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Regulierung von E-Geld und E-Geld-Token nach MiCAR

MiCAR definiert E-Geld-Token Kryptowerte

Digitales Geld findet sich heute in vielen Formen, von Bitcoin bis zum E-Geld bei PayPal. MiCAR definiert und reguliert E-Geld-Token als neue Klasse von Kryptowerten. Dieser Beitrag erläutert, welche Regeln künftig für E-Geld-Token gelten, was sie mit E-Geld gemeinsam haben und wie sie sich unterscheidet.

Digitales Geld – Gegenwärtige und künftige Regulierung von E-Geld und E-Geld-Token nach ZAG und MiCAR

Die Insolvenz der Kryptobörse FTX trifft Millionen Kunden, die um ihr Geld bangen müssen. So soll FTX nach Zeitungsberichten den 50 größten Gläubigern mehr als 3 Milliarden Euro schulden. Zugleich fordern gewichtige Stimmen, z.B. die Bank of England, die Regulierung von Kryptowerten zum Schutz der Anleger zu verschärfen. Anlegerschutz erscheint insbesondere unerlässlich, wenn es um digitales Geld geht. Denn diese elektronischen Assets werden nicht nur als Investment erworben, bei denen realistischerweise jeder Renditechance ein Verlustrisiko gegenübersteht, sondern sollen auch als wertstabiles Zahlungsmittel dienen. Deshalb lohnt ein Blick darauf, welche Regulierung für digitales Geld in Deutschland und EU-Europa bereits gilt und welche Änderungen die Verordnung über Märkte für Kryptowerte (Markets in Crypto Assets Regulations – MiCAR) bringen wird.

 

I. Regulierung von E-Geld nach geltendem Recht

Nach dem Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz (ZAG) ist digitales Geld reguliert, wenn es sich um E-Geld im Sinne von § 1 Abs. 2 S. 3 ZAG handelt. Danach kennzeichnen folgende Kriterien E-Geld: (1) Es ist ein elektronisch gespeicherter monetärer Wert in Form einer Forderung gegen den Emittenten. (2) Es kann gegen Zahlung eines Geldbetrages erworben werden. (3) Es dient zur Ausführung von Zahlungsvorgängen, also vor allem zur Übermittlung von Geldbeträgen an andere. (4) Dritte, also nicht nur der Emittent, nehmen diese Werte als Zahlung an.

Was beim Blick auf diese Definition klar wird, aber überraschen mag angesichts der Aufmerksamkeit, die Crypto Currencies in den letzten Jahren erfahren haben: Bitcoin, Ethereum und Co. sind in aller Regel kein E-Geld. Zwar dienen diese Token (auch) zu Zahlungszwecken und werden als Zahlungsmittel akzeptiert. Die bekannten Crypto Currencies, insbesondere Bitcoin und Ethereum, stellen aber gerade keine Forderung gegen einen Emittenten (oder irgendeinen anderen Schuldner) dar. Ein typisches und weitverbreitetes Beispiel für E-Geld findet sich dagegen bei PayPal: Bei PayPal-Zahlungen werden nicht etwa Euro oder eine andere Währung überwiesen, sondern der Nutzer von PayPal erwirbt E-Geld, das PayPal an den Empfänger übermittelt und von diesem in Euro zurückgetauscht werden kann.

Um die Nutzer von E-Geld zu schützen, sieht das deutsche Recht in Umsetzung der europäischen E-Geld-Richtline 2009/110/EG eine umfassende Regulierung des E-Geld-Geschäfts vor. Wichtigster Punkt dabei ist, dass der Erwerber oder Empfänger von E-Geld dieses jederzeit wieder in die gesetzliche Währung umtauschen kann, ohne Verluste zu erleiden.

