Posted: 07 Aug. 2020 3 min Lesezeit

COVID-19 Briefing: Konsumentenstimmung im Aufschwung

Die Corona-Pandemie hat uns vor Augen geführt, dass Gesundheit und Sicherheit nicht selbstverständlich sind. Neben den finanziellen Nöten, die durch Kurzarbeit, Arbeitsplatzverlust oder den Lockdown entstanden sein können, sorgen sich die Menschen um ihr eigenes Wohl und um die Gesundheit ihrer Angehörigen.

Die finanzielle Situation der Haushalte ist sicherlich einer der Hauptfaktoren, die das Ausgabeverhalten der Verbraucher beeinflusst. Doch das Konsum-, Mobilitäts- und Reiseverhalten hängt auch maßgeblich davon ab, wie sicher sich die Menschen fühlen, in Geschäfte zu gehen, Restaurants zu besuchen oder zu fliegen. Nur wenn sie keine gesundheitlichen Bedenken haben, ihr Geld außerhalb der eigenen vier Wände auszugeben, kann sich die Wirtschaft schnell erholen. Auch wenn die alte Normalität noch weit weg scheint, lassen sich in Deutschland doch deutlich positive Trends im Konsumentenverhalten beobachten.

 

Langsam sinken in Deutschland die Sorgen und die Menschen fühlen sich sicherer 

 

Seit der Anfangs- und Hochphase der Pandemie ist es gelungen, die Corona-Neuinfektionen in weiten Teilen Europas auf ein kontrollierbares Level zu reduzieren. Dies führte dazu, dass die gesundheitlichen Sorgen in Deutschland stark zurückgegangen sind und sich die allgemeine Stimmung aufhellt. Laut dem Deloitte Global-Consumer-Pulse-Survey – einer fortlaufenden, repräsentativen Befragung, die in 18 Ländern durchgeführt wird – waren Mitte April zwei Drittel der 1.000 deutschen Befragten um die Gesundheit ihrer Familienangehörigen besorgt. Um die eigene Gesundheit machten sich zu diesem Zeitpunkt knapp die Hälfte Gedanken. Drei Monate später sind diese Werte um 20 respektive 16 Prozentpunkte gesunken. Verglichen mit den europäischen Nachbarn sind die gesundheitlichen Sorgen in Deutschland unterdurchschnittlich stark ausgeprägt. Nur in den Niederlanden sind die Befragten noch weniger besorgt.

Anders sieht es hingegen in Spanien und Polen aus, wo die finanziellen als auch die gesundheitlichen Sorgen über dem europäischen Durchschnitt liegen. Dass in Spanien die gesundheitlichen Sorgen aufgrund der hohen Infektionszahlen und zahlreichen Todesfälle groß sind, dürfte nicht überraschen. Verwunderlich ist jedoch, dass in Polen die Sorgen derart hoch sind, denn die Zahl der bisherigen Infizierten ist niedriger als in den Niederlanden bei doppelt so großer Bevölkerungsanzahl. Es scheint, als wäre in Polen die Verunsicherung der Konsumenten trotz geringer Fallzahlen, höher als in anderen europäischen Ländern.

Quelle: Deloitte, Global-Consumer-Pulse-Survey, Juli-Ausgabe

Hinweise:

* Gesundheitliche Sorgen: Prozentwerte ergeben sich aus den Zustimmungen (stimme voll und ganz zu/stimme zu) zu den Aussagen "Ich bin um die Gesundheit meiner Angehörigen besorgt." und "Ich bin besorgt um meine eigene Gesundheit.“

** Finanzielle Sorgen: Prozentwerte ergeben sich aus den Zustimmungen (stimme voll und ganz zu/stimme zu) zu den Aussagen "Ich verschiebe größere Anschaffungen auf einen späteren Zeitpunkt." und "Ich bin besorgt, anstehende Zahlungen nicht leisten zu können."

