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Connected Store – die digitale Einkaufserfahrung

Datengetriebene Ansätze sind die Zukunft des stationären Einzelhandels

Erst unterbieten sie online die Preise und dann expandieren sie auch noch ins stationäre Geschäft. Die Internet-Giganten machen dem traditionellen Einzelhandel schwer zu schaffen – neuerdings sogar offline. Doch bange machen gilt nicht. Für die konventionellen Retailer kommt es jetzt darauf an, die Entwicklung nicht nur als Bedrohung zu sehen. Im Gegenteil: gerade von den Online Pure Plays und ihren datengetriebenen Strategien auch in Läden können sie lernen, wie sie ihr eigenes Business fit für morgen machen. Deloitte zeigt, welche Optionen Unternehmen dafür jetzt haben – technologisch und strategisch.

Wie setzen sich etablierte Retail-Unternehmen gegen die Expansion der digitalen Wettbewerber zur Wehr? Die jüngsten Schritte von Amazon & Co selbst weisen den Weg. Er führt in die umfassende Digitalisierung des Stationärgeschäfts: zum Connected Store als Zukunftsmodell. Denn Online und Offline laufen zukünftig zusammen. Und eine breite physische Präsenz kann dabei einen substanziellen Wettbewerbsvorteil bedeuten.
 

Was bisher geschah: der epochale Umbruch im Einzelhandel

Die 1990er brachten für den Einzelhandel einen Paradigmenwechsel. Die Popularisierung des Webs und der Online-Handel revolutionierten die Retail-Branche. Die digitale Konkurrenz und gestiegene Ansprüche der Kunden setzen die etablierten Player unter Druck. Die Onlinehändler punkten dabei nicht nur mit ihrer vorteilhaften Kostenstruktur. Sie bauen von Anfang an auf einen datenbasierten Ansatz und bieten dadurch auch ein neues, komfortableres Einkaufserlebnis.

Manche traditionsreichen Einzehandelsunternehmen schrumpfen und verschwinden, andere passen sich an und entwickeln eigene Onlineangebote. Der Channel Shift ist unumkehrbar. Auf ihn folgt die Entwicklung hin zu Omnichannel. Dazu gehört eine für den Kunden attraktive Personalisierung und vor allem eine nahtlose Integration der Absatzkanäle. Ladengeschäfte haben auch in Zukunft eine Daseinsberechtigung. Handelskonzerne müssen nur lernen, die Vorteile ihrer mehrgleisigen Aufstellung digital auszuspielen.

Total digital: die Vision vom voll digitalisierten Einkaufserlebnis im Connected Store

Heute übernehmen Digitalplayer ganze Lebensmittelketten – das prominenteste Beispiel ist Amazons Aufkauf der US-Biomarktkette Whole Foods Market. Und sie wildern auch mit eigenen Hightech-Stores auf dem angestammten Terrain der stationären Retailer. So hat der chinesische Handelsgigant Alibaba mit seinen innovativen Hema Supermärkten gezeigt, wie Big Data das Einkaufserlebnis umkrempeln kann – das Stationärgeschäft von morgen steht unter dem Zeichen von „New Retail“.

Auf eben diesem Terrain müssen sich die traditionellen Händler nun zur Wehr setzen. Ihre große Überlebens- und Wachstumschance liegt in der eigenen digitalen Weiterentwicklung. Das Herzstück dieser Vision ist der Connected Store, der die Online-Einkaufserfahrung offline reproduziert. Der rote Faden dabei: Daten! Mit dem Siegeszug des Smartphones hält der Konsument einen Schlüssel zur Integration von Online und Offline buchstäblich in der Hand. Und im Connected Store kommuniziert das Unternehmen nun umfassend mit dem digital aufgestellten Nutzer.

Deloitte hat gemeinsam mit Technologiepartnern bereits erfolgreich mehrere Modellshops für Retailer umgesetzt, etwa für den Fashionhändler Legend World Wide in Belgrad sowie für die Supermarktkette Dia und Tankstellen der Mineralölfirma Cepsa in Spanien. Mit IoT-Technologie, Computer Vision und einer Data Analytics Platform wird hier das Shopping-Verhalten beobachtet und verarbeitet. Und zwar mit glasklaren Vorteilen für den Kunden, der hier maßgeschneiderte Zusatzinfos, Personalisierungsfeatures oder Loyalitätsangebote über Interfaces und Devices per Screens und Smartphone erhält. Das Unternehmen nutzt die Daten zugleich zum Management und zur Optimierung von Marketing, Sortiment und Supply Chain. Im Laden von morgen bekommt der Kunde Online-Komfort zum Anfassen geboten, und das in einer passend gebrandeten Umgebung. Eine positive Nutzer-Erfahrung, die es auch weiterhin lohnend macht, Ladengeschäfte aufzusuchen – vielleicht sogar lohnender denn je. Auf dieses Potenzial sollten Retailer künftig verstärkt setzen.

