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Die Legal-Due Diligence im Vorfeld der Übertragung von Pensionsverpflichtungen auf eine Rentnergesellschaft

Die rechtssichere und praktisch bedarfsgerechte Durchführung der Übertragung von Pensionsverpflichtungen auf eine originäre Rentnergesellschaft ist unter anderem maßgeblich abhängig von einem eindeutigen und einheitlichen Verständnis der beteiligten Vertragsparteien über die inhaltliche und rechtliche Ausgestaltung der zugrunde liegenden bAV-Zusagen. In diesem Client Alert erörtern wir die maßgeblichen Rahmenbedingungen und im Einzelfall zu beachtenden Herausforderungen.

1. Der Ausgangspunkt zur Einordnung

Originäre Rentnergesellschaft und ihr Eintritt in die Pensionsverpflichtungen aus den bAV-Zusagen im Wege der umwandlungsrechtlichen Gesamtrechtsnachfolge als im Einzelfall bedarfsgerechte Pensions Run Off-Maßnahme, Leistungsempfänger und UVA als maßgebliche Personenkohorte

Die sog. originäre Rentnergesellschaft ist dadurch gekennzeichnet, dass sie als eigenständiger Rechtsträger ausschließlich zu dem Zweck geschaffen wird, Zusagen der betrieblichen Altersversorgung (bAV-Zusagen) von den ursprünglich die bAV-Zusagen erteilenden Arbeitgebern (abgebender Arbeitgeber) zu übernehmen und gegenüber den Versorgungsbegünstigten abzuwickeln. Die Übertragung der bAV-Zusagen auf die Rentnergesellschaft erfolgt im Wege der umwandlungsrechtlichen Gesamtrechtsnachfolge auf der Grundlage einer umwandlungsrechtlichen Ausgliederung oder Abspaltung.

Für die abgebenden Arbeitgeber dürfte dabei nach Ablauf der zehnjährigen umwandlungsrechtlichen Nachhaftungsfrist (§ 133 Abs. 2 S. 2 UmwG) keine Haftung mehr aus den bAV-Zusagen gegenüber den Versorgungsbegünstigten bestehen, wenn sie die Rentnergesellschaft mit einer hinreichenden Kapitalausstattung nach Maßgabe der Kriterien des Urteils des Bundesarbeitsgerichts (BAG) vom 11.03.2008 (3 AZR 358/06, Rentnergesellschaft-Urteil) versehen haben (s. dazu bereits unseren Beitrag in der Personalwirtschaft). Die Beachtung der Anforderungen der hinreichenden Kapitalausstattung inkludiert insoweit – neben weiteren inhaltlichen Gestaltungsalternativen – eine Möglichkeit zum Haftungsausschluss nach Ablauf der Nachhaftungsfrist.

Die Gründe für die Errichtung der originären Rentnergesellschaft sind vielfältig. Sie beruhen im Ausgangspunkt regelmäßig auf der Intention des abgebenden Arbeitgebers, die aus den Pensionsrückstellungen resultierende Bilanzvolatilität (vor allem nach IFRS) zu vermeiden, die bAV-Zusagen auszufinanzieren – und gleichzeitig eine dauerhafte Entpflichtung aus den bAV-Zusagen zu erreichen. In der Praxis besteht dieses Bedürfnis oft nach einem Gesellschafterwechsel, wenn der neue Gesellschafter – etwa bei einer beabsichtigten Integration des erworbenen Unternehmens des abgebenden Arbeitgebers in eine bestehende Konzernstruktur – die bAV-Zusagen nicht fortführen möchte, oder wenn der Gesellschafter den Rechtsträger des abgebenden Arbeitgebers mittelfristig liquidieren möchte. Alternative Pensions Run Off-Maßnahmen, wie z.B. die Änderung des Durchführungswegs zum Pensionsfonds, kommen in diesen Fällen als Gestaltungsoption nicht in Betracht, da sie nur eine bilanzielle Korrektur bewirken und die arbeitsrechtliche Haftung des Arbeitgebers aus der bAV-Zusage gemäß § 1 Abs. 1 S. 3 BetrAVG unberührt lassen.

Abzugrenzen ist die originäre Rentnergesellschaft von der sog. abgeleiteten Rentnergesellschaft. Bei dieser entoperationalisiert der Arbeitgeber den die bAV-Zusagen erteilten Rechtsträger, indem er die operativ weiterzuführenden Geschäftsbereiche auf einen dritten Rechtsträger veräußert (überträgt) – in der Regel im Wege eines Betriebsübergangs mit einem Übergang der relevanten Arbeitsverhältnisse gem. § 613a BGB – und beim dann entoperationalisierten Rechtsträger ausschließlich die Versorgungsverpflichtungen und diese bedeckenden Vermögenswerte belässt. Das BAG hat bereits entschieden, dass für die abgeleitete Rentnergesellschaft die Anforderungen an die hinreichende Kapitalausstattung nicht gelten (Urt. v. 17.06.2014, 3 AZR 298/13).

