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Swiss Banking in der Welt nach COVID-19: Wie die Krise zur Chance wird

Die wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Folgen dieser Krise werden noch jahrelang zu spüren sein und ihre Auswirkungen werden die Art und Weise, wie die Banken mit ihren Kunden interagieren, langfristig beeinflussen.

Die Pandemie ist unserer Meinung nach zwar eine Herausforderung für die Banken, sie birgt aber auch Chancen. Anstatt die «alten Zeiten» wieder aufleben zu lassen, könnten sowohl die Banken als auch ihre Kunden davon profitieren, wenn zumindest einige der Veränderungen, die sich in der Krise manifestiert haben, festgeschrieben würden:

  • Endlich setzen sich Online- und Mobile-Banking-Kanäle durch, und zwar nicht nur für Transaktionen, sondern auch für Beratung und Vertrieb.
  • Angesichts der geringeren Zahl physischer Transaktionen und weniger Umgang mit Bargeld könnten die Banken ihre Filial- und Geldautomatennetzwerke reduzieren, um Kosten zu sparen und damit in den Geschäftsstellen Raum für höherwertige Aktivitäten freizumachen.
  • Ferninteraktionen (wie z. B. Video) und Heimarbeit können die Produktivität der Mitarbeiter erheblich verbessern.
  • Traditionelle Hemmnisse für einen schnellen Wandel – wie Compliance und technische Machbarkeit – haben sich angesichts der schnellen Reaktion auf die mit COVID-19 einhergehenden Einschränkungen bereits als bewältigbar erwiesen.
  • Der Business Case ist eindeutig: Verbesserung von Kunden- und Mitarbeitererfahrung, niedrigere Kosten, höherer Gewinn. Ein weiteres Plus ist ein erheblicher Beitrag zur Nachhaltigkeitsagenda.

COVID-19 hat unser Alltagsleben und unsere gewohnten Verhaltensweisen durcheinandergebracht. Während die Massnahmen in den nächsten Monaten nun schrittweise gelockert werden sollen, dürften uns einige noch auf Jahre oder sogar für immer erhalten bleiben.

Sowohl die wirtschaftlichen Auswirkungen dieser Krise (Rückgänge in bestimmten Branchen wie Touristik, allgemeine Rezession, Anstieg der Arbeitslosenzahlen, Kreditausfälle etc.) als auch ihre gesellschaftlichen Folgen (erhöhte Sensibilität für Keime und Hygiene, insbesondere bei älteren Menschen) werden die Art und Weise, wie die Banken mit ihren Kunden interagieren, dauerhaft verändern.

Wir sind der Meinung, dass die Krise zwar eine Herausforderung für Banken darstellt, dass sie aber auch Chancen birgt. Anstatt die «alten Zeiten» wieder aufleben zu lassen, könnten sowohl die Banken als auch ihre Kunden profitieren, wenn zumindest einige der Veränderungen, die sich in der Krise manifestiert haben, festgeschrieben würden.

Derzeit sehen wir grosse Verhaltensänderungen durch COVID-19 bei Kunden, Mitarbeitenden und Aktionären

Angesichts des plötzlichen Ausbruchs von COVID-19 in der Schweiz sahen sich die Banken gezwungen, sehr kurzfristig tiefgreifende Änderungen einzuführen.

Kunden

Die Kunden haben ihre Verhaltensweisen stark geändert, insbesondere auch durch eine viel häufigere Nutzung digitaler Dienstleistungen. Im Bankwesen bedeutet dies insbesondere:

  • Karten- oder digitale Zahlungen anstelle von Barzahlung
  • Online-/mobile Bankgeschäfte und Geldanlagen anstelle von beleggebundenen oder Filial-Transaktionen
  • Telefonische oder Videoberatung anstelle von physischen Treffen

Eine aktuelle Deloitte Studie bestätigt eine deutliche Erhöhung bei der Nutzung digitaler Bankdienstleistungen in der Schweiz während der COVID19-Krise

  • Wir haben 1’500 Schweizer Konsumenten im Beschäftigungsalter befragt
  • Durchführung der Befragung ca. Mitte April 2020
  • Vollständige Ergebnisse und weitere Details verfügbar in unserem zeitnah erscheinenden Blog “Corona-Krise sorgt für Digitalisierungsschub im Retailbanking”
Mitarbeitende

Auch die Arbeitswelt hat sich mit dem sprunghaften Anstieg von Fernarbeit dramatisch geändert

  • Viele arbeiten in der Krise von zu Hause anstatt im Büro und schaffen sich geeignete Arbeitsbereiche und die entsprechende Technologie
  • Videokommunikation anstelle von physischen Treffen sowohl intern als auch mit Kunden
  • Einführung digitaler Kollaborations-Tools, elektronischer Dokumente etc.
Unternehmen und Aktionäre

Die Ansprüche an ein verantwortungsvolles Verhalten der Banken sind stark gestiegen

  • Mehr Verantwortung für die Gesundheit und Sicherheit der Mitarbeitenden
  • Soziale Verantwortung für die Unterstützung der Wirtschaft z. B. durch Notfallkredite, Umgang mit bevorstehenden Kreditausfällen, Vermeidung von Entlassungen etc.