Wozu überhaupt Ladengeschäfte? Die strategische Gretchenfrage

Technologie öffnet die Tür in die Zukunft. Sie kann aber auch in die Irre führen. Davon zeugt manch voreilige Investition in smarte Retail Hardware der ersten Generation, die heute ungenutzt in der Ecke verstaubt. Technologie funktioniert nur als Bestandteil einer strategischen Vision im Retail. Unternehmen müssen daher weg von einer „Technology first“-Einstellung. Zunächst sollten Einzelhändler die wichtigen strategischen Fragen an sich selbst stellen. Diese klingen provokant: Wozu überhaupt noch Läden? Welchen Mehrwert verschaffen sie dem Shopper? Welche Customer Experience will mein Unternehmen ihm dort bieten? Ist der Store eine Bühne für ein intensives emotionales Markenerlebnis? Oder eher ein Forum für rationelle Transaktionen?

Deloitte hat ein Spektrum von fünf Archetypen für das Geschäft von morgen entwickelt. Sie sind positioniert zwischen den Polen Experience und Transaction: vom spielerischen Sensory Playground über Wissens-zentrierte Expertise Labs und kundenfreundliche All-in-One Shops bis hin zur ultra-effizienten Vampire Vending Umgebung. Zur Auswahl und Entwicklung einer solchen Vision gehört auch eine sinnvolle, präzise Verortung des Ladenbesuchs in der Customer Journey, angefangen von der Gewinnung der Aufmerksamkeit (Awareness) über die Schritte Consideration, Purchase und Fulfilment bis hin zur Weitergabe der Markenwerte nach dem Kauf (Advocacy). Die passende Ansprache prägt jeweils auch das zugehörige Ladenkonzept und sichert seine Relevanz. Eine klug gewählte Shop-Vision hat wegweisende strategische Bedeutung.

Absatz durch Technik: digitale Helferlein im Connected Store

Aus der strategischen Vision ergeben sich die Rahmenbedingungen für die technische Umsetzung. Dabei dreht sich alles um das Lebenselixier der Digitalisierung – die Daten. Sie offline einzufangen ist schließlich eine anspruchsvollere Aufgabe als etwa das Auslesen von Cookies im Onlinegeschäft. Im Connected Store ist daher State of the Art Technologie gefordert. Kameras zeichnen Bewegungen von Waren und Personen auf. Avancierte Computer-Vision-Lösungen interpretieren das Material mithilfe selbstlernender Algorithmen. Abgleich mit Nutzerprofilen oder demographische Segmentierung erlauben Einordnung. Künstliche Intelligenz und Biometrie helfen bei Auswertung und Transaktionshandling. Mobile Bezahlsysteme sind im Next Gen Checkout nahtlos integriert. IoT Technologien, RFID Transponder und QR Codes helfen beim Tracken der Ware. Die gewonnenen Daten erlauben gezielte Kundenbindungsmaßnahmen etwa durch Loyalitätsprogramme oder Voucher, mobil ausgegeben oder über interaktive Screens. Die Customer Experience lässt sich so digital quantifizieren (Customer Satisfaction Score). Außerdem lassen sich mit Segmentinformationen und Heatmaps die Sortimente verbessern und je nach lokalem Kontext Inventar und Ladenfunktionen an die Omnichannel Supply Chain anpassen. Die Stores dienen dabei zugleich als Picking / Delivery Facility für den Online-Kanal und verbessern die Reverse Supply Chain des Retailers.

Viele dieser Use Cases können schon heute profitabel umgesetzt werden. Den Beleg liefern Deloittes Modellshops in Spanien, wo personalisierte Promotion-Angebote zu deutlichen Umsatzsteigerungen in den Filialen führten. Doch manche spannende Technologie für den „Store of the Future“ ist derzeit noch im Entwicklungsstadium. Nischenanbieter und Startups bieten Einzellösungen, die nicht immer kompatibel sind. Die ganzheitliche Perspektive der Deloitte-Experten stellt bei der Navigation durch diese vielen Möglichkeiten eine wertvolle Hilfe dar.

