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Neue Verordnung über entwaldungsfreie Produkte – Neue Sorgfaltspflichten

Update

Nach dem EU-Parlament hat auch der Rat der neuen Verordnung über entwaldungsfreie Produkte zugestimmt. Mit dieser Verordnung werden Unternehmen Sorgfaltspflichten auferlegt, wenn sie bestimmte Agrarrohstoffe – nämlich Rinder, Kakao, Kaffee, Ölpalme, Kautschuk, Soja und Holz – sowie daraus hergestellte Erzeugnisse auf dem EU-Markt in den Verkehr bringen, bereitstellen oder aus dem EU-Markt ausführen. Dies kann von Schokolade bis hin zu Möbeln zahlreiche Produktkategorien betreffen. Die Verordnung muss nunmehr im Amtsblatt der EU veröffentlicht werden und tritt sodann 20 Tage später in Kraft. Die wichtigsten Aspekte der neuen Verordnung über entwaldungsfreie Produkte haben wir zusammengefasst.

Update: Verabschiedung des neuen EU-Rechtsrahmens

Die neue Verordnung für entwaldungsfreie Produkte (nachfolgend: „VO“) soll die bisherige Holzhandels-Verordnung (VO (EU) Nr. 995/2010) (nachfolgend: „Holzhandels-VO“) und die dazugehörige Durchführungsverordnung (EU) Nr. 607/2012 der Kommission aufheben und ersetzen. Der bestehende EU-Rechtsrahmen konzentrierte sich bisher auf die Bekämpfung des illegalen Holzeinschlags und des damit verbundenen Handels und befasste sich nicht mit der Entwaldung. Hauptziel der VO ist die Eindämmung der durch den Verbrauch in der EU und durch die Erzeugung verursachte Entwaldung und Waldschädigung, wodurch eine Verringerung der von der EU verursachten Treibhausgasemissionen und des Verlusts an biologischer Vielfalt erwartet wird. Dazu soll

i. der Verbrauch von Erzeugnissen aus Lieferketten, die mit Entwaldung und Waldschäden in Verbindung stehen, minimiert werden, um dadurch zu einer Verringerung der globalen Entwaldung beizutragen und

ii. die Nachfrage nach sowie der Handel mit „entwaldungsfeien“ Rohstoffen und Erzeugnissen in der EU gefördert werden.

Die derzeit geltende Holzhandels-VO sieht vor, dass Marktteilnehmer, die Holz erstmals in Verkehr bringen, die gebotene Sorgfalt walten lassen und Händler Aufzeichnungen über ihre Lieferanten und Kunden führen müssen. Die VO schafft in vielerlei Hinsicht einen neuen und weit darüber hinausgehenden Rahmen, sowohl hinsichtlich des Anwendungsbereichs, des Kreises der Sorgfaltspflichtigen als auch der maßgeblichen Sorgfaltspflichten.
 

I. Anwendungsbereich

Der sachliche Anwendungsbereich der VO erfasst relevante Rohstoffe (Rinder, Kakao, Kaffee, Ölpalme, Kautschuk, Soja und Holz) sowie relevante Erzeugnisse, d.h. Erzeugnisse, die relevante Rohstoffe enthalten, mit ihnen gefüttert oder unter deren Verwendung hergestellt wurden.

In Anhang I der VO werden die relevanten Rohstoffe in weitere relevante Unterkategorien nach der Kombinierten Nomenklatur gemäß Anhang I der Verordnung über die zolltarifliche und statistische Nomenklatur (Verordnung (EWG) Nr. 2658/87) unterteilt. Zudem wird klargestellt, dass Waren, die ausschließlich aus Material hergestellt sind, dessen Lebenszyklus abgeschlossen ist und das anderenfalls als Abfall gemäß Art. 3 Nr. 1 der Abfallrahmenrichtlinie (RL 2008/98/EG) entsorgt worden wären, nicht in den Anwendungsbereich der VO fallen. Diese Ausnahmeregelung für aus Recycling gewonnene Waren gilt wiederum nicht für Nebenprodukte eines Verarbeitungsprozesses, wenn bei dem Prozess Material verwendet wird, welches kein Abfall im Sinne des Art. 3 Nr. 1 der Abfallrahmenrichtlinie ist.
 

