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Revolution im Handel

Die Zukunft gehört Voice Commerce

Immer mehr Unternehmen bekommen eine „Stimme“ – Sprachassistenten werden unseren Alltag verändern und vereinfachen. Im Jahr 2030 könnte Voice Commerce einen Anteil von 30 Prozent aller E-Commerce-Umsätze ausmachen. Das Deloitte Center for the Long View wirft einen Blick in die Zukunft: Vier unterschiedliche Szenarien beschreiben die Voice-Commerce-Landschaft 2030, und die Marktteilnehmer berichten aus ihrer Sicht von den Auswirkungen.

Ein Beitrag aus Resonance – dem Deloitte-Jahresbericht 2018/2019

Szenario 1: Das neue Internet

Im Szenario „Das neue Internet“ verschmilzt Sprachassistenz mit anderen Technologien zu einer Plattform. Dank offener Schnittstellen ist sie für jedermann zugänglich. Alle Geräte, vom Smart Speaker bis zum Kühlschrank, und alle Technologien – sei es Bilderkennung, Voice oder Sensorik – sind dort integriert. Wann und was wir einkaufen, ist vorhersagbarer und automatisierter.

 

Vier Stimmen zu Szenario 1

Tech-Provider

Als Marktplatz und Hub für Hersteller und Händler sind wir zufrieden mit dieser Entwicklung. Wir haben zwar keine ausschließliche Datenhoheit, aber wir haben das Wissen, um unser Produkt stetig zu verbessern. So können wir den Nutzen für die Kunden und damit auch unsere Marktposition ausbauen.


Hersteller

Wir haben eine Doppelstrategie aus Flagship Stores und Direktvertrieb entwickelt. Da unsere Marke bereits bekannt war, konnten wir die Kontaktpunkte mit den Kunden unproblematisch verlagern. So erzielen wir gute Margen und arbeiten nur noch mit wenigen großen Händlern zusammen. Das bringt Skaleneffekte. Die Marketing-Budgets setzen wir ein, um Anreize für Sprachassistenz-Anbieter zu schaffen, unsere Produkte zu bewerben.


Händler

Der Druck ist schon hoch. Nicht nur, was die Preise angeht. Wir müssen unsere Kunden 24 Stunden am Tag, sieben Tage die Woche beliefern. Wir brauchen immer neue Initiativen für die Kundenbindung. Ohne künstliche Intelligenz würde da gar nichts mehr gehen. Zum Beispiel erstellt KI Warenkörbe, die den Kunden ein komfortables Einkaufen ermöglichen.


Verbraucher

Mein Alltag ist einfacher geworden. Der Sprachassistent ist mein digitaler Helfer. Er denkt mit und gibt mir gute Empfehlungen. Manchmal verblüfft er mich, wenn er mir Sachen vorschlägt, die ich nicht auf dem Schirm hatte. Zwar bin ich dadurch ein gläserner Kunde. Aber letztendlich entscheide immer noch ich, welches Produkt und welche Marke ich wähle.

 

Szenario 2: Das Zeitalter heterogener Allianzen

Das zweite Szenario führt uns ins „Zeitalter heterogener Allianzen“. Händler und Hersteller arbeiten zusammen, um ihre Unabhängigkeit gegenüber den Tech-Providern zu sichern. Innerhalb dieser strategischen Allianzen sind die Marktteilnehmer sehr kooperativ. Sie nutzen Sprachassistenz-Technologien, die auf jeweils eigenen Standards beruhen. Jedoch erlauben technologische Hürden keinen aktiven Austausch über Allianzgrenzen hinweg. Voice ist damit ein isolierter Kanal, kein integriertes Konzept.

 

Vier Stimmen zu Szenario 2

Tech-Provider

Für die Kunden bleiben Potenziale ungenutzt. Eine nahtlose Customer Journey sieht anders aus. Genau hier liegen die entscheidenden Vorteile unserer Plattform: Wir kennen unsere Kunden, ihre Einkaufs- und Lebensgewohnheiten. So können wir Angebot und Kundenwunsch aufeinander abstimmen. Ohne Allianzen gibt es aus unserer Sicht keine ganzheitliche Lösung.


Hersteller

Allianzen halten wir für sinnvoll. So entstehen keine Monopole. Gleichzeitig sind mit der Diversifizierung auch Risiken verbunden. Wir müssen entweder mit Glück auf die richtige Allianz setzen. Oder wir engagieren uns in mehreren Allianzen. Das birgt weniger Risiken, verursacht aber Aufwand und Kosten. Wir bündeln Services und Technologien und schaffen Entlastung und mehr Komfort für unsere Kunden.


Händler

Die strategische Allianz mit Herstellern und anderen Händlern ist unsere Chance. Dieser Plan ist aufgegangen. Mit der Plattform bieten wir dem Verbraucher eine nahtlose Customer Journey und ein möglichst breites Produktportfolio. Wir konnten nicht nur verlorene Marktanteile zurückholen, sondern sogar Boden gutmachen gegenüber dem globalen Wettbewerb.


Verbraucher

Ich bin bei drei Plattformen angemeldet, weil ich Marken und Preise vergleichen will. Und weil ich nicht alles, was ich brauche, auf einer Plattform finde. Es ist umständlich, dieselbe Suche mehrmals durchzuführen und sich bei unterschiedlichen Bezahlsystemen anzumelden. Aber wenn ich nur auf einer Plattform wäre, würden für mich die Nachteile überwiegen.

