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Wirtschafts­stabilisierungs­fonds

Konkretisierende Verordnungen erlassen

Bereits im März 2020 war mit dem WStFG der WSF geschaffen worden, den die EU-Kommission Anfang Juli 2020 genehmigt hatte. Nach längerer politischer Abstimmung haben das BMF und das BMWi nunmehr (endlich) die konkretisierenden Verordnungen erlassen. Wir erläutern die wesentlichen Inhalte.

Drei Rechtsverordnungen zum Wirtschaftsstabilisierungsfonds nach dem Stabilisierungsfondsgesetz

Am 2. Oktober 2020 sind drei Rechtsverordnungen zu dem durch das Wirtschaftsstabilisierungsfondsgesetz – WStFG vom 27. März 2020 geschaffenen Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF) in Kraft getreten.

In Ausfüllung der entsprechenden Verordnungsermächtigungen konkretisieren die vom Bundesministerium der Finanzen im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Wirtschaft und Energie erlassenen Verordnungen die Regelungen des WStFG.

Regelungsgegenstände sind insbesondere ausführende Bestimmungen zur Verwaltung des WSF, zu den Instrumentarien zur Stabilisierung der Wirtschaft und mit diesen verbundenen Auflagen und Bedingungen sowie schließlich zu Zuständigkeiten und zu Kosten.

Die Verordnungen tragen zu einer Steigerung der Rechtssicherheit im Umgang mit dem WSF bei, lassen allerdings auch einige Fragen offen.
 

Die Verordnungen im Überblick

  • Wirtschaftsstabilisierungsfonds-Durchführungsverordnung – WSF-DV („Durchführungsverordnung“)

Konkretisiert werden die Verwaltung des WSF, die Voraussetzungen für die Übernahme von Gewährleistungen und Garantien durch den WSF sowie angemessene Gegenleistungen hierfür, die Bedingungen für verschiedene Rekapitalisierungsinstrumente sowie die Auflagen und Bedingungen bei Stabilisierungsmaßnahmen.

  • Wirtschaftsstabilisierungsfonds-Übertragungsverordnung – WSF-ÜV

Die Rechtsverordnung enthält Bestimmungen zur Organisation rund um die Antragsbearbeitung, die Entscheidungsorgane und das Zusammenwirkungen der beteiligten Behörden.

  • Wirtschaftsstabilisierungsfonds-Kostenverordnung – WSF-KostV

Konkretisiert wird die Verteilung der für die durchführenden Organisationen entstehenden Kosten.
 

Konkrete Aufgabenverteilung

Die Rechtsverordnungen sollen zunächst Klarheit darüber schaffen, welche Aufgaben wem zufallen und an wen sich interessierte Unternehmen wenden müssen.

Antragsstellung

Anträge auf Maßnahmen nach dem Stabilisierungsfondsgesetz sind bei dem Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) einzureichen. Anträge, die durch die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) zu prüfen sind, werden der KfW unmittelbar durch das BMWi zugeleitet.

Es wird eine Arbeitsplattform eingerichtet, auf der alle Anträge und alle vom Antragsteller übermittelten Dokumente unverzüglich eingestellt werden und aus der der jeweilige Bearbeitungsstand ersichtlich ist. Zugriff auf diese Plattform erhalten das Bundesministerium der Finanzen (BMF), das Bundeskanzleramt und die Finanzagentur. Die KfW erhält nur im Hinblick auf die ihr zugewiesenen Anträge Zugriff auf die Plattform.

Das BMWi kann eine Antragstellung über die KfW auf Maßnahmen nach § 21 des Stabilisierungsfondsgesetzes, d.h. Garantien, zulassen, wenn die beantragte Garantiesumme unter EUR 500 Millionen liegt.

Soweit die Anträge nicht von der KfW bearbeitet werden, nimmt das BMWi die Prüfung der Anträge vor und erstellt die Entscheidungsvoten sowie die Vorbereitung für den WSF-Ausschuss. Das BMWi kann zur Erfüllung dieser Aufgaben Dritte mandatieren.