II. Verbotsregelung

Relevante Rohstoffe und relevante Erzeugnisse dürfen nach Art. 3 der VO nur dann innerhalb der EU in Verkehr gebracht, bereitgestellt oder aus der EU ausgeführt werden, wenn die folgenden drei Voraussetzungen kumulativ erfüllt sind:

a) sie sind entwaldungsfrei,

b) sie wurden gemäß den einschlägigen Rechtsvorschriften des Erzeugerlandes hergestellt – d.h. sie müssen legal sein – und

c) für sie liegt eine Sorgfaltserklärung vor.
 

 

III. Definitionen wichtiger Begriffe

Gemäß Art. 2 Abs. 13 der VO bedeutet „entwaldungsfrei“,


a) dass die relevanten Erzeugnisse, relevante Rohstoffe enthalten, mit ihnen gefüttert oder unter deren Verwendung hergestellt wurden und diese relevanten Rohstoffe auf Flächen erzeugt wurden, die nach dem 31. Dezember 2020 nicht entwaldet wurden, und


b) bei relevanten Erzeugnissen, die Holz enthalten oder unter Verwendung von Holz hergestellt wurden, dass das Holz aus dem Wald geschlagen wurde, ohne dass es dort nach dem 31. Dezember 2020 zu Waldschädigung gekommen ist.

Was unter den Begriffen „Entwaldung“, „Wald“ und „Waldschädigung“ zu verstehen ist, wird in Art. 2 VO dezidiert definiert. Der Begriff „einschlägige Rechtsvorschriften des Erzeugerlandes“ meint gemäß Art. 2 Abs. 40 der VO, die im Erzeugerland geltenden gesetzlichen Bestimmungen zum rechtlichen Status des Erzeugungsgebiets in Bezug auf

- Landnutzungsrechte,
- Umweltschutz,
- forstbezogene Vorschriften, einschließlich Regelungen der Forstwirtschaft und zur Erhaltung der biologischen Vielfalt, wenn sie in direktem Bezug zur Holzgewinnung stehen,
- Rechte Dritter,
- Arbeitnehmerrechte,
- die durch das Völkerrecht geschützten Menschenrechte, 
- den Grundsatz der freiwilligen und in Kenntnis der Sachlage erteilten vorherigen Zustimmung, auch entsprechend der Verankerung in der Erklärung der Vereinten Nationen über die Rechte indigener Völker (vgl. hierzu insbesondere Nagoya-Protokoll und VO (EU) Nr. 511/2014),
- und Steuer-, Korruptionsbekämpfungs-, Handels- und Zollbestimmungen.

Die allgemeine Verpflichtung zur Vorlage einer Sorgfaltserklärungen erfordert insbesondere eine vorherige erfolgreiche Durchführung der in Art. 8 der VO genannten Verfahren und Maßnahmen (siehe unter V.).
 

IV. Kreis der Sorgfaltspflichtigen

Zum Kreis der Sorgfaltspflichtigen gehören grundsätzlich Markteilnehmer (Operator) und Händler (Trader). Markteilnehmer sind alle natürlichen oder juristischen Personen, die im Rahmen einer gewerblichen Tätigkeit relevante Erzeugnisse in Verkehr bringen oder ausführen. Im Gegensatz dazu ist Händler laut der Legaldefinition in Art. 2 Abs. 17 der VO jede Person in der Lieferkette mit Ausnahme des Marktteilnehmers, die im Rahmen einer gewerblichen Tätigkeit relevante Erzeugnisse auf dem Markt bereitstellt. Unter Bereitstellen ist gemäß Art. 2 Abs. 19 der VO jede entgeltliche oder unentgeltliche Abgabe eines relevanten Erzeugnisses zum Vertrieb, Verbrauch oder zur Verwendung auf dem Unionsmarkt im Rahmen einer gewerblichen Tätigkeit, zu verstehen. Das Unterscheidungskriterium zwischen Markteilnehmer und Händler ist, ob ein Unternehmen entweder das relevante Erzeugnis auf dem Markt bereitstellt (dann Händler) oder es in den Verkehr bring bzw. ausführt (dann Marktteilnehmer).

Für Marktteilnehmer und Händler, bei denen es sich um KMU handelt, gelten Besonderheiten. Große Händler, die keine KMU sind, gelten grundsätzlich als Marktteilnehmer und unterliegen in Bezug auf die relevanten Rohstoffe und relevanten Erzeugnisse, welche sie auf dem Markt bereitstellen, nahezu den gleichen Verpflichtungen wie ein Marktteilnehmer. Beim Inverkehrbringen von relevanten Erzeugnissen in die EU durch einen im Drittland niedergelassenen Marktteilnehmer, gilt die erste in der EU niedergelassene natürliche oder juristische Person, die diese relevanten Erzeugnisse auf dem Markt bereitstellt ebenfalls als Marktteilnehmer (Art. 7 der VO).

