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Der EU-Verordnungsvorschlag zu entwaldungsfreien Lieferketten

Neue Sorgfaltspflichten für die Beschaffung von Agrarrohstoffen und daraus hergestellte Produkte

Bereits Ende vergangenen Jahres haben das Europäische Parlament und der Rat eine vorläufige politische Einigung über eine EU-Verordnung über entwaldungsfreie Lieferketten erzielt. Mit dieser Verordnung werden betroffenen Unternehmen Sorgfaltspflichten auferlegt, wenn sie bestimmte Agrarrohstoffe, nämlich Palmöl, Rindfleisch, Soja, Kaffee, Kakao, Holz und Kautschuk, sowie daraus hergestellte Erzeugnisse auf dem EU-Markt in den Verkehr bringen, bereitstellen oder aus dem EU-Markt ausführen. Dies kann von Schokolade bis hin zu Möbeln zahlreiche Produktkategorien betreffen. Die Verordnung soll nach den Angaben des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) voraussichtlich Mitte 2023 in Kraft treten. Die wichtigsten Neuerungen haben wir auf Grundlage des noch laufenden EU-Gesetzgebungsverfahren zusammengefasst.

Neuerung des bestehenden EU-Rechtsrahmens

Der aktuelle Vorschlag einer Verordnung für entwaldungsfreie Lieferketten (EP(2023)000229) (nachfolgend: „VO-Vorschlag“ oder „Verordnung“) soll die bisherige Holzhandels-Verordnung (VO (EU) Nr. 995/2010) (nachfolgend: „Holzhandels-VO“) und die dazugehörige Durchführungsverordnung (EU) Nr. 607/2012 der Kommission aufheben und ersetzen. Der bestehende EU-Rechtsrahmen konzentrierte sich bisher auf die Bekämpfung des illegalen Holzeinschlags und des damit verbundenen Handels und befasste sich nicht mit der Entwaldung. Hauptziel des VO-Vorschlags ist die Eindämmung der durch den Verbrauch in der EU und durch die Erzeugung verursachte Entwaldung und Waldschädigung, wodurch eine Verringerung der von der EU verursachten Treibhausgasemissionen und des Verlusts an biologischer Vielfalt erwartet wird. Dazu soll

  1. der Verbrauch von Erzeugnissen aus Lieferketten, die mit Entwaldung und Waldschäden in Verbindung stehen, minimiert werden, um dadurch zu einer Verringerung der globalen Entwaldung beizutragen und
  2. die Nachfrage nach sowie der Handel mit „entwaldungsfeien“ Rohstoffen und Erzeugnissen in der EU gefördert werden.

Die derzeit geltende Holzhandels-VO sieht vor, dass Marktteilnehmer, die Holz erstmals in Verkehr bringen, die gebotene Sorgfalt walten lassen und Händler Aufzeichnungen über ihre Lieferanten und Kunden führen müssen. Der VO-Vorschlag schafft in vielerlei Hinsicht einen neuen und weit darüber hinausgehenden Rahmen, sowohl hinsichtlich des Anwendungsbereichs, des Kreises der Sorgfaltspflichtigen und der maßgeblichen Sorgfaltspflichten). Anzumerken ist, dass das EU-Gesetzgebungsverfahren trotz politischer Einigung zwischen Europäischem Parlament und Rat noch nicht ganz abgeschlossen ist. Gleichwohl sollen die voraussichtlichen wesentlichen Neuerungen, mit denen betroffene Unternehmen rechnen müssen, schon jetzt kurz dargestellt werden.

 

I. Anwendungsbereich

Der sachliche Anwendungsbereich des VO-Vorschlags erfasst relevante Rohstoffe (Palmöl, Rindfleisch, Soja, Kaffee, Kakao, Holz und Kautschuk) sowie relevante Erzeugnisse, d.h. Erzeugnisse, die relevante Rohstoffe enthalten, mit ihnen gefüttert oder unter deren Verwendung hergestellt wurden.
In Anhang I des VO-Vorschlags werden die relevanten Rohstoffe in weitere relevante Unterkategorien nach der Kombinierten Nomenklatur gemäß Anhang I der Verordnung über die zolltarifliche und statistische Nomenklatur (Verordnung (EWG) Nr. 2658/87) unterteilt. Zudem wird klargestellt, dass Waren, die ausschließlich aus Material hergestellt sind, dessen Lebenszyklus abgeschlossen ist und das anderenfalls als Abfall gemäß Art. 3 Nr. 1 der Abfallrahmenrichtlinie (RL 2008/98/EG) entsorgt worden wären, nicht in den Anwendungsbereich des VO-Vorschlags fallen. Diese Ausnahmeregelung für aus Recycling gewonnene Waren gilt wiederum nicht für Nebenprodukte eines Verarbeitungsprozesses, wenn bei dem Prozess Material verwendet wird, welches kein Abfall im Sinne des Art. 3 Nr. 1 der Abfallrahmenrichtlinie ist.

