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Handelsbeschränkungen und Sanktionen gegen Russland und seine Verbündeten als Reaktion auf die Invasion in der Ukraine
Was gilt es jetzt für Unternehmen zu beachten?
Als Reaktion auf die Invasion des russischen Militärs in der Ukraine hat die Europäische Union umfassende Sanktionen und Handelsbeschränkungen erlassen. Für heimische Unternehmen ist es nun unerlässlich, auf die aktuellen und zukünftigen Entwicklungen ad hoc und adäquat zu reagieren.
Aufgrund der Invasion der Ukraine durch das russische Militär hat die Europäische Union umfassende Handelsbeschränkungen gegenüber Russland und den von Separatisten besetzten Regionen in der Ost-Ukraine erlassen sowie die bestehenden personenbezogenen Sanktionen maßgeblich erweitert.
Inhaltsübersicht
- 1. Handelsbezogene Beschränkungen
- 2. Personenbezogene Beschränkungen
- 3. Finanzmarktbezogene Beschränkungen
- 4. Sonstige Beschränkungen
- 5. Was gilt es jetzt für Unternehmen zu beachten?
1. Handelsbezogene Beschränkungen
Die zuletzt beschlossenen Handelsbeschränkungen umfassen zahlreiche güter- und empfängerbezogene Verbote, welche die bereits bestehenden Beschränkungen, z. B. in Bezug auf Rüstungsgüter, erweitern.
Hierzu zählt insbesondere das weitreichende Verbot des Verkaufs, der Lieferung, der Weitergabe oder der Ausfuhr von Gütern (Waren, Software und Technologie), die sowohl militärisch als auch zivil genutzt werden können (Dual-Use Güter), nach Russland oder zur Verwendung in Russland. In der EU gelistete Dual-Use Güter können dem Anhang I der VO (EU) 2021/821 entnommen werden (z. B. bestimmte Legierungen, Verschlüsselungstechnik, besondere Werkstoffe).
Daneben bestehen weitere Ausfuhr-, Verkaufs-, Liefer-, und Weitergabeverbote für spezifische Güter, die in den verschiedenen Anhängen der derzeit geltenden Verordnung geführt werden, sofern diese
- zur militärischen und technologischen Aufrüstung oder zur Entwicklung des Verteidigungs- und Sicherheitssektors Russlands beitragen können,
- zur Verwendung bei der Erdölraffination geeignet sind oder
- zur Verwendung in der Luft- und Raumfahrtindustrie geeignet sind.
Lieferverbote beziehen sich in diesem Zusammenhang auf eine Vielzahl von verschiedenen Gütern, wie z. B. allgemeine Elektronik, Rechner/ elektronische Baugruppen, Telekommunikation und Informationssicherheit, Sensoren und Laser, Navigation und Luftfahrtelektronik, Meeres- und Schiffstechnik sowie Luft- und Raumfahrt, einschließlich entsprechender Antriebe hierfür.
Zusätzlich wurden handelsbezogene Beschränkungen für die nicht von der ukrainischen Regierung kontrollierten Gebiete Donezk und Luhansk erlassen. Zum einen ist es untersagt, Güter aus den beiden Regionen in die EU zu importieren. Zum anderen bestehen Ausfuhr-, Verkaufs-, Liefer-, und Weitergabeverbote für Güter, die in den Anhängen der jeweiligen Verordnung geführt werden, sofern diese zur Verwendung in den Bereichen Telekommunikation, Verkehr, Energie und Ölförderung geeignet sind. Die Lieferverbote nach Donezk und Luhansk beziehen sich ebenfalls auf eine Vielzahl von Gütern, wie z. B. bestimmte Werkstoffe, Turbinen, Maschinen und Apparate oder auch Elektronik.
Schließlich gilt für jedes der vorgenannten Ausfuhrverbote ein entsprechendes Verbot hinsichtlich der Bereitstellung von technischer Unterstützung, Vermittlungsdiensten oder anderen Dienstleistungen, sofern diese im Zusammenhang mit den von den Ausfuhrverboten betroffenen Gütern stehen.
Zusätzlich ist es verboten, Dienstleistungen im Zusammenhang mit Tourismusaktivitäten in den besetzten Gebieten zu erbringen.
Entsprechende Regelungen für Altverträge sind zu berücksichtigen.
