ARFF 2021

Pressemitteilungen

Deloitte Annual Review of Football Finance

Europäischer Fußballmarkt schrumpft erstmals seit der globalen Finanzkrise – Bundesliga am stabilsten

  • Im europäischen Fußballmarkt wurden in der Saison 2019/20 Umsätze in Höhe von 25,2 Milliarden Euro (exklusive Transfererlöse) generiert – ein Rückgang von 13 Prozent.
  • Die „Big Five“-Ligen aus England, Deutschland, Spanien, Italien und Frankreich haben 11 Prozent weniger Umsätze erwirtschaftet als im Vorjahr und landen bei 15,1 Milliarden Euro – dies entspricht rund 60 Prozent des gesamten europäischen Fußballmarktes.
  • Innerhalb der „Big Five“ kam die Bundesliga mit einem Umsatzrückgang von 4 Prozent am stabilsten durch die Saison und schiebt sich knapp an Spanien vorbei auf Platz 2. 

 

München, 29. Juli 2021 Die 30. Ausgabe des Deloitte Annual Review of Football Finance betrachtet die wirtschaftliche Performance von Europas Topligen in einem ganz besonderen Jahr. Nachdem die Saison 2019/20 zunächst wie jede andere verlief, veränderte die COVID-19-Pandemie im Frühjahr 2020 in Europa nicht nur radikal den Alltag von Millionen von Menschen, sondern brachte auch den Betrieb der europäischen Fußballligen zum Erliegen. Statt die Spielzeit in vollen Stadien zu beenden, wurden die verbleibenden Saisonspiele zunächst verschoben und schließlich, je nach Land, vor leeren Rängen zu Ende gespielt oder gänzlich abgesagt. Die jeweiligen Maßnahmen zum Zwecke der Pandemiebekämpfung wirkten sich folglich auch auf die wirtschaftliche Performance der Ligen aus. Insgesamt erwirtschaftete der europäische Spitzenfußball in der Saison 2019/20 Umsätze in Höhe von 25,2 Milliarden Euro (exklusive Transfererlöse) und damit 3,7 Milliarden Euro weniger (minus 13 Prozent) als im Vorjahr. Dabei handelt es sich um den ersten Umsatzrückgang seit der globalen Finanzkrise im Jahr 2008. 

Mit 60 Prozent der Gesamtumsätze tragen die „Big Five“-Ligen auch in diesem Jahr den Großteil zum europäischen Marktvolumen bei. Diese fünf Ligen haben 2019/20 Umsätze in Höhe von insgesamt 15,1 Milliarden Euro erwirtschaftet und damit 11 Prozent weniger als in der Vorsaison. Die Unterschiede in der wirtschaftlichen Performance in den einzelnen Ligen hingen dabei vor allem von zwei Faktoren ab. „Zum einen war natürlich relevant, ob die Saison zu Ende gespielt werden konnte und wenn ja, wie viele der verbleibenden Spiele vor Ablauf der üblichen Geschäftsperiode zum 30. Juni absolviert wurden“, erklärt Kim Lachmann, Senior Manager der Sport Business Gruppe bei Deloitte. „Ersteres haben mit Ausnahme der Ligue 1, die ihre Saison Ende April für beendet erklärt hat, alle „Big Five“-Ligen erreicht, während letzteres nur die Bundesliga geschafft hat. Zum anderen spielte eine wichtige Rolle, ob und in welcher Höhe Medienpartner Entschädigungen aufgrund verschobener oder ausgefallener Spiele einforderten. Auch hier waren die Auswirkungen in der Bundesliga relativ gering, da zu leistende Rückzahlungen durch die zeitnahe Durchführung der verbleibenden Spiele im Vergleich zu den anderen „Big Five“-Ligen auf ein Minimum beschränkt werden konnten.“