Der Personenkreis der von der Übertragung der bAV-Zusagen betroffenen Versorgungsbegünstigten umfasst regelmäßig (nur) Leistungsempfänger und mit unverfallbaren Anwartschaften ausgeschiedene ehemalige Mitarbeiter (UVA). Versorgungsbegünstigte in einem aktiven Arbeitsverhältnis wählt der abgebende Arbeitgeber regelmäßig nicht aus, eine vom aktiven Bestand des Arbeitsverhältnisses isolierte Übertragung der Pensionsverpflichtungen aus der bAV-Zusage aus arbeitsrechtlicher Sicht ist nicht möglich.

 

2. Gründe für eine sorgfältige Legal Due Diligence (LDD) bei der originären Rentnergesellschaft

Die Durchführung der LDD lässt sich innerhalb des vierphasigen Prozesses der Implementierung der Rentnergesellschaft (siehe dazu bereits unseren Client Alert) in die erste Phase (Rahmenkonzept) einordnen. Sie bildet einen elementaren Ausgangspunkt der Vorüberlegungen, da sie die für den maßgeblichen Verpflichtungsbestand und seine versicherungsmathematische Quantifizierung relevanten Rechtsgrundlagen und auch die relevanten Versorgungsbegünstigten ermittelt. Der maßgebliche Verpflichtungsbestand bildet wiederum die Grundlage für die Quantifizierung der erforderlichen Kapitalausstattung nach Maßgabe des Rentnergesellschaft-Urteils.

Vorab ist die LDD zudem für den abgebenden Arbeitgeber essentiell für seine Management-Entscheidung, welche bAV-Zusagen er überhaupt auf die Rentnergesellschaft übertragen möchte, und damit verbunden, welche bAV-Zusagen bei ihm weiterhin verbleiben sollen – und wie insoweit inhaltlich die maßgeblichen Regelungen im Umwandlungsvertrag zur Bestimmung der auf die Rentnergesellschaft zu übertragenen bAV-Zusagen auszugestalten sind.

 

3. Ankerpunkte bei der Durchführung der LDD der bAV-Zusagen

Rechtsgrundlagen/Durchführungswege, (unwirksame) Modifikation, Rentenanpassungen nach § 16 BetrAVG, anderweitige Sicherungsinstrumente

Den Ausgangspunkt für die LDD bildet die Überlegung des abgebenden Arbeitgebers, welche konkreten bAV-Zusagen auf die Rentnergesellschaft übertragen werden sollen. Aus umwandlungsrechtlicher Sicht kommen grundsätzlich alle bestehenden bAV-Zusagen und insoweit insbesondere auch alle Durchführungswege in Betracht. In der Praxis fokussiert sich der Arbeitgeber typischerweise auf bAV-Zusagen, die eine IFRS-Verpflichtung begründen (d.h., insbesondere Zusagen in den Durchführungswegen der Direktzusage und der – pauschaldotierten – Unterstützungskasse).

Typische Ankerpunkte der LDD inkludieren:

(1) Konkrete inhaltliche Ausgestaltung der einzelnen bAV-Zusage; vor allem von vom abgebenden Arbeitgeber übernommenen bAV-Zusagen:

Die rechtliche Prüfung hat sich in diesem Rahmen auf die Ausgestaltung der konkreten Rahmenparameter (Leistungsinhalt, etwaige Regelungen zur Rentenanpassung) zu fokussieren. Dies insbesondere, um bei den Verhandlungen mit dem späteren Rechtsträger der originären Rentnergesellschaft ein einheitliches Verständnis über die inhaltliche Ausgestaltung zu erzielen.

Besondere Sorgfalt ist in diesem Rahmen geboten für bAV-Zusagen, die der abgebende Arbeitgeber selbst von einem Dritten übernommen hat (z.B. aufgrund der Begründung des Arbeitsverhältnisses mit den betroffenen Versorgungsbegünstigten aufgrund eines Betriebsübergangs gemäß § 613a BGB, bei dem der abgebende Arbeitgeber eine vom vorherigen Arbeitgeber erteilte bAV-Zusage übernommen hat, oder aufgrund einer umwandlungsrechtlichen Gesamtrechtsnachfolge aus Verschmelzungen/Ausgliederungen/Abspaltungen). Dies deshalb, da der abgebende Arbeitgeber solche übernommenen bAV-Zusagen aufgrund einer mitunter inhaltlich nicht eindeutigen Regelung und/oder eines (etwa daraus resultierenden) unzutreffenden inhaltlichen Verständnisses der ihre Durchführung administrierenden Mitarbeiter im Einzelfall inhaltlich falsch angewendet hat und insoweit Risiken begründet hat für Rechtsstreite von Leistungsempfängern über höhere Versorgungsleistungen.