2. Personenbezogene Beschränkungen
Neben den Handelsbeschränkungen erließ die EU weitere personenbezogene Beschränkungen, u. a. gegen den russischen Präsidenten und den Außenminister sowie Mitglieder des Nationalen Sicherheitsrates und weitere Mitglieder der russischen Staatsduma, die die Unabhängigkeit der besetzten Gebiete Donezk und Luhansk unterstützt haben sollen. Darüber hinaus wurden eine Reihe von belarussischen Personen (hauptsächlich Militäroffiziere), die an den militärischen Aktivitäten Russlands beteiligt gewesen sein sollen, in die Sanktionslisten der EU aufgenommen.
Als Folge der Listung werden sämtliche Vermögenswerte innerhalb der EU eingefroren. Weiterhin ist es verboten, den gelisteten Personen Gelder oder wirtschaftliche Ressourcen unmittelbar oder mittelbar bereitzustellen.
3. Finanzmarktbezogene Beschränkungen
Im Zuge der finanzmarktbezogenen Beschränkungen werden bestimmte und bereits in der Vergangenheit sanktionierte russische Banken (z.B. Alfa Bank, Bank Otkritie, Bank Rossija und Promswjasbank) zusätzlich vom Bankenkommunikationssytem SWIFT ausgeschlossen, wodurch eine Abwicklung von Transaktionen mit Bezug zum europäischen Finanzmarkt über die betroffenen Kreditinstitute praktisch nicht mehr möglich ist. Weiterhin werden in Europa befindliche Vermögenswerte der russischen Zentralbank eingefroren, was einen direkten Einfluss auf den Kurs des russischen Rubels hat. Zudem bestehen Verbote für den Handel und Erwerb von russischen Staatsanleihen sowie für die Vergabe von Neukrediten an den russischen Staat.
4. Sonstige Beschränkungen
Weitere Sanktionen umfassen Investitions- und Finanzierungsverbote sowie die Einführung einer Obergrenze für Einlagen russischer Staatsangehöriger und Unternehmen bei Finanzinstituten in der EU.
5. Was gilt es jetzt für Unternehmen zu beachten?
Für heimische Unternehmen ist es nun unerlässlich, die aktuellen und zukünftigen Entwicklungen im internationalen Handelsverkehr genauestens zu verfolgen und kurzfristig regelkonform zu reagieren. Hierzu zählt insbesondere die Prüfung, ob geplante Ausfuhren von den neu erlassenen Handelsbeschränkungen betroffen sind. Dies gilt ebenfalls für geplante Importvorhaben aus den Regionen Donezk und Luhansk.
Daneben sollten insbesondere Empfänger von Lieferungen und Zahlungen gegen die einschlägigen Sanktionslisten geprüft werden.
Zusätzlich muss sichergestellt werden, dass die Unternehmensorganisation ein einheitliches Handeln der verschiedenen Abteilungen, die Bezug zum Auslandsgeschäft haben, vorsieht (z. B. Ein- und Verkauf, Versand, etc.), um zu verhindern, dass einzelne Abteilungen im Rahmen ihrer regulären Geschäftstätigkeit aus Unkenntnis gegen Sanktionsvorschriften verstoßen. Dies gilt auch mit Blick auf russische Tochtergesellschaften.
Bestehende und auch zukünftige Verträge sollten auf etwaige Vertragsklauseln gesichtet werden, durch die sich liefernde Unternehmen aufgrund von etwaigen Lieferverboten möglicherweise schadensersatzpflichtig machen.
Sollte die rechtliche und/ oder tatsächliche Lage unklar sein, kann es angebracht sein, etwaige Lieferungen vorerst zu stoppen bzw. Zahlungen auszusetzen, um Sanktionsrisiken zumindest vorübergehend zu reduzieren und die Situation zu klären.
Schließlich sollten Unternehmen prüfen, ob geplante Geschäftstätigkeiten (Ausfuhren, Importe, Zahlungen, etc.) trotz etwaiger Beschränkungen aufgrund einer Ausnahmeregelung (z. B. Übergangszeiten, bestimmte Endverwendungszwecke, uvm.) verwirklicht werden können.
Für etwaige Rückfragen stehen Ihre Deloitte Legal Experten gerne zur Verfügung.
Stand: März 2022