Aktionäre haben bereits Geld durch die Rückgänge am Aktienmarkt verloren und Dividendenausschüttungen wurden in Frage gestellt. Die Sensibilität für Nachhaltigkeit und gesellschaftliche Verantwortung der Unternehmen (CSR) ist stark gestiegen.

Diese neuen Entwicklungen stehen im Kontrast zu einer bisher relativ langsamen digitalen Transformation des Schweizer Bankwesens

In der Vergangenheit haben wir einen eher vorsichtigen Personalabbau und wenige Filialschliessungen trotz des sehr dichten Filialnetzes gesehen: 

Gründe für die schleppende Transformation waren:

Kundenverhalten: die Schweizer Kunden (und auch die Berater) verändern ihre (Bank-)Verhaltensweisen nur sehr langsam

Politische Barrieren: Die Schliessung von Geschäftsstellen ist vor allem in kleineren Gemeinden immer schwierig

Mangelnder Druck: Das Schweizer Retailbanking ist im Grossen und Ganzen nach wie vor gesund und im Vergleich zu anderen Ländern profitabel

Überschattung von Innovation: In der Vergangenheit überlagerten regulatorische Änderungen die meisten anderen Themen. Für Innovation und «freiwillige» Transformationsprojekte standen meist nur sehr begrenzte Mittel zur Verfügung.

Daher hat die Covid19-Krise unserer Meinung nach ein Chancenfenster für die Beschleunigung der Transformation geöffnet

1. Weiterhin Durchhaltekraft im aktuellen Fernarbeitsmodus bis zur Aufhebung der Beschränkungen
  • Aufrechterhaltung der Kundennähe (jenseits der E-Mail-Massen, die Milliarden Posteingänge weltweit verstopfen)
  • Aufrechterhaltung der Arbeitsmoral ohne physische Berührungspunkte
  • Skalierung der Technologie zur Ermöglichung von Fernarbeit (falls noch nicht geschehen)
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2. Plan für schrittweise Rückkehr zur Normalität

Schnelle finanzielle Massnahmen zur Bewältigung des Sturms

  • SOFORTIGE Stärkung der Risikosysteme zur Vorbereitung auf bevorstehende Verluste
  • SOFORTIGE Stärkung der Bilanz, um den Abschwung zu überstehen

Erstellen eines klaren operativen Plans für die demnächst zu erwartenden Lockerungen

  • Vorbereitung von Einrichtungen/Arbeitsplätzen für die Rückkehr von Kunden und Personal
  • Priorisierung der Personen, die zuerst zurückkehren solle
  • Verstärkung relevanter Kontrollen

3. Strategie für die Zeit nach COVID-19: Drei theoretische Szenarien

  • Wie vor der Krise: Reaktion auf die schrittweise Lockerung, bis das Geschäft zu 100% wiederhergestellt ist; keine Veränderungen des Kunden- oder Mitarbeitererlebnisses.
  • Revolution: Der Krisenmodus wird zur «neuen Normalität». Versuch, das virtuelle Geschäftsmodell beizubehalten und entsprechende Anpassung aller Prozesse (Vertrieb, Betreuung, Risikomanagement, Fernarbeits-Infrastruktur, soziale Überlegungen). Annahme, dass sich Kunden und Mitarbeitende an die Veränderungen «gewöhnen».
  • Evolutionäre Transformation: Das Beste aus den beiden zuvor genannten Szenarien übernehmen. Anerkennung der potenziellen Nutzen der Veränderung für Kunden, Mitarbeitende, Gesellschaft und Aktionäre und Zurückdrehen der Uhr nur soweit, wie dies notwendig ist, um Kunden und Mitarbeitenden Sicherheit zu geben und einen stabilen Betrieb aufrechtzuerhalten. Realisierung finanzieller Vorteile für Aktionäre und Nachhaltigkeit.

Wie eine evolutionäre Transformation aussehen könnte – mit dem Angebot einer Verbesserung der CIR um 5% für jede Schweizer Bank!