Entscheidung über Anträge

Je nach Umfang der beantragten Stabilisierungsmaßnahme entscheidet über den jeweiligen Antrag entweder

  • der WSF-Ausschuss (Garantiesummen ab EUR 500 Millionen und Rekapitalisierungsmaßnahmen von mindestens EUR 200 Millionen),
  • das BMF im Einvernehmen mit dem BMWi (Garantiesummen ab EUR 100 Millionen und sonstige Rekapitalisierungsmaßnahmen) sowie
  • die KfW (alle übrigen Garantien).

Der WSF-Ausschuss ist auch für die Entscheidung zuständig für alle Anträge von Unternehmen, die die grundsätzlichen Anforderungen für eine Unterstützung nicht erfüllen (Bilanzsumme > EUR 43 Millionen, Umsatzerlöse > EUR 50 Millionen und > 249 Arbeitnehmer im Jahresdurchschnitt), deren Unterstützung aber in Betracht kommt, wenn es sich um ein Unternehmen handelt, das in einem im § 55 Außenwirtschaftsverordnung genannten Sektor tätig ist (Unternehmen der kritischen Infrastruktur) oder sonst von vergleichbarer Bedeutung für die Sicherheit oder die Wirtschaft sind.

Das BMWi und das BMF können Entscheidungen an sich ziehen.

Soweit Grundsatzfragen, Angelegenheiten von besonderer Bedeutung oder Entscheidungen über wesentliche Maßnahmen und Auflagen betroffen sind, kann sich der WSF-Ausschuss die Entscheidung vorbehalten.

Bevor die KfW entscheidet, hat sie dem BMF sowie dem BMWi Gelegenheit zur Abgabe einer Stellungnahme zu geben. Generell informiert die KfW das BMF und das BMWi sowie die Finanzagentur über Anträge auf Gewährung von Stabilisierungsmaßnahmen nach § 21 des Stabilisierungsfondsgesetzes, beabsichtigte oder getroffene Entscheidungen oder über sonstige Sachverhalte oder Tätigkeiten der KfW im Rahmen des Stabilisierungsfondsgesetzes. Bei Wahrnehmung der ihr übertragenen Aufgaben ist die KfW auch an die Weisungen oder Entscheidungen des BMF gebunden, die im Einvernehmen mit dem BMWi zu ergehen haben, sowie an die Beschlüsse des WSF-Ausschusses. Das BMWi hat die Entscheidungen über die Anträge umfänglich vorzubereiten und diese dem jeweiligen Entscheidungsorgan zusammen mit einem entscheidungsreifen Vorschlag vorzulegen.

Finanzagentur als Vertragspartner

Die Verwaltung des WSF liegt bei der Finanzagentur GmbH („Finanzagentur“).

Die Finanzagentur ist befugt, zur Umsetzung bewilligter Maßnahmen im Namen des WSF Verträge mit Unternehmen abzuschließen, wobei diese Verträge so zu gestalten sind, dass die aus dem Fonds gewährten Leistungen abgesichert sind und die Einhaltung von mit der Gewährung dieser Leistungen verbundenen Auflagen gewährleistet ist.

Die Finanzagentur kann sich bei der Erfüllung ihrer Aufgaben Dritter bedienen.

Die Finanzagentur stellt innerhalb der ersten sechs Monate nach Abschluss eines Geschäftsjahres für den WSF einen Jahresabschluss und einen Lagebericht nach den für große Kapitalgesellschaften geltenden Vorschriften auf. Der Jahresabschluss und der Lagebericht sind vom Abschlussprüfer der Finanzagentur zu prüfen.

Die Finanzagentur kann das Recht, für den WSF die zur Umsetzung bewilligter Stabilisierungsmaßnahmen erforderlichen Verträge mit den antragstellenden Unternehmen abzuschließen, teilweise auf die KfW übertragen, jedoch nur soweit die Entscheidung über diese Maßnahmen bei der KfW liegt.