 

II. Verbotsregelung

Relevante Rohstoffe und Erzeugnisse dürfen nicht innerhalb der EU in Verkehr gebracht, bereitgestellt oder aus der EU ausgeführt werden, es sei denn, die folgenden drei Voraussetzungen sind kumulativ erfüllt:

  1. sie sind entwaldungsfrei,
  2. sie wurden gemäß den einschlägigen Rechtsvorschriften des Erzeugerlandes hergestellt – d.h. sie müssen legal sein – und
  3. für sie liegt eine Sorgfaltserklärung vor.

 

III. Definitionen wichtiger Begriffe

Gemäß Art. 2 Abs. 8 des VO-Vorschlags bedeutet „entwaldungsfrei“,

  1. dass die relevanten Erzeugnisse, relevante Rohstoffe enthalten, mit ihnen gefüttert oder aus ihnen hergestellt wurden und diese relevanten Rohstoffe auf Flächen erzeugt wurden, die nach dem 31. Dezember 2020 nicht entwaldet wurden, und
  2. bei relevanten Erzeugnissen, die Holz enthalten oder aus Holz hergestellt wurden, dass das Holz aus dem Wald geschlagen wurde, ohne dass es dort nach dem 31. Dezember 2020 zu Waldschädigung gekommen ist.
    Was unter dem Begriff „Waldschädigung“ zu verstehen ist, wird umfangreich in den Art. 2 Abs. 6 bis 6c des VO-Vorschlags definiert. Der Begriff „einschlägige Rechtsvorschriften des Erzeugerlandes“ meint gemäß Art. 2 Abs. 28 des VO-Vorschlags, die im Erzeugerland geltenden Rechtsvorschriften zum rechtlichen Status des Erzeugungsgebiets in Bezug auf

– Landnutzungsrechte,

– Umweltschutz,

– forstwirtschaftliche Vorschriften, einschließlich Waldbewirtschaftung und Erhaltung der biologischen Vielfalt (Biodiversität), sofern sie direkt mit dem Holzeinschlag zusammenhängen,

– Rechte Dritter,

– Arbeitsrecht,

– die durch das Völkerrecht geschützten Menschenrechte,

– den Grundsatz der freien, vorherigen und auf Kenntnis der Sachlage begründeten Zustimmung, wie er in der Erklärung der Vereinten Nationen über die Rechte der indigenen Völker niedergelegt ist (vgl. hierzu insbesondere Nagoya-Protokoll und VO (EU) Nr. 511/2014),

– und Steuer-, Anti-Korruptions-, Handels- und Zollbestimmungen.

Die allgemeine Verpflichtung zur Vorlage einer Sorgfaltserklärungen erfordert insbesondere eine vorherige erfolgreiche Durchführung der in Art. 8 des VO-Vorschlags genannten Verfahren und Maßnahmen (siehe unter V.).

 

IV. Kreis der Sorgfaltspflichtigen

Zum Kreis der Sorgfaltspflichtigen gehören grundsätzlich Markteilnehmer (Operator) und Händler (Trader). Markteilnehmer sind alle natürlichen oder juristischen Personen, die im Rahmen einer gewerblichen Tätigkeit relevante Erzeugnisse auf dem EU-Markt in Verkehr bringen oder aus dem EU-Markt ausführen. Im Unterschied dazu stellen Händler laut der Legaldefinition in Art. 2 Abs. 13 des VO-Vorschlags relevante Erzeugnisse nur auf dem EU-Markt bereit. Für Marktteilnehmer und Händler, bei denen es sich um KMU handelt, gelten Besonderheiten. Große Händler, die keine KMU sind, gelten grundsätzlich als Marktteilnehmer und unterliegen in Bezug auf die relevanten Erzeugnisse, welche sie auf den EU-Markt bereitstellen, nahezu den gleichen Verpflichtungen wie ein Marktteilnehmer. Beim Inverkehrbringen von relevanten Erzeugnissen in die EU durch einen im Drittland niedergelassenen Marktteilnehmer, gilt die erste in der EU niedergelassene natürliche oder juristische Person, die diese relevanten Erzeugnisse auf dem EU-Markt bereitstellt ebenfalls als Marktteilnehmer (Art. 7 des VO-Vorschlags).

