Artikel

Deloitte Midcap M&A-Studie: Schweizer KMU 2020 auf M&A-Achterbahnfahrt

Zürich/Genf, 3. März 2021

Die M&A-Aktivität von Schweizer KMU gingen im ersten Halbjahr 2020 so stark zurück wie noch nie seit der ersten Deloitte Midcap M&A-Studie vor sieben Jahren. Der Rückgang verlangsamte sich jedoch bereits im dritten Quartal wieder und wurde durch einen massiven Anstieg der Übernahmen und Fusionen im vierten Quartal wieder etwas ausgeglichen. Die inländischen Transaktionen nahmen auf Kosten der grenzüberschreitenden Transaktionen stark zu. Gleichzeitung konnte eine noch nie dagewesene Beteiligung von Private-Equity-Fonds beobachtet werden, was auf die hohe Liquidität, günstige Finanzierungsbedingungen und ein wiedergewonnenes Vertrauen in die Märkte zurück zu führen ist. Es kann davon ausgegangen werden, dass diese Rahmenbedingungen 2021 den Markt für Fusionen und Übernahmen wieder anfeuern werden.

Die M&A-Aktivitäten von Schweizer KMU folgten in dem von der Pandemie geprägten Jahr 2020 den globalen Trends. Während in der ersten Jahreshälfte die rasche Verbreitung des Virus und die damit einhergehenden Unsicherheiten die Märkte beeinflussten, konnte im Laufe des Sommers eine klare Verbesserung festgestellt werden. «Im Sommer zeigten sich die Unternehmen wieder pragmatischer, wenn es um die Durführung von Fusionen und Übernahmen ging», erklärt Stephan Brücher, Financial Advisory Partner bei Deloitte. «Viele KMUs nahmen Transaktionen, die sie Anfang des Jahres auf Eis gelegt hatten, wieder auf. Das vierte Quartal brachte eine spektakuläre Erholung.»

Übernahmen durch oder von Schweizer KMU blieben mit 187 Transaktionen und einem Minus von 5% gegenüber 2019 leicht hinter dem Vorjahr zurück. Während in drei aufeinanderfolgenden Quartalen ein Rückgang gegenüber dem Vorjahr verzeichnet wurde, kam es im vierten Quartal zu einer aussergewöhnlichen Erholung, die das besonders schwache erste Halbjahr in weiten Teilen wieder wettmachte.

Attraktiver Inlandsmarkt

Im ersten Halbjahr 2020 konnte ein Rückgang von 25% bei den Transaktionen mit Beteiligung von Schweizer KMU im Vergleich zu den vorherigen sechs Monaten verzeichnet werden. Dabei handelte es sich um den stärksten Einbruch seit der ersten Ausgabe dieser Studie 2013. Die Akquisitionen von Schweizer KMU durch ausländische Investoren gingen um 14% zurück, ein Zeichen für die pandemiebedingte Unsicherheit hinsichtlich der globalen Wirtschaftsaussichten. 72% der Käufer stammten aus der EU und 42% aus Nachbarländern.

Schweizer KMU haben ihrerseits ihre Akquisitionen im Ausland im Jahr 2020 leicht zurückgefahren und nur noch 46 Transaktionen durchgeführt, während es im Jahr 2019 noch 53 waren. Dieser Rückgang um 13% zeugt von der Zurückhaltung bei grenzüberschreitenden Transaktionen im zweiten und dritten Quartal. Diese war geprägt von einer mangelnden Transparenz bezüglich der zukünftigen Leistungsfähigkeit von Unternehmen und den virusbedingten Reiseeinschränkungen, die Kontakte schwierig machten. «Bereits 2019 wurden nur wenige Transaktionen von Schweizer KMU im Ausland durchgeführt, wobei sie in mehr als neun von zehn Fällen Akquisitionen in der EU vorzogen», so Stephan Brücher.

