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Zeitenwende für NPL-Servicer

Das KrDIG macht umfangreiche Erlaubnisanträge erforderlich

Der Referentenentwurf des Kreditzweitmarktgesetzes sieht eine Erlaubnispflicht für Unternehmen vor, die Dienstleistungen im Zusammenhang mit notleidenden Krediten (Non Performing Loans – NPL) erbringen. Die weitreichenden, an den Vorgaben für Kredit- und Zahlungsinstitute orientierten, Anforderungen für die Erlaubnis machen es erforderlich, dass die betroffenen Unternehmen sich bereits jetzt auf den Antrag einer Erlaubnis als Kreditdienstleistungsinstitut vorbereiten.

Mit dem Kreditzweitmarktgesetz will der Gesetzgeber nach dem Referentenentwurf des Bundesfinanzministeriums vom 20.07.2023 die Tätigkeit von Kreditdienstleistern und -käufern in Deutschland aufsichtsrechtlichen Anforderungen unterwerfen. Der Referentenentwurf setzt die Vorgaben der Richtlinie (EU) 2021/2167 über Kreditdienstleister und Kreditkäufer um und enthält eine Vielzahl von Organisations- und Verhaltenspflichten für Teilnehmer am Markt für notleidende Kreditverträge. Einige dieser grundlegenden Regelungsansätze werden im Folgenden dargestellt.

Update Stand Oktober 2023
 

Inzwischen hat das Bundeskabinett den Regierungsentwurf des Kreditzweitmarktförderungsgesetzes beschlossen. Das Artikelgesetz heißt jetzt „Kreditzweitmarktförderungsgesetz“ (vorher „Kreditzweitmarktgesetz“) und darin enthalten ist das „Kreditzweitmarktgesetz“ (vorher „Kreditdienstleistungsinstitutsgesetz“). Für die Anbieter von Kreditdienstleistungen ergeben sich aus dem Regierungsentwurf aber inhaltlich kaum Änderungen gegenüber dem vorherigen Referententwurf. Die meisten Änderungen sind eher klarstellender Natur. So wird z.B. klargestellt, dass das gesamte Kreditzweitmarktgesetz nur auf notleidende Kredite Anwendung findet (vgl. § 1 Abs. 1 KrZwMG-E). Auch wird das Einziehen von Ansprüchen neben deren Durchsetzung ausdrücklich als Kreditdienstleistung erfasst (§ 2 Abs. 3 Nr. 1 KrZwMG-E).

Hinsichtlich der Erlaubnispflicht ändert sich mit dem Regierungsentwurf nur wenig gegenüber dem Referentenentwurf. So muss das Kreditdienstleistungsinstitut im Rahmen des Erlaubnisantrags nun auch nachweisen, dass mindestens ein Geschäftsleiter oder eine andere benannte natürliche Person theoretische und praktische Sachkunde im Bereich der Inkassodienstleistungen hat (§ 10 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 KrZwMG-E), sowie eine Erklärung über eine bestehende oder angestrebte Registrierung nach dem Rechtsdienstleistungsgesetz beifügen (§ 10 Abs. 3 Satz 1 Nr. 10 KrZwMG-E). Die geldwäscherechtliche Verpflichtung der Kreditdienstleistungsinstitute findet sich im Regierungsentwurf nicht mehr wieder. Die von den Unternehmen gewünschte Verlängerung der Übergangsvorschriften blieb hingegen aus: Die Fortführung des Geschäfts ohne Erlaubnis ist nur für sechs Monate nach Inkrafttreten des Gesetzes, also voraussichtlich bis Mitte 2024 gestattet (bisheriges Ende der Übergangsfrist im Referentenentwurf: 29. Juni 2024). Bei Einreichung der notwendigen Erlaubnisunterlagen kommt der Gesetzgeber den Unternehmen (minimal) insoweit entgegen, als diese nicht mehr spätestens vier Wochen, sondern spätestens sechs Wochen nach dem Inkrafttreten des Gesetzes erfolgen muss. Im Ergebnis bleibt es also dabei, dass sich die betroffenen Unternehmen zeitnah mit den Anforderungen auseinandersetzen, die entsprechende Geschäftsorganisation (wenn noch nicht vorhanden) schaffen und einen Erlaubnisantrag vorbereiten müssen.

