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Übergeordnete Unternehmen in einer Finanzholding-Gruppe

Konsequenzen der Qualifizierung als übergeordnetes Unternehmen einer Finanzholding-Gruppe

Die Änderungen durch das Risikoreduzierungsgesetz (RiG) führen bei Finanzholding-Gruppen zu neuen regulatorischen Herausforderungen. Mit Blick auf gruppenweite Neustrukturierungen stellt sich zunehmend die Frage, wer in einer Gruppe die Konsolidierung vorzunehmen hat und daher als übergeordnetes Unternehmen zu qualifizieren ist. Eine entscheidende Rolle spielt dabei die Abschaffung der Möglichkeit der nationalen Aufsichtsbehörde, ein anderes Unternehmen der Gruppe als übergeordnetes Unternehmen zu bestimmen.

Die Einführung des neuen § 2f KWG durch das Risikoreduzierungsgesetz (RiG) vom 9. Dezember 2020 bringt eine Erlaubnispflicht für Finanzholdinggesellschaften oder gemischte Finanzholdinggesellschaften mit sich. Viele Finanzholdinggruppen stehen nun vor der Frage, wer i.S.d. § 2f KWG an der Spitze der Gruppe steht und damit weiteren aufsichtsrechtlichen Pflichten unterliegt.

Die Ermittlung der Unternehmensspitze erfolgt anhand der Definition zur Institutsgruppe aus § 10a Abs. 1 KWG. Danach besteht eine Institutsgruppe aus einem übergeordneten und einem oder mehreren nachgeordneten Unternehmen. Das übergeordnete Unternehmen ist dabei das Unternehmen, das nach Art. 11 CRR die Konsolidierung vorzunehmen hat. Die neuesten Anpassungen im § 10a KWG durch das Risikoreduzierungsgesetz sollen dabei der Umsetzung des Art. 11 CRR in nationales Recht dienen und stellen klar, wer für die Einhaltung der Gruppenanforderungen auf konsolidierter Basis zuständig ist.

Adressaten der Konsolidierungspflicht aus Art. 11 Abs. 1 CRR sind zunächst einmal Mutterinstitute. In Art. 11 Abs. 2a CRR wird jedoch klargestellt, dass auch eine gemäß Artikel 21a CRD zugelassene Finanzholdinggesellschaft und eine gemischte Finanzholdinggesellschaft unter den Anwendungsbereich der Norm fallen und somit als konsolidierungspflichtige Unternehmen übergeordnete Unternehmen i.S.d. § 10a KWG sein können. Aus der Regelung des Art. 11 CRR lässt sich also entnehmen, dass im Regelfall das Unternehmen die Konsolidierung vorzunehmen hat, dass auch im organisatorischen Aufbau die gesellschaftlichen Mehrheitsbeteiligungen hält. Demgegenüber kann im Einzelfall jedoch gem. Art. 11 Abs. 2b CRR ein Institut der Gruppe für die vorzunehmende Konsolidierung benannt werden, das von einer Muttergesellschaft kontrolliert wird. Das mag vor allem in Fällen sinnvoll erscheinen, in denen die aufsichtsrechtlich relevanten Dienstleistungen ausschließlich im Institut erbracht werden und das Mutter-Unternehmen weder inhaltlich noch personell ausgestattet werden soll. Die Benennung eines gruppenangehörigen Instituts kann jedoch nur dann erfolgen, sofern die Muttergesellschaft gem. Art. 21a Abs. 4 CRD nicht zugelassen werden muss. Der Zulassungstatbestand des § 2f KWG, der Art. 21a CRD in nationales Recht umsetzt, sieht für Mutterfinanzholding-Gesellschaften Befreiungsmöglichkeiten von der Zulassungspflicht vor, wenn u.a. folgende Befreiungsvoraussetzungen kumulativ vorliegen:

  • die Haupttätigkeit des Antragsstellers in Bezug auf Institute und Finanzinstitute im Erwerb und im Halten von Beteiligungen an Tochterunternehmen besteht,
  • ein CRR-Kreditinstitut als übergeordnetes Unternehmen für die Einhaltung der Pflichten auf zusammengefasster Basis verantwortlich ist und
  • der Antragssteller nicht an der Führung der Geschäfte auf Gruppenebene beteiligt ist.

Weitergehende Möglichkeiten, ein anderes Unternehmen der Gruppe als übergeordnetes Unternehmen einzustufen, sieht das KWG nicht mehr vor. Die Bestimmung als übergeordnetes Unternehmen erfolgt nur noch nach den gesetzlichen Vorgaben und trifft das Gruppenunternehmen, das die Konsolidierung vorzunehmen hat. Mit den umfassenden Gesetzesänderungen durch das Risikoreduzierungsgesetz rund um Finanzholdinggruppen wurde sowohl die Möglichkeit der Finanzholdinggruppe aus § 10a KWG a.F., einen Antrag an die BaFin zur Benennung eines anderen Instituts als übergeordnetes Unternehmen zu stellen, als auch die Möglichkeit der BaFin selbst, ein anderes Unternehmen hierfür zu benennen, gestrichen. Das übergeordnete Unternehmen bestimmt sich nunmehr schlicht durch die gesetzlichen Vorgaben im KWG.

In der Praxis sehen sich Finanzholding-Gruppen mit der Situation konfrontiert, überprüfen zu müssen, ob die aktuell als übergeordnetes Unternehmen benannte Gesellschaft auch nach Gesetzesänderung noch als solches qualifiziert werden kann. Im nächsten Schritt ist dann für das jeweils übergeordnete Unternehmen ein Zulassungsantrag nach § 2f KWG zu stellen. Dies trifft auch bereits bestehende Finanzholding-Gruppen, in denen durch die BaFin ein anderes gruppenangehöriges Institut als übergeordnetes Unternehmen benannt wurde, was den aktuellen gesetzlichen Anforderungen nicht mehr entspricht. Der Zulassungspflicht kann nur entgangen werden, wenn die Befreiungsvoraussetzungen aus § 2f Abs. 2 KWG vorliegen und ein Antrag bei der BaFin Erfolg hat. Der zeitliche Aufschub zur Antragstellung für bereits bestehende Finanzholding-Gruppen ist Ende Juni 2021 unlängst abgelaufen.

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