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Hedge Accounting in Zeiten der IBOR-Reform

IASB erlässt Änderungen, um die Auswirkungen der IBOR-Ablösung zu mildern

Ohne die Änderungen an IFRS 9, IAS 39 und IFRS 7 wäre das Fortbestehen sowie die Neudesignation von Zinssicherungsbeziehungen, die direkt von der IBOR-Reform betroffen sind, kaum denkbar. Informieren Sie sich jetzt, welche Auswirkungen die bevorstehende Ablösung der Referenzzinssätze auf Ihr Unternehmen hat, und welche Änderungen in diesem Zusammenhang zu beachten sind.

Hintergrund

Die bestehenden Interbankensätze (IBORs wie z.B. EURIBOR) sind aufgrund aufgedeckter Marktmanipulationen zunehmend in die Kritik geraten. Gleichzeitig ist der kurzfristige Interbankenhandel, über den sich die Banken untereinander unbesichert refinanzieren, stark zurückgegangen. Aufgrund dessen wurde seitens des Financial Stability Boards (FSB) eine Reform empfohlen, um stabile, verlässliche und risikofreie Zinssätze festzusetzen. Diese Reform hat zahlreiche potentielle Auswirkungen auf die Finanzberichterstattung der Unternehmen. Im Folgenden erläutern wir Ihnen im Speziellen die Auswirkungen auf das Hedge Accounting.

Die bisherigen IBOR-Sätze sind Grundlage zahlreicher Verträge. Eine Ablösung kann diverse Vertragsänderungen bzw. Neuverhandlungen von Darlehens- und Swapverträgen zur Folge haben und damit verbunden auch eine Anpassung von bestehenden Sicherungsbeziehungen. Das Grundgeschäft und auch das dazugehörige Sicherungsinstrument müssen adjustiert werden. 

Unsicherheiten bestehen in Bezug auf die neue Berechnungsgrundlage der alternativen Referenzzinssätze und den genauen Zeitpunkt der Umstellung. Diese Unsicherheiten können die Effektivität der bestehenden und zukünftigen Sicherungsbeziehungen beeinträchtigen. Im schlimmsten Fall kann eine effektive Sicherungsbeziehung nicht länger festgestellt werden, sodass das Hedge Accounting umgehend zu beenden ist.

Zielsetzung IASB

Um zahlreiche Auflösungen von Sicherungsbeziehungen zu vermeiden, hat der IASB punktuelle Änderungen an den Standards IAS 39, IFRS 9 und IFRS 7 erlassen. Diese sind das Ergebnis der ersten von zwei Phasen des IASB Projektes. 

Phase 1 beschäftigt sich mit den Auswirkungen auf die Finanzberichterstattung bis zum Zeitpunkt der tatsächlichen Ablösung der Referenzzinssätze. Diese wurden im September 2019 veröffentlicht und sind verpflichtend retrospektiv für Berichtsperioden die am oder nach dem 1. Januar 2020 beginnen, anzuwenden (EU-Endorsement 15. Januar 2020). Eine vorzeitige, freiwillige Anwendung ist zulässig. Ziel ist es, trotz der Ablösung verschiedener Referenzzinssätze das Fortbestehen sowie eine Neudesignation bilanzieller Sicherungsbeziehungen zu ermöglichen. 

Phase 2 ist noch in Bearbeitung und beschäftigt sich mit Fragestellungen, die die Finanzberichterstattung im Zeitpunkt der Ablösung der Referenzzinssätze betreffen. Das Ziel von Phase 2 in Bezug auf das Thema Hedge Accounting ist weiterhin, dass die Sicherungsbeziehungen fortbestehen können.  

Hohe Wahrscheinlichkeit

Zur Anwendung von Cash Flow Hedge Accounting unter IAS 39 und IFRS 9 ist es erforderlich, dass die gesicherte, erwartete Transaktion (das Grundgeschäft) bei Designation hoch wahrscheinlich ist. Die bestehenden Unsicherheiten bezüglich der Auswirkungen der IBOR-Reform können dazu führen, dass der Eintritt des Grundgeschäftes (ursprünglich gesicherte IBOR-Zahlungsströme) nicht länger hoch wahrscheinlich ist und somit die Sicherungsbeziehung prospektiv zu beenden wäre. 