Bundesliga: Wirtschaftliche Verantwortung als Fundament in unsicheren Zeiten

Von allen „Big Five“-Ligen ist die Bundesliga wirtschaftlich am stabilsten durch die Saison 2019/20 gekommen und rückt damit auf den zweiten Platz der umsatzstärksten Ligen. Insgesamt hat die deutsche Spitzenliga 3,2 Milliarden Euro erwirtschaftet, was einem im Ligavergleich moderaten Umsatzrückgang von minus 4 Prozent entspricht (minus 137 Millionen Euro). Dieser ist vor allem auf einen Rückgang bei den Spieltagerlösen zurückzuführen, die in Konsequenz der ab Mai 2020 stattfindenden sogenannten „Geisterspiele“ und dem damit verbundenen Ausschluss von Zuschauern um 156 Millionen Euro (minus 30 Prozent) gesunken sind. Den größten Anteil am Bundesliga-Umsatz 2019/20 hatten mit 46 Prozent und 1,5 Milliarden Euro wie in den Vorjahren die Medienerlöse. In diesem Bereich kam der Liga zugute, dass der Spielbetrieb bereits im Mai wiederaufgenommen wurde, während der Ball in den anderen Ligen noch ruhte, sodass infolgedessen seitens der Medienpartner keine signifikanten Rabatte gefordert wurden.

Darüber hinaus gelang es der DFL, durch den Abschluss des Bieterprozesses für den Medienrechtezyklus der kommenden vier Jahre (2021/22 bis 2024/25) im Sommer 2020 – und damit mitten in der Pandemie – in diesem Bereich für Planungssicherheit zu sorgen. Die Rechte wurden für durchschnittlich 1,1 Milliarden Euro pro Saison veräußert. Dies entspricht einem leichten Minus von 5 Prozent im Vergleich zur vorherigen Rechteperiode, was – vor dem Hintergrund der wirtschaftlich unsicheren Lage sowie der hohen erzielten Steigerungen in vergangenen Vergaberunden – dennoch als Erfolg gewertet werden kann.

Im Bereich Sponsoring konnte die Bundesliga ihre Umsätze sogar um 5 Prozent steigern, was das Ergebnis von Steigerungen bei verschiedenen Clubs ist, darunter auch bei solchen, die nicht zu den regelmäßigen Teilnehmern am europäischen Wettbewerb gehören. Ebenfalls positiv zu bewerten ist die Entwicklung des Personalaufwands in der Liga, der mit 0,5 Prozent nur geringfügig angestiegen ist. Hierbei setzen die deutschen Clubs weiter auf Stabilität. Dennoch ist die Personalaufwandsquote in der Saison 2019/20 mit 56 Prozent auf ein neues Rekordhoch der vergangenen 20 Jahre gestiegen, was, in Anbetracht der gesunkenen Umsätze und der verhältnismäßig unflexiblen Kostenstruktur im Personalaufwand, als logische Konsequenz zu betrachten ist. Im internationalen Vergleich weist die Bundesliga weiterhin die mit Abstand geringste Personalaufwandsquote unter den „Big Five“-Ligen aus.

„Insgesamt gibt es für die Bundesliga Anlass zur Hoffnung, wirtschaftlich weiterhin vergleichsweise gut durch die unsicheren Zeiten zu kommen“ fasst Stefan Ludwig, Partner und Leiter der Sport Business Gruppe bei Deloitte, zusammen. „Dies ist, neben dem Positivtrend bei den kommerziellen Erlösen in Kombination mit den neuen Mediendeals, vor allem Ergebnis wirtschaftlich nachhaltigen Handelns, das die deutschen Clubs in den letzten 20 Jahren zunehmend etabliert haben.“

Premier League: Hohe Fixkosten erschweren schnelle Reaktionen

Der wirtschaftliche Koloss unter den „Big Five“-Ligen verzeichnete in der Saison 2019/20 erstmals einen Rückgang bei den Umsätzen. Mit 5,1 Milliarden Euro erwirtschaftete die Premier League 13 Prozent geringere Umsätze als in der Rekordsaison 2018/19. Damit ist auch die Lücke zur wirtschaftlich zweitstärksten Liga deutlich geschrumpft (+1,9 Milliarden Euro zur Bundesliga gegenüber +2,5 Milliarden Euro zur damals zweitstärksten La Liga in 2018/19), wobei das Umsatzvolumen der Premier League noch immer 60 Prozent größer ist als das der Bundesliga.  Hauptsächlich getrieben wurde der Rückgang von Spieltag- und Medienerlösen.

