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Übergangsgelder in der betrieblichen Altersversorgung

Folgen der BAG-Entscheidung vom 20.03.2018 – Az. 3 AZR 277/16

Das BAG hat im März entschieden, dass Übergangsgelder in Zukunft als Leistungen der betrieblichen Altersvorsorge eingeordnet werden können. Dies hat für Arbeitgeber weitreichende Folgen in den Bereichen Insolvenzschutz, Unverfallbarkeit und Bilanzierung. In der Praxis stellt sich zudem die Frage der Durchführbarkeit.

Hintergrund

Das BAG hatte in einem Fall zu entscheiden, in dem der frühere Arbeitgeber (AG) des Klägers, diesem ein Übergangsgeld für die ersten sechs Monate des Rentenbezugs vorsah, wenn der Arbeitnehmer im unmittelbaren Anschluss an die Dienstzeit in den Ruhestand ging.

Der ehemalige Arbeitgeber ist nunmehr insolvent. Der Kläger, der vor seinem Wechsel in den Ruhestand nicht mehr bei dem oben genannten AG beschäftigt war, bezieht daher eine Betriebsrente vom Pensions-Sicherungs-Verein (PSV). Der PSV verweigerte die Zahlung des Übergangsgeldes. Er war der Ansicht, dass es sich bei dem Übergangsgeld mangels Versorgungszweck nicht um eine Leistung der betrieblichen Altersversorgung handele, für die er einzustehen habe.

Das BAG verurteilte den PSV zur Zahlung, da dieses Übergangsgeld nach seiner Auffassung eine Leistung der betrieblichen Altersvorsorge darstellt. Bei der Definition eines solchen Übergangsgelds orientiert sich das BAG strikt an den jeweiligen Zweck der Leistung. Deckt sie ein biometrisches Risiko ab, d.h. dient sie der Versorgung bei Alter, Invalidität oder Tod, so ist sie als betriebliche Altersversorgung zu klassifizieren. Ist hingegen lediglich eine Überbrückung vom Firmenaustritt bis zum Renteneintritt das Ziel, so liegt keine betriebliche Altersversorgung vor. Die Dauer der Leistungsgewährung und auch die Bezeichnung spielen bei der Einordnung keine Rolle.

Folgen für Arbeitgeber

Mit der Einordnung als Leistung der betrieblichen Altersversorgung gelten für entsprechende Übergangsgelder die Bestimmungen des Betriebsrentengesetzes (BetrAVG). Dementsprechend können Mitarbeiter, die vor dem Eintritt eines Leistungsfalles ausgetreten sind und dabei die Unverfallbarkeitsbestimmungen des §1b BetrAVG erfüllen (UVAs), bei Eintritt in den Ruhestand Ansprüche auf ein (quotiertes) Übergangsgeld geltend machen. Für sie entstehen ungewisse Verbindlichkeiten, für welche nach steuerlichen, handelsrechtlichen und internationalen Bilanzierungsvorschriften (IFRS) Rückstellungen zu bilden sind.

Beispiel:

Einem zum 31.12.18 60-jährigen ehemaligen Mitarbeiter, der im Alter 30 in die ABC GmbH ein- und im Alter 50 ausgetreten ist steht laut Versorgungsordnung ein Übergangsgeld in Höhe von drei Monatsgehältern bei Ausscheiden im Alter 65 zu. Bei Austritt betrug sein Monatsgehalt 5.000€. Er kann gem. der aktuellen Rechtsprechung also bei Erreichen von Alter 65 einen Anspruch in Höhe von 8.571 (=20/35*15.000€) geltend machen. Zum 31.12.18 bildet die ABC GmbH eine Rückstellung in Höhe von 6.744€ in der Handelsbilanz (Zinssatz 3,21%).

Für aktive Mitarbeiter wurde bisher durch die Fluktuationswahrscheinlichkeit das Wegfallen der Übergangszahlung bei Ausscheiden aus dem Unternehmen versicherungsmathematisch in der Bewertung der Verpflichtung berücksichtig. Daher ist davon auszugehen, dass für die bereits bilanzierten aktiven Mitarbeiter die Rückstellungen (abhängig von der gewählten Fluktuation) moderat ansteigen werden.

Nach § 253 Abs. 2 Satz 1 Alt. 1 HGB sind Rückstellungen für Altersversorgungsverpflichtungen, also nach der BAG-Entscheidung auch für die fraglichen Übergangsgelder, mit einer Restlaufzeit von mehr als einem Jahr mit dem ihrer Restlaufzeit entsprechenden durchschnittlichen Marktzinssatz der vergangenen zehn Geschäftsjahre abzuzinsen. Eine Abzinsung mit dem 7-Jahres-Durchschnittszins, wie für Rückstellungen für den Altersversorgungsverpflichtungen vergleichbare langfristig fällige Verpflichtungen üblich, ist damit u.E. ausgeschlossen.

Mit der Einordnung als betriebliche Altersversorgung ist zudem davon auszugehen, dass der PSV in Zukunft auch für UVAs mit Übergangsgeldansprüchen Beiträge im Sinne des §10 BetrAVG erheben wird, da diese Anwartschaften wie im entschiedenen Fall nach §7 BetrAVG insolvenzgeschützt sind.

In der Praxis sollten Arbeitgeber alle Ausgeschiedenen mit Übergangsgeldansprüchen der letzten Jahrzehnte auf die Bestimmungen des §1b BetrAVG hin proaktiv überprüfen. Dies kann zu erheblichen Schwierigkeiten aufgrund fehlender Dokumentation/Daten führen. Zudem wäre vor dem Hintergrund der Kosten- und Verpflichtungserhöhung zu prüfen, inwieweit offen Übergangsgeldregelungen für neue Mitarbeiter geschlossen werden sollten.

Autor:

Benjamin Bauer
Senior Manager

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