NPL: Aktionsplan der EU-Finanzminister und Konsultation der EU Kommission

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Non-Performing Loans (NPL): Aktionsplan der EU-Finanzminister und Konsultation der EU Kommission

Juli 2017

Es kommt Bewegung in die Diskussion über den Abbau von non-performing loans (NPL) in Europa. Nach dem EZB-Leitfaden zur NPL-Verwaltung in Banken und der Bestandsaufnahme der Regelungen für notleidende Kredite in Europa haben drei wichtige Ereignisse in derselben Woche stattgefunden:

  • Die EU-Finanzminister haben einen fokussierten Aktionsplan initiiert,
  • die EU Kommission hat eine Konsultation zu NPL-Sekundärmärkten gestartet, und 
  • der Europäische Ausschuss für Systemrisiken (ESRB) hat seinen Bericht „Resolving NPL in Europe“ veröffentlicht.

Europäische Banken ächzen unter der Last an NPL – rund 879,8 Mrd. EUR in Q4/2016. Dabei ist diese Last recht unterschiedlich verteilt. Zehn Länder haben eine NPL-Quote von über 10 % – mehr als viermal so hoch wie in Deutschland (2,5 %). Im Schnitt liegt die NPL-Quote der europäischen Banken mit 5,1 % deutlich zu hoch, um von einer gesunden Bankenlandschaft zu sprechen. Befürchtet wird schon seit langem, dass der hohe NPL-Anteil nicht nur die Banken in der Kreditvergabe beschränkt, sondern in der Folge große Teile der europäischen Wirtschaft lähmt.

Aktionsplan der EU-Finanzminister

Der Rat „Wirtschaft und Finanzen“ (auch: „EcoFin“) der Europäischen Union hat auf seiner Tagung am 11. Juli 2017 durch seine EU-Finanzminister einen NPL-Aktionsplan beschlossen.

Den Banken sollen stärkere Anreize für einen proaktiven NPL-Abbau – ohne die negativen Effekte von Notverkäufen – geboten werden. Die Maßnahmen sollen neben dem Abbau bestehender, die Vermeidung der Entstehung künftiger Bestände an NPL adressieren.

Eine konkrete Maßnahme, die nun geprüft werden soll, ist zum Beispiel die Entwicklung einer „Blaupause“ für die mögliche Einrichtung nationaler Vermögensverwaltungsgesellschaften für NPL (AMCs). Die noch ein Stück weitergehende Idee einer paneuropäischen Bad Bank, wie noch im Frühjahr von prominenter Seite gefordert, scheint damit vorerst vom Tisch.

Ferner werden verschiedene vorbereitende „Ersuchen“ an die Kommission, die EZB, die EBA, den ESRB, die ESMA und die Mitgliedsstaaten gerichtet.   

Konsultation der EU Kommission

Der erste Teil des Konsultationspapiers der EU Kommission vom 10. Juli 2017 widmet sich dem Sekundärmarkt für NPL. Die Kommission hält die Veräußerung von NPL für einen wesentlichen Faktor zur Problembewältigung, identifiziert aber einen NPL-Markt in Europa, der im internationalen Vergleich unterentwickelt sei und geringe Handelsvolumina, wenige Investoren und große Unterschiede zwischen den preislichen Erwartungen von Verkäufern und Käufern aufweise.

Ein Vorteil bei Forderungsverkäufen ist laut Kommission, dass Investoren aufgrund fokussierter Anreizstrukturen sowie Spezialisierung oftmals effizienter im Management und Servicing notleidender Kredite vorgehen könnten. Die Kommission attestiert dem NPL-Markt allerdings derzeit eine hohe Informationsasymmetrie zwischen Käufer- und Verkäufer, die zusätzlich zur Unsicherheit über zukünftige Zahlungsströme effektive Preisfindungsprozesse behindere.

Einschränkend weist die Kommission jedoch auf den Schuldner- und Datenschutz hin, die bei aller Marktförderung gewahrt werden müssten.

 

Konsultationsfragen zu Veräußerungen von NPL (jeweils gekürzt):
  1. Ist der NPL-Sekundärmarkt signifikant unterentwickelt (Struktur, Größe, Liquidität)?
  2. Welche Grundsatzüberlegungen haben Banken bezüglich Darlehensverkäufen als Strategie? 
  3. Wie könnte man am besten die Investorenbasis für NPL vergrößern?
  4. Welche Anreize sollten gesetzt, welche Hindernisse beseitigt werden, um 3. zu erreichen? 
  5. Banken, Fonds oder anderen Einheiten als NPL-Investoren: Was sind jeweils die Vorteile?
  6. Was sind jeweils die Nachteile/Bedenken zu 5.?
  7. Was sind Chancen/Risiken aus Sicht des Gesetzgebers in Hinblick auf Schuldner- und Datenschutz sowie Marktförderung und Investorengleichbehandlung?
  8. Wie kann man die Aspekte unter 7. ausbalancieren?
  9. Sind Unterschiede hinsichtlich 7. zwischen Mitgliedstaaten dauerhaft gerechtfertigt?
  10. Behindert die Gesetzeslage in Ihrem Staat die Entwicklung eines NPL-Sekundärmarktes?
  11. Wie sollte der Schuldner bei Kreditverkäufen am besten geschützt werden?
  12. Was sind Vorteile einer NPL-Spezialisierung (Jurisdiktions-/Assetklassen- übergreifend)?
  13. Was sind Hindernisse für länderübergreifende NPL-Sekundärmärkte? Sind sie signifikant?
  14. Könnten EU-einheitliche Regelungen zu Darlehensverkäufen hilfreich sein? Welche? 
  15. Weitere Kommentare zu Veräußerungen von NPL?

