Die Deloitte Studie 2021 zur digitalen Verwaltung in der Schweiz Die Treiber und Hürden von E-Government-Diensten
In diesem Jahr hat die Umfrage von Deloitte über digitale Dienste in der Schweiz ergeben, dass die Nachfrage für solche seit dem Beginn der Coronapandemie beträchtlich gestiegen ist. Weniger persönliche Kontakte und die Fortschritte digitaler Technologien beeinflussten die Erwartungen und das Kaufverhalten der Kunden. Dies gilt nicht nur für die Onlinekäufe von Konsumgütern, sondern auch für E-Government-Dienstleistungen. Bestehende E-Government-Dienstleistungen in der Schweiz wurden seit der Umfrage im letzten Jahr zunehmend von Bürgern genutzt und es besteht ein grosser Bedarf an neuen digitalen Diensten. Beim Wechsel zu digitalen Diensten stossen öffentliche Behörden und Verwaltungen in der Schweiz nicht nur auf ein verändertes Verhalten und neue Vorlieben in der Öffentlichkeit, sondern meist auch auf technologische Hürden und Herausforderungen bei der Transformation.
Die wichtigsten Treiber für die künftigen eGovernment-Dienste in der Schweiz Im Rahmen der Deloitte-Umfrage 2021 zum Thema E-Government wurden über 1.000 Bürgerinnen und Bürger in der Schweiz, davon 235 Angestellte im öffentlichen Dienst befragt. Dabei wurden die wichtigsten Treiber und Hürden, die die Zukunft von E-Government-Dienste in der Schweiz prägen werden, ermittelt und analysiert.

Aus diesen Erkenntnissen ergeben sich vier klare Handlungsaufforderungen, die wir in den kommenden Monaten diskutieren werden:

Teil 1:Flexibilität und Zeitersparnis von digitalen Diensten Teil 2:Bedenken hinsichtlich des Datenschutzes und der Cybersicherheit Teil 3:Präferenz für einheitliche, nationale Lösungen Teil 4:Angestellte im öffentlichen Dienst bereit für neue Arbeitsweisen
Teil 1. Flexibilität und Zeitersparnis von digitalen Diensten
Die Bürgerinnen und Bürger in der Schweiz haben klare Bedürfnisse und Erwartungen bezüglich E-Government-Dienstleistungen. Insgesamt ist deren Erfahrung mit den bestehenden digitalen Diensten der öffentlichen Behörden und Verwaltungen besser als letztes Jahr und im Allgemeinen zufriedenstellend. Entsprechend der aktuellsten Deloitte-Umfrage zum Thema E-Government, können jedoch eine grössere zeitliche und örtliche Flexibilität sowie eine grössere Zeitersparnis bei der Nutzung neuer digitaler Dienste die Akzeptanz noch weiter fördern. Es bedarf zudem einer besseren Kundenorientierung, einer verbesserten Kommunikation und mehr mobiler Dienste. Dies wird zu einer höheren Zufriedenheit mit digitalen Diensten führen und noch mehr Menschen dazu motivieren, diese Dienste zu nutzen. Die meisten Nutzer sind zwischen 30 und 49 Jahre und über 60 Jahre alt. Bürger unter 30 Jahren sind etwas weniger bereit, E-Government-Dienste zu nutzen. Weitere wichtige Nutzeraspekte sind die Selbstverwaltung (68%) und die Einfachheit in der Nutzung digitaler Services (68%).