Des Weiteren können Marktteilnehmer oder Händler Bevollmächtigte beauftragen, die erforderliche Sorgfaltserklärung in ihren Namen zu übermitteln, wobei der Marktteilnehmer oder Händler stets für die Einhaltung der Anforderungen des VO-Vorschlags verantwortlich sind.

 

V. Sorgfaltspflichtenregelung

Die Markteilnehmer müssen für alle relevanten Erzeugnisse, die von jedem einzelnen Lieferanten geliefert werden, die gebotene Sorgfalt walten lassen. Dabei müssen sie vor allem sicherstellen, dass die relevanten Erzeugnisse „entwaldungsfrei“ und legal hergestellt wurden, wobei letztere Voraussetzung bei Holzerzeugnissen als gegeben angesehen wird, wenn eine gültige FLEGT-Genehmigung vorliegt.

Die Sorgfaltspflicht umfasst drei Schritte:

  1. Schritt 1 (Informationsanforderungen): Die Markteilnehmer sammeln alle relevanten Informationen, Unterlagen und Daten (gemäß Art. 9 des VO-Vorschlags). Hierbei können auch Sattelitenbilder und -ortung der unionseigenen Satelliten EGNOS/Galileo und Copernicus als Informationen für die Konformitätsprüfung verwendet werden.
  2. Schritt 2 (Risikobewertung): Auf Grundlage dieser Informationen ermitteln und bewerten die Markteilnehmer das Risiko einer Nichteinhaltung der Konformitätsanforderungen der relevanten Erzeugnisse mit der Verordnung. Bei der Risikobewertung sind die in Art. 10 Abs. 2 des VO-Vorschlags detailliert aufgelisteten Kriterien zu berücksichtigen. Die Risikobewertungen müssen dokumentiert, jährlich überprüft und auf Anfrage den zuständigen Behörden übermittelt werden. Darüber hinaus muss der Marktteilnehmer in der Lage sein nachzuweisen, wie die gesammelten Informationen anhand der in Art. 10 Abs. 2 genannten Risikobewertungskriterien überprüft wurden und wie der Risikograd bestimmt wurde.
    Kommt die Risikobewertung zum Ergebnis, dass kein oder ein vernachlässigbares Risiko besteht und die relevanten Rohstoffe und Erzeugnisse den Anforderungen der Verordnung entsprechen, dann übermittelt der Marktteilnehmer den zuständigen Behörden die Sorgfaltserklärung über ein bestimmtes Informationssystem (Art. 4 Abs. 2 des VO-Vorschlags). Mit der Übermittlung der Sorgfaltserklärung an die zuständige Behörde übernimmt der Marktteilnehmer die Verantwortung für die Konformität der relevanten Erzeugnisse mit den Anforderungen des VO-Vorschlags (Art. 4 Abs. 3 des VO-Vorschlags).
    Ein „vernachlässigbares Risiko“ bedeutet nach Art. 2 Nr. 16 des VO-Vorschlags das Risikoniveau, das für relevante Rohstoffe und relevante Erzeugnisse gilt, wenn diese Rohstoffe oder Erzeugnisse auf der Grundlage einer vollständigen Bewertung sowohl der produktspezifischen als auch der allgemeinen Informationen und erforderlichenfalls der Anwendung geeigneter Risikominderungsmaßnahmen keinen Anlass zur Besorgnis darüber geben, dass sie (relevante Rohstoffe und relevante Erzeugnisse) nicht mit Art. 3 lit. a) und b) in Einklang stehen. Was mit „kein Anlass zur Besorgnis“ zu verstehen ist, bleibt unklar und wird im VO-Vorschlag nicht näher ausgeführt.
  3. Ggfs. Schritt 3 (Risikominderung): Wenn im Rahmen der Risikobewertung ein Risiko identifiziert wurde, dass die relevanten Rohstoffe und Erzeugnisse nicht den Anforderungen der Verordnung entsprechen, muss der Markteilnehmer Maßnahmen zur Risikominderung ergreifen, die geeignet sind, das Risiko mindestens auf ein vernachlässigbares Maß zu reduzieren.
    Die Entscheidungen zur Risikominderung müssen dokumentiert, jährlich überprüft und auf Anfrage den zuständigen Behörden übermittelt werden. Darüber hinaus muss der Marktteilnehmer in der Lage sein nachzuweisen, wie eine Entscheidung über Risikominderungsmaßnahmen getroffen wurde.

