Herbstüberlegungen

Reto Savoia verrät im Kurzgespräch, was ihn derzeit bewegt – im Geschäft und anderswo.

Jedes Quartal rückt Reto Savoia, CEO Deloitte Schweiz, aktuelle Themen in den Vordergrund. Er spricht über die Schweizer Wirtschaft und erläutert, wo er innerhalb des Unternehmens den nächsten Schwerpunkt setzt. Reto Savoia schaut zurück auf Ereignisse, die ihn beeindruckt haben, und wir bitten ihn, sich zwischen zwei Dingen zu entscheiden, ohne viele Worte zu verlieren. Jedes Quartal aufs Neue!

Wirtschaft und Geschäft

Welche aktuelle Herausforderung für die Schweizer Wirtschaft steht für dich in den kommenden drei Monaten im Vordergrund?

Wie die jüngsten Konjunkturdaten des Staatssekretariats für Wirtschaft zeigen, sollte die Schweizer Wirtschaft 2024 um 1,2 Prozent wachsen. Das sind, wie bereits im Vorjahr, tiefe, unzureichende Zahlen, die das Wirtschaftspotenzial des Landes nicht ausschöpfen.

Umso wichtiger ist es, dass wir die Rahmenbedingungen für Unternehmen attraktiver machen. Diesbezüglich sehe ich aber einige dunkle Wolken: Die heftigen finanzpolitischen Diskussionen in der zurückliegenden Herbstsession zeigen, dass hart um zahlreiche Partikularinteressen von Branchen, Kantonen und Wählergruppen gekämpft wird. Insgesamt leben wir klar über unsere Verhältnisse. Das zeigen auch die aktualisierten Prognosen zur AHV. Immerhin zeichnet sich eine gewisse Konsensfindung im bürgerlichen Lager ab, was die künftigen Prioritäten angeht.

Wenig hilfreich ist in diesem Zusammenhang, dass die verschiedenen, dringend nötigen Reformen, etwa in der Altersvorsorge oder im Gesundheitswesen, kaum vom Fleck kommen. Auch auf dem Weg zur angestrebten Klimaneutralität geht es nur langsam voran: Da glaubt man – auf theoretischer Ebene –, mögliche Lösungen zur Produktion von mehr klimaschonender Energie gefunden zu haben, und schon stossen diese in der Praxis auf teils massiven Widerstand aufgrund von Partikularinteressen. Wir werden auf allen Reformgebieten einen nationalen Konsens finden müssen. Das bedingt wieder mehr Kompromissbereitschaft von allen Akteuren und den Willen, auch viel stärker generationen- und kantonsübergreifend zu denken.

Wichtig bleibt zudem ein zentrales Anliegen der Schweizer Wirtschaft: die Sicherung bzw. Verbesserung der Beziehungen zu unseren wichtigsten Handelspartnern, insbesondere den Ländern der EU. Die Komplexität nimmt dabei laufend zu und betrifft mittlerweile auch stark verteidigungs-, sicherheits- und neutralitätspolitische Aspekte, die naturgemäss besonders heikel sind.

Welche Priorität steht für Deloitte Schweiz in den kommenden Monaten im Vordergrund?


Ganz klar die weitere Stärkung unserer Marktposition. Unsere jüngsten Zahlen zeigen, dass wir deutlich über dem Gesamtmarkt gewachsen sind. Das ist keine Selbstverständlichkeit und erfordert einen sehr weitblickenden Umgang mit verschiedenen Unternehmensthemen – mit Blick auf Marktentwicklungen und Kundenbedürfnisse wie auch nach innen, auf die Fähigkeiten und Bedürfnisse unserer Mitarbeitenden. Ebenso auf technologische Entwicklungen, die wiederum grosse Investitionen erfordern.

Unser Hauptfokus liegt dabei auf aktuellen Entwicklungen im Technologiebereich – dazu zählen Cybersicherheit, Cloud, SAP und GenAI – sowie in den Bereichen Nachhaltigkeit und M&A, wo wir Kunden von A bis Z – neudeutsch würde man sagen: End-to-end – unterstützen.

Es freut mich besonders, dass wir mit unseren Studien und unserer fundierten Thought Leadership kontinuierlich wertvolle Beiträge zu aktuellen Themen leisten. Dazu zählen unter anderem Nachhaltigkeit, digitale Innovationen wie künstliche Intelligenz, Cloud-Technologie und Cybersicherheit, die Vermögensverwaltung für Privatkunden, die Entwicklung der Krankenkassenprämien sowie die Bedürfnisse von CFOs.

Tief beeindruckt

Welches jüngste Ereignis hat dich persönlich besonders beschäftigt oder beeindruckt?

Ich hatte kürzlich ein sehr positives, inspirierendes Gespräch mit einer Gruppe jüngerer Leute. Dabei ist mir – trotz all der Probleme, Krisen und Kriege, die wir seit Jahren erleben und die wir zu Recht sehr ernst nehmen – wieder einmal bewusst geworden, dass die Menschheit während der letzten zwei Generationen auch massive Fortschritte gemacht hat. Insgesamt geht es ihr vermutlich besser denn je, etwa bezüglich Bildung, Gleichberechtigung, Menschenrechte, Ernährung, Gesundheit, soziale Sicherheit und vieles mehr. Wohlgemerkt: Es gibt auf der Welt noch viel zu viel Leid und Ungerechtigkeit, und wir dürfen uns nicht mit dem Status quo zufriedengeben. Aber es scheint mir von Bedeutung, dass wir uns auch der Erfolge bewusst sind und diese entsprechend würdigen. Es ist wichtig, dass die nächste Generation mit ihrer hohen Motivation auf der in vielen Bereichen guten Basis aufbaut.

Entweder – oder

Auf ein Wort: Lieber ein gemütlicher Spaziergang durch den herbstlichen Wald oder ein genüssliches Beisammensein zu feinem «Herbstessen»?

Ich bin sehr gerne in der Natur und an der frischen Luft, aber es geht nichts über ein gemütliches Beisammensein mit Familie und Freunden!


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