EBA GL 2019

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Positionen mit besonders hohem Risiko (Art. 128 CRR)

Veröffentlichung der finalen EBA-Leitlinien (EBA/GL/2019/01) vom 17. Januar 2019

EBA/GL/2019/01: Final report on specification of types of exposures to be associated with high risk under article 128(3) of Regulation (EU) No 575/2013

Am 17. Januar 2019 veröffentlichte die Europäische Bankenaufsichtsbehörde (EBA) – fünf Jahre nach Inkrafttreten der CRR – die finale Fassung ihrer Leitlinie zur Klarstellung, welche Positionen in Ergänzung zu den in Art. 128 Abs. 2 CRR bereits konkret genannten Geschäften als Positionen mit besonders hohem Risiko abzugrenzen sind. Positionen mit besonders hohem Risiko sind grundsätzlich mit einem Risikogewicht von 150% bei der Berechnung der Eigenmittelanforderungen zu berücksichtigen.

Ausgehend von der bisherigen Rechtsunsicherheit in der Umsetzung zielen die Leitlinien darauf ab, eine Harmonisierung in der Abgrenzung und Risikogewichtung von Positionen mit besonders hohem Risiko zu erreichen und somit einen Beitrag zur risikoadäquaten Eigenmittelunterlegung solcher Positionen zu leisten. Die final verabschiedeten Leitlinien sind ab dem 1. Juli 2019 von den Instituten anzuwenden.

Im Detail präzisieren die neuen Leitlinien hierzu, dass grundsätzlich alle in Art. 112 CRR aufgeführten Risikopositionsklassen Positionen mit besonders hohem Risiko beinhalten können, vor allem aber die Risikopositionsklassen Unternehmen (lit. b), Beteiligungsrisiko-positionen (lit. p) und sonstige Posten (lit. q). Ein besonders hohes Risiko im Sinne der Leitlinie bzw. des Art. 128 CRR liegt dann vor, wenn die Risikotreiber bzw. das Risikoprofil einer Position sich von anderen Schuldnern oder Transaktionen derselben Risikopositions-klasse unterscheiden.
Spekulative Immobilienfinanzierungen werden dabei von der Leitlinie nicht behandelt, weil diese nach Art. 128 Abs. 2 lit. 4 CRR in jedem Fall als Position mit besonders hohem Risiko zu berücksichtigen sind.

Bei den nachfolgenden Geschäftskonstellationen ist zukünftig grundsätzlich von einem abweichenden Risikoprofil auszugehen:

  • Sämtliche Finanzierungen von spekulativen Investitionen, bei denen der Schuldner einen Gewinn aus der Veräußerung des finanzierten Objekts anstrebt und die beiden nachfolgenden Bedingungen erfüllt sind:

a) Es besteht ein besonders hohes Verlustrisiko im Falle eines Schuldnerausfalls (z. B. aufgrund unzureichender Marktgängigkeit oder hoher Preisvolatilität des finanzierten Objekts bei gleichzeitig fehlenden Risikominderungsmaßnahmen)

b) Es bestehen nur unzureichende Einnahmen und Vermögenswerte beim Schuldner zur Deckung der Verluste im Falle eines Ausfalls

  • Sämtliche Positionen ohne emissionsspezifisches externes Rating (mit Ausnahme von Immobilienfinanzierungen), die dem Grunde nach einer Spezialfinanzierung entsprechen und bei denen eine der nachfolgenden Bedingungen erfüllt ist:

a) Es wurden hohe Verlustrisiken identifiziert (z. B. durch erhebliche Mängel hinsichtlich der Finanzkraft des zuständigen SPV, politische und rechtliche Projektrisiken oder verringerte wirtschaftliche Stärke des Projektsponsors oder -entwicklers)

b) Identifikation von hohen Verlustrisiken bei Projektfinanzierungen vor Fertigstellung („pre-operational Phase“) bei gleichzeitig unzureichendem Nettocashflow sowie fehlender Rückführung der Gesamtverschuldung

  • Schließlich sind sämtliche Aktienanteile als Risikoposition mit hohem Risiko zu klassifizieren, sofern auf Schuldtitel desselben Emittenten ein Risikogewicht von 150 % angewandt wird bzw. anzuwenden wäre, z. B. weil sich der Emittent im Ausfall im Sinne von Art. 178 CRR befindet.

In Ergänzung zur originären Beauftragung der EBA im Zusammenhang mit
Art. 128 Abs. 3 CRR greifen die Leitlinien ferner die Begrifflichkeiten „Beteiligungen an Risikokapitalgesellschaften“ und „Positionen aus privatem Beteiligungskapital“ aus Art. 128 Abs. 2 CRR auf. Ausgehend von der bekannten Abgrenzung von Beteiligungsrisikopositionen in Art. 133 Abs. 1 lit. a CRR präzisiert die Leitlinie, dass insbesondere Positionen mit fehlender Börsennotierung (bei Beteiligungen an Risikokapitalgesellschaften) sowie Beteiligungen mit einer klar definierten Verkaufsstrategie mit Gewinnerzielungsabsicht (u.a. IPO bei Positionen aus privatem Beteiligungskapital) eine Risikogewichtung in Höhe von 150% erhalten sollen.

Zu beachten ist, dass der Basler Ausschuss im Zuge der Finalisierung von Basel III („Basel III: Finalising post-crisis reforms“, BCBS#424) zum Teil abweichende Regeln für Positionen mit besonders hohen Risiken beschlossen hat. Dennoch hält es die EBA für zweckmäßig, zum jetzigen Zeitpunkt die Leitlinie in den Instituten umzusetzen und somit eine harmonisierte Anwendung des
Art. 128 Abs. 2 und 3 CRR bis zu einer möglichen Überarbeitung sicherzustellen. Demzufolge ist mit Inkrafttreten der Leitlinien mit einem erhöhten Fokus der Aufsicht auf die bestehenden Prozesse zur Identifikation von Positionen mit besonders hohem Risiko im Neu- aber auch im Bestandsgeschäft (u.a. Spezialfinanzierungen) zurechnen.

Inwiefern bereits infolge der aktuellen Trilogverhandlungen im Kontext der
CRR II weitere Anpassungen hinsichtlich der Abgrenzung von Positionen mit besonders hohem Risiko resultieren, bleibt bis zur Veröffentlichung der CRR II in den nächsten Wochen und Monaten weiter zu beobachten.

 

Ihr Ansprechpartner

Ihr Ansprechpartner zum Thema

Dr. Christian Farruggio

Manager Risk Advisory

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