1. Pflichtenprogramm für NPL-Marktteilnehmer

Kernstück des Kreditzweitmarktgesetzes ist das Kreditdienstleistungsinstitutsgesetz („KrDIG-E“), das den rechtlichen Rahmen für die Teilnehmer des Marktes für notleidende Kredite (Non Performing Loans - NPL) vorgibt. Der Gesetzentwurf unterscheidet im Hinblick auf die Marktteilnehmer zwischen dem „Kreditkäufer“ und dem „Kreditdienstleister“ bzw. „Kreditdienstleistungsinstitut“. Während Kreditkäufer nach § 2 Abs. 5 KrDIG-E solche Personen oder Unternehmen sind, die in Ausübung ihrer gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit Ansprüche des Kreditgebers aus NPL erwerben, richtet sich die Einordnung als Kreditdienstleister bzw. Kreditdienstleistungsinstitut primär nach ihrer Tätigkeit, der Erbringung von Kreditdienstleistungen. „Kreditdienstleistungen“ sind gemäß § 2 Abs. 3 KrDIG-E
 

1.    die Durchsetzung von fälligen Ansprüchen aus NPL,

2.    die Neuverhandlung von Rechten und Pflichten oder sonstigen Bedingungen aus NPL,

3.    die Bearbeitung von Beschwerden im Zusammenhang mit NPL sowie

4.    die Unterrichtung des Kreditnehmers über Änderungen der Zinssätze, Belastungen oder fälligen Zahlungen im Zusammenhang mit NPL.
 

Die primäre Plicht des Kreditkäufers besteht gemäß § 7 Abs. 1 KrDIG-E darin, dass er beim Kauf eines NPL oder von Ansprüchen daraus einen Kreditdienstleister beauftragen muss, um Kreditdienstleistungen zu erbringen, wenn es sich bei dem Kreditnehmer um eine natürliche Person oder ein Kleinst-, kleines oder mittleres Unternehmen handelt. Bei der Beauftragung muss der Kreditkäufer der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht („BaFin“) und der Deutschen Bundesbank den Namen und die Anschrift des Kreditdienstleisters mitteilen. Eine Mitteilungspflicht besteht ebenfalls für die Übertragung von NPL oder Ansprüchen hieraus auf einen anderen Kreditkäufer.

Einer stärkeren Regulierung sind Kreditdienstleister unterworfen. Für diese sind aufsichtsrechtliche Regeln vorgesehen, die sich an Anforderungen an Kreditinstituten oder Zahlungsinstituten orientieren. Kreditdienstleister unterliegen zukünftig der Aufsicht durch die BaFin und bedürfen einer Erlaubnis zum Erbringen von Kreditdienstleistungen gemäß § 10 Abs. 1 KrDIG-E. Auch Anforderungen an die Organisation, an die Geschäftsleiter oder Inhaber bedeutender Beteiligungen, wie man sie von Kredit- oder Zahlungsinstituten kennt, haben in den §§ 14 ff. KrDIG-E Eingang in den Referentenentwurf gefunden. Dasselbe gilt für die Anzeigepflicht der Kreditdienstleistungsinstitute nach § 36 KrDIG-E bei Vorliegen einer der dort aufgeführten Sachverhalte.

Erwähnenswert ist zudem die Pflicht der Kreditdienstleistungsinstitute zur Errichtung eines gesonderten Treuhandkontos für den Eingang von Zahlungen der Kreditnehmer, welches dazu dienen soll, dem Kreditkäufer auch im Falle der Insolvenz des Kreditdienstleistungsinstitut Zugriff auf die Zahlungen des Kreditnehmers zu gewähren (§ 17 Abs. 2 KrDIG-E) und in dieser Form bereits aus dem Bereich der Zahlungsdienste bekannt ist. Auch die Auslagerung durch Kreditdienstleistungsinstitute ist reguliert (§ 20 KrDIG-E).

Weitere Verhaltensvorschriften und weitreichende Informationspflichten gegenüber Kreditnehmern bzw. Auskunftspflichten gegenüber der BaFin, die für Kreditkäufer und Kreditdienstleister gleichermaßen gelten, finden sich in den §§ 28 ff. KrDIG-E. 

 

2. Erlaubnisverfahren

Um auch weiterhin Kreditdienstleistungen anbieten zu können, brauchen Unternehmen, die solche Services derzeit ohne besondere Zulassung erbringen oder nur mit einer Inkassoerlaubnis nach RDG tätig sind, zukünftig eine Erlaubnis der BaFin. Lediglich zugelassene Kreditinstitute, CRR-Kreditinstitute, bestimmte nach dem KAGB zugelassene Gesellschaften sowie in der EU zugelassene Kreditgeber sind von der Erlaubnispflicht befreit. Alle anderen Kreditdienstleister müssen einen Erlaubnisantrag stellen, dem gemäß § 10 Abs. 3 KrDIG-E eine Vielzahl von Angaben und Unterlagen beizufügen sind. Dies umfasst beispielsweise einen Geschäftsplan und Nachweise über die Erfüllung von Anforderungen an die Geschäftsleiter und die Inhaber bedeutender Beteiligungen.