Dazu verpflichtet zum einen § 33 Abs. 1 ZAG den Emittenten von E-Geld, dieses nur zum Nennwert des entgegen genommenen Geldbetrages auszugeben und jederzeit zum Nennwert in gesetzliche Zahlungsmittel zurückzutauschen. Vereinfacht: Wer für einen Euro E-Geld erwirbt, hat einen Anspruch auf jederzeitigen Rücktausch des E-Gelds in einen Euro, ohne Verlust durch Auf- oder Abschläge.

Zum anderen muss sichergestellt werden, dass der Emittent diese Rücktauschverpflichtung für das von ihm ausgegebene E-Geld tatsächlich erfüllen kann, also zahlungsfähig bleibt. Die betreffende Regulierung ist teilweise dem Bankaufsichtsrecht nachgebildet: Gem. § 11 Abs. 1 S. 1 ZAG dürfen nur solche Unternehmen E-Geld ausgeben, die dafür eine Erlaubnis der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) haben, nämlich neben den ohnehin beaufsichtigen CRR-Kreditinstituten vor allem die E-Geld-Institute. Eine Zulassung als E-Geld-Institut erfordert nach § 15 Abs. 1 ZAG insbesondere eine angemessene Ausstattung mit Eigenmitteln. Außerdem werden u.a. die Zuverlässigkeit und fachliche Eignung der Geschäftsleiter (§ 12 Nr. 5 ZAG) sowie eine ordnungsgemäße Geschäftsorganisation nach § 27 ZAG verlangt. Spezifisch für das E-Geld-Geschäft ist schließlich die Regelung in §§ 17, 18 ZAG, die die Emittenten verpflichtet, die in Empfang genommenen Geldbeträge zu sichern, entweder durch getrennte und insolvenzsichere Anlage auf einem Treuhandkonto oder in anderen liquiden, risikoarmen Werten oder mit der Versicherung bei einem Versicherungsunternehmen oder Kreditinstitut.

 

II. Künftige Regulierung von E-Geld-Token

Mit der MiCAR will der europäische Gesetzgeber den Entwicklungen der letzten Jahre Rechnung tragen und zum Schutz der Verbraucher auch die Geschäfte mit Kryptowerten, zumindest für viele Ausprägungen dieser Crypto Assets, regulieren.

Dies ist dem deutschen Recht nicht fremd. Seit Anfang 2020 werden Kryptowerte im Sinne von § 1 Abs. 11 S. 1 Nr. 10 S. 4 KWG als Finanzinstrumente eingestuft, und sowohl die Anschaffung und Veräußerung solcher Kryptowerte wie auch ihre Verwahrung für Kunden sind erlaubnispflichtige Finanzdienstleistungen. Davon ausgenommen bleibt bislang aber das Geschäft mit E-Geld, weil nach § 1 Abs. 11 S. 5 Nr. 1 KWG E-Geld im Sinne des ZAG ausdrücklich kein Kryptowert im Sinne des KWG ist; für E-Geld gelten bisher also nur die Regeln des ZAG.

Demgegenüber bezieht die MiCAR E-Geld-Token ausdrücklich in die Regulierung von Kryptowerten mit ein. Nach der Entwurfsfassung der MiCAR als Ergebnis der Trilog-Verhandlungen werden von der Regulierung als E-Geld-Token solche Kryptowerte erfasst, die wertstabil erscheinen, indem sie sich auf den Wert einer offiziellen Währung beziehen (Art. 3 Abs. 1 Nr. 4 MICAR). Insoweit ähneln sich E-Geld-Token und E-Geld, das ja als monetärer Wert ausschließlich zum Nennwert einer offiziellen Währung ausgegeben werden kann und vom Emittenten zurückgetauscht werden muss. Folgerichtig ordnet Art. 43 Abs. 1a MICAR an, dass E-Geld-Token als E-Geld im Sinne der europäischen E-Geld-Richtline 2009/110/EG gelten und grundsätzlich, soweit nicht die MiCAR Sonderregeln vorsieht, von deren Regulierung erfasst werden. E-Geld-Token unterliegen damit zwei Regulierungssystemen, als Form des E-Gelds der E-Geld-Richtlinie 2009/110/EG und als Kryptowerte der MiCAR; eine Ausnahme vom Prinzip, dass MiCAR grundsätzlich abschließend den Regulierungsrahmen für Kryptowerte darstellen soll.