Die Standardänderung erfordert nun, dass der Bilanzierende annimmt, dass der Referenzzinssatz, auf dem die gesicherten Zahlungsströme beruhen, nicht von der Ablösung betroffen ist. Für diese Zwecke wird angenommen, dass es die IBOR-Reform nicht gibt. Diese Annahme gilt auch für die Beurteilung, ob nach Beendigung einer Sicherungsbeziehung noch mit dem Eintritt der erwarteten Transaktion gerechnet werden kann. Dadurch soll vermieden werden, dass zahlreiche Cash Flow Hedge Rücklagen vorzeitig in die Gewinn- und Verlustrechnung umgegliedert werden.

Effektivitätsmessung

Des Weiteren wurden seitens des IASB Erleichterungen in Bezug auf die prospektive und retrospektive Effektivitätsmessung erlassen. 

Prospektiv muss ein wirtschaftlicher Zusammenhang zwischen Grundgeschäft und Sicherungsinstrument (IFRS 9) bestehen bzw. muss die Sicherungsbeziehung in hohem Maße zukünftig wirksam sein (IAS 39). Mögliche Unsicherheiten über den Zeitpunkt des Eintritts oder die Höhe der IBOR-basierten Zahlungsströme des Grundgeschäfts oder des Sicherungsinstruments sind bei der Effektivitätsbeurteilung zwingend zu berücksichtigen. Auch in diesem Fall wird angenommen, dass der Referenzzinssatz, auf dem die Zahlungsströme des Grundgeschäftes oder des Sicherungsinstruments beruhen, nicht von der IBOR-Reform betroffen ist. Dadurch kann vermieden werden, dass die Sicherungsbeziehung aufgrund mangelnder Effektivität zu beenden ist.

Von den Erleichterungen für die retrospektive Betrachtung ist nur eine Bilanzierung gem. IAS 39 betroffen, da hier Bandbreiten definiert sind, in denen sich die Effektivität befinden muss (80%-125%). Die Ausnahmeregelung erlaubt während der Zeit der Unsicherheiten, dass eine Sicherungsbeziehung, deren retrospektive Effektivität nicht innerhalb der definierten Bandbreite liegt, nicht zwingend zu beenden ist. In diesem Fall sind die weiteren Bedingungen für das Fortbestehen zu beurteilen (z.B. prospektive Effektivität).

Die beschriebenen Erleichterungen beziehen sich ausschließlich auf die Auswirkungen der IBOR-Reform. Gibt es darüber hinaus Gründe, die zu einer Beendigung der Sicherungsbeziehung führen, dann ist diese unabhängig von den Ausnahmeregelungen zu beenden. Es wurden keine Änderungen in Bezug auf die Bewertung von Grundgeschäft und Sicherungsinstrument erlassen. Die ermittelten Ineffektivitäten sind in vollem Umfang zu erfassen und spiegeln die Auswirkungen der IBOR-Reform wieder. 

Risikokomponenten

Für den Fall, dass das IBOR-Risiko als Grundgeschäft (Sicherung einer Risikokomponente) designiert wurde, stellt sich die Frage, ob dieses weiterhin abgesichert werden kann. Dazu muss die Risikokomponente getrennt identifizierbar und verlässlich bewertbar sein. 

Im Rahmen der IBOR-Reform werden bestehende Referenzzinssätze ausgetauscht. Damit ist die eigentlich gesicherte Risikokomponente nicht länger fortlaufend identifizierbar. Aus diesem Grund ist als Erleichterung eine Beurteilung der separaten Identifizierbarkeit nur zu Beginn der Sicherungsbeziehung vorzunehmen. 

Außerdem muss die separate Identifizierbarkeit bei dynamischen Sicherungsbeziehungen, bei denen das Grundgeschäft und das Sicherungsinstrument zur Steuerung des Exposures häufig angepasst werden, nur bei der initialen Designation der Sicherungsbeziehung gegeben sein. Eine verlässliche Bewertbarkeit der Risikokomponente muss aber wie bisher fortlaufend möglich sein. 

Angaben

Verbunden mit der Anwendung der geänderten Standards sind diverse neue Offenlegungsvorschriften gem. IFRS 7 zu beachten. Es sind spezifische Angaben zu machen, inwieweit die Sicherungsbeziehungen im Unternehmen von der IBOR-Reform betroffen sind. 

Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die Auswirkungen auf das Hedge Accounting von IFRS Anwendern im Wesentlichen davon abhängen, welche Grundgeschäfte und Sicherungsinstrumente designiert wurden und wie die dazugehörige Risikostrategie und die übergeordneten Ziele des Risikomanagements ausgestaltet sind. Für die dargestellten Änderungen wurde bewusst kein Auslaufdatum seitens des IASB definiert. Das heißt, so lange die Unsicherheit in Bezug auf die Zahlungsströme der betroffenen Instrumente besteht, sind die Änderungen verpflichtend anzuwenden.

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