Kreditanstalt für Wiederaufbau

Grundsätzlich nimmt die KfW die Führung der im Rahmen von Stabilisierungsmaßnahmen erworbenen Beteiligungen und die Verwahrung und Verwaltung der anderen im Rahmen von Rekapitalisierungsmaßnahmen übernommenen Instrumente wahr, wobei das BMF jedoch bestimmt, in welchen Fällen die KfW diese Aufgaben im Einzelnen wahrnimmt und in welchen Fällen die Aufgabenerledigung beim Ministerium verbleibt.

Wie auch die Finanzagentur kann sich die KfW mit Zustimmung und nach Maßgabe näherer Weisungen des BMF bei der Erfüllung ihrer Aufgaben geeigneter Dritter bedienen.
 

Konkretisierung der Stabilisierungsmaßnahmen

Kern der Durchführungsverordnung ist die Konkretisierung der Voraussetzungen, des Umfangs und der Bedingungen von Stabilisierungsmaßnahmen, also Garantien und sonstiger Gewährleistungen sowie Rekapitalisierungsmaßnahmen, und sonstiger möglicher Leistungen aus dem WSF.

Umfang der Garantieübernahme

Um Liquiditätsengpässe eines Unternehmens in der Krise infolge der COVID-19-Pandemie zu beheben oder dessen Refinanzierung am Kapitalmarkt zu unterstützen, können in jeder geeigneten Form Garantien oder sonstige Gewährleistungen übernommen werden für:

1. nicht nachrangige Schuldtitel oder sonstige Verbindlichkeiten wie Bankkredite und Kreditlinien (im Sinne des Abschnitts 3.2 des Befristeten Rahmens für staatliche Beihilfen) oder
2. sonstige Kreditformen wie zum Beispiel Avale, Akkreditive oder Derivate, einschließlich einer Einzelfallgenehmigung, vorbehaltlich der Genehmigung durch die Europäische Kommission.

Umfasst sind sowohl die jeweilige Hauptforderung als auch die Zinsen. Die Verbindlichkeiten, für die Garantien übernommen werden, müssen dabei mindestens EUR 5 Millionen Euro betragen. Zudem sollen Garantien nur für solche Verbindlichkeiten gewährt werden, für die über andere Programme keine oder jedenfalls keine ausreichende staatliche Absicherung erlangt werden kann.

Garantien mit einer Laufzeit über den 31. Dezember 2020 hinaus können nur gewährt werden bis zur Höhe der doppelten jährlichen Lohnsumme des begünstigten Unternehmens für das Jahr 2019 oder das letzte Jahr, für das Angaben zur Lohnsumme verfügbar sind.

Garantien mit einer Laufzeit über den 31. Dezember 2020 hinaus können unabhängig von der Lohnsumme auch gewährt werden bis zu einer Höhe von 25 Prozent des Gesamtumsatzes des begünstigten Unternehmens im Jahr 2019 in gegenüber der Europäischen Kommission angemessen begründeten Fällen, sofern die Verhältnismäßigkeit gewahrt bleibt und dies gegenüber der Europäischen Kommission nachgewiesen wird.

Hervorzuheben ist, dass Ansprüche aus der Garantie erlöschen, wenn der Garantiebegünstigte seine Rechte nicht unverzüglich nach Eintritt des Garantiefalles geltend macht, spätestens jedoch nach Ablauf von sechs Monaten nach Eintritt des Garantiefalles.

