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Trotz Pandemie: Schweizer Uhrmacher glauben an Zukunft der Ladentheke und wollen digitales Erlebnis integrieren

Zürich/Genf, 26. Oktober 2020

Die Mehrheit der Schweizer Uhrmacher ist sich sicher: Traditionelle Geschäfte bleiben der wichtigste Verkaufskanal und werden sich auch in den kommenden Jahren gegenüber dem Online-Shopping behaupten. Dies trotz der anhaltenden Auswirkungen der Pandemie und der sich beschleunigenden Digitalisierung. Die für die neue Deloitte Uhrenstudie befragten Führungskräfte der Schweizer Uhrenindustrie sehen aber noch kein Licht am Ende des Tunnels: 85% rechnen mit trüben Aussichten für ihre Brache – sie sind aber keineswegs untätig. Unternehmen investieren erheblich in ihre Marke und die Kundenpflege, denn das Einkaufserlebnis gilt immer noch als wichtiges Element beim Kauf einer Uhr. Sie priorisieren Omnichannel-Strategien, fassen Fuss auf dem Markt für gebrauchte Uhren und werden nachhaltiger.

Nach einem schwierigen 2019 war im Januar 2020 die Hoffnung auf ein positives Jahr für die Uhrenbranche gross. Doch dann kam Covid-19 und damit eine der disruptivsten Phasen für die Schweizer Uhrenindustrie. Über zwei Drittel der für die Deloitte Swiss Watch Industry Study 2020 befragten Führungskräfte rechnen mit einem trüben Ausblick für die Schweizer Wirtschaft allgemein und 85% sehen für die Uhrenbranche kurz-fristig schwarz. Das zeigt den Ernst der Lage und welchen Herausforderungen die Branche gegenübersteht.

Covid-19 hat die Branche hart getroffen und die in Europa angerollte zweite Welle hat allen gezeigt, dass die Krise noch nicht vorbei ist. Der sinkende Export hat die Einsteiger-Quarzuhren besonders hart getroffen. Das Segment steht seit 2012 unter Druck. Der Einbruch des weltweiten Tourismus durch die Reisebeschränkun-gen, die sinkende Binnennachfrage durch den Lockdown und Zurückhaltung bei den Ausgaben wirken sich allesamt direkt negativ auf die Branche aus. Die Produktionsstopps in China zeigten Lücken in der Lieferkette und den Beständen einiger Produzenten auf. Möglicherweise könnte das dazu führen, dass die Produktion regionalisiert, also wieder zurück in die Schweiz geholt wird.

Einkaufserlebnis weiterhin wichtig

Traditionelle Geschäfte werden wohl in den kommenden Jahren trotz der Pandemie der wichtigste Vertriebskanal bleiben. Über 70% der Führungskräfte in der Uhrenbranche glauben, dass Offline-Kanäle über alle Preiskategorien hinweg gesehen auch in Zukunft dominieren werden. Wie Abbildung 1 zeigt, priorisieren über 60% der befragten Marken die Entwicklung und den Ausbau ihrer Omnichannel-Strategie. Das Einkaufserlebnis ist und bleibt ein wichtiges Element beim Uhrenkauf. Führungskräfte priorisieren daher die Markenpflege rund um das Kundenerlebnis, mit mobiler Technologie ausgerüstetes Personal und neue Handy-Apps. Technologien wie erweiterte oder virtuelle Realität spielen im Moment keine grosse Rolle.

Abbildung 1: Inwieweit stellen die folgenden Geschäftsstrategien für Ihr Unternehmen in den kommenden zwölf Monaten eine Priorität dar?*

Karine Szegedi, Leiterin Fashion & Luxury bei Deloitte Schweiz, kommentiert: «Das emotionale Erlebnis beim Anschauen, Anfassen und Anprobieren von Luxusuhren spielt in der Branche eine immens grosse Rolle. Die Herausforderung besteht nun darin, das physische und digitale Erlebnis geschickt miteinander zu verbinden. Dadurch schaffen die Unternehmen nicht nur ein nahtloses Erlebnis für die Kundschaft, sondern erhöhen auch ihre Widerstandskraft für den Fall eines weiteren Lockdowns.»