Trotz der (im Vergleich zum Erlaubnisantrag von Kreditinstituten und Zahlungsinstituten) kürzeren Anforderungsliste dürfte auch dieses Erlaubnisverfahren wegen der Fülle der einzureichenden Dokumente in den meisten Fällen sehr komplex, aufwändig und zeitintensiv sein. Zudem wird das Bundesfinanzministerium in § 10 Abs. 9 KrDIG-E zum Erlass einer Rechtsverordnung zur Art, Umfang und Form des Antrags ermächtigt, die ggf. weitere Anforderungen beinhalten wird. Allein die formalen Voraussetzungen für eine Erlaubnis zu erfüllen, wird daher eine sorgfältige Vorbereitung erfordern. Umso mehr gilt dies aber für die notwendige Anpassung von Organisation und Abläufen, bis hin zur Qualifikation der handelnden Personen, um die inhaltlichen Voraussetzungen zu schaffen, damit die Erlaubnis auch erteilt werden kann.

Diese Anforderungen an die Erlaubnisanträge sollten nicht unterschätzt werden, zumal der Gesetzgeber offenbar an den Erlaubnisanträgen für Kredit- und Zahlungsinstitute Maß nimmt und die BaFin die Anträge dementsprechend prüfen wird.

 

3. Übergangsbestimmungen

Eine ernsthafte Herausforderung für Kreditdienstleistungsinstitute dürften die Übergangsbestimmungen nach § 47 KrDIG-E darstellen, soweit diese im Gesetzgebungsverfahren bestehen bleiben. Abs. 1 legt fest, dass Unternehmen, die schon vor Inkrafttreten des Gesetzes Kreditdienstleistungen erbracht haben, diese nur bis zur Bestandskraft einer Entscheidung der BaFin oder längstens bis zum 29. Juni 2024 weiter erbringen dürfen. Abs. 2 stellt klar, dass bei einer beabsichtigten Leistungserbringung über dieses Datum hinaus innerhalb von zwei Wochen nach dem Inkrafttreten des Gesetzes eine Anzeige bei der BaFin einzureichen ist. Die betroffenen Unternehmen können daher nicht bis Mitte 2024 untätig bleiben, sondern müssen das Gesetzgebungsverfahren aufmerksam verfolgen und beim Inkrafttreten des Gesetzes zügig handeln.

Noch schwerwiegender dürfte § 47 Abs. 2 Satz 2 KrDIG-E wiegen, der die Einreichung des Erlaubnisantrags bis spätestens vier Wochen nach dem Inkrafttreten des Gesetzes fordert. Welche Anforderungen die BaFin an die Vollständigkeit des entsprechenden Antrags stellt, bleibt abzuwarten. Aus Risikogesichtspunkten dürfte wegen des hohen Aufwands zur Beibringung aller Unterlagen ein Tätigwerden erst mit Inkrafttreten des Gesetzes zu spät kommen. Dies gilt umso mehr, wenn auch unternehmensintern überhaupt erst die organisatorischen und personellen Voraussetzungen geschaffen werden müssen, um eine Erlaubnis zu erhalten. Deshalb ist den betroffenen Dienstleistern zu raten, frühzeitig den Erlaubnisantrag vorzubereiten, um alle Anforderungen zu erfüllen und eine rechtzeitige Einreichung zu gewährleisten. Dies gilt insbesondere für Unternehmen mit einer komplexen Eigentümerstruktur, die im Rahmen der inzidenten Inhaberkontrolle im Erlaubnisverfahren offenzulegen und mit Nachweisen zu versehen ist. Fehler insoweit sind im Übrigen durch Straf- und Bußgeldvorschriften sanktioniert. So wird nach § 44 Abs. 1 Nr. 1 KrDIG-E mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft, wer eine Kreditdienstleistung ohne Erlaubnis erbringt.

 

4. Fazit

Das Kreditzweitmarktgesetz bringt eine Vielzahl von neuen Pflichten mit sich, die sich sowohl an Käufer von NPL als auch an Erbringer von Dienstleistungen im Zusammenhang mit NPL richten. Die Dienstleister werden in Zukunft eine Erlaubnis der BaFin als Kreditdienstleistungsinstitute brauchen, um weiter tätig zu bleiben. Auch vor dem Hintergrund der europäischen Vorgaben ist zu erwarten, dass im Ergebnis ein Regelungsregime Einzug findet, das zumindest in Teilen an den Vorgaben für Kredit- und Zahlungsinstitute Maß nimmt. Die betroffenen Unternehmen müssen bereits jetzt strategische Grundsatzentscheidungen zum Umgang mit der zukünftigen Regulierung treffen müssen. Dabei kommt neben der Vorbereitung eines Erlaubnisantrags in Deutschland auch die Zulassung in einem anderen europäischen Mitgliedsstaat oder eine Umstellung des Geschäftsmodells in Betracht.

 

Stand: September 2023

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