Bei der Personalaufwandsquote erreichte die Premier League mit 73 Prozent einen neuen Höchststand und überschritt somit den Wert von 70 Prozent, der gemäß den UEFA-Richtlinien die Obergrenze für die nachhaltige, finanzielle Stabilität von Fußballclubs repräsentiert. Die in absoluten Zahlen höheren Personalkosten im Vergleich zu den anderen „Big Five“-Ligen und die damit verbundenen verhältnismäßig hohen Fixkosten sind einer der Gründe, welche es den Clubs der Englischen Spitzenliga schwergemacht haben, flexibel auf die Pandemie und die damit einhergehenden Einschränkungen zu reagieren. Als Konsequenz wurde hierdurch die Profitabilität der Liga erheblich beeinträchtigt.

La Liga: Steigende Zuschauerzahlen vor der Pandemie können Einbrüche bei Spieltagerlösen nicht kompensieren

Insgesamt musste die spanische La Liga einen Umsatzrückgang von 8 Prozent (261 Millionen Euro) hinnehmen und hat damit in der Saison 2019/20 Umsätze in Höhe von 3,1 Milliarden Euro erwirtschaftet. Im Hinblick auf die Zuschauerzahlen ließ sich in Spanien vor den pandemiebedingten Einschränkungen ein erfreulicher Trend beobachten: Vor der Unterbrechung der Saison am 12. März 2020 waren im Durchschnitt 5 Prozent mehr Zuschauer in den Stadien als in der Vorsaison. Infolge der Saisonfortsetzung vor leeren Rängen sanken die Spieltagerlöse jedoch letztlich auch hier deutlich um 97 Millionen Euro (minus 19 Prozent).

Im Bereich der Personalaufwendungen verzeichnete La Liga eine ähnliche Entwicklung wie die Bundesliga. So konnten die hiermit verbundenen Aufwendungen bei einer geringfügigen Steigerung von 0,4 Prozent auf 2,1 Milliarden Euro nahezu stabil gehalten werden. Dies kann auf die von der Liga eingeführten Mechanismen zur Kontrolle des Ausgabeverhaltens der Clubs zurückgeführt werden. Dabei wird das solide Ergebnis jedoch wesentlich durch deutliche Kostenreduktionen bei Atlético Madrid (minus 12 Prozent) und dem FC Barcelona (minus 10 Prozent) getrieben, während die übrigen Clubs ihre Personalkosten insgesamt steigerten.

Serie A: Prozentual die größten Verluste der „Big Five“-Ligen

Italien ist eines der ersten Länder, das COVID-19-bedingte Einschränkungen verhängen musste und war darüber hinaus besonders stark von den Auswirkungen der Pandemie betroffen. Entsprechend war die Serie A die erste europäische Liga, die ihre Saison unterbrach, als am 9. März der Spielbetrieb eingestellt wurde. Infolgedessen sanken die Spieltagerlöse in Italien um 18 Prozent im Vergleich zur Vorsaison, wobei der Rückgang in absoluten Zahlen mit einem Minus von 50 Millionen Euro weniger stark ausfällt als in England, Deutschland und Spanien. Dies liegt vor allem an den verhältnismäßig älteren italienischen Stadien und den, unter anderem hiermit zusammenhängenden, geringeren Zuschauerzahlen, sodass Italien traditionell geringere Spieltagerlöse ausweist als die drei umsatzstärksten Ligen.

Insgesamt erwirtschaftete die Serie A in der Saison 2019/20 einen Umsatz von 2,1 Milliarden Euro und damit 18 Prozent weniger als im Vorjahr. Dies ist der größte prozentuale Rückgang unter den „Big Five“-Ligen. Damit nimmt die italienische Liga insgesamt den vierten Rang unter den fünf großen Fußballligen ein. Aufwandsseitig ist die Serie A die einzige „Big Five“-Liga, die 2019/20 ihre Gehaltskosten reduzieren konnte (minus 8 Prozent). Aufgrund der pandemiebedingt fehlenden Einnahmen stieg die Personalaufwandsquote dennoch auf 78 Prozent – so hoch wie seit 16 Jahren nicht mehr.