Hohe Bereitschaft zur Nutzung bestehender digitaler Dienste: Bürgerinnen und Bürger sind bereit für E-Government-Dienstleistungen und zufrieden mit den digitalen Diensten, die sie bereits genutzt haben. Drei Fünftel der Befragten (61%) geben an, dass sie bereit sind, digitale Dienste öffentlicher Behörden und Verwaltungen zu nutzen. Die meisten Nutzer sind in der Altersgruppe zwischen 30 und 49 Jahren und der über 60 vertreten. Befragte unter 30 sind etwas weniger bereit, E-Government-Dienstleistungen zu nutzen - vermutlich, weil die bestehenden digitalen Dienste nicht zu ihren Nutzergewohnheiten passen. Wie bei der Befragung im letzten Jahr, sind die drei bekanntesten digitalen Dienste 2021 der Bereich Gebühren, Personenregister sowie An- und Abmeldung des Wohnsitzes. Trotzdem sind viele wichtige digitale Dienste weiterhin unbekannt, insbesondere diejenigen, die nur in bestimmten Kantonen angeboten werden, wie die elektronische Identifizierung (e-ID) oder Online-Dienste für die Abmeldung von Kfz-Kennzeichen, von dem jeder dritte Befragte vor der Teilnahme an der Befragung nichts wusste. Mehr Kommunikation und eine bessere Positionierung der Dienste sind erforderlich, ebenso wie eine gezielte Kundenorientierung, um den Bedürfnissen und Erwartungen der Bürger besser gerecht zu werden. Wie bereit sind Sie selbst, die digitalen Dienste der Behörden / öffentlichen Verwaltung in der Schweiz zu nutzen? Flexibilität und Effizienz führen zu Zufriedenheit und Bereitschaft, digitale Dienste zu nutzen: Eine breite Mehrheit der Befragten stimmt zu, dass zeitliche Flexibilität (75%), Zeitersparnis (72%) und örtliche Flexibilität (72%) die drei wichtigsten Nutzeraspekte sind, um digitale Dienste auch zu nutzen. Weitere wichtige Nutzeraspekte sind die Selbstverwaltung (keine Beschränkung durch Öffnungszeiten) und die höhere Annehmlichkeit bzw. Einfachheit in der Nutzung digitaler Dienste (beide 68%). Für sämtliche künftigen digitale Dienste wird es entscheidend sein, diese Nutzeraspekte beim Design von E-Government-Dienstleistungen zu berücksichtigen. Die meisten Bürger möchten digitale Dienste nutzen wann immer und wo immer sie wollen. Dies zielt ganz klar auf mehr mobile Dienste ab, wie beispielsweise die kürzlich eingeführte Schweizerische Travel Admin App des Eidgenössischen Departements für auswärtige Angelegenheiten (EDA). Ausserdem wünschen sich Bürger, dass digitale Dienste schneller und effizienter als der Gang zum Behördenschalter sind. Aber es gibt Unterschiede bei den Prioritäten zwischen den Altersgruppen. Für Befragte unter 40 Jahren ist beispielsweise die Zeitersparnis der wichtigste Nutzeraspekt. Befragte über 40 priorisieren die zeitliche und örtliche Flexibilität. Welche Aspekte bei der Nutzung von digitalen Dienste der Behörden/öffentlichen Verwaltung stehen für Sie im Vordergrund? Klare Präferenzen bezüglich neuer E-Government-Dienstleistungen: Die meisten der befragten Bürger hätten gerne, dass neue Dienste über die bereits bestehenden bekannten und viel genutzten E-Government-Dienste hinausgehen. Jeder zweite Befragte "möchte gerne immer" die Reisepässe oder Personalausweise online anfordern (51%) und Autobahnvignetten elektronisch erhalten (49%). Zudem möchten gerne über zwei Fünftel Parkgebühren "immer" kontaktlos bezahlen und per E-Voting online wählen – und über ein Drittel diese Dienste „manchmal“ digital beziehen. Es gibt ein grosses Potential für neue E-Government-Dienstleistungen dieser Art. Dennoch würden einige der befragten Bürgerinnen und Bürger nicht alle dieser neuen digitalen Dienste nutzen wollen und zwar aufgrund von Bedenken wegen Datenschutz und Cybersicherheit. Diese Bedenken müssen ausgeräumt werden, um die Akzeptanz zu erhöhen. Wir werden dieses Thema in einem separaten Artikel vertiefen, der in Kürze erscheint. Wie stehen Sie zu folgenden neuen digitalen Dienste der Behörden/öffentlichen Verwaltung?