Kann der Markteilnehmer das Risiko der Nichtkonformität nicht auf ein vernachlässigbares Maß minimieren, so darf er die relevanten Erzeugnisse weder in der EU in Verkehr bringen noch ausführen. Ein Händler, der kein KMU ist, trifft dies mit Blick auf die Bereitstellung auf den EU-Markt.

 

VI. Vereinfachte Sorgfaltspflichtenregelung und Benchmarking-System

Es gilt nach Art. 12 des VO-Vorschlags eine vereinfachte Sorgfaltspflichtenregelung, wenn die Markteilnehmer versichern können, dass alle relevanten Erzeugnisse in Ländern hergestellt wurden, die als Länder mit geringem Risiko eingestuft wurden, und zwar nach dem in Art. 27 des VO-Vorschlags beschriebenen Länder-Benchmarking-System. Dabei ist erforderlich, dass die Marktteilnehmer zuvor die Komplexität der relevanten Lieferkette und das Risiko der Umgehung oder das Risiko der Vermischung der relevanten Erzeugnisse mit Erzeugnissen unbekannten Ursprungs oder unbekannter Herkunft in Ländern oder Teilen von Ländern mit hohem Risiko oder mit Standardrisiko bewertet haben. Mit dem Benchmarking-System bewertet die EU-Kommission das Risiko von Ländern oder Länderteile mit Blick auf die Herstellung entwaldungsfreier relevanter Rohstoffe oder Erzeugnisse, indem es jedem Land eines Risikoniveau zuordnet (gering, normal oder hoch). Die Liste der Länder oder Länderteilen, die ein geringes oder hohes Risiko haben werden im Wege eines Durchführungsrechtsakt veröffentlicht.

In den Fällen, in denen die vereinfachte Sorgfaltspflichtenregelung greift, muss der Markteilnehmer nur den Schritt 1 (Informationsanforderungen) der Sorgfaltspflicht erfüllen; von den Schritten 2 und 3, also der Verpflichtung zur Risikobewertung und ggfs. Risikominderungen ist der Markteilnehmer befreit.
Nur wenn der Markteilnehmer Informationen oder davon Kenntnis erlangt, dass ein Risiko der Nichtkonformität vorliegt, hat er alle drei Schritte der Sorgfaltspflichtenregelung durchzuführen und der zuständigen Behörde unverzüglich alle einschlägigen Informationen mitzuteilen.

 

VII. Regelungen für bereits vorliegende Sorgfaltspflichterklärung

Die Marktteilnehmer kommunizieren gegenüber den weiteren Marktteilnehmern und Händlern in der nachgelagerten Lieferkette (down the supply chain) bezüglich der relevanten Erzeugnisse, die sie auf den EU Markt in Verkehr gebracht oder aus diesem ausgeführt haben, alle Informationen, die erforderlich sind, um zu bestätigen, dass die Sorgfaltspflicht erfüllt und kein oder nur ein vernachlässigbares Risiko festgestellt wurde, einschließlich der Referenznummern der Sorgfaltspflichterklärungen für die betreffenden Produkte. Marktteilnehmer, bei denen es sich nicht um KMU handelt, können auf bestehende Sorgfaltspflichterklärungen nur Bezug nehmen, wenn sie sich vergewissert haben, dass die Sorgfaltspflicht in Bezug auf die in dem relevanten Erzeugnis enthaltenen oder daraus hergestellten Erzeugnisse erfüllt wurde. Sie nehmen die Referenznummern dieser bestehenden Sorgfaltserklärungen in ihre eignen Sorgfaltserklärungen auf. Für Teile von Erzeugnissen, die keinem Sorgfaltspflichtverfahren unterzogen wurden, müssen die Marktteilnehmer, die unter V. ausgeführten Sorgfaltspflichtenregelung umsetzen.