Ligue 1: Saison-Abbruch und ein geplatzter Mediendeal

Für die Ligue 1 war der wirtschaftliche Betrieb unter dem Eindruck der COVID-19-Pandemie besonders herausfordernd. In Frankreich wurde als einziger Liga innerhalb der „Big Five“ der Spielbetrieb der Saison 2019/20 nicht zu Ende geführt, was erhebliche Rückzahlungen an die Medienrechtehalter und einen Rückgang der Gesamtumsätze um 16 Prozent auf 1,6 Milliarden Euro zur Folge hatte. Um die Ausfälle für ihre Clubs abzumildern, erhielt die französische Liga eine staatliche Bürgschaft über zusätzliche Finanzmittel. Hierfür wurde eine Rückzahlungsfrist von fünf Jahren vereinbart, wobei die Zahlungen mit künftigen Medienerlösen verrechnet werden. In der Folgesaison 2020/21 entstanden weitere große Unsicherheiten im Bereich der Medienrechte, nachdem der TV-Rechte-Vertrag mit Mediapro im Dezember 2020 infolge ausbleibender Zahlungen durch den Anbieter scheiterte. Derzeit wird in Anbetracht der hohen wirtschaftlichen Einbußen und einer Personalaufwandsquote von 89 Prozent in der Saison 2019/20 an Konzepten gearbeitet, die der Liga mehr finanzielle Stabilität bringen sollen. So wird beispielsweise über eine Rückkehr zu einer Liga mit 18 Teams diskutiert.

Der europäische Spitzenfußball steht vor Herausforderungen

Die Auswirkungen der COVID-19-Pandemie auf die großen europäischen Fußballligen in der Saison 2019/20 waren also erheblich – wobei erwähnt werden muss, dass die Beendigung der Spielzeiten in England, Spanien und Italien nach dem Ende der typischen Finanzberichtszeiträume dazu führt, dass einige Einnahmen- und Kostenelemente der Saison 2019/20 im darauffolgenden Geschäftsjahr 2020/21 und somit in der nächstjährigen Ausgabe des Annual Review of Football Finance von Deloitte erfasst werden. Mit Blick auf 2020/21 sowie künftige Spielzeiten ergeben sich zudem weitere tiefgreifende Herausforderungen für den europäischen Fußball, insbesondere da die Saison 2020/21 in Gänze unter den Einschränkungen der Pandemie durchgeführt wurde:

„Mit etwa drei bis vier Monaten war nur ein Teil der Saison 2019/20 von den Einschränkungen betroffen, während die Folgesaison 2020/21 komplett unter dem Zeichen der Pandemie stand. Voraussichtlich wird es noch Jahre dauern, bis das vollständige Ausmaß der wirtschaftlichen Folgen von COVID-19 für Europas Spitzenfußball sicht- und messbar wird.“, bilanziert Stefan Ludwig. „Auch in der Zukunft ist gerade vieles noch unsicher: Wann, wie und wo können Fans künftig wieder in signifikanten Zahlen in die Stadien? Wie vereinbart man Stimmung und Emotionen mit Hygienekonzepten? Wie sehen die Mediendeals der Zukunft aus? Der europäische Fußball steht wie der gesamte Sport weltweit vor vielen Herausforderungen. Hier müssen die Beteiligten in Clubs, Ligen und Verbänden nun aktiv die Zukunft gestalten, um das Interesse am Fußball und die Attraktivität des Produkts weiter hochzuhalten und zu steigern. Beispielsweise bietet die aktuelle Lage den beteiligten Organisationen auch eine große Chance, die Weichen stärker auf wirtschaftlich und gesellschaftlich nachhaltiges Handeln zu stellen.“

 

Inhaltlich verantwortlich für die Studie sind Stefan Ludwig, Partner und Leiter der Sport Business Gruppe bei Deloitte und Kim Lachmann, Senior Manager der Sport Business Gruppe bei Deloitte. 

Gerne stehen Ihnen unsere Experten für Interviews und Hintergrundgespräche zur Verfügung. Die vollständige Studie erhalten Sie auf Anfrage beim genannten Pressekontakt. Weitere Informationen finden Sie zudem auf unserer Homreviepage zum Download.

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Deloitte bezieht sich auf Deloitte Touche Tohmatsu Limited („DTTL“), eine „private company limited by guarantee“ (Gesellschaft mit beschränkter Haftung nach britischem Recht), ihr Netzwerk von Mitgliedsunternehmen und ihre verbundenen Unternehmen. DTTL und jedes ihrer Mitgliedsunternehmen sind rechtlich selbstständig und unabhängig. DTTL (auch „Deloitte Global“ genannt) erbringt selbst keine Leistungen gegenüber Mandanten. Eine detailliertere Beschreibung von DTTL und ihren Mitgliedsunternehmen finden Sie auf http://www.deloitte.com/de/UeberUns.

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