Teil 2: Bedenken hinsichtlich des Datenschutzes und der Cybersicherheit
In der Erwartung einer erhöhten Flexibilität und einer einfachen Nutzung ist die Mehrheit der Schweizer Bevölkerung (61 %) bereit, E-Government-Dienste zu nutzen. Trotzdem bestehen weiterhin Vorbehalte: 26 Prozent stehen der Nutzung von E-Government-Diensten neutral gegenüber, 9 Prozent sind „eher nicht bereit“ und 4 Prozent „überhaupt nicht bereit“, diese Dienste zu nutzen. Die Deloitte-Umfrage 2021 zu digitalen Dienstleistungen in der Schweiz zeigt, dass die Bürgerinnen und Bürger, die neue digitale Dienstleistungen des Staates nicht befürworten, in vielen Fällen Bedenken hinsichtlich Cybersicherheit und Datenschutz haben. Natürlich gibt es berechtigte Bedenken hinsichtlich der Sicherheit von Interaktionen und dem Austausch sensibler Informationen auf digitalem Wege. Zum Beispiel: Sind staatlich angebotene digitale Dienste vertrauenswürdig und ausreichend robust gegen Datendiebstahl? Ein Teil der Schweizer Bevölkerung scheint dies zu bezweifeln. Die Ergebnisse unserer Umfrage haben gezeigt, dass mangelnde Datensicherheit und Bedenken hinsichtlich der Cybersicherheit bedeutende Hindernisse darstellen, die zu einer zögerlichen Nutzung von E-Government-Diensten durch die Schweizer Bevölkerung führen könnten. Wir haben versucht herauszufinden, ob dies nur eine Frage der Einstellung ist, oder ob es tiefere Gründe für das Zögern gibt. 28 % der Befragten, die digitale Dienste nicht (oder nur manchmal) nutzen würden, äusserten Bedenken hinsichtlich des Datenschutzes, und 34 % äusserten Bedenken wegen der mangelnden Datensicherheit Von entscheidender Bedeutung sind weitere Anstrengungen, um technische Systeme und Tools zu verbessern sowie die Schulung von Personal und die Stärkung für agilere öffentliche Institutionen. Experteninterview zu Bedenken der Bevölkerung bezüglich Datenschutz und Cybersicherheit Mehr erfahren
Zum zweiten Mal innerhalb von zehn Monaten wurden schwerwiegende Sicherheitslücken in einer staatlichen Datenbank entdeckt. Im März 2021 war das elektronische Impfregister Meineimpfungen.ch davon betroffen, gefolgt von den Organspenderregistern der Stiftung Swisstransplant. Durch die Ausnutzung einer Sicherheitslücke auf der Webseite von Swisstransplant konnte ein Angreifer sensible Dateien des Anwendungsservers einsehen, wie z.B. Logdateien mit persönlichen Daten von Personen, die sich registrieren lassen wollen. Kaum eine Woche nach der Entdeckung einer solch schwerwiegenden Sicherheitslücke war das nationale Organspenderregister bereits wieder online. Mit der Entscheidung, das Spendenregister ohne Änderungen wieder zu öffnen, hat sich Swisstransplant über die Bedenken des Eidgenössischen Datenschutzbeauftragten (Edöb) hinweggesetzt. Der Eidgenössische Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragte Adrian Lobsiger bestätigte, dass er Swisstransplant vor der Neuauflage des Registers darauf hingewiesen hat, dass die im Register gespeicherten Informationen „als besonders schützenswerte Personendaten gelten“. (Quelle) Die Gründe für die Zurückhaltung bei der Nutzung von E-Government-Diensten sind von Person zu Person unterschiedlich – sie reichen von persönlichen negativen Erfahrungen bis hin zu Berichten über echte Angriffe auf E-Government-Dienste oder die eigene technologische Einstellung. Zusammen mit allgemeinem Misstrauen und einem hohen individuellen Sicherheitsbedürfnis sind dies alles Gründe, warum die Menschen bei der Nutzung von E-Government-Diensten zurückhaltend sind. Die Sorge ist in gewisser Hinsicht verständlich. Betrügerische E-Mails, die vorgeben, von der Zollverwaltung oder der Schweizerischen Post zu stammen, oder Cyberattacken auf Spitäler und Medienhäuser zeigen, dass es keine hundertprozentige Sicherheit im Internet gibt, auch wenn Justizministerin Karin Keller-Sutter in einem Interview mit der NZZ versichert: „Der Staat hat eine unterstützende und wichtige Rolle. Er ist und bleibt Herr der Daten. Er regelt. Er prüft. Er erkennt an und er überwacht.