Kunden
  • Viele Kunden werden ihr Verhalten permanent ändern: weniger physische Berührungspunkte (Ersatz von bis zu 40% der Berührungspunkte durch Ferninteraktion); weniger Bargeld; verstärktes Augenmerk auf Hygiene insbesondere bei älteren Kunden
  • Die Banken sollten ihre Filialkapazität und ihr Format anpassen: Realistisch Schliessung von 20-30% der Filialen; Umgestaltung und/oder Verlegung anderer Filialen (Verkleinerung, bessere Sichtbarkeit); Neudenken von Meeting-Räumen, Schaltern, Touchscreens etc. für die neue Interaktionsdynamik
  • Aufwertung von digitalen Kanälen: Verbesserung von Kundenerfahrung (CX) und Verlässlichkeit; Erweiterung der Funktionalität; Vereinfachung für ältere Kunden; Aufrüstung der digitalen Vermögensverwaltungsfähigkeiten über Robo-Advisory hinaus
Arbeitsweisen
  • Viel grössere Agilität in der Produktentwicklung: Verkürzung der Vorlaufzeit für neue Produkte um 50 % (welche Produktideen könnten sich in der bevorstehenden tiefen Rezession als Gewinner erweisen?)
  • Fernarbeit: Was wäre, wenn 40 % der Mitarbeitenden die Fernarbeit fortsetzen würden (z. B. an 2 Tagen pro Woche) – höhere Produktivität dank effizienterer Kalender, kleinerer Büroflächen, niedrigerer Reisekosten und kürzeren Fahrzeiten
Compliance und Machbarkeit
  • Die Compliance hat sich bereits als bewältigbar erwiesen: Während einige Sorgen bestehen bleiben, haben sich die meisten Herausforderungen während der Krise als bewältigbar erwiesen. Die Einführung der technologischen Voraussetzungen wie digitaler IDs wird sich voraussichtlich beschleunigen
  • Die Veränderungen sind auch umsetzbar: Sowohl die Kunden als auch die Banken haben gezeigt, dass sie für Ferninteraktion bereit sind. Einige Banken müssen ihre Infrastruktur weiter ausbauen, um Kapazität und Sicherheit zu gewährleisten
Business case
  • CX und EX: Signifikante Verbesserung der Kundenerfahrung (CX) (Komfort, Sicherheit etc.) und der Mitarbeitererfahrung (EX) (grössere Flexibilität, weniger Fahrten etc.)
  • Erhebliche positive Auswirkungen auf das Gesamtergebnis: Kostensenkungspotenzial (höhere Mitarbeiterproduktivität, weniger Büroflächenbedarf) und Verlagerung von fixen auf variable Kosten (inkl. mehr Möglichkeit zur Nutzung der verlängerten Werkbank im Near-/Offshore-Bereich). Beispielrechnung: Senkung der Personalkosten um 10% und der Immobilienkosten um 40%, bei gleichzeitigem Anstieg der IT-Kosten um 5% würde eine Verbesserung der Cost-Income-Ratio um ca. 5 % bewirken.
  • Beitrag zur Nachhaltigkeit: Enorme Verkleinerung des CO2-Fussabdrucks durch weniger Pendeln, Reisen und Drucken sowie geringerem Büroflächenbedarf

Wir empfehlen wir unseren Kunden derzeit, sich Zeit für eine strategische Bewertung der Vorteile eines schnelleren Wandels zu nehmen

Definieren Sie die Eckpfeiler: Was ist die richtige Vision für Ihre Organisation?
  • Wie (r)evolutionär können und wollen Sie insgesamt sein?
  • Was sind die spezifischen Geschäftstreiber Ihrer Organisation (in Anbetracht des Geschäftsmix, der Kunden, der Produkte und der Stärke der Vertriebskanäle)?
  • Wie können Sie die Chance der Krise nutzen, um einen antizyklischen Wettbewerbsvorteil zu erringen, anstatt dem Rudel zu folgen?
Definition konkreter operativer Ziele
  • Werfen Sie einen frischen Blick auf die KPIs (neue Bilanzstärke, Verbesserung der Risikosysteme, Flexibilität der Belegschaft; Nutzung der Kanäle durch Ihre Kunden, durchgehende Digitalisierung: Beitrag zu Nachhaltigkeit, CIR und Auswirkungen auf Aktionäre etc.)
  • Integrieren Sie die überarbeiteten Ziele in Ihre angepassten Strategiepläne für die Welt nach COVID-19
Definieren Sie einen klaren Business Case für den bevorstehenden Wandel
  • Verbesserung von Kunden- und Mitarbeitererfahrung, niedrigere Kosten, höherer Gewinn.
  • Ein weiteres Plus ist ein erheblicher Beitrag zur Nachhaltigkeitsagenda.
  • Änderung des Denkens der Aktionäre von «Erholung» in Richtung «Erfolg»

Entwicklung einer Strategie für die Zeit nach COVID-19: Integrieren Sie sie in Ihre bestehenden Programme, um den Wandel zu beschleunigen

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