Des Weiteren können Marktteilnehmer oder Händler Bevollmächtigte beauftragen, die erforderliche Sorgfaltserklärung in ihren Namen zu übermitteln, wobei der Marktteilnehmer oder Händler stets dafür Verantwortung behält, dass die relevanten Erzeugnisse den Anforderungen des Art. 3 der VO entsprechen.

V. Sorgfaltspflichtenregelung

Die Markteilnehmer müssen für alle relevanten Erzeugnisse, die von jedem einzelnen Lieferanten geliefert werden, die gebotene Sorgfalt walten lassen. Dabei müssen sie vor allem sicherstellen, dass die relevanten Erzeugnisse „entwaldungsfrei“ und legal hergestellt wurden, wobei letztere Voraussetzung bei Holzerzeugnissen als gegeben angesehen wird, wenn eine gültige FLEGT-Genehmigung vorliegt.

Die Sorgfaltspflicht umfasst drei Schritte:

1. Schritt 1 (Informationsanforderungen): Die Markteilnehmer sammeln und organisieren gesetzlich bestimmte Informationen, Unterlagen und Daten (gemäß Art. 9 der VO), wie u.a. eine Beschreibung, einschließlich des Handelsnamens und der Art der relevanten Erzeugnisse oder die Geolokalisierung aller Grundstücke, auf denen der maßgebliche relevante Rohstoff erzeugt wurde.

2. Schritt 2 (Risikobewertung): Auf Grundlage dieser Informationen ermitteln und bewerten die Markteilnehmer das Risiko einer Nichteinhaltung der Konformitätsanforderungen der relevanten Erzeugnisse mit der Verordnung. Bei der Risikobewertung sind die in Art. 10 Abs. 2 der VO detailliert aufgelisteten Kriterien zu berücksichtigen. Die Risikobewertungen müssen dokumentiert, jährlich überprüft und auf Anfrage den zuständigen Behörden übermittelt werden. Darüber hinaus muss der Marktteilnehmer in der Lage sein, nachzuweisen, wie die gesammelten Informationen anhand der in Art. 10 Abs. 2 genannten Risikobewertungskriterien überprüft wurden und wie der Risikograd bestimmt wurde.

Kommt die Risikobewertung zu dem Ergebnis, dass kein oder ein vernachlässigbares Risiko dahingehend besteht, dass die relevanten Erzeugnisse nicht konform sind, dann übermittelt der Marktteilnehmer den zuständigen Behörden die Sorgfaltserklärung über ein bestimmtes Informationssystem (Art. 4 Abs. 2 der VO). Mit der Übermittlung der Sorgfaltserklärung an die zuständige Behörde übernimmt der Marktteilnehmer die Verantwortung für die Konformität der relevanten Erzeugnisse mit den Anforderungen der VO (Art. 4 Abs. 3 der VO).

Ein „vernachlässigbares Risiko“ bedeutet nach Art. 2 Abs. 26 der VO das Risikoniveau, das bei relevanten Rohstoffen und relevanten Erzeugnissen vorliegt, wenn bei diesen aufgrund einer vollständigen Bewertung der produktspezifischen und der allgemeinen Informationen sowie gegebenenfalls der Anwendung geeigneter Risikominderungsmaßnahmen keinen Anlass zur Besorgnis darüber besteht, dass sie gegen Art. 3 lit. a) oder b) verstoßen. Was mit „kein Anlass zur Besorgnis“ zu verstehen ist, bleibt unklar und wird in der VO nicht näher ausgeführt.

3. Ggfs. Schritt 3 (Risikominderung): Wenn im Rahmen der Risikobewertung ein Risiko identifiziert wurde, dass die relevanten Rohstoffe und Erzeugnisse nicht den Anforderungen der Verordnung entsprechen, muss der Markteilnehmer Maßnahmen zur Risikominderung ergreifen, die geeignet sind, das Risiko mindestens auf ein vernachlässigbares Maß zu reduzieren. Die Risikominderungsmaßnahmen können u.a. Durchführung unabhängiger Erhebungen oder Audits umfassen.