“ (Quelle) Sichere Systeme sind ebenso unabdingbar, wie dass die Sicherheit der Daten gewährleistet ist. Unsere Umfrageresultate belegen: die Schweizer Bevölkerung vertraut staatlichen Einrichtungen mehr als privaten Anbietern, dass diese ihre Daten vertraulich behandeln. Dieses Vertrauen muss genutzt werden, um die Ängste und Bedenken der Bevölkerung in Bezug auf Datenschutz und Sicherheit auszuräumen, indem robuste und sichere Lösungen angeboten werden. Was es braucht, um die Bereitschaft zur Nutzung digitaler Dienste zu weiter zu erhöhen, wird Gegenstand zweier weiterer Artikel sein, die demnächst veröffentlicht werden. Schweizer Bevölkerung hat Vorbehalte gegen digitale Dienste bei Steuern und Unterschriften. Diese Vorfälle haben einen deutlichen Einfluss auf die öffentliche Meinung über die Sicherheit von Dienstleistungen. Je sensibler die zu übermittelnden Daten sind, desto stärker sind die Vorbehalte. Dies gilt insbesondere für Daten der Finanz- und Gesundheitsbereiche. Ähnlich wie in der letztjährigen Studie, gibt es Datenschutzbedenken, vor allem in Bezug auf digitale Dienstleistungen bei Steuern, digitale Signaturen, elektronischen Informationsaustausch, Reisepass/ID und E-Voting. Bedenken zur Cybersicherheit bestehen praktisch für alle Dienste. Bezüglich der Möglichkeit zum kontaktlosen Zahlen von Parkbussen äusserten 28 % der Befragten, die diesen Dienst nicht (oder nur manchmal) nutzen würden, Bedenken hinsichtlich des Datenschutzes, und 34 % äusserten Bedenken wegen der mangelnden Datensicherheit. Beim elektronischen Kauf der Autobahnvignette lag das Verhältnis ebenfalls bei 28 % zu 34 %. Angesichts der Möglichkeit, bei der Polizei digital Anzeige zu erstatten, haben 36 % der Befragten, die diesen Dienst nicht wirklich nutzen würden, Vorbehalte hinsichtlich des Datenschutzes, und 35 % misstrauen diesem Angebot aufgrund der mangelnden Datensicherheit. Etwa zwei Drittel der Befragten, die einen Dienst zur Online-Registrierung als Arbeitslose/r ablehnen, äusserten Bedenken hinsichtlich des Datenschutzes (33 %) und der Datensicherheit (34 %). Noch grösser sind diese Bedenken bei den Befragten, die E-Voting (38 % aus Datenschutz- und 45 % aus Datensicherheitsgründen) und die Online-Bestellung von Pass- und Ausweisdokumenten (38 % Datenschutz, 48 % Datensicherheit) ablehnen. Kernelemente, um die Ängste und Bedenken der Bürger bezüglich Datenschutz und Sicherheit zu adressieren Die Gründe für das Zögern bei der Nutzung digitaler Dienste sind vielfältig und komplex. Herausforderungen gibt es sowohl innerhalb der öffentlichen Dienste (mit ihrer technischen Ausstattung) als auch bei der Bevölkerung und ihren grundsätzlichen Zweifeln an der Sicherheit der Datensysteme des Staates. Warum befürworten Sie diese von den Behörden/der öffentlichen Verwaltung eingerichteten digitalen Dienste nicht?
Interview mit Florian Widmer, Partner, Cyber Risk Services Experteninterview zu Bedenken der Bevölkerung bezüglich Datenschutz und Cybersicherheit Gemäss unserer neusten E-Government-Umfrage sind rund ein Drittel der Schweizer Bürger gegen die neuen elektronischen Dienstleistungen der Regierung, da sie Bedenken zu Datenschutz und Cybersicherheit haben. Wie schätzen Sie diese Vorbehalte ein? Bedenken zum Datenschutz und zur Cybersicherheit sind oftmals ein Zeichen dafür, dass mehr als die Wahrnehmung der Sicherheit von E-Government-Dienstleistungen dahintersteckt. Sie entspringen eher einem allgemeinen Mangel an Vertrauen einiger Bürger gegenüber der Regierung und ihren Dienstleistungen, welcher nicht nur mit der Cybersicherheit und dem Datenschutz zusammenhängt. Was meinen Sie genau mit diesem mangelnden Vertrauen? Viele Bürger haben die Erfahrung gemacht, dass der Daten- und Informationsaustausch mit Regierungsstellen häufig mühsam sind. In dieser Hinsicht wäre es hilfreich, die Vorteile für den Benutzer zu betonen, etwa die Zeitersparnis, die Erreichbarkeit rund um die Uhr und die Unabhängigkeit vom Standort – bei gleichzeitiger Wahrung eines hohen Sicherheitsstandards und der Einhaltung der Datenschutzbestimmungen. Diese Vorzüge kann die Regierung im Rahmen von Kampagnen kommunizieren. Viel wichtiger wäre es jedoch, E-Government-Dienstleistungen für die Bevölkerung attraktiver zu gestalten. Wie kann die Regierung die Bedenken klären, die öffentliche Meinung verbessern und eine vermehrte Nutzung der Dienste fördern? Die Regierung muss eine solide Vertrauensbasis aufbauen. Dafür empfehle ich die folgenden Schritte: Aufzeigen, dass Sicherheit und Datenschutz hohe Priorität haben, und zwar durch Informationen zu den grundlegenden Sicherheitsmassnahmen und eine unabhängige Bestätigung der Wirksamkeit dieser Massnahmen Transparenz und Vertrauen herstellen, und zwar durch eine offene Kommunikation über Zweck und Verwendung der erhobenen Daten: dabei gilt es, den Nutzen für den Einzelnen, wie auch das Interesse der gesamten Bevölkerung klar hervorzuheben Die Kontrolle der Daten dem Benutzer überlassen: Massnahmen der Regierung sollten die unabhängige Kontrolle über die Informationen respektieren und den Bürger frei entscheiden lassen, ob er digitale Lösungen nutzen will.
