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GRI 207: TAX 2019 - Public CbC-Reporting durch die Hintertür?

Länderbezogene Angaben zu Ertragsteuern im Rahmen der nicht-finanziellen Berichterstattung 

Öffentliche Transparenz im Hinblick auf die Steuerpolitik, die Zahlung von Steuern und Abgaben sowie das Steuermanagement dienen Konzernen als Nachweis ihres „Good Corporate Citizenships“. Nun steht mit GRI 207 ein neuer Indikator im Kontext des Global Reporting Standard vor seiner erstmaligen Anwendung. Im Rahmen der Nachhaltigkeitsberichterstattung werden Steuern als Teil der ökonomischen Auswirkungen des Unternehmenshandelns adressiert.

Hintergrund

Ende 2019 hat die Global Reporting Initiative (GRI) erstmals einen dedizierten Indikator für die Berichterstattung über das Steuermanagement von Unternehmensgruppen sowie länderbezogene Informationen über deren ertragsteuerliche Situation veröffentlicht (GRI 207: TAX 2019, im Folgenden GRI 207). Der Indikator ist Teil eines Rahmenwerks, das Unternehmen verwenden können, um ihre Verpflichtungen zur nicht-finanziellen Berichterstattung (§§ 289b ff. HGB sowie §§ 315b f. HGB) zu erfüllen.

Zum Kreis der verpflichteten Unternehmen gehören große, kapitalmarktorientierte Gesellschaften sowie Kreditinstitute und Versicherungen. Neben qualitativen Informationen zum Steuermanagement, zum Tax CMS bzw. Steuer-IKS sowie zur Kommunikation mit steuerlichen Stakeholdern sind insbesondere quantitative steuerliche Informationen zu denjenigen Ländern zu berichten, in denen eine multinationale Unternehmensgruppe niedergelassen und ertragssteuerpflichtig ist.

Entscheidet sich ein Konzern grds. zur Anwendung der GRI Standards und qualifiziert das Thema Ertragssteuern als wesentlich im Bereich der Auswirkungen des Unternehmenshandelns, so sind die Regelungen des neuen Indikators vollumfänglich zu beachten. Können zu einzelnen Berichtsanforderungen keine Angaben gemacht werden, so sind diese Auslassungen im Einklang mit den Grundlagen der GRI-Berichterstattung zu erläutern (vgl. GRI 101 „Foundation“).

Aufbau des GRI 207

Besondere Aufmerksamkeit verdienen die sog. themenspezifischen Angaben des GRI 207. Diese folgen auf den qualitativen Teil des Indikators, in dem Angaben

  • zur steuerlichen Gesamtausrichtung des Konzerns (GRI 207-1), 
  • zum steuerlichen Risiko- und Compliance-Management, 
  • zum Kontrollsystem für Steuern (GRI 207-2), 
  • zur Einbeziehung interner und externer Stakeholder und 
  • dem Management sog. „steuerlicher Bedenken“ (GRI 207-3)

gefordert werden.

Unternehmensgruppen, die bereits über eine Konzernsteuerrichtlinie und ein Tax CMS bzw. Steuer-IKS verfügen, werden den Großteil der notwendigen Angaben aus den vorliegenden Konzepten zur steuerlichen Governance, der Dokumentation des steuerlichen Kontrollsystems und dessen Lebenszyklus‘ sowie aus den Unterlagen zu Verständigungsverfahren mit Finanzbehörden und – sofern implementiert – dem Whistleblowing-System der Gruppe generieren können.

Die themenspezifischen Angaben des GRI 207 umfassen eine länderbezogene Berichterstattung, die sich an den Vorgaben der OECD für das Country by Country Reporting aus BEPS Action Item 13 orientiert (GRI 207-4). Eine 1:1-Kopie der von der OECD etablierten Informationspflicht war aber nicht Ziel bei der Entwicklung des Indikators. Abweichungen sind einem nach Ansicht der GRI besseren Einblick in die Aktivitäten einer Unternehmensgruppe in den Tätigkeitsländern sowie des dortigen Verhaltens in Steuersachen geschuldet.

