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Krankenhauszukunftsfonds

Inhaltsübersicht

Müssen Krankenhausträger (Fördermittelnehmer) im Rahmen der Förderprojekte aus dem Krankenhauszukunftsfonds geltendes Vergaberecht einhalten?

Ja, grundsätzlich trifft das zu.

„Bei der Vergabe von Aufträgen sind die Vorgaben des nationalen und europäischen Vergaberechts durchgehend zu berücksichtigen. Es gelten hierbei die sonst üblichen Regelungen.“
Ziffer 5.2 Förderrichtlinie i.V.m. § 21 Abs. 2 KHSFV (i.V.m. § 12 Abs. 3 KHG)



Welche vergaberechtlichen Regelungen gelten konkret?

Das KHG, die KHSFV und die Förderrichtlinie schweigen.

Aufschluss gibt das Haushaltsrecht. Es steht zu erwarten, dass die Länder (als die den  Fördermittelbescheid  erlassenden  Stellen) die  gemäß  Ziffer 5.1 VV zu § 44 LHO zwingend beizufügenden ANBest-P (Anlage 2 VV zu § 44 LHO) zum Bestandteil des Zuwendungsbescheids machen. Informelle Vorabstimmungen haben dies bestätigt.

Die ANBest-P der Länder verfügen über zum Teil stark divergierende Anwendungsbefehle  zur Einhaltung des  Vergaberechts (vgl. dazu  Tabelle auf S. 10 ff.).

Da die Länder zugleich Empfänger der Fördermittel des Bundes sind und diese an die Krankenhausträger weiterleiten, kann nicht in Gänze ausgeschlossen werden, dass auch die ANBest-P Bund (alternativ oder kumulativ) zur Anwendung gelangen (Ziffer 3 Förderrichtlinie).

 

Müssen Krankenhausträger (Fördermittelnehmer) die Anwendung des Vergaberechts fürchten?

Fakt ist, dass das Vergaberecht einen hohen Formalaufwand verursacht.

Insbesondere Fördermittelnehmer, die außerhalb des Förderprojekts keine Adressaten vergaberechtlicher Ausschreibungsobliegenheiten sind, werden hierdurch vor nicht unwesentliche Herausforderungen gestellt.

Allerdings ermöglicht ein bedarfsgerecht konzipiertes Vergabeverfahren (dem eigentlichen Ansinnen des Vergaberechts folgend) eine möglichst wettbewerbliche Beschaffung des zuvor identifizierten Bedarfs zu wirtschaftlichen Konditionen. Warum also nicht aus der (vermeintlichen) Not eine Tugend machen.

 

Wie erfolgt die Auswahl der richtigen Verfahrensart?

Die Verfahrensarten divergieren zunächst zwischen Ober- und Unterschwellenbereich . Im Oberschwellenbereich   stehen das Offene und das Nichtoffene Verfahren als Regelverfahren zur Verfügung. Das  Verhandlungsverfahren  mit oder ohne Teilnahmewettbewerb und der Wettbewerbliche Dialog bedürfen stets einer gesonderten Legitimation. Mit Blick auf die förderungsfähigen Vorhaben aus § 19 Abs. 1 S. 1 KHSFV scheint es äußerst   wahrscheinlich, dass die entsprechenden Voraussetzungen zur Durchführung eines Verhandlungsverfahrens   oftmals erfüllt sein werden.

 

Ist es trotz geltendem Vergaberecht zulässig, im Einzelfall einen Auftrag direkt zu vergeben?

Die ANBest-P sehen regelmäßig Wertgrenzen (in Bezug auf die Höhe der Zuwendung und/oder den Auftragswert) vor, unterhalb derer ein Auftrag direkt vergeben werden kann. Bei Überschreitung dieser gilt formales Vergaberecht . Direktaufträge sind hiernach lediglich bei einem Auftragswert in Höhe von bis zu EUR 1.000 möglich. Verhandlungsvergaben ohne Teilnahmewettbewerb (freihändige Vergaben) sind bis zu bestimmten, durch Länder festgesetzte Wertgrenzen oder im Falle bestimmter Ausnahmetatbestände (bspw. Dringlichkeit) statthaft. Die Verhandlungsvergabe ist allerdings nicht der Direktvergabe  gleichzusetzen. Es entfällt allein der Teilnahmewettbewerb. Im Falle eines Alleinstellungsmerkmals verdichtet sich die Verhandlungsvergabe allerdings faktisch zu einer Direktvergabe.
 

 

Kommt es auf das relevante Vergaberegime überhaupt noch an, wenn ein von vergaberechtlichen Ausschreibungsobliegenheiten befreiender Ausnahmetatbestand eingreift?

Ja, die im Einzelfall zu prüfenden und zu dokumentierenden Ausnahmetatbestände divergieren in Bezug auf Regelungsdichte und Freistellungsumfang zum Teil deutlich. Im Zweifel erscheint es daher zumindest sinnvoll, eine entsprechende Parallelbetrachtung anzustellen.

Im Falle eines Alleinstellungmerkmals des Auftragnehmers weicht beispielsweise die Ausnahmevorschrift im Oberschwellenbereich (§ 14 Abs. 4 Nr. 2 lit. b) und c), Abs. 6 VgV) von der korrespondierenden Norm im Unterschwellenbereich (§ 8 Abs. 4 Nr. 10 UVgO) ab.
 

