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Mit diesen fünf Schritten wird die neue Procurement-Plattform ein Erfolg für die Rechtsabteilung

Die Einführung eines neuen Procurementsoftware ist eine gute Gelegenheit, Prozesse zu optimieren und den Arbeitsaufwand zu reduzieren – nicht nur für den Einkauf, sondern auch für die Rechtsabteilung

Rechtsabteilung und Procurement (Einkauf, Beschaffung) sind eng miteinander verbunden und profitieren enorm von gegenseitigem Verständnis für die verschiedenen Herangehensweisen, sowie von klar etablierten Abläufen und Verantwortungsbereichen. Die Implementierung einer neuen Procurementsoftware ist ein hervorragender Anlass, um die Beziehung zwischen Rechtsabteilung und Procurement zu vertiefen. Mit den folgenden fünf Schritten kann die Rechtsabteilung diesen Moment selbstbewusst und erfolgreich mitgestalten

1. Frühe Beteiligung

Die Etablierung einer neuen Procurementsoftware betrifft viele Bereiche: Procurement, IT, Finanzen, Steuern, Datenschutz und natürlich die Rechtsabteilung. Insbesondere für die Rechtsabteilung ist eine frühe und aktive Beteiligung an diesem Prozess entscheidend. Sobald Ihre Organisation die Einführung einer neuen Procurementsoftware in Betracht zieht, sollte die Rechtsabteilung sicherstellen, dass sie in den Prozess mit einbezogen wird.

Schon zu Beginn des Projekts sollten Sie die Anforderungen der Rechtsabteilung an das System formulieren. Gerade am Anfang muss das keine abschließende Auflistung sein – es genügt zunächst eine Skizze darüber, wie das System die tägliche Arbeit vereinfachen und effizienter gestalten kann.

 

2. Jede E-Mail kostet Sie 5 Minuten: Worfklows und Konnektoren

Ein wichtiger Teil der täglichen Arbeit einer Rechtsabteilung mit Bezug zum Einkauf besteht darin, Einkaufsverträge aller Art zu prüfen. Auch bei einem gut strukturierten und etablierten Prozess wird zwischen Rechtsabteilung und Procurement meistens über E-Mails kommuniziert. Diese Kommunikationsform hat jedoch schwerwiegende Nachteile. So können zum Beispiel Daten nicht strukturiert ausgetauscht und nachverfolgt werden. Jede Seite verliert dabei wertvolle Zeit – typischerweise mindestens fünf Minuten pro E-Mail. Außerdem müssen die Daten manuell von der E-Mail in das System eingetragen werden – ganz egal, ob es eine einfache Excel-Datei oder ein komplettes Contract Management System ist.

Eine Workflow-Engine für Genehmigungen, Unterschriften und das strukturierte Erfassen von Daten kann Ihrer Organisation tausende von Arbeitsstunden pro Jahr einsparen. Der Arbeitsfluss kann vom gesamten Team nachvollzogen und überwacht werden, sodass nichts verloren geht und Engpässe schnell erkannt und behoben werden können. Die richtigen Konnektoren (APIs) sind wichtig, wenn die Rechtsabteilung eigene, spezielle Software nutzt. Nichts ist frustrierender, als die manuelle Datenübertragung zwischen Systemen.

Zwar sind die Installation und Einrichtung dieser Funktionen zunächst aufwendig, dafür ersparen Sie sich mit dieser Investition viel altmodischen E-Mail-Verkehr.

 

3. Vertragsverhandlung, Kollaboration und Unterzeichnung

Vertragsverhandlungen sind oft ein langwieriger Prozess, in dem Entwürfe hin und her geschickt werden. Eine nützliche Funktion ausgereifter Procurement-Software ist die Möglichkeit für den Lieferanten und Sie, direkt in der Beschaffungsplattform Änderungen am Vertragsentwurf vorzuschlagen und zu kommentieren. Dadurch wird die E-Mail-Kommunikation erneut drastisch reduziert.

Darüber hinaus sollte Ihre Procurementplattform das Hochladen von Vertragsdokumenten ermöglichen, z. B. für den Fall, dass ein wichtiger Lieferant nicht bereit ist, mit Ihrem System zu arbeiten. Eine OCR-Funktion (Optical Character Recognition) macht gescannte Dokumente maschinenlesbar und erleichtert Ihnen die Arbeit. Vergleichsfunktionen können Ihnen helfen, Änderungen zwischen Ihrem Entwurf und dem Entwurf des Lieferanten zu erkennen. Schließlich sollten Sie die Möglichkeit haben, Metadaten für Ihre Verträge zu definieren, um wichtige Informationen für das Reporting oder künftige Vertragsanalysen zu speichern – ein Standardfeature der meisten Procurement-Lösungen.

Die elektronische Unterschrift, die in Ländern wie den USA bereits Standard ist, wird auch in Europa immer mehr in B2B-Verträgen akzeptiert. Sie sollten sich vergewissern, dass die Beschaffungssoftware Standardlösungen für die elektronische Unterschrift unterstützt, insbesondere die, die in Ihrem Unternehmen bereits verwendet werden.