Die Entscheidungen über Verfahren und Maßnahmen zur Risikominderung müssen dokumentiert, jährlich überprüft und auf Anfrage den zuständigen Behörden übermittelt werden. Darüber hinaus muss der Marktteilnehmer in der Lage sein nachzuweisen, wie eine Entscheidung über Risikominderungsmaßnahmen getroffen wurde.

 

Kann der Markteilnehmer das Risiko der Nichtkonformität nicht auf ein vernachlässigbares Maß minimieren, so darf er die relevanten Produkte weder in der EU in Verkehr bringen noch ausführen. Ein Händler, der kein KMU ist, trifft diese Pflicht mit Blick auf die Bereitstellung auf den Markt.

VI. Vereinfachte Sorgfaltspflichtenregelung und Benchmarking-System

Es gilt nach Art. 13 der VO eine vereinfachte Sorgfaltspflichtenregelung, wenn die Markteilnehmer versichern können, dass alle relevanten Rohstoffe und relevanten Erzeugnisse in Ländern erzeugt wurden, die als Länder mit geringem Risiko eingestuft wurden, und zwar nach dem in Art. 29 der VO beschriebenen Länder-Benchmarking-System. Dabei ist erforderlich, dass die Marktteilnehmer zuvor die Komplexität der relevanten Lieferkette und das Risiko der Umgehung der VO bzw. das Risiko der Vermischung der relevanten Erzeugnisse mit Erzeugnissen unbekannten Ursprungs oder unbekannter Herkunft in Ländern oder Länderteilen mit hohem oder normalem Risiko bewertet haben. Mit dem Länder-Benchmarking-System bewertet die EU-Kommission das Risiko von Ländern oder Länderteile mit Blick auf die Erzeugung entwaldungsfreier relevanter Rohstoffe, indem es jedem Land eines Risikoniveau zuordnet (gering, normal oder hoch). Die Liste der Länder oder Länderteile, die ein geringes oder hohes Risiko haben werden im Wege eines Durchführungsrechtsakt veröffentlicht.

In den Fällen, in denen die vereinfachte Sorgfaltspflichtenregelung greift, muss der Markteilnehmer nur den Schritt 1 (Informationsanforderungen) der Sorgfaltspflicht erfüllen; von den Schritten 2 und 3, also der Verpflichtung zur Risikobewertung und ggfs. Risikominderungen ist der Markteilnehmer befreit.

Nur wenn der Markteilnehmer Informationen oder davon Kenntnis erlangt, dass ein Risiko der Nichtkonformität vorliegt, hat er alle drei Schritte der Sorgfaltspflichtenregelung durchzuführen und der zuständigen Behörde unverzüglich alle einschlägigen Informationen mitzuteilen.
 

VII. Regelungen für bereits vorliegende Sorgfaltspflichterklärung

Die Marktteilnehmer kommunizieren gegenüber den weiteren Marktteilnehmern und Händlern in der nachgelagerten Lieferkette (down the supply chain) bezüglich der relevanten Erzeugnisse, die sie auf den Markt in Verkehr gebracht oder aus diesem ausgeführt haben, alle Informationen, die erforderlich sind, um zu bestätigen, dass die Sorgfaltspflicht erfüllt und kein oder nur ein vernachlässigbares Risiko festgestellt wurde, einschließlich der Referenznummern der Sorgfaltspflichterklärungen für die betreffenden Produkte. Marktteilnehmer, bei denen es sich nicht um KMU handelt, können auf bestehende Sorgfaltspflichterklärungen nur Bezug nehmen, wenn sie sich vergewissert haben, dass die Sorgfaltspflicht in Bezug auf die in dem relevanten Erzeugnis enthaltenen oder daraus hergestellten Erzeugnisse erfüllt wurde. Sie nehmen die Referenznummern dieser bestehenden Sorgfaltserklärungen in ihre eignen Sorgfaltserklärungen auf. Für Teile von Erzeugnissen, die keinem Sorgfaltspflichtverfahren unterzogen wurden, müssen die Marktteilnehmer, die unter V. ausgeführten Sorgfaltspflichtenregelung umsetzen.