 

VIII. Risikomanagementsystem

Zudem müssen Markteilnehmer gemäß Art. 10a Abs. 2 des VO-Vorschlags über angemessene und verhältnismäßige Strategien, Kontrollen und Verfahren verfügen, um das Risiko der Nichtkonformität der relevanten Erzeugnisse zu mindern und wirksam zu steuern. Dazu gehören u.a. Modellverfahren für das Risikomanagement, Berichterstattung, Aufzeichnung, interne Kontrolle und Compliance-Management und – bei Markteilnehmern und großen Händlern – die Benennung eines Compliance-Beauftragten auf der Führungsebene.

 

IX. Behördliche Kontrollen und Maßnahmen

Weiterhin sind Kontrollen der Markteilnehmer und Händler durch die zuständigen Behörden vorgesehen. Die zuständigen Behörden können nach Art. 15 Abs. 1 lit. a) bis c) des VO-Vorschlags obligatorische Maßnahmen durchführen, welche die Kontrollen der Dokumentation zur Erfüllung der Sorgfaltspflichten umfassen oder aber auch nach Art. 15 Abs. 2 lit. a) bis d) des VO-Vorschlags fakultative Maßnahmen vornehmen, welche u.a. Inspektionen vor Ort sowie geeignete technische wissenschaftliche Kontrollen (z.B. Satellitendaten) beinhalten.

In Fällen in denen ein Marktteilnehmer oder Händler seinen Verpflichtungen aus der Verordnung nicht nachgekommen ist oder ein relevantes Produkt nicht den Anforderungen der Verordnung erfüllt, sind die zuständigen Behörden ermächtigt, die betroffenen Markteilnehmer und Händler aufzufordern, unverzüglich geeignete und verhältnismäßige Korrekturmaßnahmen zu ergreifen, um die Nichtkonformität innerhalb einer angemessenen Frist zu beenden. Bei den in Art. 22 Abs. 2 und 3 aufgezählten Korrekturmaßnahmen ist insbesondere hervorzuheben, dass der Markteilnehmer nunmehr auch zur sofortigen Rücknahme vom Markt oder sofortigen Rückrufs des relevanten Erzeugnisses aufgefordert werden kann. Diese Regelung stützt sich auf die Marktüberwachungsverordnung (VO (EU) 2019/1020) und referiert auf die dortigen Legaldefinitionen zu den Begriffen „Rücknahme vom Markt“ und „Rückruf“.

 

X. Fazit

Der VO-Vorschlag enthält ein neues System von Sorgfaltspflichten und fordert von den betroffenen Unternehmen die Durchführung bestimmter Due-Diligence-Maßnahmen. Der sachliche Anwendungsbereich wird - im Vergleich zu der bisherigen Holzhandels-VO – erheblich erweitert. Ebenso sind die Risiken im Zusammenhang mit der Nichtkonformität von relevanten Erzeugnissen für Unternehmen erheblich gestiegen, da die zuständige Behörde kann Unternehmen in solchen Fällen auch zur sofortigen Rücknahme vom Markt oder zum sofortigen Rückruf des relevanten Erzeugnisses auffordern kann. Derartige behördliche Maßnahmen spielen bisher hauptsächlich bei sicherheitsrelevanten Mängeln von Produkten eine Rolle. Vor diesem Hintergrund ist noch zu klären, wann nach dem VO-Vorschlag ein vernachlässigbares Risiko gegeben ist. Die Legaldefinition, wonach ein solches Risiko gegeben ist, wenn „Anlass zur Besorgnis besteht“ beinhaltet eine gewisse Unschärfe. Die Verwendung unklarer und unzureichend definierter Begriffe schafft generell Rechtsunsicherheiten, die erst langwierig durch die Gerichte geklärt werden müssen.

Sobald die Verordnung in Kraft getreten ist, haben die Marktteilnehmer und Händler 18 Monate Zeit, um die neuen Vorschriften umzusetzen. Nach Angaben des BMEL soll die Verordnung über entwaldungsfreie Lieferketten Mitte 2023 in Kraft treten.

Es bietet es sich an schon jetzt an vorab zu prüfen, ob das eigene Produkt vom sachlichen Anwendungsbereich erfasst sein wird und welche Maßnahme vorbereitet und ergriffen werden können, um den eigenen Sorgfaltspflichten rechtzeitig nachzukommen zu können und die betreffenden Lieferketten in den Blick zu nehmen.

Ursprünglicher VO-Vorschlag über entwaldungsfreie Lieferketten der EU-Kommission vom 17.11.2021 (COM(2021) 706 final)

Approval in committee of the text agreed at 1st reading interinstitutional negotiations (PE740.655 – EP(2023)000229)

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