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Betriebsprüfung in der Automobilindustrie:

Damit der Entscheidungsbonus nicht zur Stolperfalle wird.

Sie werden als Quick Savings, Nomination Fees, Give Back, Support Payments, Signing Fees oder schlicht Eintrittsgelder bezeichnet – Zahlungen, die Automobilzulieferer an Automobilhersteller leisten, um einen Auftrag zu erhalten. Was in der Branche gängige Praxis ist, kann in einer Betriebsprüfung jedoch ein enormes Risiko darstellen.

Eintrittsgelder gehören zum Geschäftsalltag der Autozulieferer, um überhaupt in das Auswahlverfahren der Automobilhersteller für neue Entwicklungs- und Produktionsaufträge zu gelangen und Chancen für die Auftragsvergabe zu verbessern. Werden diese Ausgaben dann als Betriebsausgaben geltend gemacht, wittert das Finanzamt je nach Gestaltung solcher Vorgänge widerrechtliche Praktiken. Welche Voraussetzungen müssen also erfüllt sein, um für diese Eintrittsgelder den Betriebsausgabenabzug zu erhalten? Wann kommt es zu einem Abzugsverbot? Und was geschieht, wenn das Finanzamt von Schmiergeldzahlungen ausgeht?

Fallstricke in der Betriebsprüfung

Bei einer Betriebsprüfung liegt das Augenmerk insbesondere auf Zahlungen, die ohne vertragliche Grundlage oder ohne konkrete Gegenleistung zur Erlangung eines Auftrags geleistet wurden. Das ist z.B. der Fall, wenn ein Zulieferer an eine ausländische Gesellschaft eines Automobilherstellerkonzerns eine Zahlung leistet, um danach von einer anderen Gesellschaft desselben Konzerns einen Auftrag zu erhalten. Soweit mit dem Zahlungsempfänger kein Vertragsverhältnis besteht oder bestand, es sich also nicht um einen Preisnachlass handeln kann, liegt es nahe, die Zahlung als Schmiergeld zu werten.

Das Worst-Case-Szenario

Vermutet der Betriebsprüfer korrupte Handlungen, z.B. Schmiergeldzahlungen, droht ein Betriebsausgabenabzugsverbot. Zudem ist er verpflichtet, eine Mitteilung an die Bußgeld- und Strafsachenstelle zu machen. Damit werden häufig weitere Verfahren in Gang gesetzt. Bejaht die Bußgeld- und Strafsachenstelle den strafrechtlichen Anfangsverdacht, leitet sie die Mitteilung an die Staatsanwaltschaft weiter. Diese kann dann ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren einleiten. Üblicherweise ermittelt die Staatsanwaltschaft dann nicht nur wegen der korrupten Taten, sondern darüber hinaus auch wegen des Verdachts auf Steuerhinterziehung. Die Steuerfahndung wird in der Regel in die steuerstrafrechtlichen Ermittlungen einbezogen. Ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren ist nicht nur für die handelnden Personen äußerst problematisch, sondern birgt auch für die betroffenen Unternehmen viele Risiken, wie beispielsweise Reputationsverluste oder die Belastung bestehender Geschäftsbeziehungen. Ferner beantragen die Staatsanwaltschaften vermehrt die Verhängung von Unternehmensgeldbußen. Deren Höhe soll den aus der Tat gezogenen wirtschaftlichen Vorteil übersteigen. Gibt das jeweilige Gericht dem Antrag statt, werden die aus den Geschäften resultierenden Gewinne, die durch die korrupten Handlungen zustande gekommen sind, dadurch vollständig abgeschöpft.
 

Die Grenzen des Betriebsausgabenabzugs

Zahlungen zur Erlangung eines Auftrags können grundsätzlich als Vertriebsaufwand steuerlich abzugsfähige Betriebsausgaben darstellen. Die Grenze wird dann überschritten, wenn die Aufwendungen als Schmiergeldzahlungen und damit als Straftat zu qualifizieren sind – es greift ein Betriebsausgabenabzugsverbot. Das steuerrechtliche Betriebsausgabenabzugsverbot allerdings greift nur, wenn der Steuerpflichtige tatsächlich Geld oder Sachen zugewendet hat. Das ist nicht der Fall, wenn nichts aufgewendet wurde, z. B. für die Hingabe eines zinslosen Darlehens oder die Gewährung von Rabatten. Nach Auffassung der Finanzverwaltung reicht es für die Anwendung des Betriebsausgabenabzugsverbots aus, wenn mit der Zuwendung von Vorteilen objektiv gegen das Straf- oder Ordnungswidrigkeitenrecht verstoßen wurde. Auf ein Verschulden des Zuwendenden, auf die Stellung eines Strafantrags oder auf eine tatsächliche Ahndung kommt es nicht an. Folglich ist es auch unbeachtlich, ob es wegen der rechtswidrigen Zuwendung zu Ermittlungen der zuständigen Behörden oder bei einer Straftat zu einer Verurteilung kommt.
 

Maßnahmen zur Vermeidung von Risiken

Generell sollte die Implementierung oder Anpassung von Compliance-Richtlinien sowie eines internen Kontrollsystems (IKS) dazu beitragen, bereits im Vorfeld einer Betriebsausgabe sicherzustellen, dass die jeweilige Zuwendung nicht gegen geltendes Strafrecht oder Ordnungswidrigkeitenrecht verstößt und dies eindeutig dokumentiert ist.
 

Handlungsempfehlung

Unternehmensverantwortliche müssen einen wirksamen Schutz gegen korrupte Handlungen von Mitarbeitern und Organen aufbauen. Für die Vergangenheit sollte sichergestellt werden, dass für sämtliche Betriebsausgaben eine sorgfältige Dokumentation existiert bzw. aufbereitet wird. Besonderes Augenmerkt gilt auffälligen Zahlungswegen, mangelhaften Dokumentationen und unklaren Sachverhalten. Die sorgfältige Dokumentation führt im Optimalfall dazu, dass ein Anfangsverdacht für das Vorliegen einer Korruptionsstraftat im Vorhinein ausgeschlossen werden kann. Außerdem werden bestehende Risiken aufgedeckt und die Möglichkeit zur adäquaten Reaktion geschaffen. Die Dokumentationslage sollte im Übrigen kontinuierlich auf Vollständigkeit und Richtigkeit kontrolliert werden.

Sie haben weitere Fragen? Kontaktieren Sie uns und sehen Sie Ihrer nächsten Betriebsprüfung entspannt entgegen.
 

Den ausführlichen Beitrag zum Thema finden Sie in: Der Betrieb, 2018, S. 1040–1044, „Zuwendungen zur Auftragserlangung: Vom Betriebsausgabenabzugsverbot zum strafrechtlichen Ermittlungsverfahren und weiteren Folgen“ von RAin/StBin Sandra Höfer-Grosjean; RA/StB Christoph Welter

Sandra  Hoefer-Grosjean
Director, Tax und Legal in Deutschland
Mail: shoefer-grosjean@deloitte.de
Tel.: +49 211 87723496