Perspektiven

Auch im Schweizer Möbelmarkt wächst der Online-Handel

Die Digitalisierung macht keinen Halt vor dem Schweizer Möbelmarkt, im Gegenteil: Das Online-Geschäft gewinnt an Bedeutung und der technologische Fortschritt ermöglicht auch neue Konzepte im stationären Bereich und in der Informationsbeschaffung.

Die grossen Ketten investieren parallel zu ihrem Filialnetz enorme Summen in den Onlinehandel und verfolgen so eine omni-channel Strategie. Es gibt jedoch zunehmend auch reine Onlinehändler auf dem Schweizer Markt.

Trotzdem sind die Umsätze, die im Schweizer Onlinehandel mit Möbeln erzielt werden, mit rund 7% noch nicht auf dem Niveau von anderen Ländern. In Deutschland ist der Online-Anteil schon mehr als doppelt so hoch.1 Wir gehen davon aus, dass die Onlineumsätze auch in der Schweiz weiter zunehmen werden.

Internationale Anbieter haben den Schweizer Markt im Visier

Neben den technischen Erneuerungen ergibt sich eine weitere Herausforderung durch den Markteintritt ausländischer Anbieter, beispielsweise der XXXLutz im April 2018. Der österreichische Möbelkonzern mit Produkten des mittleren Preissegments ist bis jetzt zwar nur mit einer Filiale in Rothrist präsent, in Zukunft will die Kette jedoch eine ähnliche Dichte an Verkaufsstellen wie IKEA aufweisen.2 XXXLutz ist mit über 20'000 Mitarbeitern in elf Ländern hinter IKEA die Nummer zwei in Europa. Laut XXXLutz kann man dank Skaleneffekten den Schweizer Kunden die Waren zu denselben Preisen wie in Österreich anbieten.3

Weiter gibt es weiterhin die Herausforderung des grenznahen Einkaufstourismus. Wer auf deutscher Seite vom Bodensee Richtung Basel fährt kommt alle paar Kilometer an einem Möbelhaus vorbei. Wer deren Hauptzielkunden sind versteht sich von selbst.

Neue Technologien verbessern das Einkaufserlebnis durch eine Verschmelzung der Online- und Offline-Welt

Um den Kunden ein möglichst umfassendes und innovatives Einkaufserlebnis zu bieten, nutzen mehrere Unternehmen auch neue Technologien wie Virtual oder Augmented Reality. Damit können die Konsumenten via App ein virtuelles 3D Modell des gewünschten Möbelstücks zu Hause in einen realen Raum «stellen». Auch in den Filialen verschmilzt vielerorts die Online- mit der Offlinewelt: Touchscreens ermöglichen eine individuelle Anpassung der ausgestellten Möbel und Virtual Reality Brillen simulieren ganze Inneneinrichtungen.

Zudem wird mit Pop-up-Storekonzepten experimentiert. Hier wird meist in einem Geschäft an hochfrequentierten Innenstadtlagen ein stark reduziertes, oft fokussiertes Sortiment (z.B. Wohnwelt, Küche, Accessoires) ausgestellt in Verbindung mit digitalen Geräten über die das Vollsortiment abrufbar und bestellbar ist.

Jeder Fünfte bestellt Möbel online: Je urbaner der Wohnort, desto häufiger Onlinebestellungen

Um die Auswirkungen der Digitalisierung auf das Verhalten und die Bedürfnisse der Konsumenten im Schweizer Möbelmarkt zu untersuchen, hat Deloitte kürzlich eine repräsentative Umfrage unter 1'500 Verbrauchern durchgeführt.

Abbildung 1 zeigt, dass rund 80% der Befragten Möbel in der Regel in einem physischen Laden einkaufen, davon lassen sich knapp 30% die Möbel nach Hause liefern. Weitere 13% bestellen die Möbel online und lassen sie ausliefern, nur gerade 6% bestellen sie online und holen sie dann selbst ab.

Abbildung 1: Nach Wohnort: Wie werden in der Schweiz Möbel gekauft?