 

4. Automatisierung von Verträgen

Wenn Ihr Unternehmen Ihrem Lieferanten regelmäßig Verträge “stellt”, also den ersten Entwurf liefert, ist es sinnvoll, dass die Rechtsabteilung bei der neuen Procurement-Lösung auf ausgereiften Funktionen im Bereich document generation besteht. Auf diese Weise kann die Rechtsabteilung dynamische Vertragsvorlagen erstellen, die von den Nutzern durch Beantwortung eines Fragebogens vorausgefüllt werden können. Die Antworten werden automatisch im Vertragstext berücksichtigt (z.B. kann ein Passus zur ordentlichen Kündigung eingeblendet werden, wenn für den Vertrag eine unbestimmte Laufzeit gewählt wird. Im Falle einer Festlaufzeit, wird der Passus zur ordentlichen Kündigung ausgeblendet). Das spart nicht nur Zeit, sondern verbessert oft auch die Qualität und Konsistenz Ihrer Dokumente.

Für die Rechtsabteilung kann dies einen Perspektivwechsel erfordern: Normalerweise wird ein juristisches Dokument für einen bestimmten Fall verfasst. Bei der Erstellung einer dynamischen Vorlage können – und müssen – verschiedene Fallgestaltungen berücksichtigt werden. Daher ist es ratsam, sie zu vereinfachen und allgemeiner zu formulieren.

Eine ambitionierte Rechtsabteilung kann sogar noch einen Schritt weiter gehen und sich für eine klauselbasierte Vertragserstellung auf der Plattform entscheiden. Viele Ihrer Verträge enthalten die gleichen oder ähnliche Klauseln. Der Grundgedanke von klauselbasierter Vertrasgserstellung ist es, alle Klauseln in einer zentralen Klauselbibliothek abzulegen und individuelle Verträge durch Kombination der passenden Klauseln zu erstellen. Der einmalige Aufwand um dies alles aufzusetzen ist hoch, aber Sie erhalten dafür eine bessere Kontrolle und besonders detaillierte Daten über Ihre Verträge.

 

5. Der heilige Gral: Selbstbedienungsfunktion (Self-Service)

In vielen Unternehmen werden achtzig Prozent aller Einkaufsverträge aus statischen Vorlagen übernommen, ohne dass der Text signifikant geändert wird. Dennoch ist oft vorgesehen, dass die Rechtsabteilung die Verträge vor der Unterzeichnung prüfen muss. Das Ergebnis: Die Procurementabteilung muss warten, bis die Rechtsabteilung die Prüfung abgeschlossen hat, ein Jurist muss stets aufs Neue denselben Standardtext lesen um Fehler oder geänderte Klauseln aufzuspüren – während die Organisation Arbeitszeit und Opportunitätskosten zu tragen hat.

Eine Selbstbedienungsfunktion kombiniert alle oben genannten Merkmale und bringt einen enormen Produktivitätsschub. Wenn die Procurementabteilung einen Standardvertrag erstellen möchte, füllt sie einfach einen Fragebogen in der Procurementplattform aus. Das Dokument wird automatisch aus einer dynamischen Vorlage erstellt, die von der Rechtsabteilung vorab genehmigt wurde. Je nachdem, wie der Workflow für die Auftragsvergabe eingerichtet ist, kann das gesamte Dokument – oder nur bestimmte Klauseln – für die Bearbeitung durch Procurement gesperrt werden, so dass die Rechtsabteilung sicher sein kann, dass der erstellte Vertrag ausschließlich aus vorab genehmigten Textbestandteilen besteht. Sofern keine Abweichung im Standardtext erforderlich ist, kann die Überprüfung durch die Rechtsabteilung entfallen, und das Dokument ist innerhalb von Sekunden zur Unterschrift bereit.

Diese Funktion bietet großen Nutzen für die Rechtsabteilung, erfordert aber auch eine enge Abstimmung mit Procurement, um ein Ergebnis zu erzielen, das für beide Seiten von Vorteil ist. Wenn Ihr Unternehmen noch keine Erfahrung mit der Self-Service-Vertragserstellung hat, hat es sich bewährt mit einfachen Verträgen wie einem NDA zu beginnen.

 

Fazit

Die Einführung einer neuen Procurementsoftware ist ein komplexer Prozess. Sie bringt eine Änderung der Arbeitsweise sowohl für Procurement als auch für die Rechtsabteilung mit sich. Dies kann ein entscheidender Moment für die Rechtsabteilung sein, um ihre Beziehung zur Procurementabteilung zu vertiefen und gleichzeitig die Funktionen des neuen Systems zu nutzen. Es erfordert jedoch eine hohe Investition von Zeit und Energie seitens der Rechtsabteilung. Erfahrene Legal Operations-Spezialisten können dabei helfen, den Überblick im Prozess zu behalten und die Juristen zu befähigen, ihre Perspektive stärker einzubringen. Eine aktive Beteiligung der Rechtsabteilug an der Einführung eines neuen Procurementsystems gibt ihr die Möglichkeit mitzubestimmen, wie sie in Zukunft arbeitet.

Klicken Sie hier für weiterführende Literatur zum Thema Klauselbasierte Vertragserstellung.

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