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TMT Predictions 2023

Welche Trends prägen die Technologie-, Medien- und Telekommunikationsindustrie in Deutschland?

Die Deloitte TMT Predictions geben auch in diesem Jahr einen Ausblick auf die wichtigsten Branchenentwicklungen für die nächsten Monate. Von den 15 Themen der globalen TMT Predictions Studie sind sechs für Unternehmen und Konsumenten in Deutschland besonders relevant. Erfahren Sie hier, um welche Trends es sich dabei handelt und warum diese 2023 an Bedeutung gewinnen werden.

TMT Trends 2023

Das übergeordnete Thema der Deloitte TMT Predictions lautet in diesem Jahr: “doing more with less“. In erster Linie bringen die Autoren der Studie damit zum Ausdruck, dass spektakuläre Innovationen oder bahnbrechende, neue Technologien zukünftig nicht im Vordergrund stehen werden. Stattdessen bestimmen makroökonomische Faktoren die TMT-Agenda für die nächsten Monate: die weltweite Zinsentwicklung, die hohe Inflation und die fallenden Bewertungen von TMT-Unternehmen sind hier bestimmend. Vor diesem Hintergrund herrscht bei Konsumenten und TMT-Unternehmen in Deutschland eine pragmatische Einstellung vor: Der Fokus liegt auf der Weiterentwicklung und Optimierung bestehender Technologien und Produkte.

Für die deutsche Technologie-, Medien- und Telekommunikationsindustrie werden sechs Trends das kommende Jahr besonders prägen:

  • Werbebasierte Video-Dienste: AVoD findet sein Publikum

Die Attraktivität von werbebasierten Video-on-Demand-Diensten (Ad-Supported Video on Demand, AVoD) steigt. Zuschauer sind zunehmend bereit, auch bei diesen Diensten Werbung zu akzeptieren, wenn sie im Gegenzug vergünstigte oder kostenlose Angebote erhalten. Bis Ende 2023 werden voraussichtlich zwei Drittel der Verbraucher in den Industrieländern mindestens einen AVoD-Dienst regelmäßig nutzen. Dies entspricht einem Anstieg von fünf Prozent gegenüber dem Vorjahr. Um preisbewusste Kunden zu halten, werden alle großen Anbieter von Abonnement-Videodiensten 2023 ein werbeunterstütztes oder werbefinanziertes Angebot betreiben. Darüber hinaus werden bis Ende 2024 die Hälfte dieser Anbieter einen linearen, werbebasierten Streaming-TV-Dienst (Free Ad-Supported Streaming TV, FAST) einführen.

Auch in Deutschland ist das Interesse an AVoD- und FAST-Diensten inzwischen groß. Im Rahmen des Deloitte Digital Consumer Trends Survey 2022 wird ersichtlich, dass 31 Prozent der Befragten offen gegenüber werbegestütztem Video-Streaming sind. Diese Nachfrage trifft auf ein immer größeres Angebot. Den zahlreichen Ankündigungen und Rollouts in der zweiten Jahreshälfte 2022 werden 2023 weitere AVoD- und FAST-Angebote folgen.

  • Live-Sport: Der nächste Schauplatz im Kampf um Streaming-Kunden  

2023 werden laut unserer Prognose Streaming-Anbieter über 6 Milliarden US-Dollar in die größten globalen Märkte für Sportrechte investieren. Diese Summe unterstreicht die zunehmende Verflechtung zwischen Streaming und den großen Sportligen. Medienkonzerne, Streaming-Anbieter und Technologieunternehmen sind bestrebt, ihr Publikum über attraktive Sportinhalte zu erreichen und ihre Dienste in diesem Bereich auszubauen. Dieses diverse Ökosystem kann dazu beitragen, die Zuschauerzahlen für bestimmte Sportarten weltweit zu erhöhen.

Die Deutschen lieben Live-Sport. Dies wird auch 2023 der Fall sein, obwohl in diesem Jahr keine großen Sport-Events wie Fußball-WM/-EM oder Olympische Spiele stattfinden. Gerade in diesem Jahr wird der exponierte Stellenwert der großen Sportligen deutlich. Die erste und zweite Fußball-Bundesliga, aber auch Premier League und NFL ziehen regelmäßig die Massen in ihren Bann. Dies geschieht zunehmend über Streaming-Dienste. Neun Prozent der Deutschen haben bislang Zugriff auf ein Streaming-basiertes Sportangebot. 2023 wird dieser Anteil steigen, auch stimuliert von neuen, werbegestützten Diensten.

  • Virtual Reality: Mainstream dank attraktiver Inhalte?   

Laut unserer Prognose wird der Virtual Reality (VR) Markt 2023 einen weltweiten Umsatz von 7 Mrd. US-Dollar erreichen – ein beeindruckender Anstieg um 50 Prozent gegenüber den 4,7 Mrd. US-Dollar im Jahr zuvor. 90 Prozent des Umsatzes (6,3 Mrd. US-Dollar) sind auf den Verkauf von VR-Headsets zurückzuführen. Voraussichtlich werden 14 Millionen VR-Headsets mit einem Durchschnittspreis von 450 US-Dollar pro Stück verkauft. VR-Inhalte – vor allem Spiele, aber auch einige Unternehmensanwendungen – werden 2023 einen Umsatz von etwa 0,7 Mrd. US-Dollar erzielen. Im nächsten Jahr wird der Gerätebestand aktiv genutzter VR-Headsets wahrscheinlich 22 Millionen-Stück erreichen, das sind fast 50 Prozent mehr als Mitte 2022.