Teil 3: Die Schweizer Bevölkerung und Mitarbeitende im öffentlichen Sektor präferieren einheitliche, nationale Lösungen für digitale Services vom Staat
Die Schweizer Bevölkerung hat nicht nur klare Anforderungen an die Ausgestaltung der E-Government-Dienstleistungen, sondern auch eine konkrete Erwartungshaltung an die Bereitstellung dieser Dienste. Sie sieht eindeutig den Staat in der Verantwortung für die Erbringung von E-Government-Dienstleistungen und nicht die Privatwirtschaft. Zudem wird ein einheitliches Angebot von digitalen Diensten auf nationaler Ebene gegenüber kantonalen Lösungen bevorzugt. Angestellte des öffentlichen Dienstes teilen diese Ansichten grundsätzlich. Bei Dienstleistungen rund um die Steuern, Fahrzeuge und den Wohnsitz sehen sie allerdings auch die Kantone und Gemeinden in der Verantwortung, um die Digitalisierung voranzutreiben. Die grosse Mehrheit der Befragten (83-89%) möchte neue digitale Services von staatlichen Betreibern, und nicht von privaten Unternehmen. 68-77% der Schweizer Bürgerinnen und Bürger und 69-75% der Angestellten des öffentlichen Dienstes haben eine klare Präferenz für schweizweite und einheitliche Lösungen für digitale Dienste im Vergleich zu kantonal unterschiedlichen Lösungen.
Im März letzten Jahres machte die Schweizer Bevölkerung deutlich, was sie von der Erbringung staatlicher digitaler Dienstleistungen durch Privatunternehmen hält herzlich wenig. Obwohl die Bürgerinnen und Bürger mehrheitlich eine stärkere Nutzung und weitere Angebote von E-Government-Dienstleistungen begrüssen, sagte eine deutliche Mehrheit am 7. März 2021 “Nein” zur Einführung der elektronischen Identität (E-ID).1 Der primäre Grund: die Schweizer Regierung hatte geplant, die Ausstellung der ID an Private auszulagern. Dies erweckte bei den Schweizer Bürgerinnen und Bürgern Misstrauen. Die Ergebnisse der Deloitte-Umfrage “Digital Government Survey 2021” bestätigen die Vorbehalte gegenüber der Vermischung von staatlichen und privaten Akteuren: Eine deutliche Mehrheit der Befragten (83-89%) bevorzugt die Bereitstellung neuer digitaler Dienste von staatlicher Seite, und nicht von privaten Unternehmen. Dabei variiert der Grad der Ablehnung gegenüber der Privatwirtschaft je nach Dienstleistung leicht: 89% akzeptieren die elektronische Übermittlung der Steuererklärung nur an eine staatliche Stelle. Die An- und Abmeldung am Wohnsitz möchten 85% nicht in private Hände geben. Das Personenregister wollen 87% der Befragten in staatlicher Hand lassen. Anbieter von digitalen Lösungen Auch bei den Angestellten des öffentlichen Dienstes zeichnet sich ein klares Bild in Bezug darauf ab, wer die Digitalisierung von Dienstleistungen vorantreiben soll: Lediglich 1% der Befragten sieht für digitale Dienste bezüglich Steuern und Wohnsitz private Unternehmen als treibende Kraft und 2% sind es beim Personenregister. Mit 5% ist die Zahl bei den elektronischen Identifizierungsdiensten und den Dienstleistungen rund um das Fahrzeug nur geringfügig höher. Damit bekräftigt sich auch hier die starke Präferenz digitale Dienstleistungen aus staatlicher Hand zu beziehen. Treiber von digitalen Lösungen Schweizweit einheitliche Angebote werden bevorzugt Den Befragten war ausserdem wichtig, dass die neuen digitalen Services des Staates einheitlich und schweizweit angelegt sein sollten, und nicht unterschiedlich von Kanton zu Kanton. Eine starke Mehrheit (68-77%) plädiert dafür. Auch hier differenzierten die Bürgerinnen und Bürger von Service zu Service: für 70% der Befragten ist es wichtig, dass digitale Lösungen für Angelegenheiten rund um das Fahrzeug schweizweit vereinheitlicht sind, wie z.B. die online Nummernschildeinlösung. 