Wenn somit jeder E-Geld-Token zugleich E-Geld ist, gilt dies nicht auch umgekehrt: Nicht jedes E-Geld ist zugleich ein E-Geld-Token. MiCAR erfasst nur Kryptowerte, und dies gilt auch für digitales Geld: Ein E-Geld-Token liegt nur vor, wenn es sich um einen Kryptowert handelt (Art. 3 Abs. 1 Nr. 4 MICAR). Kryptowerte sind nur solche digitalen Darstellungen von Werten oder Rechten, die unter Verwendung der Distributed-Ledger-Technologie (DLT) oder einer ähnlichen Technologie elektronisch übertragen und gespeichert werden können (Art. 3 Abs. 1 Nr. 2 MICAR). Kennzeichnend für E-Geld-Token ist damit die Nutzung von DLT, für die die Blockchain das wohl bekannteste Beispiel ist.

Damit gilt vereinfachend für die Abgrenzung und das Zusammenspiel der Regulierungen künftig folgendes Prinzip: Alle E-Geld-Token sind zugleich E-Geld und werden, soweit nicht die MiCAR etwas anderes vorsieht, wie E-Geld reguliert. Umgekehrt ist nicht jedes E-Geld zugleich ein von MiCAR regulierter E-Geld-Token, sondern nur dann, wenn es sich um einen Kryptowert handelt, das E-Geld also unter Nutzung von DLT übertragen und gespeichert werden kann.

Für E-Geld-Token sieht MiCAR im Vergleich zur Regulierung von E-Geld nach der europäischen E-Geld-Richtline 2009/110/EG und dem ZAG eine Reihe von Sondervorschriften vor. Inhaltlich entsprechen die Regelungen in weiten Teilen der schon bekannten Regulierung von E-Geld. So verlangt auch Art. 44 MICAR, dass E-Geld in Form von E-Geld-Token nur zum Nennwert ausgegeben werden darf und die Inhaber der E-Geld-Token gegen den Emittenten einen Anspruch auf jederzeitigen Rücktausch zum Nennwert haben muss. Um dies sicherzustellen, bestimmt Art. 43 Abs. 1 a) MICAR, dass wie beim sonstigen E-Geld neben CRR-Kreditinstituten nur E-Geld-Institute E-Geld-Token ausgeben dürfen. Damit werden die Emittenten von E-Geld-Token in gleicher Weise reguliert und beaufsichtigt wie alle anderen Emittenten von E-Geld. Schließlich findet sich auch die für sonstiges E-Geld bereits vorgesehene Pflicht zur Sicherung des entgegengenommenen Geldes in Art. 49 MICAR mit einem Verweis auf die entsprechenden Regelungen in der E-Geld-Richtline 2009/110/EG und Modifikationen insoweit, dass nur die Anlage auf einem Treuhandkonto oder in anderen liquiden, risikoarmen Werten zulässig ist und mindestens 30% der Mittel auf einem Treuhandkonto liegen müssen.

Eine Besonderheit für E-Geld-Token sieht MiCAR insoweit vor, als künftig Emittenten von E-Geld-Token vor dem öffenlichen Angebot ein sog. Whitepaper veröffentlichen müssen (Art. 46 MICAR). Whitepaper haben sich in der Praxis als die typische Angebotsunterlage für Kryptowerte aller Art etabliert, und MiCAR wird zum einen die Veröffentlichung eines Whitepapers mit festgelegten Inhalten für viele Kryptowerte verbindlich vorschreiben und zum anderen eine Haftung für die Richtigkeit der Angaben einführen – es ist also eine Form der Prospektpflicht vorgesehen, auch für E-Geld-Token.