Die Zeichen bei Virtual Reality stehen auch in Deutschland auf Wachstum. 48 Prozent der Konsumenten können sich vorstellen, eine VR-Brille zu kaufen. Der Deloitte Digital Consumer Trends Survey 2022 untermauert diese Aussage und zeigt für Deutschland nach Jahren der Stagnation bei der Verbreitung von VR-Brillen wieder einen Anstieg. Dieser Trend setzt sich in den nächsten Monaten fort. 2023 werden in Deutschland fast 1,5 Millionen ak-tiv genutzter VR-Brillen vorhanden sein.

  • Breitbandsatelliten: Internet aus dem überfüllten Himmel?    

Wir prognostizieren, dass sich bis Ende 2023 mehr als 5.000 Breitbandsatelliten in der erdnahen Umlaufbahn (LEO) befinden und fast eine Million Abonnenten in allen Teilen der Erde mit Hochgeschwindigkeitsinternet versorgen. Bis 2030 werden 7-10 Netzwerke mit insgesamt 40.000 - 50.000 Satelliten in der Umlaufbahn sein, die mehr als 10 Millionen Breitbandkunden versorgen. In dieser zunehmend überfüllten Orbitalumgebung steigt das Risiko von Kollisionen und erfordert ein zunehmendes Maß an Kooperation und Koordination. Damit dieses Ökosystem langfristig lebensfähig bleibt, müssen alle Beteiligten ihre Aufmerksamkeit und ihre Ressourcen auf den Schutz des Weltraums als Gemeinschaftsgut richten.

Auch in Deutschland fehlt es in entlegenen Gebieten mitunter an einer ausreichenden Breitbandversorgung. Wo solche Versorgungslücken nicht wirtschaftlich mit anderen Tech-nologien geschlossen werden können, sind Breitbandsatelliten ohne Alternative. Satelliten-basiertes Internet wird in Deutschland absehbar keine Millionen Kunden gewinnen. Für diejenigen, die auf solche Dienste angewiesen sind, sind sie aber enorm wichtig

  • Halbleiterentwicklung: KI macht Chips besser, günstiger und effizienter    

EDA (Electronic Design Automation) trägt entscheidend zur Entwicklung von Chips bei. Dabei spielt Künstliche Intelligenz (KI) eine zunehmend wichtige Rolle. Laut unserer Prognose wird die Halbleiterindustrie 2023 über 300 Mio. US-Dollar für externe und interne KI-Chip-Design-Tools ausgeben. Diese Zahl wird bis 2026 jährlich um mehr als 20 Prozent steigen. KI ist eine erweiternde Komponente im Bereich Electronic Design Automation (EDA). Obwohl der Umsatz mit KI-Tools selbst vergleichsweise gering ist, erreicht der Wert – auch dank der mithilfe von KI entworfenen Chips – Milliarden-Summen.

Für Deutschland und Europa gewinnen Halbleiter und deren Entwicklung stark an Bedeutung.  Die EU möchte mit dem europäischen Chip-Gesetz die Wettbewerbsfähigkeit und Resilienz im Bereich der Halbleitertechnologien erhöhen. Mit geplanten Investitionen von über 43 Milliarden Euro soll Europas technologische Kompetenz entscheidend gestärkt werden. Dabei spielen EDA und KI-Chip-Design-Tools eine wesentliche Rolle.

  • Supercharged Semiconductors: Neue Materialien bewältigen höchste Spannungen   

Für die hohen Spannungen und Leistungen, die für batteriebetriebene Elektrofahrzeuge (BEVs) oder effiziente Ladegeräte für Unterhaltungselektronik benötigt werden, ist Silizium wenig geeignet. Daher werden Chips zukünftig vermehrt aus den Hochleistungs-Halbleitermaterialien Galliumnitrid (GaN) und Siliziumkarbid (SiC) produziert. Dabei wird 2023 voraussichtlich ein Umsatz von insgesamt 3,3 Mrd. US-Dollar erzielt werden, ein Anstieg um fast 40 Prozent gegenüber 2022. Voraussichtlich wird sich das Wachstum auf knapp 60 Prozent im Jahr 2024 beschleunigen und somit zu einem Umsatz von mehr als 5 Mrd. US-Dollar führen.

Zwangsläufig wird die deutsche Automobilindustrie bei der Umstellung auf Elektromobilität GaN- und SiC-Chips einsetzen müssen. Im Jahr 2030 werden in Deutschland laut Deloitte-Schätzung zwischen zwei und 2,5 Millionen Elektrofahrzeuge von den Bändern laufen, in deren Invertern Millionen von SiC-Power-Chips verbaut sein werden.

 

Wirtschaftliche und geopolitische Unsicherheiten werden die Technologie-, Medien- und Telekommunikationsindustrie in den nächsten Monaten weiterhin prägen. 2023 wird nicht zum Jahr der spektakulären TMT-Innovationen. Stattdessen steht bei den Unternehmen die intelligente Weiterentwicklung bestehender Produkte und Technologien auf der Agenda.
Dr. Andreas Gentner, Partner und Industry Lead Technology, Media & Telecommunications

 

Laden Sie hier die vollständige Studie zu den TMT Predictions 2023 herunter, die weitere, detaillierte Analysen enthält und zukünftige Handlungsfelder für TMT-Unternehmen illustriert.