Die Analyse nach Wohnort zeigt dabei interessante Unterschiede: Je urbaner der Wohnort, desto eher werden Möbel online gekauft. 21% der befragten Bewohner von Grossstädten (Basel, Bern, Genf, Lausanne und Zürich) bevorzugen die Onlinebestellung mit Heimlieferung. In den ländlichen Gebieten sind dies nur gerade 9%. Mehr als zwei Drittel der Landbevölkerung, welche rein zeitlich gesehen sicherlich von einer Onlinebestellung mit Lieferung profitieren würde, kauft Möbel in der Regel im Laden und transportiert sie selbst nach Hause. Bei den Städtern sind dies 57%. Dies hat auch einen Zusammenhang mit dem Alter, denn die Stadtbevölkerung ist vergleichsweise jung, und junge Konsumenten nutzten, wie auch unsere Umfrage bestätigt, vermehrt Onlinekanäle. Da Bewohner von Grossstädten auch seltener ein Auto besitzen, ist die Onlinebestellung mit Heimlieferung für sie besonders bequem.

In ländlichen Gebieten wünscht man sich eine persönliche Beratung

Wie in Abbildung 2 zu sehen, wünschen sich 40% der Konsumenten im Möbelmarkt einerseits umfangreiche Informationen im Onlineshop, ebenso viele eine persönliche Beratung im Laden. Dies deckt sich in etwa mit den Erkenntnissen aus unseren Studien für den Elektronik- und dem Sportartikelmarkt. Mehr als ein Drittel wünscht sich ausserdem einen schnellen Bezahlprozess im Laden sowie eine grosse Auswahl in den Onlineshops. Zudem zeigt sich, dass die Befragten gegenüber Virtual Reality recht aufgeschlossen sind: Beinahe ein Drittel möchte diese Technologie nutzen.

Abbildung 2: Nach Wohnort: Was wünschen Sie sich für die Zukunft?

Auch hier gibt es Unterschiede je nach Wohnort. Generell lässt sich festhalten, dass urbane Konsumenten höhere Ansprüche haben, sie haben generell mehr Wünsche für die Zukunft. Eine Ausnahme bildet die persönliche Beratung, dieser Wunsch ist bei der Bevölkerung von ländlichen Gebieten besonders ausgeprägt.

Digitale Strategien sind ein wichtiger Wachstumstreiber

Die Auswertung der Resultate zeigt, dass die Digitalisierung definitiv auch das Konsumverhalten auf dem Schweizer Möbelmarkt verändert: Beinahe 30% der urbanen Bevölkerung bevorzugt den Onlineeinkauf. Die Einrichtungshäuser sollten deshalb ihre digitale Strategie laufend überdenken und gegebenenfalls anpassen. Denn während der Gesamtmarkt seit Jahren leicht Rückläufig ist (von 2012 4.1 Mrd CHF auf 2017 3.8 Mrd CHF, -7.3%), wächst der Onlinehandel stark.4 Auch wenn die Mehrheit ihre Möbel in einem physischen Laden einkauft, so suchen doch drei Viertel der befragten Konsumenten die Informationen vor dem Kauf im Internet. Bei den 16-29-Jährigen sind es sogar 84%. Es wird sich noch zeigen, inwiefern Technologien wie Virtual Reality für die Kundengewinnung eine grosse Rolle spielen. Was heute vielleicht noch nach einer technischen Spielerei aussieht, könnte in ein paar Jahren aber als Standard angesehen werden.5

Mieten statt kaufen

Der Trend weg vom Besitz, hin zur flexiblen Nutzung wird 2019 auch den Möbelmarkt erreichen. Sowohl IKEA als auch der Schweizer Online-Möbelhändler Beliani werden in den kommenden Monaten Möbel-Abos anbieten. Dabei können die Kunden verschiedene Möbeltypen für eine bestimmte Zeit ausleihen. Auf diese Weise kann der Lebenszyklus der Produkte verlängert werden, denn die zurückgebrachten Möbel können renoviert und anschliessend erneut verkauft oder vermietet werden. Zielgruppe für dieses Angebot sind einerseits Expats, Studenten oder junge Paare, aber auch modebewusste Konsumenten, die ihre Inneneinrichtung regelmässig auswechseln möchten.6

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