(2) Modifizierung der betroffenen bAV-Zusagen:

Die rechtliche Prüfung hat sich in diesem Rahmen insbesondere auf die Beurteilung der wirksamen Ablösung der relevanten bAV-Zusage durch die Nachfolgeregelung zu erstrecken. Unterlag die konkrete Ablösung den Rechtssätzen des Bundesarbeitsgerichts (BAG) zur Verhältnismäßigkeit gemäß der Drei-Stufen-Theorie, ist die tatsächliche Durchführung der Ablösung auf ihre Vereinbarkeit mit diesen Rechtssätzen zu überprüfen.

(3) (Unterlassene/Unvollständige) Rentenanpassungen:

Hat der abgebende Arbeitgeber für die relevanten bAV-Zusagen Rentenanpassungen nach Maßgabe des § 16 Abs. 2 BetrAVG (bzw. der relevanten Regelungen in der bAV-Zusage) nur unvollständig durchgeführt oder sogar vollständig unterlassen, ist im Rahmen der LDD die Wirksamkeit dieser Teil-/unterlassenen Anpassungen zu überprüfen. Dies vor allem mit Blick auf den betriebsrentenrechtlichen Grundsatz der nachholenden Anpassung (s. dazu auch bereits unseren Client Alert), der bei einer unwirksamen Teil-/unterlassenen Anpassung auch den Referenzzeitraum umfasst, in dem/für den der abgebende Arbeitgeber die Anpassung nicht nach Maßgabe des § 16 Abs. 2 BetrAVG durchgeführt hat.

(4) Kreis der Versorgungsbegünstigten:

Die LDD hat hierzu zu prüfen, ob alle von den konkreten Rechtsgrundlagen der zu übertragenden bAV-Zusagen erfassten Versorgungsbegünstigten in der Quantifizierung gemäß den versicherungsmathematischen Gutachten berücksichtigt sind. Ein besonderes Augenmerk ist dabei auf dritte Personen zu richten, die die bAV-Zusage durch den relevanten Mitarbeiter des abgebenden Arbeitgebers erhalten haben; dieser Personenkreis umfasst neben Hinterbliebenen (aktuelle Ehe-/Lebenspartner etc., (Halb-) Waisen) auch ehemalige Ehe-/Lebenspartner etc., die aufgrund eines internen Versorgungsausgleichs Ansprüche aus der relevanten bAV-Zusage erworben haben.

(5) Anderweitige Sicherungsinstrumente:

Zu den von der Übertragung auf die originäre Rentnergesellschaft betroffenen bAV-Zusagen hat die LDD schließlich zu prüfen, ob anderweitige Sicherungsinstrumente bestehen, konkret etwa in Form einer (ggf. verpfändeten) Rückdeckungsversicherung oder eines (doppelseitigen) CTA. Sind die betroffenen bAV-Zusagen über ein bestehendes CTA gesichert, kommt eine Übertragung des hierzu vom abgebenden Arbeitgeber in das CTA eingebrachten Treuhandvermögens vom Treuhänder auf den abgebenden Arbeitgeber/die originäre Rentnergesellschaft in der Regel nur in Betracht, wenn für die vom CTA gesicherte bAV-Zusage bei der originären Rentnergesellschaft eine – jedenfalls mit Blick auf die Insolvenzfestigkeit des Treuhandvermögens – gleichwertige Sicherung besteht. Die konkreten Anforderungen an die Gleichwertigkeit ergeben sich regelmäßig aus dem Treuhandvertrag des abgebenden Arbeitgebers mit dem Treuhänder.

 

4. Ergebnis der LDD und seine Einbettung in den weiteren Prozess zur Implementierung der originären Rentnergesellschaft

Das Ergebnis der LDD wird unmittelbar in die quantitative Ermittlung des Verpflichtungsbestands eingespielt – und bildet zugleich eine belastbare Basis für die weiteren Überlegungen unter anderem zur Ermittlung der erforderlichen Kapitalausstattung der originären Rentnergesellschaft nach Maßgabe des Rentnergesellschaft-Urteils des BAG sowie zur konkreten Ausgestaltung der von der originären Rentnergesellschaft – in der Regel – zu implementierenden Sicherungsinstrumente zur weiteren Durchführung der bAV-Zusagen nach dem Vollzug ihrer umwandlungsrechtlichen Übertragung.

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