77% möchten schweizweit einheitliche elektronische Identifizierungsdienste wie die E-ID, und 76% sind es beim Personenregister. Auch die An- und Abmeldung am Wohnort (68%) und die elektronische Übermittlung der Steuererklärung (73%) zählen die BürgerInnen zu den E-Government-Services, die schweizweit einheitlich sein sollten. Bürgerperspektive: Schweizweite einheitliche vs kantonale digitale Lösungen So sehen dies auch die Angestellten des öffentlichen Dienstes: eine deutliche Mehrheit (69-75%) präferiert ein einheitliches Angebot von Bund gegenüber kantonal unterschiedlichen Lösungen. Im Zusammenhang mit dem Wohnsitz und bei Fahrzeugdiensten ist die Bereitschaft der Befragten, kantonale Lösungen zu akzeptieren am höchsten (31% und 27%). Allerdings wünscht sich auch hier eine klare Mehrheit schweizweit einheitliche Lösungen. Auch bei den Steuern, dem Personenregister und den elektronischen Identifizierungsdiensten sprechen sich Dreiviertel der Befragten für ein einheitliches Angebot auf nationaler Ebene aus. Peppino Giaritta, der Beauftragte von Bund und Kantonen für die Digitale Verwaltung Schweiz (DVS), steht dem Föderalismus neutraler gegenüber. Auf die Frage, ob der Föderalismus Bremsklotz oder Beschleuniger der Digitalisierung der Verwaltung sei, sagt er: „Der Föderalismus gehört zur Schweiz wie Bäume in einen Wald. Der Föderalismus trägt zur Vielfalt unseres Landes bei. Er bedeutet auch Wettbewerb. So ermöglicht er den Kantonen und Gemeinden die Entwicklung von innovativen Angeboten und Lösungen. Beispielsweise wurde die elektronische Umzugsmeldung "eUmzugCH" vom Kanton Zürich initiiert und dann schrittweise von weiteren Kantonen übernommen und in der Schweiz eingeführt.“ (Quelle) Perspektive der Angestellten des öffentlichen Dienstes: Schweizweite einheitliche vs kantonale digitale Lösungen Der Bund ist nun gefordert Eine erfolgreiche Einführung digitaler staatlicher Dienstleistungen ist immer abhängig von der Akzeptanz in der Bevölkerung. Diese ist wiederum abhängig davon, wie gut die Services auf die Bedürfnisse der Nutzenden zugeschnitten sind und wie klar die Vorteile und die Sicherheit der Nutzung vonseiten des Staates vermittelt werden. Um möglichst früh potenzielle Hürden bei der Nutzung der E-Government-Dienstleistungen zu erkennen und Lösungen dafür zu finden, sollten Bürgerinnern und Bürger von Anfang an in den Entwicklungsprozess miteinbezogen werden. Zudem gilt es, den Convenience-Aspekt der E-Government-Dienstleistungen in der Kommunikation zwischen Verwaltung und Bürgern noch stärker durch Informationskampagnen herauszuarbeiten. Fokus dieser Kampagnen sollte sein: Vorteile kommunizieren, Nutzen für die Bürgerinnen und Bürger noch deutlicher machen, Sicherheit garantieren - und zwar mit schweizweit einheitlichen digitalen Lösungen. Eine gute Basis für zukünftige E-Government-Dienstleistungen ist mit dem deutlichen Vertrauenszuspruch sowohl seitens der Schweizer Bevölkerung als auch der Angestellten des öffentlichen Dienstes bereits gegeben.
Teil 4. Angestellte im öffentlichen Dienst bereit für neue Arbeitsweisen
Angestellte im öffentlichen Dienst streben neue Arbeitsweisen und eine Stärkung der digitalen Kompetenz an, da die Nachfrage nach digitalen Dienstleistungen der öffentlichen Verwaltungen kontinuierlich zunimmt. Der jüngsten Deloitte-Umfrage 2021 zum Thema E-Government zufolge ist die Mehrheit der Angestellten im öffentlichen Dienst bereit, ihre Arbeitsweisen zu ändern, um dieser Nachfrage zu entsprechen. Agiles Arbeiten und die Verwendung neuer Systeme und Tools sind wichtige Faktoren für eine intensivere Digitalisierung öffentlicher Verwaltungen. Die Herausforderungen betreffen die Bürokratie, die Bearbeitungszeiten verlängert, digitales Arbeiten im Allgemeinen und die Überlastung durch neue Anfragen. Nur ein Viertel der Verwaltungsangestellten ist zu einer Änderung ihrer Arbeitsweise bereit. Andere wichtige neue Arbeitsmethoden sind Weiterbildung (81%) und die abteilungsübergreifende Teamarbeit (73%).