Das Whitepaper für E-Geld-Token muss nach Art. 46 MICAR insbesondere umfassende Informationen zur Gestaltung der E-Geld-Token (z.B. zum Emittenten, zu den damit verbundenen Rechten und Pflichten, zur eingesetzten Technologie und zu den Umweltauswirken des verwandten Konsensmechanismus, etc.) sowie Warnhinweise zu den Risiken und insbesondere zur fehlenden Einlagensicherung enthalten. Der Entwurf des Whitepapers muss der zuständigen Aufsichtsbehörde vorab vorgelegt werden, bedarf aber keiner Genehmigung.

Wie auch sonst bei Wertpapier- und Vermögensanlageprospekten üblich und in MiCAR auf für andere Whitepaper vorgesehen, führt Art. 47 MICAR eine Haftung für unvollständige, unfaire oder uneindeutige sowie für irreführende Informationen im Whitepaper ein. Die Inhaber von E-Geld-Token können bei solchen Verstößen Schadensersatz wegen der dadurch erlitten Verluste verlangen, sofern sie nachweisen, dass sich der Verstoß auf ihre Entscheidung zum Erwerb oder zur Veräußerung der E-Geld-Token ausgewirkt hat.
Diese Form der Prospekthaftung wird durch MiCAR besonders scharf ausgestaltet, weil zum einen keinerlei zeitliche Begrenzung vorgesehen ist. Damit korrespondiert nach Art. 46 Abs. 10 MICAR eine Pflicht für den Emittenten von E-Geld-Token, bei relevanten Änderungen und neuen Tatsachen das Whitepaper laufend zu aktualisieren. Zum anderen haftet für die Richtigkeit und Vollständigkeit des Whitepaper nicht nur der Emittent selbst, sondern nach Art. 47 Abs. 1 MICAR haften auch die Mitglieder seiner Leitungsorgane persönlich; eine im Kapitalmarktrecht bisher prinzipiell nicht vorgesehene Form der Außenhaftung. Mit dieser direkten, persönlichen Haftpflicht im Außenverhältnis korrespondiert die Pflicht des Leitungsorgans nach Art. 46 Abs. 4 MICAR, im Whitepaper eine Bestätigung abzugeben, dass das Whitepaper die gesetzlichen Anforderungen erfüllt, die darin enthaltenen Informationen nach seinem besten Wissen korrekt sind und keine wesentlichen Auslassungen vorliegen.

 

III. Zusammenfassung

Damit lassen sich die durch MiCAR vorgesehenen Regeln für digitales Geld so zusammenfassen:

  • Mit den E-Geld-Token wird eine neue Klasse des digitalen Geldes definiert
  • E-Geld-Token sind durch zwei Merkmale gekennzeichnet: Sie erscheinen wertstabil, weil sie sich auf den Wert einer offiziellen Währung beziehen, und sie nutzen Distributed Ledger (oder eine vergleichbare) Technologie.
  • Für Crypto Currencies wie z.B. Bitcoin, die zwar als Zahlungsmittel dienen, sich aber nicht auf den Wert einer offiziellen Währung beziehen, bleibt es dabei, dass sie weder E-Geld noch E-Geld-Token sind.
  • E-Geld-Token sind E-Geld im Sinne der europäischen E-Geld-Richtline 2009/110/EG und des ZAG, und die bisherige Regulierung von E-Geld erfasst im Grundsatz auch die E-Geld-Token.
  • Wie schon bisher beim E-Geld müssen auch bei E-Geld-Token die Inhaber einen Anspruch gegen den Emittenten auf Rücktausch zum Nennwert haben.
  • Daneben gelten für E-Geld-Token aber besondere Regeln, insbesondere die Pflicht, vor dem Angebot in Form eines sog. Whitepaper einen Prospekt zu veröffentlichen und diesen laufend zu aktualisieren.
  • Für die fortlaufenden Richtigkeit und Vollständigkeit des Prospekt haften nicht nur die Emittenten der E-Geld-Token, sondern auch ihre Leitungsorgane persönlich.

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