Bei inländischen Transaktionen konnte ein enormes Wachstum (+17%) verzeichnet werden. Dieser deutliche Anstieg in Verbindung mit dem Rückgang der Akquisitionen im Ausland zeigt: In Krisenzeiten verschiebt sich der Trend zu regionalen Übernahmen, da Schweizer Unternehmen in einer solchen Situation ein vertrautes wirtschaftliches, regulatorisches und politisches Umfeld bevorzugen. Darüber hinaus waren die Verkürzung der Wertschöpfungskette und die Versorgungssicherheit Schlüsselfaktoren für inländische Akquisitionen.

Rekordbeteiligung von Private-Equity-Fonds

Das Jahr 2020 verzeichnete einen Rekord bei Transaktionen mit Beteiligung eines PE-Fonds, sowohl bei absoluter (83 Transaktionen) als auch bei relativer Betrachtung (44% der Transaktionen). Dieser Trend bestätigt sich auch weltweit: Der Wert des von PE-Fonds investierten Kapitals (+20% gegenüber 2019) ist auf dem höchsten Stand seit 2007.

Auf dem Schweizer Markt blieb die Zahl der KMU, die Ziel einer Transaktion von PE-Fonds aus dem In- und Ausland waren, im Vergleich zum Vorjahr stabil. Im Gegensatz dazu haben die Akquisitionen ausländischer KMU durch Schweizer Fonds um fast 40% zugenommen. Mehr als die Hälfte der Zukaufe von Schweizer Unternehmen im Ausland wurden somit von PE-Fonds durchgeführt – auf dem Schweizer Markt waren es nur 18%. «Diese Euphorie lässt sich durch das hohe Liquiditätsniveau der Märkte sowie attraktiven Zinssätzen und Bankfinanzierungen erklären, die für Qualitätsunternehmen offenbar in grösserem Umfang zur Verfügung standen», erläutert Brücher.

Ausblick 2021: ein vielversprechendes Marktumfeld und wiedererwachtes Vertrauen

Das aktuelle Umfeld dürfte den M&A-Markt im Jahr 2021 weiter prägen, und sowohl die Gewinner als auch die Verlierer der Pandemie könnten Restrukturierungsprogramme und Portfoliokorrekturen vornehmen. Die im vierten Quartal begonnene Erholung dürfte bald wieder an Dynamik gewinnen und die am stärksten betroffenen Unternehmen könnten weitere Veräusserungen in Betracht ziehen. «Mit hoher Liquidität, anhaltend niedrigen Zinsen und einer noch nie dagewesenen Menge an Dry-Powder für Investoren scheinen sich die Aussichten in den kommenden Monaten wieder zu verbessern. Zudem sind die Banken bei der Übernahmefinanzierung von Qualitätsunternehmen entgegenkommend. Auch der Rückstau der im Jahr 2020 auf Eis gelegten Transaktionen dürfte im Jahr 2021 für einen Schub sorgen», sagt Stephan Brücher. «Diesen optimistischen Prognosen stehen jedoch nach wie vor Unsicherheitsfaktoren wie erneute Lockdowns, neue Virusmutationen und stagnierende Impfkampagnen weltweit gegenüber.»

Die grundsätzlich positive Dynamik spiegelt sich im Vertrauen der Unternehmen in die Faktoren wider, die ihre M&A-Entscheidungen beeinflussen können. Bereits Ende des Sommers gaben mehr als ein Drittel der befragten Unternehmen im Rahmen der jüngsten Deloitte-Studie unter Schweizer CFOs an, in den nächsten zwölf Monaten Fusions- und Akquisitionstransaktionen zu planen. Besonders starkes Vertrauen haben CFOs in die Fundamentaldaten, die ihrer eigenen Kontrolle unterliegen: 58% glauben an die Stärke ihrer Bilanz, 81% sind zuversichtlich in Hinblick auf günstige Kreditbedingungen, und 31% geben an, über die internen Kapazitäten zu verfügen, um die Transaktionen abzuwickeln und die im Anschluss erforderliche Transformation erfolgreich bewerkstelligen zu können.

Fanden Sie diese Seite hilfreich?