 

Szenario 3: Altes Europa

Im dritten Szenario „Altes Europa“ gibt es strenge Datenschutzregeln und ein verschärftes Kartellrecht zur Vermeidung von Monopolen. Eine übergreifende Plattform existiert nicht, die Marktteilnehmer sind nicht vernetzt. Deshalb betreiben Technologieprovider, Hersteller und große Händler eigene Insellösungen, die Verbrauchern kaum Mehrwert bieten. Hohe Kosten sorgen dafür, dass sich langfristig nur wenige große Anbieter erfolgreich am Markt durchsetzen.

 

Vier Stimmen zu Szenario 3

Tech-Provider

Regulierung hat die Nutzung von KI für die Konsumenten erschwert. Chancen bleiben ungenutzt. Durch die Analyse großer Datenmengen könnten wir kundenfreundliche Lösungen schaffen. Dabei haben wir immer den konsequenten Schutz der Kundendaten zugesichert. Letztlich bleiben die persönlichen Interessen der Kunden auf der Strecke.


Hersteller

Wir haben ein eigenes System geschaffen, um unser Produkt direkt zum Kunden zu bringen. Die Entwicklung war ressourcenintensiv. Unser breites Produktportfolio mit starken Marken hat uns Luft dafür verschafft. Das war unser Vorteil im Vergleich zu kleineren Herstellern. Der direkte Draht zu unseren Kunden hilft uns jetzt in der Produktentwicklung.


Händler

Unser Ziel war es, Produkte mit geringem Beratungsaufwand über unsere eigene Plattform zu vertreiben. Wir sind ein B2B-Anbieter und haben ein breites Portfolio. Der gesamte Verkauf läuft über Sprachassistenten. Ein hohes Investment, aber gleichzeitig können wir die Eigenmarken besser positionieren und so unsere Marge erhöhen. Die Regulierung hat uns indirekt geholfen.


Verbraucher

Vor fünf Jahren dachte ich, Sprachassistenten würden mich im Alltag entlasten: Sie kaufen ein und geben Tipps, weil sie mich und meine Gewohnheiten kennen. Jetzt habe ich aber sogar mehr Aufwand. Fast jeder Hersteller und jeder Händler hat ein eigenes System mit eigenen Produkten. Ich nutze daher nur zwei, drei Systeme für die wichtigsten Dinge. Ansonsten kaufe ich ein wie früher.

 

Szenario 4: Welt der Aggregatoren

Unser letztes Szenario ist die „Welt der Aggregatoren”. Sprachassistenten sind in unserem Alltag unverzichtbar geworden. Die Tech-Provider haben geschlossene, technologisch integrierte Voice-Systeme aufgebaut und steuern Angebot und Nachfrage. Hersteller und Händler sind auf die Nutzung dieser Systeme angewiesen.

 

Vier Stimmen zu Szenario 4

Tech-Provider

Wir haben das Einkaufen neu definiert: Wir sind keine Handelsplattform mehr, sondern Teil des Haushalts. Das Leben unserer Kunden wird einfacher und entspannter, weil wir heute wissen, was sie morgen brauchen. So individuell, dass unsere Vorschläge und Angebote jedes Familienmitglied und jede Alltagssituation wie den Hochzeitstag oder Geburtstage einschließen.


Hersteller

Für uns ist der Vertrieb einfacher geworden. Wir müssen nicht mehr mit mehreren Händlern zusammenarbeiten, sondern haben eine Lieferkette direkt zum Kunden. Investiert haben wir ins digitale Marketing. Da wir unsere Kunden genau kennen, sind unsere Verkaufszahlen in die Höhe gegangen. Der stärkere Wettbewerb und die hohe Transparenz haben jedoch den Druck auf Preis und Marge erhöht.


Händler

Wir haben mit Preisdruck und sinkenden Margen zu kämpfen. Gleichzeitig haben wir den direkten Kontakt zum Kunden verloren. Deshalb hat sich unser Geschäftsmodell verändert. Wir setzen auf Content Marketing. Dadurch konnten wir Verkaufserfolge einfahren. Mittlerweile bieten wir unsere Expertise auch Herstellern an und sind eher zu einer Marketingagentur geworden.


Verbraucher

Für unsere Familie ist es eine Entlastung, nicht planen und einkaufen gehen zu müssen. Der Gewinn an Zeit und Lebensqualität ist groß. Wir machen uns meist nicht die Mühe, selbst zu recherchieren, ob es passendere Angebote gibt. Wir nehmen das, was die Plattform vorschlägt. Es ist bequem und schnell. Aber dafür geben wir auch viel von uns preis.

 

Verbrauchern und Herstellern würde am meisten das Szenario „Das neue Internet“ nützen. Aber auch Händler könnten davon profitieren, wenn sie den richtigen strategischen Ansatz finden. Aus heutiger Sicht ist am wahrscheinlichsten, dass wir uns 2030 in einer „Welt der Aggregatoren“ wiederfinden. Wie auch immer die Zukunft aussehen wird – wir haben die Chance, sie jetzt zu gestalten.

Warum Resonance?

Das Digitale ist Teil unseres alltäglichen Lebens. Es macht einiges einfacher und fordert uns heraus, Dinge zu hinterfragen. Neu zu denken. Zu gestalten. Dem Gegenüber zuzuhören und im Gespräch zu bleiben. Mehr denn je geht es um Dialog – und um Resonanz.