Angemessene Gegenleistung

Die Garantie wird nicht ohne Weiteres gewährt; sie ist an eine „angemessene“ Gegenleistung in Form einer Vergütung geknüpft, die mit Inanspruchnahme der Garantie fällig wird. Die Ermittlung der Angemessenheit hat unter Anwendung marktüblicher Kriterien unter Berücksichtigung der Art des Produktes, wie zum Beispiel Schuldtitel, Bankkredit, Kreditlinie, Darlehen oder Aval, dem Rang der Forderung, des Ausfallrisikos und der Höhe der Absicherung durch die Garantie zu erfolgen. Bestimmte durch den Verordnungseber vorgegebene Mindestprämien sind zu berücksichtigen; diese ergeben sich aus Prozentsätzen der Garantiesumme pro Jahr und variieren in Abhängigkeit von der Art des Unternehmens (KMU bzw. Großunternehmen) und der Laufzeit (bis zu einem Jahr bzw. ab dem 2. Jahr der Laufzeit bzw. ab dem 4. Jahr der Laufzeit) von 0,25 Prozent bis 2,0 Prozent.

Erfolgt eine Absicherung aus Mitteln des Stabilisierungsfonds (dies vorbehaltlich der Genehmigung der Europäischen Kommission) in Höhe von mehr als 90 %, wird ein besonderer marktgerechter Aufschlag auf die Vergütung fällig.

Bedingungen für die Rekapitalisierung

Die Rekapitalisierung soll die Kreditfähigkeit wiederherstellen, wenn bei krisenbedingtem Verlust von Eigenkapital die Zufuhr von Nachrangkapital oder Eigenkapital erforderlich ist. Sie kann mit Garantien aus dem WSF kombiniert werden.

Die näheren Bedingungen der Rekapitalisierung sollen je nach Einzelfall festgelegt werden. Entscheidend ist dabei die Art der Beteiligung.

Eine Rekapitalisierung darf nur aus Gründen des Allgemeinwohls erfolgen, d.h. eine Gefährdung des Bestands des betroffenen Unternehmens muss erhebliche Auswirkungen auf die Wirtschaft, die technologische Souveränität, die Versorgungssicherheit, auf kritische Infrastrukturen oder den Arbeitsmarkt haben.

Eine Rekapitalisierungsmaßnahme darf nur gewährt werden, wenn das Unternehmen zum 31. Dezember 2019 nicht die EU-Definition von „Unternehmen in Schwierigkeiten“ erfüllt hat und für das Unternehmen unter Berücksichtigung der Stabilisierungsmaßnahmen eine positive wirtschaftliche Fortführungsprognose vorliegt.

Die Rekapitalisierung soll eine auf absehbare Zeit angemessene Kapitalausstattung zum Ziel haben. Angemessen ist, was für die nachhaltige Sicherstellung der Kreditwürdigkeit erforderlich ist. Dabei soll vermieden werden, dass die Stabilisierungsmaßnahmen unmittelbar dazu führen, dass die Kapitalausstattung des Unternehmens voraussichtlich nicht nur kurzfristig deutlich besser ist als im Vorfeld der COVID-19-Krise. Der WSF soll im Einzelfall darauf hinwirken, dass eine Rekapitalisierung gegebenenfalls nur nach der Berücksichtigung von möglichen Eigenleistungen der Anteilseigner des begünstigten Unternehmens erfolgt. Diese Eigenleistungen bleiben bei dem Vergleich der Kapitalausstattung vor der COVID-19-Krise und nach der Gewährung der Stabilisierungsmaßnahme außer Betracht.

Angemessene Gegenleistung

Auch bei Inanspruchnahme einer Rekapitalisierung ist eine angemessene Vergütung an den WSF zu leisten. Diese Vergütung geht den Gewinnbeteiligungsrechten der übrigen Gesellschafter des begünstigten Unternehmens vor und kann insbesondere in Form einer bevorzugten Gewinn- oder Zinszuweisung erfolgen.

Auch hier bemisst sich die Angemessenheit auf der Grundlage marktüblicher Kriterien. Zu berücksichtigen sind dabei insbesondere:

  • Merkmale des Instrumentes
  • Rang der Forderung
  • Ausfallrisiko
  • alle Zahlungsmodalitäten
  • Anreize zur Beendigung der Stützung
  • ein geeigneter Basiszins.