 

Ist es für die Zwecke des Förderprojekts entscheidend, ob der Krankenhausträger (Fördermittelnehmer) als öffentlicher Auftraggeber gemäß § 99 Nr. 2 und/oder 4 GWB zu klassifizieren ist?

Ja . Einerseits divergieren grundsätzlich die über die ANBest-P zur Anwendung gebrachten Ausschreibungsobliegenheiten. Andererseits kann sich mit Blick auf den Zeitpunkt, ab dem geltendes Vergaberecht einzuhalten war, eine abweichende Beurteilung ergeben.
 

 

Wann liegen die Voraussetzungen einer (funktionalen) öffentlichen Auftraggebereigenschaft gemäß § 99 Nr. 2 GWB vor?

Es bedarf zunächst einer Staatsverbundenheit . Das ist bei Krankenhäusern in kommunaler Trägerschaft regelmäßig der Fall. Das Tätigkeitsportfolio von Krankenhäusern ist auch eindeutig als im Allgemeininteresse liegend zu klassifizieren. Bei der gleichfalls erforderlichen Nichtgewerblichkeit dieser Tätigkeiten kommt es entscheidend darauf an, ob der jeweilige Rechtsträger (keine Konzernbetrachtung) über eine irgendwie geartete Sonderstellung auf dem Markt verfügt (bspw. kein funktionierender Wettbewerb, Finanzierung aus öffentlichen Mitteln, keine Übernahme des betriebswirtschaftlichen Risikos).
 

 

Folgt bereits aus der Projektförderung als solcher, dass der Krankenhausträger – unabhängig davon, ob er sich in kommunaler oder privater Trägerschaft befindet – als öffentlicher Auftraggeber gemäß § 99 Nr. 4 GWB zu klassifizieren ist?

Nein. § 99 Nr. 4 GWB bezieht sich auf die Errichtung von Krankenhäusern , d.h. auf entsprechende Baumaßnahmen und/oder mit derartigen Baumaßnahmen unmittelbar korrelierende Tätigkeiten (bspw. Planungsleistungen). Das dürfte mit Blick auf die förderungsfähigen Vorhaben aus § 19 Abs. 1 S. 1 KHSFV grundsätzlich nicht in Betracht kommen, sollte im Einzelfall aber zwingend verifiziert werden.
 

 

Was droht, wenn ein Krankenhausträger (Fördermittelnehmer) bereits vor Beginn des Förderprojekts Verträge mit Auftragnehmern geschlossen hat?

Grundsätzlich gilt das Verbot eines vorzeitigen Maßnahmenbeginns (Ziffer 1.3 VV zu § 44 BHO/LHO). Hiernach dürfen Vorhaben (z.B. Vertragsschlüsse) erst begonnen werden, wenn der Zuwendungsbescheid zugegangen und bestandskräftig geworden ist. § 14a Abs. 5 Nr. 1 KHG enthält eine gesetzlich determinierte Ausnahme von diesem Verbot für Maßnahmen, die frühestens am 2. September 2020 begonnen haben.

Für die Fördermittelanteile der Länder kann es insoweit aber dem Gebot einer Einzelfreistellung (auf entsprechende Beantragung) verbleiben. In diese Richtung hat sich bspw. Bayern positioniert. Bei drohenden Konflikten sollten die betreffenden vertraglichen Regelungen auf ihre Rechtsverbindlichkeit überprüft werden.
 

 

Was droht, wenn ein Krankenhausträger (Fördermittelnehmer) vor der Bewilligung des Förderantrags Verträge mit Auftragnehmern geschlossen hat, ohne diese zuvor einer wettbewerblichen Ausschreibung zuzuführen?

Vorbehaltlich einschlägiger Ausnahmetatbestände stellt dies einen Verstoß gegen eine Förderauflage – samt drohender Rückforderung von Fördermitteln – dar, wenn die grundsätzlich bestehende Ausschreibungsobliegenheit auf diesen Zeitraum zurückwirkt.

Da die relevanten Rechtsakte (KHZG, KHG, KHSFV, Förderrichtlinie, Landeskrankenhausgesetze) hierzu keine Aussagen treffen, bestehen aber zumindest auch gute Argumente gegen eine Rückwirkung. Es verbleiben allerdings hohe Rechtsrisiken.

Uns ist zudem bekannt, dass sich sowohl das BAS als auch einzelne Bundesländer insbesondere zu der Problematik bereits begonnener Förderprojekte in absehbarer Zeit positionieren werden. Daher erwarten wir hier alsbald weitergehende Klarheit und verfolgen die Neuigkeiten mit Interesse.
 

 

Was wäre der frühestmögliche Zeitpunkt, ab dem die jeweils geltenden Ausschreibungsobliegenheiten einzuhalten sind?

Zeitliche Anknüpfungspunkte hierfür stellen die Bedarfsanmeldung, die Beantragung/Einzelfreigabe eines vorzeitigen Maßnahmenbeginns, der Auszahlungs- und Förderbescheid durch das BAS ggü. den Ländern oder der Förderbescheid durch die Länder ggü. den Krankenhausträgern dar.

Höchstmögliche Rechtssicherheit wird also mit einer möglichst frühzeitigen Durchführung einer wettbewerblichen Ausschreibung generiert. Vor Bewilligung des Förderantrags sollte allerdings sichergestellt werden, dass sich der Auftraggeber – für den Fall einer negativen Bescheidung – von der laufenden Ausschreibung ohne signifikante Rechtsrisiken auch wieder lösen kann.

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