Welche Marketingkanäle beeinflussen die Kaufentscheidung der Kunden? Printanzeigen sind in der Schweiz und Deutschland noch immer am einflussreichsten. In Frankreich, China und in Grossbritannien haben In-store Events den grössten Einfluss, wie Abbildung 2 zeigt. Soziale Medien und Influencer sind in Hongkong, den Vereinigten Arabischen Emiraten und Singapur am effektivsten. Radio und Fernsehen spielen in vielen Ländern immer noch eine relativ grosse Rolle. Die Antworten zeigen, wie wichtig der richtige Mix an Marketingkanälen ist.

Abbildung 2: Welche Marketingkanäle beeinflussen Ihre Kaufentscheidung am meisten?

Smartwatches unterschätzt

Über 60% der Führungskräfte gestanden ein, dass die Branche den Reiz und den Erfolg von Smartwatches unterschätzt hat. 34% der Befragten sehen Smartwatches als Bedrohung (gegenüber 14% im Jahr 2017). Allerdings tragen im Durchschnitt nach wie vor 60% der befragten Verbraucher entweder eine traditionelle Uhr oder zusätzlich eine Smartwatch – ein positives Zeichen für die Branche: Die Kunden sind beim Thema Uhren noch nicht komplett digitalisiert.

Das Einkommensniveau in verschiedenen Lebensabschnitten beeinflusst die Kaufentscheidung stark. Aus diesem Grund wurden die Verbraucher gefragt, welche Uhr sie kaufen würden, wenn sie umgerechnet CHF 5’000 ausgeben könnten. Zwar würde die Mehrheit in allen elf Ländern eine Luxusuhr kaufen. Das Interesse daran, jedes Jahr während 10 Jahren eine neue Smartwatch zu kaufen, hat aber für Millennials in vielen Ländern gegenüber der Umfrage von 2017 deutlich zugenommen. Die Entwicklung der Ergebnisse zwischen 2017 und 2020 zeigt, dass wenn Geld keine Rolle spielt, Smartwatches eine zunehmend attraktive Option sind. Mechanische Luxusuhren werden jedoch nach wie vor mehrheitlich bevorzugt und haben daher weiterhin eine rosige Zukunft vor sich.

Markt für Gebrauchtuhren wächst

Luxusmarken haben sich lange vom Second-Hand-Markt ferngehalten. Vor Kurzem aber hat für grosse Marken und Unternehmen eine Verlagerung in dieses wichtige und möglicherweise lukrative Segment begonnen. Jules Boudrand, Experte für die Uhrenbranche bei Deloitte Schweiz, kommentiert: «Grosse Marken und Unternehmen verfolgen mit dem Einstieg in den Gebrauchtmarkt zwei Ziele: Einerseits wollen sie einen Anteil dieses wachsenden Markts für sich beanspruchen, um dem zyklischen Wesen der Branche entgegenzuwirken. Andererseits soll mittels Rückkaufprogrammen der Absatz neuer Uhren angekurbelt werden.»

Ein Fünftel der befragten Konsumentinnen und Konsumenten plant im kommenden Jahr den Kauf einer gebrauchten Luxusuhr. Dieser Anteil wird voraussichtlich noch steigen, da der Übergang zu digitalen Kanälen und E-Commerce mehr potenziellen Käufern die Möglichkeit gibt, eine gebrauchte Uhr zu erwerben. Jules Boudrad betont: «Bei der Entscheidung für eine gebrauchte Uhr spielt inzwischen die Werterhaltung – und zwar im Hinblick auf den Preis, die Marke und den emotionalen Wert – eine wichtige Rolle. Marken mit der grössten Erhaltung, des tatsächlichen und empfundenen Werts, sind branchenführend.»