 

VIII. Risikomanagement und Berichtspflicht

Zudem müssen Markteilnehmer einen Rahmen von Verfahren und Maßnahmen einführen mit denen sie ihre Produktbeobachtungspflicht dahingehend sicherstellen, dass die die von ihnen in Verkehr gebrachten oder ausgeführten relevanten Erzeugnisse Art. 3 der VO entsprechen. Ebenso trifft den Markteilnehmern, die keine KMU sind, mit Blick auf die Sorgfaltspflichtenregelung eine jährliche Berichtspflicht. Dabei müssen grundsätzlich bestimmte Informationen über relevante Rohstoffe und relevante Erzeugnisse öffentlich (z.B. Internet) zugänglich gemacht werden.

 

IX. Behördliche Kontrollen und Maßnahmen

Weiterhin sind Kontrollen der Markteilnehmer und Händler durch die zuständigen Behörden vorgesehen. Die zuständigen Behörden können nach Art. 18 Abs. 1 lit. a) bis b) der VO obligatorische Maßnahmen durchführen, welche die Kontrollen der Dokumentation zur Erfüllung der Sorgfaltspflichten umfassen oder aber auch nach Art. 18 Abs. 2 lit. a) bis e) der VO fakultative Maßnahmen vornehmen, welche u.a. Inspektionen vor Ort sowie geeignete technische wissenschaftliche Kontrollen (z.B. Erdbeobachtungsdaten wie aus dem Copernicus-Programm) beinhalten.

In Fällen in denen ein Marktteilnehmer oder Händler seinen Verpflichtungen aus der Verordnung nicht nachgekommen ist oder ein relevantes Produkt nicht den Anforderungen der Verordnung erfüllt, sind die zuständigen Behörden ermächtigt, die betroffenen Markteilnehmer und Händler aufzufordern, unverzüglich geeignete und verhältnismäßige Korrekturmaßnahmen zu ergreifen, um die Nichtkonformität innerhalb einer angemessenen Frist zu beenden. Bei den in Art. 24 Abs. 2 der VO aufgezählten Korrekturmaßnahmen ist insbesondere hervorzuheben, dass der Markteilnehmer nunmehr auch zur sofortigen Rücknahme vom Markt oder sofortigen Rückrufs des relevanten Erzeugnisses aufgefordert werden kann. Diese Regelung stützt sich auf die Marktüberwachungsverordnung (VO (EU) 2019/1020) und referiert auf die dortigen Legaldefinitionen zu den Begriffen „Rücknahme vom Markt“ und „Rückruf“.
 

 

X. Fazit

Der VO enthält ein neues System von Sorgfaltspflichten und fordert von den betroffenen Unternehmen die Durchführung bestimmter Due-Diligence-Maßnahmen. Der sachliche Anwendungsbereich wird - im Vergleich zu der bisherigen Holzhandels-VO – erheblich erweitert. Ebenso sind die Risiken im Zusammenhang mit der Nichtkonformität von relevanten Erzeugnissen für Unternehmen erheblich gestiegen, da die zuständige Behörde kann Unternehmen in solchen Fällen auch zur sofortigen Rücknahme vom Markt oder zum sofortigen Rückruf des relevanten Erzeugnisses auffordern kann. Derartige behördliche Maßnahmen spielen bisher hauptsächlich bei sicherheitsrelevanten Mängeln von Produkten eine Rolle. Nunmehr droht auch ein behördlich angeordneter Rückruf bei „ESG-relevanten Mängeln“.

Vor diesem Hintergrund ist noch zu klären, wann gemäß der VO ein vernachlässigbares Risiko gegeben ist. Die Legaldefinition, wonach ein solches Risiko gegeben ist, wenn „Anlass zur Besorgnis besteht“ beinhaltet eine gewisse Unschärfe. Die Verwendung unklarer und unzureichend definierter Begriffe schafft generell Rechtsunsicherheiten, die erst langwierig durch die Gerichte geklärt werden müssen.

Der Verordnungstext muss nunmehr im Amtsblatt der EU veröffentlicht werden und tritt dann 20 Tage später in Kraft. Sobald die Verordnung in Kraft getreten ist, haben die Marktteilnehmer und Händler 18 Monate Zeit, um die neuen Vorschriften umzusetzen.

Es bietet es sich an schon jetzt an vorab zu prüfen, ob das eigene Produkt vom sachlichen Anwendungsbereich erfasst sein wird und welche Maßnahme vorbereitet und ergriffen werden können, um den eigenen Sorgfaltspflichten rechtzeitig nachzukommen zu können und die betreffenden Lieferketten in den Blick zu nehmen.

 

Stand: Mai 2023

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