Die steigende Nachfrage nach digitalen Dienstleistungen stellt die derzeitigen Arbeitsmethoden in Frage Über die Hälfte der befragten Angestellten im öffentlichen Dienst (59%) gaben an, dass die Corona-Pandemie den Druck auf die öffentlichen Verwaltungen zur Erbringung digitaler Dienstleistungen erhöht hat. Während der Lockdown-Beschränkungen und einer zunehmenden Nutzung von Home-Office änderte sich das Kaufverhalten der Kunden, was zu einem Anstieg der Online-Käufe führte. Dies hatte aber auch langfristige Auswirkungen auf das Angebot öffentlicher Verwaltungsleistungen. Die öffentlichen Verwaltungen waren einerseits kaum auf die gestiegene Nachfrage nach mehr digitalen Dienstleistungen seitens der Bürgerinnen und Bürger vorbereitet, andererseits mussten sie feststellen, dass die Abläufe und IT-Systeme für diese Nachfrage ungeeignet waren. Ein Beispiel: Die Verwaltungen der Kantone Aargau und Zürich stellten während der Corona-Krise fest, dass sie aufgrund der manuellen Verfahren bei der Bearbeitung der stark erhöhten Anträge auf Kurzarbeit schlicht überlastet waren. Die Kantone beschlossen die Automatisierung ihrer Abläufe mit einer Software-Roboter-Lösung (RPA) und digitalen Tools zur zeitnahen Bearbeitung und Auszahlung. So konnte der Verwaltungsaufwand verringert und schnellere Auszahlungen an die Antragsteller gewährleistet werden. (Quelle) Erwartungsgemäss gab über ein Drittel der Befragten an, dass die größten Vorbehalte nach wie vor die unflexiblen und komplizierten Arbeitsabläufe sind, die die Bearbeitungszeiten verlängern (38%), das digitale Arbeiten generell (und die damit verbundenen Probleme) (37%) und die Überlastung durch die wachsende Zahl der Anfragen (36%). Andere vom Verwaltungspersonal genannten Probleme betrafen den gestiegenen Koordinationsaufwand aufgrund der dezentralen Strukturen, den Mangel an IT-Kompetenzen, veraltete IT-Systeme und komplexe Datenerfassungssysteme. Bei der Entwicklung künftiger digitaler Angebote müssen diese Vorbehalte zum Wohle der Bürgerinnen und Bürger wie auch des Verwaltungspersonals berücksichtigt werden. So gibt es noch immer kein Once Only-Prinzip: Bürgerinnen und Bürger müssen den Behörden ihre Daten wiederholt mitteilen und die Verwaltungsangestellten können nicht ohne Weiteres abteilungsübergreifend auf Daten zugreifen. Wenn künftige digitale Serviceangebote erfolgreich sein sollen, sind vereinfachte und vereinheitlichte digitale Prozesse erforderlich – im Einklang mit den geltenden Datenschutzgesetzen. Welche Herausforderungen haben Sie während der Corona-Krise erlebt? Angestellte im öffentlichen Dienst wollen ihre Arbeitsweise ändern, um die Digitalisierung voranzutreiben Eine breite Mehrheit (65%) der befragten Verwaltungsangestellten – etwas weniger als im Jahr 2020 (73%) – sind bereit, ihre Arbeitsweise zu ändern, damit das externe digitale Dienstleistungsangebot der öffentlichen Verwaltungen ausgeweitet und effizienter erbracht werden kann. 24% der Befragten sind dagegen überhaupt nicht zu einer Änderung ihrer Arbeitsweise bereit. Obwohl zwischen den Altersgruppen keine wirklichen Unterschiede bestanden, war das Ausbildungsniveau bei der fehlenden Bereitschaft für Veränderungen relevant. Bei den Befragten ohne Matura war eine größere Zahl nicht zu Änderungen bereit – im Gegensatz zu Personen mit Matura oder Hochschulbildung. Diese Erkenntnisse zeigen einen wichtigen Weg auf, wie öffentliche Verwaltungen die digitale Ausrüstung und Kompetenz ihrer Mitarbeiter optimieren können. Bei der Förderung der Digitalisierung und der Entwicklung neuer digitaler Dienste geht es aber nicht nur um Technologie, sondern auch um Menschen und ihre Entwicklung, was ein Umdenken in der öffentlichen Verwaltung erfordert. Angestellte im öffentlichen Dienst müssen ihre Einstellungen und gewohnte Abläufe ändern, um die Technologie für neue digitale Dienste und eine bessere Ansprache der Bürgerinnen und Bürger vollumfänglich nutzen zu können. Einige der wichtigsten Voraussetzungen für eine neue