Geopolitische Ungewissheit belastet Uhrenbranche

Die Branche hat nicht nur mit der Pandemie zu kämpfen. 2019 drückten die Proteste in Hongkong nachweislich monatelang die Absatzzahlen nach unten. Gemäss der Mehrheit (54%) der Führungskräfte werden externe Faktoren wie die politische Unsicherheit durch den Brexit, der Handelskrieg zwischen den USA und China und bevorstehende Wahlen die Schweizer Uhrenindustrie weiterhin belasten. Wie bereits in der Umfrage 2017 gezeigt, stellen auch die sinkende Nachfrage im In- und Ausland und der starke Schweizer Franken weiterhin beträchtliche Risiken für die Branche dar. Weiter haben die Risiken, die mit einem Anstieg des Goldpreises und einem Mangel an qualifizierten Arbeitskräften verbunden sind, seit unserer letzten Umfrage deutlich zugenommen.

Was das Wachstum betrifft, so ist China der Hauptmarkt für die Branche, gefolgt von den USA und anderen bevölkerungsreichen asiatischen Ländern wie Indonesien, Indien und Vietnam. In den kommenden zwölf Monaten rechnen 77% der Befragten mit einem Wachstum in China und über ein Drittel erwarten ein Wachs-tum im Nahen Osten. Für Europa und Hongkong wird hingegen mit einem deutlichen Rückgang gerechnet. Je teurer die Uhr, umso besser der Ausblick. Die Erholung über die Sommermonate in China war dem Verkauf hochwertiger mechanischer Uhren zu verdanken. Es wird damit gerechnet, dass dieser Trend anhalten wird.

Stärkerer Schwerpunkt bei Nachhaltigkeit

Die Schweizer Uhrenbranche ist sich zunehmend bewusst, wie wichtig Nachhaltigkeit und ethisch korrektes Handeln entlang der gesamten Wertschöpfungskette sind. Nahezu 90% der befragten Führungskräfte glauben, dass Nachhaltigkeit für die Schweizer Uhrenbranche ein wichtiges Thema ist. Aber nur die Hälfte der Befragten kommuniziert aktiv über ihre Umweltinitiativen und nur ein Drittel veröffentlicht einen Nachhaltigkeitsbericht. Die Nachfrage bei den Kunden, der Wunsch des Unternehmens selbst nach mehr Nachhaltigkeit und die Berichterstattung in den Medien sorgen dafür, dass grössere Transparenz rund um diese Themen eine immer wichtigere Rolle spielt. Die Studie zeigt, dass über die Hälfte der Konsumentinnen und Konsumenten auf Nachhaltigkeit beim Uhrenkauf Wert legt.

Karine Szegedi erklärt: «Im Mode- und Luxussegment beobachten wir eine zunehmende Verlagerung hin zur Nachhaltigkeit. Designer und Juweliere legen immer grösseren Wert auf umweltfreundliche Materialien, verantwortungsbewusste Beschaffung und wertsteigernde Wiederverwertung, das so genannte Upcycling. Dieser Trend wird in den kommenden Jahren noch an Bedeutung gewinnen – auch in der Uhrenbranche».

Über die Uhrenstudie «Deloitte Swiss Watch Industry Study»

Die diesjährige Ausgabe der Studie von Deloitte zur Schweizer Uhrenindustrie ist die siebte ihrer Art. Sie basiert auf einer Online-Umfrage mit 55 Führungskräften aus der Schweizer Uhrenindustrie zwischen Mitte August und Mitte September 2020, persönlichen Gesprächen über die letzten Monate hinweg sowie auf einer Konsumentenbefragung bei 5’800 Personen in China, Frankreich, Deutschland, Hong Kong, Singapur, Grossbritannien, Italien, Japan, den Vereinigten Arabischen Emiraten, der Schweiz und den USA. Die Studie dient als Indikator für die aktuelle Stimmung im Schweizer Uhrenmarkt und kann auch auf unserer Webseite konsultiert werden (auf Englisch oder Französisch).

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