 

Steigende Stimmung wirkt sich positiv auf das Konsumentenverhalten aus

 

Die abnehmenden gesundheitlichen Sorgen und das steigende Gefühl von Sicherheit haben einen merklichen Effekt auf das Konsumentenverhalten und führen dazu, dass deutsche Verbraucher nach dem Ende des Lockdowns langsam wieder konsum- und reisefreudiger und allgemein mobiler werden. Zwar ist der Weg zu einer vollständigen Normalisierung lang und die Nachwirkungen der ja noch nicht überwundenen Krise sind weiterhin deutlich sichtbar, allerdings lassen sich in Deutschland bereits deutlich positive Trends im Konsumentenverhalten erkennen.

 

Besucherfrequenz im Einzelhandel steigt

 

Der Global-Consumer-Pulse-Survey zeigt, dass sich Mitte Juli 53 Prozent der deutschen Befragten sicher fühlen, in einem stationären Geschäft einkaufen zu gehen. Einen Monat zuvor waren es erst 47 Prozent. Diese positive Tendenz spiegelt sich auch in den Umsätzen des deutschen Einzelhandels wider. Nach einem Lockdown-bedingten Einbruch der Einzelhandelsumsätze für Bekleidung und Schuhe im April von drei Vierteln im Vergleich zum Vorjahresmonat, liegt der Umsatzrückgang im Mai nur noch bei 22 und im Juni lediglich bei 17 Prozent.1  Ein klarer Aufwärtstrend also.

 

Lust auf Freizeitaktivitäten und Reisen nimmt zu

 

Auch Freizeitangebote und Dienstleistungen werden wieder stärker nachgefragt. Ende Mai haben sich 31 Prozent der deutschen Befragten des Global-Consumer-Pulse-Surveys bei dem Gedanken sicher gefühlt, in ein Restaurant zu gehen, und 42 Prozent hatten keine Bedenken, Arzt- oder Friseurbesuche wahrzunehmen. Mitte Juli sind diese Werte auf 41 respektive 48 Prozent gestiegen. Auch hier zeigt sich eine deutliche Entwicklung Richtung Normalisierung.

Auch die Bedenken zu verreisen sind in Deutschland über die letzten Monate zurückgegangen: Ende Mai fühlten sich lediglich 31 Prozent der Verbraucher sicher, in einem Hotel zu übernachten, Mitte Juli sind es bereits 37 Prozent. Besonders stark ist die Reiselust unter den 18-34-Jährigen. Von ihnen sucht ein Drittel aktiv nach Reiseangeboten, und 43 Prozent planen in den nächsten drei Monaten eine Zugreise oder einen Aufenthalt in einer Ferienwohnung.

 

Arbeitnehmer kehren an ihren Arbeitsplatz zurück

 

Nach Wochen und Monaten im Home-Office fühlen sich im Juli 61 Prozent der Deutschen sicher, an ihren Arbeitsplatz zurückzukehren. Fast die Hälfte der befragten Arbeitnehmer (47 Prozent) gab im Juli an, nie von zu Hause aus zu arbeiten. Im Monat zuvor waren es noch 42 Prozent.

Gleichzeitig steigt die Bereitschaft wieder häufiger öffentliche Verkehrsmittel zu nutzen. Während im April mehr als jeder zweite Befragte (54%) plante, die Nutzung des ÖPNVs in den nächsten drei Monaten einzuschränken, sind es im Juli nur noch 38 Prozent.

 

Allerdings: positive Stimmung hängt vom zukünftigen Infektionsverlauf ab

 

Diese positiven Trends sind allerdings nicht in Stein gemeißelt:

In Spanien, wo die Infektionen wieder angestiegen sind, lässt sich beobachten, dass die Konsumenten wieder vorsichtiger werden. Im Vergleich zu Juni ist das Sicherheitsgefühl der spanische Befragten beim Gedanken ans Fliegen von einem sowieso schon sehr niedrigen Level um 5 Prozentpunkte gesunken (von 28 auf 23 Prozent). Für Hotelaufenthalte ging das Sicherheitsgefühl um 4 Prozentpunkte (von 36% Mitte Juli auf 32% Mitte Juni) zurück. Die aktive Suche nach Reiseangeboten ist in Spanien innerhalb eines Monats ebenfalls um 4 Prozentpunkte zurückgegangen.