Wir sind die Roboter? Neue Rollen für Mitarbeiter

Kein Zweifel: eine der einschneidenden Folgen der Digitalisierung im Einzelhandel ist der Wandel der Beschäftigungsprofile. Automatisierung und Digitalisierung können zu Einsparungspotenzialen etwa beim Kassenpersonal führen. Andererseits schaffen die neuen Bedingungen auch neue Rollen, die zu einer nachhaltigeren Markenerfahrung und Kundenbindung beitragen. Die digitale Personalisierung will schließlich auch individuell verwirklicht werden. Deloitte identifiziert drei Leitbilder für die Associates of the Future: Storyteller, Best Friend, Scientist. Sie verkörpern ihre Marke, kennen den Kunden genau und wissen über die Produkte bestens Bescheid. Die Mitarbeiter sind digital geschult und emotional intelligent. Vieles davon wird schon heute realisiert. So verschaffen etwa Beauty Consultants von Estée Lauder der Kundin ein ganz persönliches, kreatives Shopping-Erlebnis. Coffee Shop Baristas wiederum vermitteln ihre Marke mit einer greifbaren, authentischen Liebe zum Produkt und der nötigen Könnerschaft bei seiner manuellen Zubereitung. Amazon Go mag ein faszinierendes Konzept sein, aber nicht jedes Geschäft der Zukunft kann und wird ein derartiger vollautomatischer Sci-Fi-Technologietempel werden. Selbstbewusste, dynamische Mitarbeiter vollenden die Customer Experience und erfüllen das Markenversprechen des Retailers im Connected Store mit Leben.
 

Die knifflige Praxis: wie Retailer zu Technology Playern werden und ihre Store Fleet transformieren

Smart Shelf, Smart Mirror und Roboter im Verkaufsraum: „Future Technology“ wird immer realistischer. Ob sich ihr Einsatz aber auch wirklich lohnt, muss anhand des Einzelfalls entschieden werden. Um in solchen Technologiefragen fit zu werden, sollten sich Unternehmen auch organisatorisch entsprechend aufstellen. Der Wandel des Retailers zum Hightech-Player geht mit einem Wandel der Unternehmenskultur einher. Verschiedene Entwicklungsschritte kommen dafür in Frage. Interessant aus der Sicht der Deloitte-Experten sind dabei die Gründung von Startup-Acceleratoren, die Schaffung eines Center of Excellence, die Einführung agiler produktbezogener Teams oder der Aufbau eines Labors für Innovation. Bei der konkreten Umsetzung empfiehlt sich ein kostenbewusster Transformationsprozess nach der Lean Startup Methode. Er umfasst drei Schritte: Im Lab-Stadium wird der Ansatz in einem Modellversuch im vorläufigen Format eines Minimal Viable Product erprobt und entwickelt. Auf der nächsten Stufe (Verify) wird das Store-Konzept in Vergleichsreihen getestet und mit Kennzahlen bewertet. Schließlich kommt es zum umfassenden Rollout (Scale). Die Datenerhebung wird fortgesetzt – jetzt aber nur noch punktuell in ausgewählten Filialen.
 

Deloitte begleitet Unternehmen auf ihrem individuellen Weg in die Zukunft des Einzelhandels

Eines ist klar: Billig sind die nötigen Investitionen nicht zu haben. Es ist daher wichtig, schon im frühen Stadium Fehlallokationen zu vermeiden. Unternehmen sollten zum jetzigen Zeitpunkt intensiv beobachten, testen, pilotieren und so den Einstieg in die Zukunft vorbereiten. Das alles ist natürlich elementar abhängig von den Eigenheiten des jeweiligen Marktes. Unterschiede gibt es von Branche zu Branche und vor allem auch kulturell. So agieren chinesische Konsumenten heute schon ganz selbstverständlich total digital. Deutsche hingegen sind bekanntlich eher konservativ, was Datenschutz und Automatisierung im Retail angeht. Während in Großbritannien im Food-Bereich Automatisierung beim Check Out und auch Online Shopping weit verbreitet sind, gehen die Konzepte hierzulande nach wie vor nicht wirklich auf. Vieles wird sich aber ändern, wenn die Generation der Millennials – und später deren Kinder – immer mehr Konsumentscheidungen trifft. Die Entwicklung ist auch im Bereich der Technologie weiterhin im Fluss. Der wirtschaftliche Durchbruch wird kommen, wenn die Lösungen im Wesentlichen nur noch aus Sensoren (Computer Vision) und Software bestehen, wenn also teure und wartungsintensive Hardwarekomponenten wegfallen. Das ist eine Entwicklung, die dann analog zu anderen Technologiefeldern recht rasch vollzogen werden wird. Das kann zugleich allerdings bedeuten, dass manche heutige Vorzeigelösung sich im Nachhinein eher als Brückentechnologie erweisen wird. Andere Technologien sind wiederum heute schon wirtschaftlich darstellbar, wie Deloittes Pilotversuche mit Connected Stores ergeben haben. Die Zeit für erste Schritte auf diesem komplexen Feld ist für Unternehmen jedenfalls definitiv gekommen. Mit ihrer umfassenden Branchen- und Technologiekenntnis helfen die Retail-Experten von Deloitte, schon heute die richtigen Weichen für diesen Aufbruch zu stellen.

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