 

Die potentiell positive Rolle von externen hochspezialisierten Dienstleistern – insbesondere Servicern – im Kontext von Forderungsverkäufen wird besonders hervorgehoben. Diese könnten häufig in Sachen Kostenoptimierung im Verkaufskontext, Zugängen zu Servicingplattformen und Bündelung von Expertise punkten und so abwartende Investoren motivieren, sich am Marktgeschehen zu beteiligen. Eine höhere Handelspartizipation führe zu einer effektiveren Preisbildung. Die Möglichkeit, Verkaufsprozesse auszulagern, ermögliche es Banken, ihre Ressourcen auf ihr Kerngeschäft zu konzentrieren.

 

Konsultationsfragen zu externen Servicern (jeweils gekürzt):
  1. Welche Vorteile haben Drittparteien als Servicer in punkto Markteffizienz?
  2. Gibt es Hindernisse (regulatorische, rechtliche, andere), externe Servicer einzusetzen?
  3. Welche Vorteile/Risiken bietet die Auslagerung auf Servicer für den Auslagernden?
  4. Welche Risiken birgt der Einsatz externer Servicer für (insbesondere private) Schuldner.
  5. Werden Drittparteien als Servicer in Ihrem Markt überwiegend bei performing loans oder non-performing loans oder bei beiden eingesetzt? Was sind die Vorteile/Nachteile?
  6. Haben externe Servicer meist einen Assetklassenfokus? Was sind die Vorteile/Nachteile?
  7. Welche Dienste bieten externe Servicer und welche sind am wertvollsten (Markteffizienz)?
  8. Wären EU-einheitliche Regelungen hilfreich – zu Lizensierung, Aufsicht oder anderem? 
  9. Weitere Kommentare zu externen Servicern?

 

Konsultationsfragen zu möglichen Hemmnissen (jeweils gekürzt):
  1. Gibt es spezielle Geschäftspraktiken, Verhaltenskodizes im Markt? Sind sie ein Hindernis?
  2. Sind Sie in mehreren Jurisdiktionen tätig? Unterliegt diese Internationalität Hemmnissen? 
  3. Gibt es starke rechtliche Beschränkungen für a. Darlehensverkäufe oder b. die Auslagerung des Servicing in den für Sie relevanten Märkten? Können sie sinnvoll behoben werden? 
  4. Was ist zu tun für den verbesserten Eintritt in neue Märkte und einen beschleunigten NPL-Abbau?
  5. Wäre ein einheitliches EU-Vorgehen positiv für Darlehensverkäufe und externes Servicing? 
  6. Weitere Kommentare zu möglichen Hemmnissen?

 

Im zweiten Abschnitt werden Unterschiede der gerichtlichen zur außergerichtlichen Verwertung von besicherten Darlehen thematisiert. Ziel der Kommission ist letztlich eine harmonisierte, vertragsbasierte Möglichkeit der Inbesitznahme und des Verkaufs von Darlehenssicherheiten im Falle eines Kreditausfalls („accelerated loan security“, „ALS“), ohne den Gerichtsweg beschreiten zu müssen. Vorteile ergäben sich für Banken durch einen deutlich reduzierten und besser vorhersehbaren Zeitrahmen in der Verwertung, größeren Einfluss auf Verwertungsmaßnahmen und Risikosenkung bei der Bewilligung neuer Kredite. Durch ein breiteres Spektrum an Sicherheitsoptionen und so einen besseren Zugang zu Kreditfinanzierungen profitierten demnach auch Kreditnehmer von der vorgeschlagenen Lösung. Für private Haushalte eigne sich diese Lösung jedoch nicht, weshalb der Fokus der ALS auf unternehmerischen Finanztranskationen liegt.

 

Konsultationsfragen zu accelerated loan security, ALS (jeweils gekürzt):
  1. Gibt es ähnliche Verfahren zur außergerichtlichen Verwertung? Wie sehen diese aus?
  2. Sehen Sie Vorteile, wenn jeder EU-Staat das Instrument ALS einführt?
  3. Halten Sie ALS für geeignet, künftig hohe NPL-Bestände zu vermeiden?
  4. Stimmen Sie mit den Hauptmerkmalen der ALS überein? Wo weichen Sie ab?
  5. Welche weiteren Merkmale sollte ALS haben, um künftig NPL in Bankbilanzen zu begrenzen?
  6. Sollte sich ALS auf Geschäftsdarlehen beschränken und der Wohnsitz ausgeschlossen sein?
  7. Wann ist die willentliche Inanspruchnahme der ALS sogar vorteilhaft für den Schuldner?
  8. Wie sollte ALS gestaltet sein, um mit (vor-) insolvenzlichen Vorschriften konsistent zu sein?
  9. Wie sollte ALS gestaltet sein, um mit geltenden Rechtsprinzipien konsistent zu sein?
  10. Wie sollte ALS gestaltet sein, um mit geltendem Sicherheitenrecht konsistent zu sein?

Die Konsultationsfrist läuft am 20. Oktober 2017 aus.

Ihre Ansprechpartner

Philipp von Websky
pvonwebsky@deloitte.de
+49 211 8772 3867

Albrecht Kindler 
alkindler@deloitte.de
+49 211 8772 3031