Hinsichtlich der konkreten Berechnung enthält die Verordnung nähere Angaben.

Für verzinsliche hybride Instrumente bestimmt sich die Mindestvergütung im Regelfall aus der Summe von Basiszins und bestimmter in der Verordnung aufgeführter Aufschläge. Basiszins ist der 1-Jahres-IBOR oder ein von der Europäischen Kommission veröffentlichter gleichwertiger Zinssatz.

Auch hier differenziert die Rechtsverordnung nach der Art des Empfängers (KMU bzw. Großunternehmen) und der Laufzeit des Instruments (1. Jahr, 2. und 3. Jahr, 4. und 5. Jahr, 6. und 7. Jahr, 8. Jahr und danach) bei einer Spanne von 2,25 Prozent bis 9,5 Prozent.

Für Nachrangdarlehen mit vom Gewinn unabhängigem Festzins, ohne Verlustbeteiligung und ohne Wandlungsrecht (Nachrangdarlehen) berechnet sich die Mindestvergütung nach anderen Grundsätzen.

Für Vorzugsbeteiligungen sind bestimmte Anforderungen an den Ausgabebetrag zu beachten. Dies gilt auch für Rekapitalisierungsinstrumente, die ein Recht zur Wandlung in Unternehmensbeteiligungen mit Stimmrechten vorsehen. Bei Vorzugsbeteiligungen kann auch eine nicht aufsteigende Vergütung oder eine niedrigere Vergütung als die sonst zu beachtende Mindestvergütung vereinbart werden, wenn bei der Bestimmung des Ausgabebetrags ein deutlicher Abschlag vom Marktwert vorgenommen wird.

Besondere Bestimmungen für Beteiligungen mit Vollstimmrecht

Die Verordnung sieht für Erwerb von Beteiligungen mit Vollstimmrecht die Erfüllung verschiedener Anforderungen vor, die gegebenenfalls vertraglich abzusichern sind. Hierzu gehören insbesondere:

  • Die Beteiligung mit Vollstimmrecht soll insbesondere dann erfolgen, wenn das Vertrauen des Marktes in die Fortführung des Unternehmens mit anderen Mitteln nicht hergestellt werden kann. 
  • Die Beteiligung hat grundsätzlich in der Zeichnung neuer Aktien oder Gesellschaftsanteile zu bestehen.
  • Bei börsennotierten Gesellschaften soll sich der Basiswert für den Ausgabebetrag eng an dem Börsenkurs des Unternehmens zu dem Zeitpunkt orientieren, zu dem die Rekapitalisierungsmaßnahme bekannt wird. Die bei Übernahmeangeboten einschlägigen Bestimmungen des Wertpapierübernaherechts hinsichtlich der anzubietenden Gegenleistung gelten entsprechend. Bei der Festlegung des Ausgabebetrags sind zusätzlich das Risikoprofil des Unternehmens, die Besonderheiten des gewählten Instruments, Sondereffekte bei der Börsenpreisbildung sowie Anreize für die Beendigung der Maßnahme zu berücksichtigen. Dies kann dazu führen, dass beim Ausgabebetrag ein angemessener Abschlag vom Basiswert vorzunehmen ist.
  • Bei nicht börsennotierten Gesellschaften ist der Basiswert für den Ausgabetrag durch Sachverständigengutachten unter Anwendung anerkannter Methoden der Unternehmensbewertung zu ermitteln. Ab einer Rekapitalisierung in Höhe von EUR 250 Millionen ist grundsätzlich eine Bewertung nach den IDW S1-Grundsätzen des Instituts der Wirtschaftsprüfer e. V. erforderlich. Unterhalb dieses Betrags genügt eine vereinfachte Bewertungsmethode, z.B. auf der Basis von Multiplikatoren.
  • Die Bedingungen für die Ausgabe von Anteilen müssen so gestaltet sein, dass sie dazu beitragen, sicherzustellen, dass die Beteiligung nicht länger aufrechterhalten wird, als dies im Hinblick auf die Stabilisierung des Unternehmens und das Gebot der Wirtschaftlichkeit geboten erscheint. Dies ist sicherzustellen
    • durchdie Ausgabe von Aktien mit einem Gewinnvorzug, 
    • die Vornahme eines umfangreichen Abschlags auf den Basiswert für den Ausgabebetrag (Abschlag von mindestens 50 Prozent) oder
    • die Vornahme eines erheblichen Abschlags von dem Basiswert und die Gewährung von Rechten zum Bezug weiterer Aktien durch den Fonds nach Maßgabe.
  • Der Fonds zahlt im Gegenzug für weitere Bezugsrechte auf Aktien einen Aufschlag in entsprechender Höhe des Abschlages auf den Ausgabebetrag als Agio. Ein Bezugsrecht im Volumen von mindestens 10 Prozent des Nennwerts der vom Fonds gezeichneten Aktien wird nach Ablauf von vier Jahren, gerechnet ab der Beteiligung durch den Fonds fällig, wenn bis zu diesem Zeitpunkt der Fonds nicht mindestens 40 Prozent seiner Beteiligung veräußert hat, sowie nach sechs Jahren, wenn die Beteiligung des Fonds nicht vollständig abgebaut wurde. Die Bezugsrechte hat das Unternehmen aus einer bedingten Kapitalerhöhung zu bedienen. Das eingezahlte Agio soll dabei als auf die Einlageverpflichtung anrechenbare Vorleistung gelten.
  • Schließlich kann der WSF zu marktkonformen Bedingungen auch Beteiligungen mit Vollstimmrecht erwerben, um eine drohende Übernahme zu verhindern oder zu erschweren, wenn die Übernahme durch einen unionsfremden Investor erfolgen soll und das Unternehmen in einem in § 55 Außenwirtschaftsverordnung genannten Sektor tätig (Unternehmen der kritischen Infrastruktur) oder sonst für von vergleichbarer Bedeutung für die für die öffentliche Sicherheit und Ordnung der Bundesrepublik Deutschland ist. Der Erwerb einer Beteiligung mit Vollstimmrecht setzt hier nicht voraus, dass das Vertrauen des Marktes in die Fortführung des Unternehmens mit anderen Mittel nicht hergestellt werden kann. Von den sonst vorgesehenen Bedingungen und Auflagen kann hier abgewichen werden. Entscheidungen trifft der WSF-Ausschuss.
  • Diese in § 7 Absatz 10 der WSF-DV vorgesehene „Staatsbeteiligung zur Verhinderung einer feindlichen Übernahme“ eines Betreibers kritischer Infrastrukturen oder eines sonstigen für die öffentliche Sicherheit und Ordnung besonders relevanten Unternehmens stößt teilweise auf Kritik, nicht zwingend wegen ihres Inhalts, sondern vornehmlich wegen ihres Zustandekommens und ihrer Verortung. Bekanntermaßen ist Zweck des WSF die Überwindung von Liquiditätsengpässen und die Stärkung der Kapitalbasis von Unternehmen. Die Verordnung ermächtigt den WSF nun aber (darüber hinaus) zumindest prima facie, Beteiligungen an Unternehmen zu erwerben, um drohende Übernahmen durch Investoren aus Drittstaaten zu verhindern oder zu erschweren. Obschon eine Verhinderung übergroßen Einflusses von Drittstaaten-Investoren (einschließlich Staatsfonds) auf Betreiber kritischer Infrastrukturen durchaus wünschenswert erscheinen mag, fragt sich, ob die Umsetzung eines solchen Vorhabens im Wege der Aufnahme diesbezüglicher Bestimmungen in einer zur Umsetzung des Wirtschaftsstabilisierungsfondsgesetzes erlassenen Verordnung rechtstechnisch und politisch der richtige Weg ist und hier gegebenenfalls nach dem Motto „Der Zweck heiligt die Mittel“ vorgegangen wurde.

