NPL-Management und -Märkte

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NPL-Management und -Märkte

Es ändert sich einiges in 2018

Man könnte meinen, die Regulatorik habe nun endgültig Non-Performing Loans (NPL) für sich entdeckt. Verschiedene neue Regularien werden ab 2018 erheblichen Einfluss auch auf die NPL-Praxis in den Sanierungsabteilungen und den Märkten haben. Andere werden vorangetrieben oder verabschiedet werden.

IFRS 9 ante portas – Erstanwendung ab 1. Januar 2018

Nach langen Diskussionen und hohem Implementierungsaufwand tritt IFRS 9 („Financial Instruments“; finaler Stand vom 24. Juli 2014; Details) nun verpflichtend für Berichtsperioden in Kraft, die am oder nach dem 1. Januar 2018 beginnen. Notleidende Darlehen fallen als Schuldinstrumente, neben anderen, unter IFRS 9.

IFRS 9 umfasst für Schuldinstrumente nunmehr nur noch zwei Bewertungskategorien: „Fortgeführte Anschaffungskosten“ (Amortised Cost) und „Beizulegender Zeitwert“ (Fair Value, wobei weiter zwischen und „Fair Value Through Other Comprehensive Income“ und „Fair Value Through Profit or Loss“ unterschieden wird). Die Zuordnung zu diesen Kategorien erfolgt künftig gemäß IFRS 9.4.1.1 auf Basis des Geschäftsmodells des Unternehmens zur Steuerung finanzieller Vermögenswerte („Halten“, „Halten und Verkaufen“ oder „Verkaufen“) und den Eigenschaften der vertraglichen Zahlungsströme (SPPI-Kriterium). Die geänderten Regelungen führen dazu, dass je nach Produkt-Portfolio bzw. Kategorie Zuordnung die Bewertung zahlreicher Finanzinstrumente grundsätzlich umgestellt werden muss.

Die frühzeitige Bildung von Risikovorsorge für Kreditrisiken (Impairment) auf Basis eines Expected Loss basierten Ansatzes stellt unter IFRS 9 eine der wesentlichen Änderungen zum bisherigen, auf eingetretene Verluste (Incurred Loss) fokussierten Impairment-Modell gemäß IAS 39 dar. Künftig wird also für Wertminderungen auch schon auf erwartete Verlustereignisse (Expected Loss) abstellt. Wie weit in die Zukunft diese Erwartungswerte zu ermitteln sind, hängt von der Kreditqualität ab, nach der Kredite zu jedem Stichtag in ein sogenanntes „Drei-Stufen-Modell“ einzuordnen sind. Die Stufenzuordnung hat dabei über verschiedene quantitative und qualitative Kriterien zu erfolgen, was zu hoher Komplexität führen kann. Die für NPL überwiegend relevante zweite und dritte Stufe impliziert die Ermittlung von Erwartungswerten über die gesamte Kreditlaufzeit (Lifetime Expected Credit Loss). Im Ergebnis führt das neue Impairment-Verfahren also dazu, dass Wertberichtigungen für NPL tendenziell erheblich ausgeweitet werden müssen.

Bezüglich des Verkaufs von NPL Portfolios gelten für die Frage der Ausbuchung von Forderungen im Rahmen einer NPL Transaktion die gegenüber IAS 39 inhaltlich unveränderten Vorschriften. Ergänzend ist relevant, ob das Engagement, das verkauft werden soll, zuvor dem Geschäftsmodell „Halten“ zugeordnet wurde. Verkäufe aufgrund einer Verschlechterung der Kreditqualität – wie dies bei NPL-Portfolios regelmäßig der Fall sein dürfte – sind i.d.R. unschädlich für das „Halten“-Geschäftsmodell. Hier können jedoch Auslegungsfragen in den Fokus rücken. Verkäufe zur Steuerung von Kreditrisikokonzentrationen etwa fallen nicht unter diese Regelung. Auf Käuferseite kommen die Regelungen zu Purchased or Originated Credit Impaired Financial Assets“ (POCI) hinzu.

 

EZB-Leitfaden zu NPL – anwendbar ab 2017/2018

Der EZB-Leitfaden zu NPL (vgl. hier m.w.N.) wurde im März 2017 veröffentlicht, im Oktober wurde eine Ergänzung heraus gebracht. Die EZB formuliert hierin ihre Empfehlungen zum Umgang mit NPL in Bankbilanzen. Die NPL-Bestände sollen unter Anwendung eines einheitlichen Ansatzes und einheitlicher Definitionen reduziert und somit die Aktivaqualität der Banken verbessert werden. Die Erwartungen der Aufsicht bezüglich eines Mindestmaßes an Risikovorsorge für neue NPL sorgten bereits für erhebliche Diskussionen bei Banken und in EU-Gremien. Demnach wäre für Kredite, welche ab dem 1. Januar 2018 einen NPL-Status erhalten, nach spätestens zwei Jahren eine vollständige Deckung für den unbesicherten Teil der NPL vorzuhalten und für den besicherten Teil nach spätestens sieben Jahren.

Aus dem Leitfaden ergeben sich zahlreiche neue Anforderungen für die NPL-Praktiker in Banken und Auswirkungen auf die NPL-Sekundärmärkte. Die Freiwilligkeit, den Empfehlungen der Aufsicht zu folgen, die diese gleichzeitig mit dem Wort „Erwartung“ untermauert, ist de facto begrenzt. Keine Bank mit maßgeblichem NPL-Bestand wird sich jedoch gänzlich diesen Anforderungen entziehen können.

 

EBA-Leitfaden Zur PD-/LGD-Schätzung und Behandlung ausgefallener Forderungen

Als Teil der Überprüfung des IRB-Ansatzes, um ungerechtfertigte Variabilitäten der Ergebnisse interner Modelle zu minimieren, hat die EBA nunmehr im November 2017 den finalen Leitfaden erlassen. Mittelfristig kommt erheblicher Umstellungsbedarf auf die IRB-Banken zu. Die EBA selbst schlägt einen Implementierungshorizont bis Ende 2020 vor.

 

Aktionsplan der EU-Finanzminister und Konsultation der EU Kommission

Aber auch der Förderung der Sekundärmärkte hat man sich gewidmet. So haben die EU-Finanzminister einen fokussierten Aktionsplan initiiert und die EU Kommission eine Konsultation zu NPL-Sekundärmärkten gestartet. Die Initiativen sind aus der Erkenntnis erwachsen, dass nicht nur gutes Management, Früherkennung und Bewertung im Rahmen der NPL-Behandlung notwendig sind, sondern auch die gut etablierte Möglichkeit, sich ganz von notleidenden Krediten trennen zu können. Die Diskussion wird in 2018 weitergeführt werden, was mit Spannung erwartet werden darf.

 

Die Fülle an Änderungen wird einerseits die Sanierungsabteilungen in 2018 in Atem halten und hat andererseits das Potential, den Sekundärmarkt für NPL deutlich zu beleben.

 

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