eigenen Kapazitätsbedarf vermindert, da der Cloud-Anteil sich immer mehr hin zu globalen Anbietern hin verlagert

Für Betreiber von Rechenzentren bedeutet dies, dass die Fähigkeit, Kunden zu binden und die Auslastung zu steigern, von ihrer Fähigkeit abhängt die von ihren Kunden nachgefragten IT-Services wie Cloud-Computing, Managed Services und Migration anzubieten. So hat beispielsweise die Zürcher Hosting- und Rechenzentrumsfirma Everyware im Februar 2018 die Übernahme des Cloud-Service-Providers iSource angekündigt. Diese Art der vertikalen Integration dürfte ein Motor der Konsolidierung sein, und wir erwarten weitere Transaktionen dieser Art.

Mit zunehmender Nutzung der Cloud wird sich die Datenspeicherung auf globale Plattformanbieter wie Google, Amazon und Oracle konzentrieren. Laut dem Cisco Global Cloud Index werden diese sogenannten Hyperscale-Rechenzentren bis 2021 53% aller installierten Rechenzentrumsserver ausmachen, aber vor allem auch 87% der Arbeitslast und der Verarbeitung übernehmen.

Was kommt als nächstes für die Schweizer Daten?

Der Aufstieg der Plattformanbieter und die damit verbundene Konsolidierung einiger unabhängiger Anbieter kommt einem langfristigen Strukturwandel im Markt gleich. Die Betreiber von Rechenzentren müssen sich darauf einstellen und sich mit zusätzlichen Features und Dienstleistungen differenzieren, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Kurzfristig bietet es ihnen jedoch viele Chancen, da die Anforderungen der Plattformanbieter an das Rechenzentrum schneller steigen, als sie ihre eigene Infrastruktur entwickeln können. Damit sind Plattformanbieter das am schnellsten wachsende Kundensegment im Co-Location-Markt.

Die Ankunft der Plattform-Zentren von Google, Oracle und Microsoft in der Schweiz wird diesem schnell wachsenden Sektor einen weiteren Schub verleihen, da immer mehr Schweizer Unternehmen den Wechsel zur Cloud vollziehen.

Für einige der kleineren und vielleicht älteren Rechenzentren könnte es schwierig sein, sich anzupassen, da ihre Kunden ihren traditionellen Speicherbedarf reduzieren und in die Cloud wechseln. Angesichts dieser sich ändernden Dynamik erwarten wir Überkapazitäten am unteren Ende des Marktes und einen gewissen Preisdruck durch die Dominanz der Plattformanbieter. Dies dürfte die Konsolidierung vorantreiben, die das Ausmass der M&A-Aktivitäten weiter erhöhen wird.

Autor:

Nicola Gibbs - Senior Manager

Financial Advisory
+41 58 279 8584

Nicola ist Senior Manager im Bereiche Financial Advisory von Deloitte Schweiz und hat über 12 Jahre Erfahrung in der Durchführung von M&A-Transaktionen bei Industrie-, Konsumgüter- und Technologiekunden. Sie hat mehrere britische Rechenzentrums- und Reseller-Kunden bei ihren Transaktionen mit internationalen Käufern beraten.

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