Auflagen und Bedingungen

Auflagen und Bedingungen für Stabilisierungsmaßnahmen nach dem Stabilisierungsfondsgesetz müssen dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entsprechen und haben sich insbesondere an der Art, der Höhe und der Dauer der in Anspruch genommenen Stabilisierungsmaßnahme sowie an der wirtschaftlichen Situation des Unternehmens auszurichten. Die Auflagen sollen so gestaltet werden, dass sie Anreize für eine zügige Beendigung der Stabilisierungsmaßnahme setzen.

Bei Rekapitalisierungsmaßnahmen und im Wesentlichen bei Garantien mit einer Garantiesumme > EUR 100 Millionen gilt zusätzlich folgendes:

  • Solange das Unternehmen Stabilisierungsmaßnahmen des Fonds in Anspruch nimmt, dürfen Organmitgliedern und Geschäftsleitern unter Einbeziehung von etwaigen Konzernbezügen Boni, andere variable oder vergleichbare Vergütungsbestandteile nicht gewährt werden. Ebenso dürfen Sonderzahlungen in Form von Aktienpaketen, Gratifikationen oder andere gesonderte Vergütungen neben dem Festgehalt, sonstige in das freie Ermessen des Unternehmens gestellte Vergütungsbestandteile und rechtlich nicht gebotene Abfindungen nicht gewährt werden.
  • Solange nicht mindestens 75 Prozent der Maßnahme zurückgeführt sind, darf kein Mitglied der Geschäftsleitung des Unternehmens eine Vergütung erhalten, die über die Grundvergütung dieses Mitglieds der Geschäftsleitung zum 31. Dezember 2019 hinausgeht. Bei Personen, die zum Zeitpunkt der Maßnahme oder danach Mitglied der Geschäftsleitung werden, gilt als Obergrenze die Grundvergütung von Mitgliedern der Geschäftsleitung derselben Verantwortungsstufe zum 31. Dezember 2019.
  • Bei Bedarf sollen außerdem weitere Auflagen erlassen werden, um Wettbewerbsverzerrungen zu vermeiden.
  • Während der Dauer der Stabilisierungsmaßnahme dürfen grundsätzlich keine Dividenden oder sonstige, vertraglich oder gesetzlich nicht geschuldete, Gewinnausschüttungen an andere Gesellschafter als den WSF geleistet werden.
  • Weiterhin darf das Unternehmen keine Aktien oder sonstige Bestandteile der haftenden Eigenmittel des Unternehmens zurückkaufen und keine sonstigen, vertraglich oder gesetzlich nicht geschuldeten Leistungen an andere Gesellschafter oder mit ihnen verbundene Unternehmen leisten.
  • Unternehmen, die Teil einer multinationalen Gruppe sind, haben zu bestätigen, dass Mittel des WSF nicht in nicht kooperative Jurisdiktionen im Sinne der EU-Liste nicht kooperativer Länder und Gebiete für Steuerzwecke abfließen. Unternehmen mit Sitz in nicht kooperativen Jurisdiktionen können nicht Empfänger von Stabilisierungsmaßnahmen sein.
  • Unternehmen müssen dem WSF innerhalb von zwölf Monaten nach Vorlage des Rückzahlungsplans und danach regelmäßig alle zwölf Monate u.a. über die Fortschritte bei der Umsetzung des Rückzahlungsplans Bericht erstatten. Unternehmen sind verpflichtet, dem BMF und dem BMWi spätestens zwölf Monate nach der Gewährung der Rekapitalisierungsmaßnahme eine mit der Finanzagentur abgestimmte Strategie für die Beendigung der Stabilisierungsmaßnahme vorzulegen. Diese soll insbesondere Überlegungen zur Fortführung des Unternehmens und einen Plan für die Erbringung der Vergütung der Stabilisierungsmaßnahme und von Rückzahlungen an den Fonds enthalten.
  • Während der Stabilisierungsmaßnahme bestehen gewisse Offenlegungs- und Berichtpflichten, auch erfolgt eine Überprüfung der Geschäftspolitik und deren wirtschaftlicher Nachhaltigkeit, um die Gewähr für eine solide und umsichtige Geschäftspolitik zu bieten.
  • Börsennotierte Unternehmen dürfen von den Empfehlungen des Deutschen Corporate Governance Kodex nur noch mit Genehmigung des WSF und nur bei Vorliegen eines sachlichen Grundes abweichen. Ihr Beitrag zur wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit, zur Stabilisierung von Produktionsketten und zur dauerhaften Sicherung von Arbeitsplätzen soll nachgewiesen werden müssen. Vergütungsbeschränkungen sollen auch für Mitarbeitern der nachgelagerten Führungsebene vorgenommen werden.
  • Sofern durch die Rekapitalisierungsmaßnahmen Wettbewerbsverzerrungen zu befürchten sind, kann der Fonds dem begünstigten Unternehmen Bedingungen für die Geschäftstätigkeit auferlegen, die geeignet sind, derartige Wettbewerbsverzerrungen zu vermeiden und es gelten darüber hinaus bestimmte Auflagen.
  • Der WSF hat sich im Rahmen von Stabilisierungsmaßnahmen von dem begünstigten Unternehmen vertragliche Rechte einräumen zu lassen. Dazu gehören ein Erhebungsrecht für den Bundesrechnungshof, die Überprüfung der Erfüllung von Bedingungen und Auflagen durch den Abschlussprüfer, das Einverständnis zur individuellen Veröffentlichung der gewährten Stabilisierungsmaßnahmen, angemessene Informationsrechte und die Abgabe einer Verpflichtungserklärung der geschäftsführungsberechtigten Organe, in die etwaige Auflagen und Bedingungen aufzunehmen sind. Auflagen und Bedingungen können auch vertraglich vereinbart werden.
  • Die Verordnung räumt die Möglichkeit ein, bei etwaigen Verstößen des begünstigten Unternehmens vertragliche Kündigungsrechte, Schadensersatzansprüche und Vertragsstrafen festzulegen.
     