Ähnlich sieht es beim Besuch von Geschäften und Restaurants aus. Nur noch 51 Prozent der Spanier fühlen sich beim Einkaufen sicher (im Juni waren es noch 54 Prozent), während 37 Prozent bedenkenlos auswärts essen gehen; im Juni hatten sich noch 40 Prozent bei Restaurantbesuchen sicher gefühlt.

 

Einfache Maßnahmen stärken das Sicherheitsgefühl

 

Die Beobachtungen aus Spanien sind eine wichtige Lektion auch hierzulande: Um das Sicherheitsempfinden der Konsumenten zu stärken, sollten Unternehmen weiterhin auf strenge Hygiene- und Verhaltensregeln achten. Mit gezielten Maßnahmen, wie z.B. Desinfektionsspendern oder kontaktlosem Bezahlen lässt sich ein sicheres Einkaufserlebnis gewährleisten. Außerdem ist das Bewusstsein wichtig, dass Konsumenten sensibel darauf reagieren, wie sich Unternehmen in der Corona-Krise verhalten. Corona-Ausbrüche in der Lebensmittelindustrie und andere Negativschlagzeilen können schnell zu einem Rückgang der Nachfrage führen. Aus diesem Grund ist eine klare Kommunikation der getroffenen Hygiene- und Vorsichtsmaßnahmen nach wie vor besonders wichtig.

Um die globale Entwicklung der Stimmung und des Sicherheitsempfindens auch in Zukunft zu beobachten, führt Deloitte den Global-Consumer-Pulse-Survey bis zum Ende des Jahres 2020 monatlich durch.

  • Die aktuelle Global-Consumer-Pulse-Studie, sowie alle vorherigen Veröffentlichungen finden Sie hier zum Download.
  • Hier gelangen Sie zu einer Tableau-Datenvisualisierung mit sämtlichen Länderergebnissen im Überblick. Die Datensätze werden alle zwei Wochen aktualisiert und ermöglichen Rückschlüsse über aktuelle Trendentwicklungen im Konsumentenverhalten. Zudem können Sie die Daten individuell filtern.

 

¹ Eurostat; Turnover and volume of sales in wholesale and retail trade - monthly data, Juni 2020

 

Ansprechpartner/in Research:

Anna Elin Seidel

Associate Manager | Trend Research

aseidel@deloitte.de 

Download

Hier können Sie den aktuellen Blogbeitrag als PDF herunterladen:

Weitere Beiträge der COVID-19 Briefings:

In den COVID-19 Briefings werden die verschiedenen kurzfristigen bis langfristigen Effekte der vorherrschenden Krise auf die Wirtschaft beleuchtet.

Ihre Ansprechpartner

Karsten Hollasch

Karsten Hollasch

Partner

Karsten Hollasch ist Partner im Bereich Financial Advisory mit Sitz in Düsseldorf. Sein Schwerpunkt liegt im Bereich Transaction Services für Corporate- sowie Private-Equity-Kunden. Darüber hinaus verfügt er über Erfahrung in nationalen und internationalen Due-Diligence-Projekten. Er leitet weltweit den Private-Equity-Sektor in Financial Advisory und hat seit 2023 auch die Gesamtverantwortung über alle Businesses für das Private Equity Geschäft auf EMEA-Ebene. Darüber hinaus war er bis 2023 Leiter des Industriesegments Consumer Business bei Deloitte Deutschland und DCE.

Egbert Wege

Egbert Wege

Partner

Egbert Wege leitet als verantwortlicher Partner den Sektor Consumer Products & Retail sowie den Bereich Innovation. Sein Beratungsschwerpunkt liegt auf den Themen Handel, Multichannel, Digital Transformation, Digital Marketing sowie Markteintrittsstrategien und Digitalisierung, Kundenbindung, Branding und Innovation. Seine Handelserfahrungen an der Konsumentenschnittstelle bringt er auch in die Branchen Finanzdienstleistungen, Travel und Pharma ein. Egbert ist seit 1999 in der Beratung tätig. Zwischen 2005 und 2011 arbeitete er sechs Jahre lang für ein führendes internationales Versandhaus u. a. als Geschäftsführer.