Digitalisierung bei institutionellen Investoren

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Stand der Digitalisierung bei institutionellen Immobilieninvestoren

65 Prozent der Unternehmen stehen noch am Anfang ihres digitalen Wandels: Dies ist das Ergebnis der jährlichen Umfrage von Deloitte und FondsForum zum Digitalisierungsstand an der ca. 100 Immobilienexperten teilgenommen haben.

Ein Rückblick auf das Jahr 2018 zeigt: Der Boom am Immobilienmarkt hat sich fortgesetzt. Ein erhöhter Investitionsdruck durch das anhaltende Niedrigzinsumfeld bei gleichzeitiger Angebotsverknappung geeigneter Anlageobjekte führte zu einer weiteren Entkopplung von Mieten und Transaktionspreisen. Eine anhaltende Renditekompression und die Suche nach alternativen Anlagemöglichkeiten, oftmals gepaart mit einer erhöhten Risikobereitschaft, sind das Ergebnis.

Gleichzeitig führen verstärkte regulatorische Anforderungen (z.B. KAGB, MiFID, MaRisk, Investmentsteuerreform, PRIIPs-Verordnung) und die Forderung von Investoren nach mehr Transparenz zu erhöhten Managementkosten sowie komplexeren Prozessen. Die Optimierung und Digitalisierung bestehender Prozesse zur Effizienzsteigerung und Kostenreduktion sowie die Entwicklung und Implementierung einer nutzerorientierten Digitalisierungsstrategie sind Chancen, um auf jene Herausforderungen zu reagieren. Denn ein zukunftsfähiges Geschäftsmodell ist die Basis für nachhaltigen Erfolg – insbesondere im gegenwärtigen Marktzyklus. Doch während andere Industrien, wie z.B. die Banken- und Finanzbranche oder die Metall- und Prozessindustrie, stark in Digitalisierung investieren, kristallisiert sich die Immobilienbranche immer noch als Schlusslicht heraus.

Laut der von Deloitte und dem FondsForum 2019 durchgeführten Umfrage zum Digitalisierungsstand im Bereich Real Estate Investment Management erachten 90 Prozent der Teilnehmer Digitalisierung als „sehr wichtig“ oder „wichtig“. Während 2018 gerade einmal 12 Prozent der Umfrageteilnehmer eine Digitalisierungsstrategie umgesetzt hatten, ist ihr Anteil im Jahr 2019 signifikant auf 30 Prozent gestiegen. Eine deutliche Zunahme des Digitalisierungsbewusstseins in Immobilienunternehmen ist spürbar. Die Branche realisiert, dass sie reagieren muss. Unternehmen müssen sich Gedanken über ihre Zukunftsfähigkeit machen – insbesondere im Falle einer Rezession. Doch werden die richtigen Prioritäten gesetzt?

Gegenwärtig konzentriert sich die Mehrheit immer noch auf die Digitalisierung von Prozessen. Am Markt ist nach wie vor eine gewisse Zögerlichkeit spürbar. Immobilienunternehmen gehen step-by-step in die richtige Richtung, vergessen aber oftmals, dass der Schlüssel zum Erfolg in einer Strategie liegt, die weit über die einfache Prozessdigitalisierung hinausgeht. Darüber hinaus steckt nach wie vor ein Fünftel der Befragungsteilnehmer in der Ideenphase oder hat noch gar nicht damit begonnen, eine Digitalisierungsstrategie zu konzipieren. Unternehmen, welche die Erfordernis einer Digitalisierungsstrategie unterschätzen, Maßnahmen missinterpretieren oder nur sehr zögerlich umsetzen, werden jedoch auf mittlere bis lange Sicht den Anschluss an ihre Wettbewerber verlieren.

Wo stehen wir aktuell?

Digitalisierung wird von vielen etablierten Markt-teilnehmern als Chance zur Verbesserung bestehender Geschäftsmodelle verstanden – nicht aber als Chance zur Erschließung neuer Geschäftsfelder. Während etablierte Unternehmen teils den Anschluss verlieren, gewinnen Prop-Techs durch den erhöhten Zufluss von Venture Capital an Bedeutung.

Digitalisierung hat das Potenzial, Geschäftsmodelle zu revolutionieren. Technologien wie Robotics, Blockchain, Data Analytics und Artificial Intelligence verändern die Art und Weise, wie wir arbeiten. Sie bedrohen traditionelle Geschäftsmodelle und erfordern damit eine rasche Adaption von Unternehmensstrategien, um nachhaltigen Erfolg in einem kompetitiven Umfeld sicherzustellen.