Diese beabsichtigten Abweichungen machen es deutschen Konzernen, die nach § 138a AO zur Erstellung und Übermittlung eines länderbezogenen Berichtes verpflichtet sind, nur mit Einschränkungen möglich, die qualitativen und quantitativen Informationen aus diesem Bericht für die Offenlegung nach GRI 207 zu nutzen.

Country-by-Country Reporting nach OECD und GRI

Wesentliche Unterschiede zum Country-by-Country Reporting gemäß § 138a AO (OECD CbCR) lassen sich im Bereich der qualitativen Angaben als auch im Zahlenwerk ausmachen. Beides führt dazu, dass auch zum CbC Reporting verpflichtete Unternehmen die nach GRI 207 offenzulegenden Angaben sowie im Rahmen des Indikators vorgesehene Ermittlungs- und Berichtsoptionen sorgfältig analysieren müssen. Die Implementierung des GRI 207-Reportings sollte dabei als eigenständiges Projekt angesehen werden.

Abweichungen zwischen der OECD CbC-Berichterstattung und dem Reporting nach GRI 207 ergeben sich im Hinblick auf die qualitativen Angaben insbesondere in folgenden Bereichen:

  • Einzubeziehende Einheiten: Sowohl nach GRI 207 als auch dem Country-by-Country Reporting der OECD sind alle im Konzernabschluss vollkonsolidierten Gesellschaften sowie steuerlichen Betriebsstätten in die Berichte einzubeziehen. Die OECD verlangt darüber hinaus die Aufnahme lediglich aus Wesentlichkeitsgründen im Konzernabschluss nicht berücksichtigter Gesellschaften. 
  • Angaben zu einbezogenen Einheiten: Nach GRI 207 ist lediglich die Benennung der einbezogenen Einheiten pro Steuerjurisdiktion verlangt. Es ist keine detaillierte Angabe von Anschriften oder Steuernummern erforderlich wie dies vom OECD XML Datenschema vorgesehen ist.
  • Aktivitäten auf Länderebene: GRI 207 verlangt eine länderbezogene Beschreibung der Aktivitäten in den jeweiligen Steuerjurisdiktionen. Berichtende Unternehmen müssen sich nicht an die Kategorien des OECD Country-by-Country Reportings halten und auch keine Angaben auf Ebene der einzelnen Gesellschaften machen. 
  • Steuerliche Überleitung: Das Country-by-Country Reporting der OECD sieht keine Erläuterung der Abweichungen zwischen dem tatsächlich entstandenen Ertragssteueraufwand und dem bei Anwendung des Regelsteuersatzes erwarteten Steueraufwand vor. Eine solche länderbezogene Überleitung ist indessen essenzieller Bestandteil des Reportings nach GRI 207. Allerdings ist hier keine quantitative Überleitungsrechnung pro Steuerjurisdiktion erforderlich, sondern lediglich eine Erläuterung der wesentlichen Gründe für eine Abweichung zwischen erwartetem und realisiertem Steueraufwand des Berichtsjahrs. Hierbei soll insbesondere auf Steuernachlässe, Steuerermäßigungen, Steueranreize oder besondere Steuervergünstigungen eingegangen werden. Überleitungspositionen, die weniger als 10 % des Differenzbetrages ausmachen, können als „Sonstige“ zusammengefasst werden.
  • Weitere Informationen: Die OECD sieht für ihren länderbezogenen Bericht ausdrücklich einen Bereich für weitere qualitative Informationen vor („Tabelle 3“). Hier sollen etwa Angaben zu den Datenquellen und dem (den) Bilanzierungsstandard(s), nach dem (denen) berichtet wird, gemacht werden. Weitere Pflicht Informationen sieht GRI 207 nicht vor, obschon auch hier dem Anwender nahegelegt wird, den Kontext anzugeben, der für das Verständnis der Berichtsdaten erforderlich ist (z. B. verwendete Standards, Methoden und Annahmen).

Auch im Zahlenwerk lassen sich Unterschiede identifizieren, die einer bloßen Übernahme der Werte aus dem CbC-Reporting der OECD in den Bericht nach GRI 207 im Wege stehen.