Beendigung der Stabilisierungsmaßnahmen

Rekapitalisierungsmaßnahmen sind spätestens nach Ablauf von sechs Jahren ab Gewährung und Garantien spätestens nach Ablauf von zehn Jahren ab Gewährung zu beenden.

Die Beendigung der Rekapitalisierungsmaßnahme hat durch Verkauf an einen Drittinvestor oder bisherigen Gesellschafter um Marktpreis und unter Beachtung der Grundsätze der Transparenz und der Diskriminierungsfreiheit zu erfolgen. Soweit es rechtlich zulässig und wirtschaftlich vertretbar ist, ist der Rückkauf durch das Unternehmen selbst als weitere Möglichkeit neben der Veräußerung am Markt zu prüfen.

Darüber hinaus können Stabilisierungsmaßnahmen nur fortgeführt werden, wenn ihre Beendigung unwirtschaftlich wäre, die öffentliche Sicherheit und Ordnung, die technologische Souveränität in High-Tech-Bereichen oder die Fortführung des Unternehmens unmittelbar gefährden würde oder erhebliche negative Auswirkungen auf die Gesamtwirtschaft hätte.
 

Sonstige Kosten

Der Antragsteller hat die für die Antragsbearbeitung entstandenen Kosten zu entrichten. Die Kostenerstattung ist in § 19 des Stabilisierungsfondsgesetzes geregelt und wird nun in der WSF-Kostenverordnung näher konkretisiert, insbesondere bezüglich Entstehung, Umfang und Fälligkeit, allerdings derzeit ohne genauere Indikationen zur letztendlichen Höhe.

Das BMWi oder das BMFkönnen diese Kosten durch Kostenbescheid festsetzen oder diese Kosten aufgrund einer Verpflichtungserklärung oder eines Vertrages erheben. 

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