Unsere Umfrage zeigt zwar, dass nahezu die Hälfte der Befragten glaubt, Digitalisierung wirke sich revolutionär auf deren Geschäftsmodelle aus. Doch zugleich zeigt sie auch, dass das eigentliche Augenmerk für diese noch immer auf der Evolution bestehender Geschäftsmodelle liegt. Digitalisierungspotenziale werden folglich nicht vollständig ausgeschöpft. Wunsch und Wirklichkeit klaffen damit weit auseinander: Zwar wird das Digitalisierungspotenzial korrekt wahrgenommen, doch fehlt es bei der Umsetzung von Digitalisierungsstrategien oftmals an Durchschlagskraft.

Erfolgsfaktoren für Immobilienunternehmen

Was sind die Erfolgsfaktoren für Immobilienunternehmen, um im Zeitalter der Digitalisierung mit den heutigen Markt- und Wettbewerbsgegebenheiten nachhaltig erfolgreich zu agieren? Wir empfehlen die Berücksichtigung fünf wesentlicher Aspekte:

1. Formulierung einer Digitalisierungsstrategie & Implementierungsplanung
Um Optimierungspotenziale maximal ausschöpfen zu können, empfiehlt sich die Definition einer Digitalisierungsstrategie auf Basis gegenwärtiger und potenzieller Marktentwicklungen sowie Nutzer-/Kundenanforderungen und individueller Unternehmensspezifika. Die Formulierung konkreter Aktionsfelder dient dazu, eine Implementierungsplanung aufzustellen.

2. Verknüpfung von Digital- und Unternehmensstrategie
Digitalisierungspotenziale und deren nachhaltige Effekte sind im Rahmen einer Digitalisierungsstrategie entsprechend zu würdigen. Um sicherzustellen, dass alle Unternehmensbereiche, Prozesse und Schnittstellen inkludiert werden, eignet sich die Verknüpfung von Digital- und Unternehmensstrategie. Wir empfehlen daher die Ansiedlung auf oberster Managementebene, klassischerweise beim Chief Executive Officer (CEO) oder auch durch die Einführung eines Chief Transformation Officers (CTO). Darüber hinaus können eigene Digitaleinheiten bei der effektiven Gestaltung und Umsetzung jener Strategien sinnvoll sein.

3. Einführung eines Digital Accelerators
Der klassische Unternehmensprojektansatz ist meist zu langsam, um ein Projekt in einem disruptiven Umfeld mit unklaren Endprodukten zum Erfolg zu führen. Um in einer digitalen Umgebung erfolgreich zu sein, müssen Unternehmen digital denken, schnell handeln und agil sein. Wir empfehlen daher die Adaption der Strukturen eines digitalen Venture Capital Fonds, um mit der digitalen Umwelt Schritt zu halten. Ein sogenannter „Digital Accelerator“ fördert neue, innovative Ideen und führt notwendige Paradigmenwechsel in den beteiligten Funktionen ein. Getreu nach dem Motto „searching, doing, learning, and modifying“.

4. Nutzen neuester Technologien
Das Einbinden neuester Technologien wie Robotics, Blockchain, Data Analytics und Artificial Intelligence automatisiert bestehende Prozesse und stellt eine intelligente Datenaufbereitung sicher. Hierdurch lässt sich in erster Linie die Prozesssicherheit erhöhen, doch werden auch nachhaltig Kosten gesenkt und die Effizienz operativer Tätigkeiten gesteigert. Bisher fokussieren sich Immobilienunternehmen vor allem auf die Nutzung von Data Analytics (47%) und Robotics (38%). Deutliches Steigerungspotenzial ist beim Einsatz von Artificial Intelligence (14%) sowie der Blockchain-Technologie (29%) zu sehen.

5. Bildung strategischer Allianzen
Insbesondere unter institutionellen Anlegern herrscht große Skepsis gegenüber strategischen Allianzen, 67 Prozent von ihnen ziehen eine solche Partnerschaft nicht in Betracht. Übergreifend scheuen Immobilienunternehmen vor allem horizontale Allianzen (11%) und setzen stattdessen auf Partnerschaften entlang der Wertschöpfungskette (89%). Mit strategischen Allianzen lassen sich Synergien schaffen, die Effizienz erhöhen und ein schnelleres Vorankommen erzielen. Sie stellen eine sinnvolle Möglichkeit dar, den Herausforderungen des digitalen Zeitalters zu begegnen und Wettbewerbsvorteile zu realisieren.

 

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Ihre Autoren

Nina Schrader
Director | Consulting
nschrader@deloitte.de

Hendrick Aholt
Senior Manager | Consulting
haholt@deloitte.de