  • Überleitung auf Konzernabschluss: GRI 207 verlangt ausdrücklich, dass ein Abgleich der nach Steuerhoheitsgebieten berichteten Beträge mit den Werten des Konzernabschlusses möglich sein muss. Dies betrifft die Angaben Umsatzerlöse mit Dritten, das Ergebnis vor Ertragssteuern, das Sachanlagevermögen und die Ertragssteuerzahlungen. Ist eine Überleitung nicht möglich, so muss der Konzern die Differenz erläutern.
  • Umsatzerlöse mit Dritten: Das CbC-Reporting der OECD etabliert eine sehr weite Definition des Umsatzbegriffes („Revenues“). Hier sollen auch sonstige betriebliche und außerordentliche Erträge sowie Zinserträge einbezogen werden. GRI 207 verwendet dagegen den Begriff „Sales“ und lässt Hinweise darauf vermissen, dass hier – analog zur OECD – mehr als nur die Umsatzerlöse gemeint wären.
  • Einnahmen aus konzerninternen Transaktionen mit anderen Steuerhoheitsgebieten: Im Gegensatz zur Angabe „Revenue related Parties“ im Country-by-Country Reporting der OECD sollen nach GRI 207 nur diejenigen konzerninternen Transaktionen berichtet werden, die von einer einbezogenen Einheit mit einer anderen einbezogenen Einheit in einer anderen Steuerjurisdiktion getätigt werden. Konzerninterne Transaktionen innerhalb eines Steuerhoheitsgebiets sollen dagegen exkludiert werden. Hiermit wird bei dieser Angabe der Fokus auf Transaktionen gelegt, die Gegenstand von Verrechnungspreisgestaltungen sein können. Obschon nicht verpflichtend, werden berichtende Unternehmen angehalten, hier neben den Umsatzerlösen auch weitere Transaktionsarten, z.B. Zins- oder Lizenzzahlungen, einzubeziehen.
  • Eigenkapital / Gewinnrücklagen: Die von der OECD als wesentlich angesehenen länderbezogenen Angaben zu Elementen des Eigenkapitals („Stated Capital“ sowie „Accumulated Earnings“) fehlen in den Berichtsanforderungen nach GRI 207 vollständig.
  • Aggregation versus Konsolidierung: Im Hinblick auf die Aussagekraft des OECD-CbCR steht häufig der Umstand in der Kritik, dass länderbezogene Angaben auf aggregierter Basis ermittelt und berichtet werden sollen. Konsolidierungsschritte etwa im Bereich des Eigenkapitals oder der Angaben zum Gewinn sind nicht vorgesehen. Lediglich konzerninterne Dividendenzahlungen und die hierauf entfallenden Steuern sollen aus den entsprechenden Angaben herausgerechnet werden. Hierauf reagiert GRI 207 und regt an, die Informationen zum Ergebnis vor Ertragsteuern und den Sachanlagen auf Länderebene zu konsolidieren. Eine Verpflichtung zu einer derartigen Konsolidierung wird aber nicht ausgesprochen.

GRI 207 - Fazit

GRI 207 tritt am 01.01.2021 in Kraft und gilt für alle an oder nach diesem Tag veröffentlichten Berichte. Die von der GRI angeregte frühzeitige Anwendung wurde bereits von einigen deutschen Konzernen umgesetzt. Werden die GRI Standards von einer Unternehmensgruppe angewandt, so ist es nach dem Vorstehenden erstmals erforderlich, auch umfassende quantitative steuerliche Informationen in strukturierter Form zu ermitteln, anhand der vom Standard vorgesehenen Leitlinien zu validieren und in geeigneter Form offenzulegen. Zu beachten ist, dass der Anwenderkreis des GRI 207 nicht deckungsgleich ist mit den zur länderbezogenen Berichterstattung i.S.d. § 138a AO verpflichteten Unternehmen. Einige (Erst-)Anwender des Indikators werden sich somit auch erstmals mit den Anforderungen des Country-by-Country Reportings befassen müssen.

Wie auch für Zwecke des § 138a AO dürfte sich die maßgebliche Datenquelle für das Reporting nach GRI 207 im Tax Accounting des Konzerns finden, mit dessen Hilfe bereits die notwendigen steuerlichen Informationen für den Jahresabschluss (z.B. gem. IAS 12, FAS 109) generiert werden. Eine Abstimmung mit den Unternehmensverantwortlichen zur nicht-finanziellen Berichterstattung erscheint daneben als überaus empfehlenswert.

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