digitale Geisteshaltung: Die Fähigkeit, mit Veränderungen umzugehen, eine starke Bürgerfokussierung, eine effiziente Zusammenarbeit, die gemeinsame Entwicklung von Kompetenzen und die Akzeptanz agilen Arbeitens. (Quelle) Wären Sie bereit dazu, Ihre Arbeitsweise zu verändern, damit das Angebot an externen digitalen Dienstleistungen erhöht werden kann? Agiles Arbeiten sowie neue Systeme und Tools führen zu neuen Arbeitsmethoden Als wichtigste Methoden zur beschleunigten Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung gaben die Befragten agile und neue Arbeitsweisen (86%) und das Arbeiten mit neuen Systemen (86%) und Erlenen von neuen Tools (85%) an (u.a. Workflow-Systeme, Software-Roboter, digitale Verarbeitung, Webformulare, E-Zahlungen). Für eine grosse Mehrheit (81%) des Verwaltungspersonals waren gezielte Schulungen und Weiterbildungen für die Änderung der derzeitigen Arbeitsweise ebenfalls von Bedeutung. Die Arbeit in neuen, abteilungsübergreifenden Teams und der reduzierte, direkte Bürgerkontakt wurden von jeweils 73% und 66% der Befragten in Bezug auf andere Änderungen angegeben, die für eine beschleunigte Digitalisierung relevant sind. Einige der vorstehend genannten Elemente wurden vom Bundesrat bereits in die aktuellen Digitalisierungsprioritäten für das Jahr 2022 aufgenommen. (Quelle) Diese legen den Schwerpunkt auf die Digitalisierung und deren Vorteile für die Bevölkerung, Unternehmen und Organisationen. Die Bürgerinnen und Bürger sowie andere Nutzer sollen einen schnellen, einfachen und benutzerfreundlichen Zugang zu Verwaltungsdiensten erhalten. Als wichtige Grundlagen für die digitale Transformation wurden ferner ein effizientes Datenmanagement, neue elektronische Schnittstellen und eine stärker teambasierte Arbeitsorganisation der operativen Einheiten und Abteilungen genannt. Voraussetzung für den Erfolg dieser Transformation ist jedoch, dass die Angestellten des öffentlichen Dienstes gut geschult werden und digitale Kompetenzen erwerben. Inwiefern sind Sie bereit, ihre Arbeitsweisen für die Steigerung von digitalen Dienstleistungen zu verändern?
Methodik
Erfahren Sie mehr über die von uns verwendete Methodik in der Studie 2021 zur digitalen Verwaltung in der Schweiz.
Eine schweizweite Umfrage Um das Verhalten und die Präferenzen Schweizerischer Bürger bezüglich der E-Government-Dienstleistungen zu analysieren und zu verstehen, führte Deloitte bereits zum zweiten Mal im September 2021 eine Umfrage mit über 1.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmern zwischen 18 und 81 Jahren durch - sowohl im städtischen als auch ländlichen Umfeld und in den deutsch-, französisch- und italienischsprachigen Landesteilen. 235 davon sind Angestellte im öffentlichen Dienst. Dies erlaubt es, nicht die Erwartungen der Bürger an E-Government-Dienstleistungen zu bestimmen, sondern ebenfalls Ansichten innerhalb der Behörden und Verwaltungen über deren technologische Hürden und Herausforderungen in Sachen Transformation zu ermitteln. Alter der Befragten
Wohnort
Arbeitsplatz
Vertrauen in digitale Dienste und die Bereitschaft, diese zu nutzen oder bereitzustellen Die Fragen richteten sich an die allgemeine Öffentlichkeit mit dem Fokus auf das globale Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in die aktuelle und künftige Fähigkeit öffentlicher Behörden und Verwaltungen, digitale Dienste anzubieten. Die Fragen umfassten das Bewusstsein der Schweizerinnen und Schweizer und/oder den Bedarf und die Motivation, digitale Dienste zu nutzen, ebenso wie diese Dienste angeboten werden sollten und welches die Hürden für eine umfassendere Annahme sind. Die Befragung Angestellter des öffentlichen Dienstes konzentrierte sich auf deren Bereitschaft, digitale Dienste anzubieten und auf die Herausforderungen aufgrund der Coronapandemie. Zudem kam der Bedarf an der verstärkten Zentralisierung und der schweizweiten Standardisierung von E-Government-Dienstleistungen auf den Tisch.
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